Bankrecht

Zum letzten Mal: "Sammlung bankrechtlicher Entscheidungen"

Alles hat seine Zeit und allem schlägt einmal die letzte Stunde. Heute gilt diese Binsenweisheit für die "Sammlung bankrechtlicher Entscheidungen", kurz SBE genannt. Denn sie erscheint heute mit dieser Ausgabe zum letzten Mal. Seit 46 Jahren hat die SBE die Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen zunächst monatlich, später zweimonatlich und zuletzt noch vierteljährlich als Beilage begleitet. Redaktion und der jeweilige Bearbeiter haben mit der SBE versucht, und hoffentlich nicht ohne Erfolg, die Leser kontinuierlich über für die Bankpraxis wichtige Gerichtsentscheidungen zu informieren und sie den nichtjuristischen Mitarbeitern der Kreditinstitute so zu vermitteln, dass zum Verständnis gesunder Menschenverstand ausreichend, aber keine Kenntnis der spezifisch juristischen Fachsprache notwendig sein sollte.

Seit Heft 2 des Jahrgangs 1968 der ZfgK sind bis heute insgesamt 522 Ausgaben dieser Sammlung erschienen und von vielen Lesern jeweils sorgsam geordnet und abgeheftet worden. Über mehr als 3 000 Gerichtsurteile und -beschlüsse zu bankenspezifischen Rechtsfragen wurde in diesem Zeitraum berichtet. Die früheren und der heutige Bearbeiter bemühten sich dabei um konzentrierte Darstellung und Beschränkung auf die jeweils wesentlichen richterlichen Feststellungen und Entscheidungsgründe, insbesondere soweit sich daraus Konsequenzen für die kreditwirtschaftlichen Geschäftsbereiche ergaben.

Herausgeber, Redaktion und der Bearbeiter haben sich nun entschlossen, die Reihe nicht weiter fortzusetzen. Dafür war insbesondere die Erkenntnis maßgebend, dass die heute zur Verfügung stehenden und geradezu ins Uferlose wachsenden elektronischen Informationsmöglichkeiten auch den weiten Bereich der Gerichtsentscheidungen erfasst und die Information in gedruckter Form entbehrlich gemacht haben. Das aufwendige "Sammeln" von bedrucktem Papier, es in Ordnern zu sortieren und abzulegen, für diese dann Raum zur Aufbewahrung vorzuhalten, ist inzwischen zu einem überlebten, historischen Arbeitsablauf mutiert. Heute würde ein fingergroßer handelsüblicher "Stick" ausreichen, um nicht nur die 46 Jahre SBE, sondern zusätzlich auch die der nächsten 50 Jahre zuverlässig zu sammeln und mit wenigen Mouse-Clicks lesbar zu machen. Es gilt eben auch für die SBE der überlieferte lateinische Spruch: "Tempora mutantur et nos mutamur in illis"!*)

Der Bearbeiter, der nun seit etwa 24 Jahren die SBE betreut hat, fügte im Jahre 2010 der 500. Ausgabe der Sammlung einen Textbeitrag bei, der die Beweggründe der damaligen Herausgeber und Redaktion für dieses Format nachzuzeichnen und dessen Historie zu beschreiben versuchte (ZfgK 14-2010, Seite 716). In dem Beitrag wurde an Dr. Klaus Hammer erinnert, der mit der ersten damals mit "Archiv bankrechtlicher Entscheidungen" - später in "Sammlung" umbenannt - titulierten Ausgabe angekündigt hatte, dass in der ZfgK "der juristische Teil zukünftig verstärkt und als dritte Säule neben den volks- und betriebswirtschaftlichen Teil gestellt werden und damit insbesondere den in den Kreditinstituten mit Rechtsfragen befassten Leser ansprechen soll". Dr. Klaus Hammer hat diese Sammlung ungefähr zwei Jahrzehnte lang zuverlässig und sorgfältig betreut.

Danach wurde die Arbeit übergangsweise für etwa zwei Jahre von einem Mitglied der ZfgK-Redaktion übernommen. Seit Mitte 1990 versuchte der Verfasser dieser Zeilen, der von den Herausgebern und der Redaktion vorgegebenen Zielrichtung für die SBE zu folgen, den vielen Nichtjuristen unter den Mitarbeitern der Kreditinstitute eine Übersicht über die richterliche Spruchpraxis zum damals über zahlreiche Rechtsgebiete verstreuten Bankrecht zu geben und ihnen Substanz und Bedeutung der jeweils entschiedenen Rechtsfragen fassbar zu machen.

Nach welchen Grundsätzen dabei verfahren wurde, wird in dem erwähnten Textbeitrag zum "500. Jubiläum" geschildert. Die Leser, die sich dafür historisch interessieren, mögen dort noch einmal nachlesen. Sie finden an dieser Stelle auch den Hinweis auf einen weiteren Grund zunächst für die verminderte Frequenz der SBE und nun für ihre Beendigung: Nach Jahren einer bemerkenswerten "Hochkonjunktur" vor allem in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu bankrechtlichen Streitfragen ist inzwischen eine gewisse Beruhigung eingetreten. Viele dieser Fragen sind vom BGH grundsätzlich geklärt worden, die Instanzgerichte folgen in der Regel diesen vorgegebenen Grundsätzen, und die Kreditinstitute haben ihre Geschäftspraxis und Vertragsbedingungen den richterlichen Vorgaben so angepasst, dass darüber nur noch selten Streit entsteht.

Die Zahl bankrechtlicher Entscheidungen, die über eine neu auftretende Rechtsfrage zu befinden haben, oder die eine "alte" Frage von der bisherigen höchstrichterlichen Linie abweichend beantworten wollen, ist daher tendenziell rückläufig. Statt einer wie mit der SBE praktizierten fortlaufenden Information der Mitarbeiter von Banken und Sparkassen reichen in der Zukunft daher spezielle Beiträge über solche "Neuheiten" auf den verschiedenen bankrechtlichen Feldern aus.

Die Redaktion und der Bearbeiter werden daher künftig ihre Aufmerksamkeit auf solche neuen oder veränderten Tendenzen in der Bankenrechtsprechung richten und von Fall zu Fall in der Rubrik "Gespräch des Tages" darüber kommentierend berichten. Die SBE aber verabschiedet sich mit der heutigen Ausgabe von ihren Lesern und Nutzern. Redaktion und Bearbeiter sind zuversichtlich, dass dieses Format für sie meistens informativ und in manchem Falle bei ihren beruflichen Aufgaben sogar hilfreich sein konnte.

Rechtsanwalt Dr. Claus Steiner, Wiesbaden

*) "Die Zeiten ändern sich und wir ändern uns mit ihnen" als angeblicher Wahlspruch des deutschen Königs Lothar I. - (795 bis 855) und seit dem 16. Jahrhundert als Sprichwort überliefert.

Dr. Claus Steiner , Rechtsanwalt, Wiesbaden
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