Redaktionsgespräch mit Axel Gedaschko und Jörg Kotzenbauer

" Künftig muss gefördert werden, was gefordert wird"

Axel Gedaschko, Foto: nilshasenaufotografie

Der Bundestag entschied im Jahr 2020, das Gesetz zur Mietpreisbremse zu verschärfen. Mieten dürfen demnach bei neuen Vertragsabschlüssen maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Auf diese Weise sollte der Wohnungsmarkt entspannt und Mieter entlastet werden. Dass in Deutschland ein starkes Mietrecht im Sinne der Mieter bestehe, sei richtig, finden die Autoren. Allerdings seien weder der Mietendeckel noch Enteignung oder die Mietpreisbremse adäquate Mittel, um die angestrebte Entspannung bei den Wohnungsmärkten herbeizuführen. Denn diese würden ausgerecht diejenigen Unternehmen bestrafen, die sich sozial verantwortlich verhalten. Um das Problem des Wohnungsmangels also wirklich zu lösen, müsse schlichtweg mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Und hierfür tragen neben dem Bund vor allem die Kommunen und Bundesländer die Verantwortung. (Red.)

Die Bundesregierung hat die Wohnungspolitik vor einigen Jahren als wichtigste soziale Frage der Gegenwart bezeichnet. Aber wird auch entsprechend gehandelt? Wird vonseiten der Politik genug getan, um diesem Problem Herr zu werden?

Jörg Kotzenbauer: In der Tat hat die Politik viel getan, im Zweifelsfall sogar eher zu viel. Im Laufe der abgelaufenen Legislaturperiode ist das Mietrecht vonseiten des Bundes mehrfach verschärft worden, etwa mit immer mehr und immer umfassenderen Möglichkeiten für die Länder, die sogenannte Mietpreisbremse anzuwenden und so die Anpassung der Mieten regulativ zu beschränken. Dass das preisbremsend wirkt, sieht man jetzt daran, dass die Mieten in vielen Städten tatsächlich seit 2020 nicht mehr steigen. Aber unter dem Strich ist es dennoch nicht gut für den Markt, weil es auch den Neubau bremst, den wir eigentlich dringend brauchten. Die Politik tut an einigen Stellen nicht die zielführenden Dinge, aber man kann nicht unterstellen, dass es generell am Handlungswillen fehle.

Axel Gedaschko: Leider wurde das Thema von der Politik nicht wie die soziale Frage unserer Zeit behandelt. Das Thema Wohnen wurde in den zurückliegenden Jahrzehnten sträflich vernachlässigt. Es ist überfällig, dass sich die neue Regierung nun endlich um die großen gesellschaftlichen Herausforderungen rund um die soziale Frage dieses Jahrzehnts kümmert. Künftig muss gefördert werden, was gefordert wird.

Wie beurteilen Sie die Wohnungspolitik der GroKo der vergangenen vier Jahre?

Axel Gedaschko: Es gab einige Themen, bei denen sich in den vergangenen Jahren etwas getan hat: Zum einen gab es Verbesserungen beim Wohngeld. Außerdem begrüßen wir die Änderungen im Rahmen der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, die gewerbesteuerliche Hemmnisse bei der Energiewende beseitigen und damit den Weg für mehr Mieterstrom in Deutschland ebnen. Positiv zu bewerten ist auch das neue KfW-Programm zur energetischen Stadtsanierung. Damit sollen die Bedingungen der Förderung deutlich verbessert, aber gleichzeitig auch inhaltlich gesteuert werden.

Aber es gibt noch zahlreiche Baustellen, auf denen viel zu wenig passiert ist: Wohnungsmangel, steigende Mieten, Klimaschutz, kommunale Abstimmungen und sinnvolle Bodenpolitik sowie Infrastruktur sind nur einige Themen, die viel zu lang vernachlässigt wurden. Im neuen Baugesetzbuch beispielsweise wird das wesentliche Ziel, schneller mehr bezahlbares Bauland bereitzustellen, bislang leider verfehlt.

Jörg Kotzenbauer: Es ist der scheidenden Bundesregierung in einigen Bereichen leider nicht gelungen, ihre Ziele zu erfüllen und beispielsweise die Bauverfahren deutlich zu beschleunigen oder mehr Bauland zu mobilisieren. Es gibt also nach wie vor viel zu tun - was keine Aufforderung zu einer nicht hilfreichen Überregulierung ist. Dass das Land Berlin den sogenannten Mietendeckel erlassen hat, ist ja nicht nur ein Resultat von überkommener Ideologie, sondern auch eine Reaktion auf die Fehlentscheidungen der Vergangenheit. Ich halte die Maßnahme selbstverständlich für völlig falsch - aber die Berliner Politik hat auf reale Mietsteigerungen reagiert und die Mieten steigen vor allem deshalb, weil zu wenig gebaut wird. Und dafür wiederum trägt der Bund zumindest eine Mitverantwortung.

Entsprechend der großen Bedeutung des Themas Wohnen hat jede Partei ihre Ideen und Ansätze als Kernanliegen in den Wahlprogrammen. Wie beurteilen Sie die Vorschläge vor allem hinsichtlich Umsetzbarkeit und schneller Wirksamkeit?

Axel Gedaschko: In den Parteiprogrammen sind einige gute Ansätze zu finden, die wir sehr befürworten. Im Programm von Bündnis 90/Die Grünen beispielsweise, dass der Neubau von 1 000 000 Sozialwohnungen in den nächsten 10 Jahren aktiv angegangen wird. Im Programm der FDP begrüßen wir die Einschätzung, dass Enteignungen, Mietpreisbremse oder Mietendeckel den Wohnungsmarkt belasten und insofern abzulehnen sind und dass eine Beschleunigung und Digitalisierung von Bau-/Planungs- und Vergabeprozessen zügig umgesetzt wird. Bei der SPD, dass ein erleichterter Zugang zu Mietkaufmodellen oder Genossenschaftsanteilen in angespannten Wohnungsmärkten ermöglicht werden soll.

Von einigen vorgeschlagenen Maßnahmen raten wir jedoch stark ab, da sie wenig Nutzen entfalten würden bei gleichzeitig hohem politisch-gesellschaftlichem Preis: Die vollständige Übernahme des CO2-Preises durch die Vermieter und die Übernahme weiterer CO2-Kosten für Mietverhältnisse, in denen der Mieter einen direkten Liefervertrag mit Energieversorgern abschließt. Eine aktuelle Studie zeigt, dass mehr als zwei Drittel der Mieter einen effizienten Klimaschutz in der Wohnungswirtschaft ohne ihre Mitwirkung für unmöglich halten, also eingebunden werden wollen. Die Klimaziele werden wir nur erreichen, wenn wir endlich die Treibhausgasminderung in den Fokus nehmen.

Ein weiterer Punkt, den wir für kontraproduktiv halten, ist die Absenkung der Modernisierungsumlage: Dies würde die Wirtschaftlichkeit von Modernisierungsmaßnahmen gefährden und eine Investitionsbremse bedeuten.

Welche Themen sollte eine neue Bundesregierung unbedingt und schnell angehen, um eine bessere und zielführendere Wohnungspolitik zu machen?

Jörg Kotzenbauer: Wie bereits erwähnt, benötigt Deutschland wirtschaftlich und sozial mindestens so viel Neubau wie in den vergangenen Jahren, kurzfristig sogar mehr. Gleichzeitig kann es nicht nur nach dem Motto "viel hilft viel" funktionieren. Ganz im Gegenteil müssen wir beim Wohnen grundsätzliche Fragen beantworten: Wie steigern wir die Energieeffizienz? Was tragen moderne Quartiere zur Verkehrswende bei? Wie sorgen wir in einer alternden Gesellschaft für eine bedarfsgerechte Wohnraumversorgung für immer mehr Einpersonenhaushalte? Und wie bleibt das alles trotz der benötigten Investitionen bezahlbar? Diese Fragen sind so komplex und wichtig, dass sie kein Wohnungsunternehmen und keine Behörde dieser Welt allein regeln könnte. Für mich setzt das beispielsweise auch voraus, dass die öffentliche Förderung eine hohe Wirksamkeit entfaltet. Das sollte die Bundesregierung möglichst schnell sicherstellen.

Axel Gedaschko: Die Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele bis 2045 müssen sozialverträglich umgesetzt werden, die riesige Lücke auf dem Wohnungsmarkt mit 400 000 neuen Wohnungen jährlich muss geschlossen werden, es muss für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land gesorgt werden und der soziale Zusammenhalt muss gesichert werden. Die Themen Quartiersmanagement, altersgerechtes Wohnen und Integration müssen immer mitgedacht und ermöglicht werden. Eine digitale Modernisierung nicht nur von Planungs- und Genehmigungsverfahren, sondern auch für die Nutzung digitaler Technologien in den Häusern und Wohnungen, die Mobilitätswende und für nachhaltige Smart Cities ist notwendig.

Die wohnungspolitischen Weichen müssen so gestellt werden, dass ein verbindlicher und transparenter Rahmen aus gesetzlichen Vorgaben, Förderinstrumenten und strukturplanerischen Leitlinien entsteht.

Einerseits möchte die Politik steigende Mietpreise verhindern, andererseits wachsen die Anforderungen an die Energiebilanz der Gebäude. Existieren passende Rahmenbedingungen, damit Vermieter Bezahlbarkeit und Investitionen in Klimaschutz gleichzeitig sicherstellen können?

Axel Gedaschko: Um die Klimaziele beim Wohnen sozial verträglich umzusetzen, müssen Haushalte mit mittleren und niedrigen Einkommen finanziell unterstützt werden. Wir haben dazu ein Konzept entworfen, das auf drei Säulen beruht: Die Förderung bewirkt erstens, dass Mieter im Bereich Klimaschutz für die Maßnahmen an ihrem Gebäude und unter Berücksichtigung der künftigen Einsparungen beim Heizen nur maximal 50 Cent Miete pro Quadratmeter mehr zahlen als zuvor.

Der Gebäudeeigentümer verpflichtet sich zweitens dazu, die Verbilligung durch die Förderung der energetischen Umbaumaßnahmen an die Mieter weiterzugeben und die Bestandsmiete für einen sehr langen Zeitraum nur geringfügig nach einem noch festzulegenden Index anzuheben. Drittens muss festgelegt werden, bis wann unter Berücksichtigung aller Beteiligten wie viel CO2 eingespart werden kann. Die Politik muss zusätzlich dafür sorgen, dass ganze Wohnquartiere in energetische Konzepte miteinbezogen, neue Technologien angewendet werden können und die Erzeugung sowie der Verbrauch von grüner Energie vor Ort im Quartier, beispielsweise durch Fotovoltaik, stark vereinfacht wird.

Herr Kotzenbauer, in einem Gastbeitrag haben Sie jüngst eine neue gemeinschaftliche Idee im Sinne der sozialen Marktwirtschaft ins Spiel gebracht, die nachhaltig eine soziale "Rendite" und einen ökonomischen Nutzen des Wohnens vereint. Wie muss ich mir diese Idee genau vorstellen?

Jörg Kotzenbauer: Wir haben diese Idee zunächst bewusst als Vision formuliert, die mit Leben gefüllt werden soll. Der Grundimpuls ist, dass wir langfristig zu einem besseren Miteinander kommen müssen. Die Debatte ist in den vergangenen Jahren von Extremen geprägt gewesen - der "Miethai" auf der einen Seite, der "Mietnomade" auf der anderen. Aber diese Stereotype entsprechen fast nie der Realität. Für uns als Unternehmen spielt zudem die Verantwortung gegenüber unseren Mietern und Anlegern sowie unseren Mitarbeitenden und Partnern eine wichtige Rolle.

Wir möchten uns am genossenschaftlichen Gedanken orientieren und partnerschaftlich agieren. Natürlich müssen und wollen wir im Sinne unserer Anleger, die überwiegend Kleinsparer sind, mit deren Kapital vernünftig umgehen und sachgerechte Verzinsung erwirtschaften. Aber das geht nicht um jeden Preis. Unsere Mieter sollen ein gutes Leben in unseren Wohnungen haben und sich die Miete leisten können - deshalb möchten wir mit ihnen einen konstruktiven, vertrauensvollen Dialog führen.

Wie passen Investorenansprüche auf der einen und Mieterinteressen auf der anderen Seite unter einen Hut?

Jörg Kotzenbauer: Ich denke an dieser Stelle gibt es ein fatales Missverständnis in der öffentlichen Auseinandersetzung. Aus meiner Sicht handelt es sich überhaupt nicht um gegensätzliche Pole. In ganz vielen Bereichen sind die Interessen sogar mehr oder weniger identisch. Zum Beispiel profitieren doch beide Seiten von einem möglichst guten Zustand der Gebäude und Wohnungen. Je höher der Wohnwert für die Mieter, desto höher ist auch der Vermögenswert der Immobilie. Das ist eine oft unterschlagene Dimension der Nachhaltigkeit: Wer langfristig gutes Geld verdienen möchte, der muss verantwortlich handeln und eine gute Leistung erbringen. Es ist ja keineswegs so, dass wir überall und für immer sogenannte Vermietermärkte haben beziehungsweise haben werden. Wenn die Menschen den Eindruck haben, dass sie für ihre Wohnung zu viel bezahlen, werden sie perspektivisch umziehen. Auch hierbei wirkt das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Natürlich möchte der Mieter möglichst wenig bezahlen und der Investor möglichst viel einnehmen. Auch auf dem Wohnungsmarkt ist das Finanzielle zwar ein wesentlicher, aber nur ein Aspekt unter vielen.

Was können die Kommunen und die Immobilienwirtschaft für bezahlbaren Wohnraum tun?

Axel Gedaschko: Die politische Verantwortung dafür, dass das Wohnen der Zukunft finanziert werden kann, tragen neben dem Bund insbesondere die Kommunen und die Bundesländer. Sie müssen durch zügige Baulandausweisung, Grundstücksvergaben und Genehmigungsverfahren, zukunftsfähige Bauordnungen und insbesondere die Förderung des sozialen Wohnungsbaus insbesondere im Mietwohnungsbereich für ein ausreichendes Angebot an bezahlbarem Wohnraum sorgen.

Die Kommunen müssen Bauland verbilligt und bevorzugt für preisgünstiges Bauen und Wohnen zur Verfügung stellen und nicht bei den restlichen Grundstücken wieder aufschlagen. Denn so wird für "Otto Normalverbraucher" eine Neubauwohnung unerschwinglich.

Jörg Kotzenbauer: Beide Seiten haben individuell nur beschränkten Einfluss auf die Gesamtsituation. Aber wenn es gelingt, gemeinsame Strategien zu entwickeln, gibt es klare Handlungsmöglichkeiten. Beispiel Baukosten: Weder die Immobilienwirtschaft noch die Lokalpolitik ist für die Teuerungen der vergangenen Jahre verantwortlich. Aber wir können in unseren Bereichen die richtigen Schlüsse ziehen. Das hat viel mit Prioritäten zu tun. Die Immobilienwirtschaft sollte etwa ihre Expertise dafür einsetzen, dass gutes Wohnen auch mit einfacheren Mitteln möglich wird.

Eine Drei-Zimmer-Wohnung muss meines Erachtens nicht 100 Quadratmeter haben, um zeitgemäß zu sein. Bei klugen Grundrissen und hoher Funktionalität reichen auch 75 Quadratmeter. Genauso können die Kommunen einerseits direkt - beispielsweise indem sie eigene Flächen vergünstigt und zweckgebunden abgeben - beitragen, aber auch indirekt. Wenn für jedes Neubauprojekt eine Tiefgarage gefordert wird, dann treibt das die Kosten. Diese Zusammenhänge muss man verstehen und die richtigen Schlüsse ziehen, sonst kommen wir nicht weiter.

Wo sind staatliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt richtig, wo kontraproduktiv?

Jörg Kotzenbauer: Ich finde es richtig, dass wir in Deutschland ein starkes Mietrecht im Sinne der Mieter haben. Wohnraum darf kein Wirtschaftsgut wie alle anderen sein. Es wäre unverantwortlich, hier die reine Lehre ins Feld zu führen und in allen Fällen zu sagen: Das regelt der Markt. Umgekehrt ist es aber genauso falsch, alles zu regulieren und die Produktivkräfte des Marktes dadurch abzuwürgen. Das würde nur dazu führen, dass sich Investoren über kurz oder lang aus dem Markt zurückziehen - und das wiederum wäre angesichts der aktuellen Herausforderungen wirklich kontraproduktiv. Die soziale Marktwirtschaft ist aus meiner Sicht noch immer das richtige Leitbild. Der Staat muss einen Rahmen setzen, innerhalb dessen die Unternehmen und die Verbraucher ihre Interessen aushandeln können. Wir hatten in Deutschland mit den Mietspiegeln ein jahrzehntelang wirksames Instrument. Die Politik ist dann in den vergangenen Jahren zusehends über das Ziel hinausgeschossen und erzeugt so eine künstliche Schieflage am Markt. Das Schlimme daran ist, dass das oft gar nicht im Interesse der Schwächsten in der Gesellschaft ist.

Axel Gedaschko: Mietendeckel, Enteignung und Mietpreisbremsen sind keine adäquaten Mittel, um Wohnungsmärkte zu entspannen. Sie bestrafen ausgerechnet die Unternehmen, die sich sozial verantwortlich verhalten. Dagegen wird ein Unternehmen, das die Mietpreise nach oben hin ausgereizt oder sogar verletzt hat, von Plänen wie dem von sozialdemokratischer Seite vorgeschlagenen Mietenmoratorium nicht wirklich getroffen. Dieses würde den sozialen Vermietern die Investitionsmittel für den notwendigen klimaschonenden und altersgerechten Umbau ihrer Wohnungen entziehen. Er kann dann schlicht nicht mehr stattfinden.

Um das Problem des Wohnungsmangels zu lösen, muss mehr bezahlbarer Wohnungsraum geschaffen werden. Mit Konzeptvergaben und Verbilligungsprogrammen für alle, die den bezahlbaren Wohnungsbau betreiben, kann bezahlbares Wohnen gelingen. Darüber hinaus halten wir die Förderung für essenziell.

Ist der Föderalismus trotz all seiner Vorzüge hierbei hinderlich? Es gibt Unmengen von Vorschriften. Müsste es hier klare Verantwortlichkeiten geben, die zu schnelleren Prozessen und vor allem Vergaben führen?

Axel Gedaschko: Die Länderbauordnungen unterscheiden sich in ihren Anforderungen. Da der räumliche Geltungsbereich der einzelnen Landesbauordnungen jeweils auf die entsprechenden Bundesländer begrenzt ist, müssen Planer und Bauherren, die in mehreren Ländern planen und bauen, jeweils verschiedene Regeln einhalten. Die Bauordnungen aller Länder sollten harmonisiert werden, um dort einheitliche Anforderungen an den modularen und seriellen Bau zu formulieren.

Auf welche Bauvorschriften könnte man am ehesten verzichten?

Axel Gedaschko: Anforderungen und Normen an Wohngebäude haben ein vertretbares Maß längst überschritten. Normen, Qualitätsanforderungen und Standards, die das Bauen verteuern und verlangsamen, sollten abgespeckt werden. Nur eine verpflichtende und konsequente Berücksichtigung von Folgekostenabschätzungen in Gesetzgebungs-, Normungs- und Bauplanungsprozessen kann die weitere Baukostensteigerung abbremsen.

Die Problematik der Festschreibung zu hoher Standards in Normen zeigt das Beispiel des Schallschutzes. Dieser hat insbesondere aufgrund der Haftungsrisiken für die Investoren, Ausführenden und Planer einen besonderen Anspruch an das Bemessungsverfahren und an die Planung. Das Anforderungsniveau an den Schallschutz nach DIN 4109:1989-11 und an den erhöhten Schallschutz nach DIN 4109 Beiblatt 2: 1989-11 hatte sich in der Praxis bewährt. Trotzdem wurden vom DIN 2018 das Beiblatt zurückgezogen, eine neue Schallschutznorm erarbeitet und ein neues Berechnungsverfahren in Bezug genommen. Ein jahrelanger Streit zwischen reiner Lehre und Praxis drehte sich um die Höhe der Schallschutzanforderungen. Die VDI-Richtlinie legt beim Schallschutz noch höhere Anforderungen fest, die in der Umsetzung wiederum zu Schwierigkeiten und zu deutlichen Mehrkosten führt. VDI-Richtlinien werden auf Ebene des VDI ohne Mitwirkung der betroffenen Kreise erarbeitet und veröffentlicht.

Es wird seit geraumer Zeit über eine Reform der Riester-Rente diskutiert. Was ist in diesem Kontext mit Blick auf Wohn-Riester zu beachten?

Axel Gedaschko: Seit 2008 wird der Erwerb von Genossenschaftsanteilen an einer Wohnungsgenossenschaft durch die Einbeziehung in die staatlich geförderte Altersvorsorge begünstigt. Allerdings sind die formalen beziehungsweise bürokratischen Anforderungen an das Riester-geförderte genossenschaftliche Altersvorsorgeangebot zu hoch. Die wesentliche Hürde - Probleme beim Handling der vielfältigen Informations- und Meldepflichten durch die Wohnungsgenossenschaften als Kleinstanbieter - wurde nicht beseitigt. Genossenschaften kennzeichnet typischerweise eine Personalausstattung in der Größenordnung zwischen drei und rund 30 Mitarbeitern. Damit können Wohnungsgenossenschaften keine eigenen Spezialisten dauerhaft vorhalten, die die Komplexität des staatlich geförderten Riester-Sparens mit all seinen Facetten beherrschen. Hinzu kommt, dass die üblicherweise verwendete wohnungswirtschaftliche Standardsoftware den Ries ter-Anforderungen nicht gerecht wird.

Fazit ist, dass die gute Idee des staatlich geförderten genossenschaftlichen Altersvorsorgeangebots gescheitert ist, weil die Wohnungsgenossenschaften nicht die erforderliche Unterstützung vonseiten der Regierung und der Politik erhalten haben.

Axel Gedaschko , Präsident , GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., Berlin
Jörg Kotzenbauer , Vorsitzender der Geschäftsführung , ZBI Zentral Boden Immobilien Gruppe, Erlangen

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