PRODUKTPOLITIK

Jahresgebühr durch die Hintertür

Amazon hat es vorgemacht, viele andere Online-Händler sind gefolgt: Unter fantasievollen Namen wurden Kundenbindungsprogramme gestartet, bei denen es im Kern um eine Art Flatrate für die Versandkosten eines Jahres geht - mit dem Gedanken, den Kunden an das eigene Unternehmen zu binden, wenn er schon im Voraus für die Versandkosten bezahlt hat. Während Amazon Prime dies noch mit Mehrwerten wie dem Streaming von Filmen garniert, bleiben andere wie Otto bei der reinen Versandkostenpauschale.

An solchen Ansätzen scheint sich American Express bei dem neuen Programm Payback Max orientiert zu haben. Inhabern der Jahresgebühr-freien American-Express-Payback-Karte wird hier zu einem Preis von 35 Euro pro Jahr ein verbessertes Punkten bei Payback- Händlern angeboten. Während bei der Gratiskarte ein Payback-Punkt je zwei Euro Umsatz gutgeschrieben wird, sind es bei Payback Max doppelt so viele, also ein Punkt pro Euro Umsatz.

Wie bei so vielen Programmen kommt es aus Kundensicht ganz auf das eigene Verhalten an, ob sich das rechnet. In vielen Fällen wird das nicht der Fall sein, ist doch das Payback-Portfolio für Amex eher eines mit unterdurchschnittlichen Umsätzen je Karte. Da jeder Payback-Punkt einen Gegenwert von einem Cent hat, müsste ein Karteninhaber also mindestens 3 500 Euro im Jahr mit seiner Karte ausgeben, bevor sich die Gebühr für ihn lohnt. Das dürfte deutlich über dem Durchschnittsumsatz liegen. Für all diejenigen, die diese Rechnung nicht aufmachen, könnte das neue Angebot ganz schnell zu einer Art Jahresgebühr durch die Hintertür werden.

Für American Express ist das dann eine Möglichkeit, die Ertragskraft des Portfolios zu steigern, bei dem man sich mit der vertraglichen Zusicherung eines dauerhaften Verzichts auf eine Jahresgebühr des wichtigsten Stellhebels in Sachen Profitabilität beraubt hat. Ganz risikofrei ist diese Strategie indessen nicht. Denn es ist gut möglich, dass das Modell über kurz oder lang die Verbraucherschützer auf den Plan ruft und somit einen Imageschaden zur Folge haben kann.

Das ist durchaus ein gewagtes Spiel. Denn dass die Payback-Karten Amex keine Jahresgebühr einbringen und wegen der unterdurchschnittlichen Jahresumsätze auch vergleichsweise wenig Interchange hereinholen, ist schließlich nur die halbe Wahrheit. Die andere Seite der Medaille ist, dass der Vorstoß in den Massenmarkt mit dem Payback- Portfolio Amex massiv dabei geholfen hat, Lücken im Akzeptanznetz zu schließen. Und davon wiederum profitieren auch die Inhaber der lukrativeren Karten, was die Attraktivität des Schemes in dieser Klientel erhöht. Red.

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