BARGELD

Ein Schritt zurück

Die verbesserte Sicherheit bei Kartenzahlungen hat ihren Preis: Weil es nicht mehr möglich ist, einfach den Magnetstreifen zu kopieren, um Kartendubletten zu erstellen und damit an Geldautomaten Bargeld abzuheben, sind verstärkt die Geldautomaten ins Visier der kriminellen Szene geraten. Methode der Wahl war hier zunächst die Manipulation der Automaten, um Kartendaten auszuspähen und die zugehörigen Karten abzugreifen. Weil das mit Geräten neuerer Bauart nicht mehr so leicht möglich ist, sind die Diebe rabiater geworden und haben sich darauf verlegt, die Automaten zu sprengen, um gleich an die gesamten Bargeldvorräte zu gelangen. Auch dagegen lassen sich Maßnahmen ergreifen. Allerdings haben Banken und Sparkassen in Deutschland an dieser Stelle offensichtlich Nachholbedarf gegenüber den Instituten in unseren Nachbarländern, weshalb diese Art von Kriminalität offenbar vom Ausland nach Deutschland migriert. So wurden im vergangenen Jahr allein in Hessen 56 Sprengungen von Geldautomaten registriert. Das entspricht einer Steigerung um fast 90 Prozent gegenüber 2020, so das hessische Innenministerium.

Nicht zum ersten Mal hat deshalb der hessische Innenminister Peter Beuth Banken und Sparkassen aufgefordert, verstärkte Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, um solche Sprengungen der Geräte zu verhindern - schließlich geht es nicht allein um den Schaden des jeweiligen Kreditinstituts, sondern auch um Gefahren für Passanten und Anwohner. Das Thema stand auch bereits mehrfach auf der Agenda der Innenministerkonferenz, zuletzt im Dezember 2021. Hier befassen sich die Innenminister der Länder unter anderem mit der Frage, inwieweit Hersteller und Betreiber von Geldautomaten zu Gegenmaßnahmen verpflichtet werden können.

Das hat auch der hessische Innenminister Peter Beuth Ende Januar dieses Jahres noch einmal angesprochen. Eine der von ihm genannten Maßnahmen könnte sein, den Zugang zum Automatenbereich in Bankfilialen während der Nachtstunden nicht mehr freizugeben. Dies wäre vermutlich die am einfachsten und schnellsten umzusetzende Maßnahme, um die Tatgelegenheiten zu reduzieren. Geldautomaten im Außenbereich der Filialen sind in den vergangenen Jahren ohnehin schon weniger geworden.

Für die Kunden hieße das: Den Zugang zu Bargeld rund um die Uhr, an sieben Tagen die Woche, an den sich die Menschen in den vergangenen Jahrzehnten gewöhnt und den die Banken anfangs kräftig beworben haben, wird es möglicherweise bald nicht mehr geben.

Ein Drama wäre das vermutlich nicht - schließlich können sich Kunden notfalls auch an vielen Tankstellen rund um die Uhr mit Bargeld versorgen, wenn sie es denn wirklich so dringend in der Nacht benötigen. Und in Zeiten, in denen das Bargeld ohnehin auf dem Rückzug ist, wäre eine solche Serviceeinschränkung auch leicht zu rechtfertigen. Der Einstieg in den Ausstieg aus der Bargeldversorgung durch Banken und Sparkassen wäre das nicht - aber doch ein kleiner Schritt zurück. Insofern leisten die Täter vielleicht auch einen Beitrag zum Wandel des Bezahlverhaltens. Red.

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