BARGELD

Abschied vom Bargeld - eher Segen als Fluch

Maxim Bederov, Foto: Fotografin Laura Catrini

Nichts ist schneller an der Supermarktkasse gezückt als die eigene Girocard. Dies funktioniert mittlerweile viel schneller als das mühevolle Zusammensuchen der passenden Geldscheine und Münzen. Kunden, die es besonders eilig haben und hinter jemandem warten, der auf den Cent genau bezahlen will, wünschen sich oft, dass derjenige auf die Methode des bargeldlosen Zahlens umschwenkt, weil sie einfach schneller ist.

Die Schnelligkeit und Bequemlichkeit sind zwei positive Faktoren dieser Entwicklung. Auf der anderen Seite ist es psychologisch erwiesen, dass das Ausgeben von Geldscheinen einen größeren "Schmerz" beim Konsumenten hinterlässt als das Zahlen mit Karte. Durch das verstärkte Zahlen mit Karte kann es daher zum Verlust eines gesunden Umganges mit Geld kommen.

Zentralisierung der Geldströme

Der größte Negativpunkt an der Entwicklung dürfte jedoch die Zentralisierung der Geldströme sein. Durch das Erfassen jeder Zahlungstransaktion gibt man als Konsument den Banken natürlich auch sehr viel an Information. Wenn Verbraucher ihr Geld am Geldautomaten holen, dann weiß die Bank nur, dass sie eine bestimmte Summe Bargeld vom Geldautomaten abgehoben haben. Was der Kunde damit macht, weiß sie nicht. Wird jedoch eine Karte für Geldtransaktionen eingesetzt, dann weiß die Bank Zahlung für Zahlung immer mehr über den Karteninhaber. Das Gespenst des gläsernen Menschen geht um.

Ein weiterer negativer Aspekt sind eventuelle Wartezeiten, bis Transaktionen auf den jeweiligen Konten gutgeschrieben werden. Auch hier holen die Banken noch den einen oder anderen Cent zu ihren Gunsten heraus. Beim Bargeld ist die Transaktion im Moment der Geldübergabe erledigt.

Kryptowährungen ringen um Nutzerfreundlichkeit

Diesen Kritikpunkten steht jedoch eine Fülle positiver Aspekte gegenüber. Es ist bequem, bargeldlos zu bezahlen, und Menschen sind tendenziell einfach bequem. Je bequemer etwas ist, desto größer ist die Chance, dass es auch Anwendung findet.

Diese Diskussion erleben wir übrigens gerade im Kryptowährungsbereich, wo fieberhaft daran gearbeitet wird, den Gebrauch von Kryptowährungen so bequem wie möglich zu gestalten. Derzeit ist es noch so, dass es relativ kompliziert ist, Kryptowährungen zu kaufen und zu handeln. Doch in naher Zukunft wird es völlig normal sein, mit einer Kreditkarte oder Ähnlichem auch in einer Kryptowährung zu bezahlen.

Dadurch würde sich übrigens auch die Zentralisierungsproblematik lösen. Die nachfolgenden Generationen werden überhaupt keinen Gedanken mehr daran verschwenden, Bargeld vom Automaten zu holen.

Bessere Haushaltsführung durch mehr Transparenz

Mit Bargeld kann man logischerweise nur vor Ort zahlen. Bargeldlose Transfers erleben diese Einschränkung nicht. Ein Punkt, der sehr selten in diesem Zusammenhang genannt wird, ist die Option der optimalen Haushaltsführung. Durch die Transparenz, die mit der bargeldlosen Bezahlung einhergeht, kann man Geldströme viel besser analysieren und genau dies kann zu einem bewussteren Umgang mit der Ressource Geld führen.

Durch die Intransparenz des Bargeldes - niemand weiß, wer was wann wo kauft - wird natürlich Kriminalität und Geldwäsche Tür und Tor geöffnet. Sind die Geldströme jedoch rückverfolgbar, ist die Sache schon etwas schwieriger umzusetzen. Da rüber hinaus hätte sich dann auch das Problem des Falschgeldes erledigt, wenn die Gesellschaft vollends auf bargeldloses Zahlen umschwenkt.

Bankrun wird unmöglich

Seitdem es Geldsysteme gibt, kollabieren diese auch. In der Vergangenheit meistens durch einen Bankrun, weil die Leute an ihr Bargeld wollten, welches nicht bei der Bank gelagert war, sondern investiert in der großen Finanzwelt. Wegen Überschuldung der Systeme kommt es alle 50 bis 80 Jahre zu einem Zusammenbruch des Geldsystems. Es bleibt die Frage, ob dies bei einem reinen Buchgeldsystem, auf welches wir zusteuern, überhaupt möglich ist.

Es gibt also weitaus mehr positive Aspekte des bargeldlosen Zahlens als negative. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass das bargeldlose System sich mehr und mehr durchsetzen wird. Wenn es dann noch zu einer Verschränkung mit nachhaltigen und dezentralen Kryptowährungen kommt, kann dem ganzen Szenario durchaus positiv entgegen gesehen werden.

Ob es zu einer völligen Abschaffung des Bargeldes kommt, muss abgewartet werden. Die Zukunft wird es zeigen.

Maxim Bederov, Liechtenstein
 
Noch keine Bewertungen vorhanden


X