Innovationen

Chinesische Touristen in Deutschland als Vorreiter

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Während das Bezahlen per Smartphone in Deutschland immer noch auf den lange vorhergesagten Durchbruch wartet, ist Mobile Payment in China bereits sehr beliebt. Deshalb versucht Alipay, die Akzeptanz des Verfahrens auch international zu steigern. Rita Liu verweist dazu auf die hohe Ausgabenbereitschaft chinesischer Touristen. Dank ihr sei die Integration von Alipay für Händler durchaus lohnend. Red.

Wenn es ums Bezahlen geht, waren die Menschen in China schon immer besonders innovativ - man könnte sogar sagen, dass in China das Geld erfunden wurde: Bereits im 2. oder 3. Jahrtausend v. Chr. galten die Gehäuse der Kaurischnecken dort als Zahlungsmittel. Da diese sehr haltbar sind, eigneten sie sich besonders gut dafür. Die Schnecke taucht auch heute noch im Geldgeschäft auf, und zwar als Bestandteil einiger chinesischen Schriftzeichen, die mit dem Thema Geld oder Handel in Zusammenhang stehen. Auch bei der nächsten Innovationsstufe, dem Papiergeld, führt die Spur nach China: Erste Formen von Papiergeld gab es im siebten Jahrhundert.

Und selbst wenn man den Sprung in die Gegenwart macht, sind moderne Zahlungsmittel bei den Chinesen besonders beliebt: Während in Deutschland momentan über die Abschaffung des Bargeldes - oder zumindest über die Einführung einer Obergrenze für Barzahlungen diskutiert wird, haben viele Chinesen für sich diese Diskussion bereits entschieden. Mobile Payment, die Bezahlung übers Smartphone, ist weit verbreitet - im Gegensatz zu Deutschland und anderen Ländern, wo diese Bezahloption trotz anderslautenden Trendprognosen immer noch ein Nischendasein fristet.

Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Nordlight Research nutzen gerade einmal zwei Prozent der deutschen Smartphone-User ab 18 Jahren Wallet-Apps, um Geldbeträge unterwegs per Smartphone zu begleichen - im Vergleich dazu sind es laut Forbes 69 Prozent in China, die schon einmal Einkäufe über ihr Smartphone getätigt haben. Alipay, die von der Ant Financial Services Group betriebene Payment- und Lifestyle-Plattform, hat 450 Millionen registrierte Nutzer in China. Das sind Zahlen, von denen Anbieter in anderen Ländern nur träumen können.

China ist ein Land der Gegensätze. Während in ländlichen Gegenden oft noch ein traditioneller Lebensstil gepflegt wird, boomen die Städte und Metropolen. Nicht nur futuristische Wolkenkratzer und ganze Viertel werden - für europäische Verhältnisse - mit atemberaubender Geschwindigkeit gebaut. Auch Trends und Mode ändern sich besonders unter der jungen Bevölkerung schnell; neuen Geschäftsideen gegenüber ist man aufgeschlossen und setzt sie bei Bedarf auch einmal über Nacht um. Zu einer solchen Geschwindigkeit passt das einfache, vielerorts einsetzbare Mobile Payment sehr gut - sowohl für Kunden als auch für Betreiber und Neugründer von Geschäften.

Chinesische Touristen setzen auf Mobile Payment

Neue Impulse und Eindrücke möchten viele Chinesen nicht nur in ihrem alltäglichen Leben, sondern zunehmend auch im Ausland sammeln. Reisen wird, auch wegen des wachsenden Wohlstands, immer mehr zum Trend. Besonders Deutschland und andere Länder in Europa sind beliebte Reiseziele. Von 2004 bis 2014 sind die Übernachtungen chinesischer Gäste in Deutschland um mehr als das Zweieinhalbfache gestiegen und lagen laut der Deutschen Zentrale für Tourismus 2014 bei über zwei Millionen. 2030 könnte die Anzahl der Übernachtungen chinesischer Touristen in Deutschland sogar bei fünf Millionen liegen.

Chinesische Touristen sind bekannt dafür, dass Sie auch im Ausland gern asiatisch essen. Genauso wissen Sie es zu schätzen, wenn sie ihre gewohnten Bezahlmethoden auf Reisen nutzen können. Dies ist natürlich kein rein chinesisches Phänomen: Deutsche Touristen halten auf Reisen weiterhin am Traveller Cheque fest, auch wenn diese Bezahlmethode heutzutage fast ein wenig altmodisch wirkt.

Chinesische Touristen setzen dagegen auch im Ausland bevorzugt auf Mobile Payment. Gerade für Individualreisende ist es sehr angenehm, dass sie sich so keine Gedanken machen müssen über Geldumtauschen und Wechselkurse. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung, chinesische Touristen wären nur in Reisegruppen unterwegs, reisen gerade junge Chinesen gern individuell. Kreditkarten sind in China noch nicht ganz so verbreitet wie in anderen Ländern, sodass Mobile Payment auf Reisen für viele chinesische Touristen eine praktische Alternative beim bargeldlosen Bezahlen darstellt.

Diese Möglichkeit bietet Alipay seit kurzem seinen Anwendern: Das Bezahlverfahren ist in Kooperation mit dem Zahlungsdienstleister Wirecard seit kurzem für den Einzelhandel und Restaurants in Deutschland und anderen europäischen Ländern verfügbar.

Händler, die chinesische Kunden haben, beispielsweise in den touristischen Hotspots oder in den beliebten Kaufhäusern, können diesen nun die von zuhause gewohnte Zahlungsmethode anbieten. Städte wie München, Berlin, Köln, Hamburg, Frankfurt am Main und Düsseldorf sind bei den chinesischen Touristen besonders beliebt - zum Sightseeing, aber auch ganz explizit zum Shoppen. Der Concept-Store Tripidi am Frankfurter Flughafen bietet deshalb beispielsweise die Bezahlmöglichkeit mit Alipay an, aber auch ein Optiker in den "Fünf Höfen" in München, einem Premium-Shopping-Areal. Die Integration der neuen Bezahlmethode ist dabei für die Händler nicht aufwendig und ist durch die Kooperation mit Wirecard und den Einsatz von neuester PoS-Zahlungstechnologie leicht umzusetzen: Die Lösung ergänzt die traditionellen Point-of-Sale-Terminals, da der gesamte Zahlungsprozess der Alipay-Transaktionen über die Connected-PoS-Technologie von Wirecard ausgeführt wird. Die Lösung kann direkt im Kassensystem des Händlers oder, wie bei einem Zahlungsterminal, unabhängig vom Kassensystem installiert werden. Ein Austausch der bestehenden Infrastruktur ist nicht notwendig.

Auch für den Kunden ist die Anwendung sehr einfach: Wenn er bargeldlos mit seinem Alipay Wallet bezahlen möchte, zeigt er dem Händler lediglich sein Smartphone-Display mit einem Barcode. Der Händler scannt diesen Barcode mit einem Handscanner ein und der Bezahlprozess wird sofort gestartet.

Attraktive Zielgruppe

Diese Integration lohnt sich für Händler, die viele Touristen als Kunden haben: Chinesische Touristen besitzen eine hohe Kaufkraft, und Shopping ist für sie eine wichtige Tätigkeit im Urlaub. 2013 gaben chinesische Touristen laut einer Studie des internationalen Bezahldienstleister Global Blue durchschnittlich 580 Euro pro Einkauf aus. Damit liegen sie sogar noch deutlich vor russischen und arabischen Touristen - und werden deshalb von manchen etwas platt als "wandelnde Geldbeutel" bezeichnet. Hochwertige Küchenprodukte, Baby- und Gesundheitsprodukte, Kosmetik, aber auch Elektrogeräte, Kleidung und Luxus-Marken wie Louis Vuitton und Prada - das alles steht auf der "Einkaufsliste".

Beliebt sind dabei sowohl kleinere Einzelhändler, Flagship Stores, aber auch Kaufhäuser und Geschäfte am Flughafen. Kaufhäuser wie das KaDeWe oder auch Oberpollinger in München möchten viele Touristen unbedingt besuchen, da sie wegen ihrer Bekanntheit fast schon eine Sehenswürdigkeit an sich darstellen.

Personalisierte lokale Angebote

Wie schon erwähnt, essen chinesische Touristen auch im Urlaub gern asiatisch - wobei sie auch auf regionale Spezialitäten neugierig sind. Einen Schweinebraten und ein Bier im Münchner Hofbräuhaus möchten viele Touristen auf jeden Fall probieren. Deshalb ist die Bezahlmöglichkeit mit Alipay einerseits auch für Restaurants interessant, andererseits wird es ab Sommer in Deutschland einen weiteren Service geben, der für Shopper genauso wie für Hungrige eine große Hilfe ist.

Alipay wird eine "Local Services Platform" innerhalb der App starten, die in China bereits verfügbar ist. Diese Anwendung passt die App individuell je nach dem Standort des Nutzers an. Mit ihr bekommen die Nutzer eine detaillierte Beschreibung sowie Bewertungen von Geschäften und Restaurants in ihrem Umkreis. Außerdem können sie dadurch auch personalisierte, standortbasierte Angebote und Gutscheine erhalten. Durch diesen geplanten Service erhalten die teilnehmenden Händler die Möglichkeit, chinesische Kunden noch besser auf ihr Angebot aufmerksam zu machen. Wie sich dieser spezielle Markt für chinesische Kunden in Deutschland in nächster Zeit entwickelt, ist ein spannendes Thema, bei dem sich sicher noch viel bewegen wird.

Ob sich Mobile Payment dagegen unter deutschen Kunden noch großflächig durchsetzen wird, kann momentan niemand vorhersagen. Die Prognosen dazu sind etwas vorsichtiger geworden. Einige Payment-Anbieter haben sich bereits mit dem mangelnden Interesse auf dem deutschen Markt schwergetan. Deshalb könnte es generell eine interessante, neue Strategie sein, mit Mobile-Payment-Angeboten gezielt Zielgruppen anzusprechen, die zwar etwas kleiner sein mögen, dafür aber Mobile Payment sehr ver breitet nutzen.

Zur Autorin

Rita Liu, Head of EMEA, Alipay, London

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