BEZAHLEN 2021

"Die Payment-Branche profitiert von der Pandemie" / Interview mit Alexander von Schirmeister

Alexander von Schirmeister, Foto: SumUp

Die Veränderungen im Bezahlverhalten der Verbraucher als Folge der Corona-Pandemie zeigen sich auch im Geschäft von Sumup. Die Nachfrage vonseiten kleiner und kleinster Unternehmen nach Bezahllösungen ist gestiegen - insbesondere in Bereichen rund um Essen und Lebensmittel, allerdings auch in weiteren neuen Bereichen. Dass auch die großen Payment-Dienstleister das Segment der Kleinsthändler inzwischen adressieren, macht Alexander von Schirmeister deshalb keine Sorgen. Red.

Im Jahr 2020 hat sich das Bezahlverhalten aufgrund der Corona-Pandemie deutlich verändert - weg vom Bargeld hin zu Kartenzahlung oder Mobile Payment. Kann man die Payment-Branche insofern als Krisengewinner bezeichnen? Wie sah die Entwicklung bei Sumup aus?

Auch wir bei Sumup haben gemerkt, dass der Anteil an bargeldlosen Zahlungen im Jahr 2020 zugenommen hat. Der Trend hin zu mehr Digitalisierung bei Bezahlmethoden und damit auch Kartenakzeptanz hat sich gerade in Deutschland durch die Pandemie auf jeden Fall noch einmal verstärkt.

Wir sehen auch, dass mittlerweile immer kleinere Beträge bargeldlos bezahlt werden, was vorher hierzulande nicht der Fall war. So betrachtet profitiert die Payment-Branche und die Entwicklung - gerade auch durch den Wunsch von Verbrauchern nach noch innovativeren und besseren Produkten - wird sich vermutlich auch in naher Zukunft weiter positiv entwickeln.

Im Saarland ist 2020 einer Sumup-Analyse zufolge die Anzahl der Kartentransaktionen besonders stark gestiegen, in Berlin und Hessen fiel die Wachstumsrate am geringsten aus. Deutet das auf ein besonders starkes Interesse der Saarländer am bargeldlosen Zahlen hin - oder sind das einfach Nachholeffekte, weil in den Ballungsräumen auch vor Corona schon häufiger bargeld- und kontaktlos bezahlt wurde?

Wir haben vor allem im letzten Jahr eine verstärkte Nachfrage nach unseren Bezahllösungen seitens der Kleinst- und Kleinunternehmen registriert. Das bedeutet, dass sie auf die Kundenwünsche nach nutzer- und auch hygienefreundlichen Bezahlmethoden reagieren und diesen entsprechen wollen.

Sicherlich gibt es im ländlichen Raum noch eher Nachholbedarf an bargeldlosen Bezahlmethoden als in Städten beziehungsweise Großstädten, die aufgrund der Struktur schon eher technisch aufgerüstet hatten. Besonders in Gebieten mit viel Tourismus erwarten Besucher ein entsprechend komfortables Bezahlangebot.

Deutschland hängt im Vergleich mit anderen Ländern nach wie vor stärker am Bargeld und muss sich daher auch in Zukunft den Kundenwünschen nach bargeldlosen Bezahlmethoden noch verstärkt anpassen.

Die gestiegene Nutzung von Kartenzahlungen konnte den Wegfall von Transaktionen am stationären PoS während des Lockdowns vielfach nicht kompensieren. Inwieweit war auch Sumup davon betroffen?

Natürlich haben auch wir die Auswirkungen der verschiedenen Lockdown-Maßnahmen gespürt - abhängig von der jeweiligen Branche, die temporär schließen musste. Nach Ende des Lockdowns konnten sich allerdings viele Geschäftsbereiche schnell erholen und vor allem während der Sommermonate lagen die Transaktionszahlen in einigen Branchen über denen vor der Pandemie.

Viele Händler konnten ihre Geschäftsmodelle schnell an die Gegebenheiten und Bedürfnisse der Verbraucher anpassen und ihr Geschäft wieder aufnehmen. Ganz weit vorn sehen wir da die Lebensmittel- und Food-Branche - selbst Cafés und Restaurants steigerten beispielsweise ihre durchschnittlichen Transaktionszahlen während der Sommermonate im Vergleich zum Jahresbeginn um 66 Prozent. Aber auch ganz generell gab es im Konsum- und Dienstleistungssektor zu der Zeit verständlicherweise aufseiten der Endkunden großen Nachholbedarf - seien es der lang ersehnte Friseurbesuch oder auch das Offline-Shopping oder eben ein Restaurantbesuch.

Sie berichten von einer stark gestiegenen Anzahl an Neukunden im Bereich Cateringfirmen und Lieferunternehmen. Gibt es andere Branchen, in denen - auch unter dem Eindruck der Pandemie - die Nachfrage besonders stark gewachsen ist?

Tatsächlich haben wir im Jahresvergleich in allen Bereichen, die Food und Lebensmittel betreffen, großes Wachstum beobachten können. Zudem verzeichnen wir beispielsweise bei Medizinischen Services (inklusive Zahnmedizin und Tierärzten) oder auch bei Kiosken spürbaren Zuwachs. Im Bereich Beauty (Friseure und Kosmetiksalons) sowie bei touristischem Dienstleistern gab es zudem vor allem unmittelbar nach dem ersten Lockdown einen starken Anstieg bei den Transaktionszahlen.

Was glauben Sie: Wie nachhaltig wird der durch Corona beschleunigte Trend zum bargeldlosen Bezahlen sein, wenn die Pandemie vorbei ist?

Ich denke, das wird eine nachhaltige Entwicklung sein. Die Menschen gewöhnen sich schnell an einen entsprechenden Komfort. Es ist praktisch, wenn man nicht immer Bargeld dabei haben muss und einfach mit Karte oder Smartphone bezahlen kann - egal ab welchem Betrag. Die Nutzerfreundlichkeit ist offensichtlich geworden.

Am Anfang der Pandemie wurde zudem auch häufig von verschiedensten Stellen kommuniziert, dass es hygienischer ist. Das wird ein weiteres wichtiges Argument bleiben, unabhängig davon, wie die Zukunft aussieht.

Ein Trend im Bereich Payment ist die Integration von Zusatzleistungen wie Coupons in den Payment-Prozess. Ist das auch ein Thema für die typischen Sumup-Kunden?

Ja, das ist auch für Sumup-Händler ein Thema und wir haben im letzten Jahr als Reaktion auf die Pandemie und die aktuellen Bedürfnisse von Kleinunternehmern, Zahlungen so einfach und reibungslos wie möglich zu gestalten, diverse neue Produkte gelauncht - neben Gutscheinen beispielsweise auch den Zahlungslink für Distanzzahlungen, Rechnungen sowie eine integrierte Online-Store-Lösung.

Wir arbeiten kontinuierlich an der Verbesserung unserer Produkte sowie an neuen, Lösungen und zusätzlichen Services, um Händlern als auch Endverbrauchern gleichermaßen umfassende Vorteile zu bieten. Davon profitieren im Endeffekt auch unsere Kunden - die kleinen Händler -, denn der Mehrwert wirkt sich für sie positiv auf ihr Geschäft und damit den Umsatz aus.

In Zusammenarbeit mit Mastercard und Ford haben Sie im Oktober die Zahlungsakzeptanz in Ford-Nutzfahrzeugen vorgestellt. Wie ist bisher die Resonanz darauf?

Wir sind sehr stolz darauf, mit dieser Partnerschaft Vorreiter in einem neuen Segment zu sein und werden diese Beziehung weiter ausbauen. Details teilen wir gern zu gegebenem Zeitpunkt.

Ist eine ähnliche Zusammenarbeit mit weiteren Fahrzeugherstellern geplant?

Wir sind immer an neuen spannenden Kooperationen interessiert, die für unsere Kunden einen hohen Mehrwert bieten, und arbeiten stets daran. Aktuell haben wir dazu aber noch keine offiziellen Verkündigungen, informieren aber gern, sobald es soweit ist.

Händler klagen über stark gestiegene Scheme Fees der Kartenorganisationen seit dem Start der Interchange-Regulierung, die den Interchange-Deckel nahezu kompensieren. Ging das bei Sumup zulasten der Marge oder haben Sie die Konditionen angepasst?

Wir haben unsere Transaktionsgebühren aufgrund der erwähnten Interchange-Regulierung nicht geändert und wir planen auch nicht, in nächster Zeit Änderungen an unseren Gebühren vorzunehmen.

Mittlerweile haben auch die großen Paymentdienstleister die Nische der kleinen Händler und Dienstleister für sich entdeckt und bieten mPoS-Terminals an. Wie können Sie sich da im Wettbewerb behaupten? Im Zahlungsverkehr geht es ja auch zunehmend um Skaleneffekte ...

Wir sind bereits seit einigen Jahren im Markt etabliert. Für uns als Unternehmen haben unsere Kunden, die kleinen Händler, oberste Priorität und wir wollen ihnen möglichst einfache und flexible Zahlungslösungen bieten. Dabei bieten wir unseren Kunden nicht nur verschiedene, auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnittene Bezahlterminals an, sondern auch weitere innovative Produkte, die ihren Arbeitsalltag und vor allem alles rund um Bezahllösungen vereinfachen. Dazu gehört unter anderem auch das Produkt Rechnungen, womit die Buchhaltung erleichtert wird, oder auch ein Onlineshop. Wir konzentrieren uns nicht ausschließlich auf nur ein Produkt, sondern bieten Komplettlösungen für Kleinst- und Kleinunternehmen.

Was bedeutet die PSD2 für Sumup?

Für uns als Unternehmen bringt PSD2 eine Reihe von vorteilhaften, strategischen Veränderungen. Acquirer sowie auch Issuer müssen jedoch noch mehr daran arbeiten, die Abwicklung und damit das Kundenerlebnis bei der starken Kundenauthentifizierung reibungsloser zu gestalten, um einen echten Mehrwert zu erzielen, wodurch am Ende für den Händler die Vorteile durch weniger Betrug gegenüber entgangenen Einnahmen überwiegen. Eine reibungslose Nutzererfahrung ist besonders jetzt wichtig, wo viele Menschen aufgrund der aktuellen Corona-Einschränkungen zunehmend auf Online-Zahlungen umsteigen.

Durch Open-Banking-APIs und den Zugriff auf Kunden- und Finanzdaten ermöglicht es die PSD2 Sumup zudem, einen konformeren und effizienteren Onboarding-Prozess der Händler sicherzustellen.

Was erhoffen Sie sich noch vom europäischen Regulator? Was sind Ihre Wünsche an die Politik?

Kunden wollen gerade in Deutschland nach wie vor Bezahlfreiheit haben, das heißt, es sollten verschiedene Bezahlmöglichkeiten angeboten werden, sodass alle Bedürfnisse abgedeckt werden - unter anderem eben auch Kartenzahlung. Diese Vielfalt ist für den nachhaltigen Geschäftserfolg der Händler ein ausschlaggebendes Mittel.

Andere Länder machen genau das bereits vor und die Regierungen unterstützen dort das Angebot für Kartenzahlungen. In Deutschland ist hier sicherlich noch einiges an Spielraum.

Alexander von Schirmeister, Executive Vice President Europe, SumUp, London
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