SICHERHEIT

"Verbraucher müssen sich erst an die zusätzliche Authentifizierung gewöhnen" / Interview mit Johannes F. Sutter

Johannes F. Sutter, Foto: Payone GmbH

Noch läuft die Zwei-Faktor-Authentifizierung beim Bezahlprozess nicht ganz reibungslos, sagt Johannes F. Sutter. Allerdings hat das System sich inzwischen recht gut eingespielt. Der Zahlungsmix hat sich jedoch verändert. Davon profitiert Paypal. Aber auch beim Rechnungskauf sind Zuwächse zu verbuchen. Bei Ausnahmeregelungen von der starken Kundenauthentifizierung rät Sutter zur Vorsicht: Sie machen zwar den Bezahlvorgang bequemer. Bei starker Nutzung verlagern sie jedoch das Risiko auf den Händler. Red.

Zweimal hat die BaFin für die Umsetzung der PSD2 in Sachen starke Kundenauthentifizierung Verlängerung gegeben - erst in Form einer Gnadenfrist bis zum Jahresende 2020, dann noch in Form einer stufenweisen Umsetzung bis Ende März 2021. Wie ist die Umsetzung der PSD2-Richtlinie letztlich tatsächlich gelaufen?

Stand heute haben 99,7 Prozent unserer Online-Händler den neuen Sicherheitsstandard zum Schutz ihrer Kunden implementiert. Wie so oft bei Einführung einer neuen Technologie läuft nicht alles von Anfang an ganz reibungslos.

So muss sich auch der Endverbraucher erst an den zusätzlichen neuen Authentifizierungsschritt gewöhnen, was bei einigen noch zu Kaufabbrüchen führt - dies belegen auch unsere Auswertungen.

Wie bewerten sie 3D-Secure 2 im Vergleich zur Vorgängerversion 3D-Secure 1?

Im Vergleich zum alten Standard 3D-Secure 1 sehen wir deutlich bessere Konversionsquoten beim neuen 3D-Secure 2. Und wir konnten feststellen, dass sich das System bei allen Beteiligten im ersten Halbjahr 2021 deutlich spürbar zur Zufriedenheit aller eingespielt hat.

3D-Secure 2 ist im Vergleich zu 3D-Secure 1 im Handling wesentlich einfacher und noch sicherer für den Händler sowie den Karteninhaber. Die neue Version zeichnet sich durch ein deutlich breiteres Datenspektrum aus und die Zwei-Faktor-Authentifizierung stellt sicher, dass beim Online-Shopping ausschließlich berechtigte Personen Zahlungen durchführen können. Damit erschließt sich auch ein neuer Kundenkreis von Verbrauchern, die dem Online-Shopping und Bezahlen mit Kreditkarte bisher noch zögerlich gegenüberstanden.

Hat sich der Zahlungsartenmix bei Online-Transaktionen in den letzten Monaten verändert?

Die Kreditkartenzahlungen im E-Commerce haben im letzten Jahr, absolut gesehen, zugenommen: Unter anderem, da sie auch bei vielen digitalen Payment "Wallets" wie zum Beispiel Click to Pay, Apple Pay, Google Pay, Amazon oder Paypal hinterlegt sind.

Dabei hat bei den genannten Zahlungsarten Paypal am deutlichsten zulegen können, gefolgt von Amazon Pay, dem Rechnungs- und Ratenkauf sowie Banküberweisung.

Studien belegen, dass Verbraucherwünsche hinsichtlich Zahlungsarten sehr unterschiedlich sind, was bisweilen sogar zu einem Kaufabbruch führen kann, wenn das Zahlungsmittel der Wahl nicht zur Verfügung steht. Daher ist es für den Online-Händler umso wichtiger, eine möglichst breite Zahlungsauswahl anzubieten. Denn am Ende gewinnt sicherlich nicht das günstigere Zahlungsmittel, sondern dasjenige, welches den individuellen Präferenzen entspricht und je nach persönlicher Vorliebe in der Nutzung als unkompliziert empfunden wird.

Paypal hat seine Umsätze stark gesteigert. Können Sie diesen Trend bestätigen?

Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Lockdowns im stationären Einzelhandel haben dazu geführt, dass sich das Einkaufsverhalten in hohem Maße auf das Internet verlagert hat. Als Zahlungsdienstleister sehen wir, dass der Anteil von Paypal-Zahlungen bei unseren Online-Händlern in den vergangenen Monaten ebenfalls stark zugenommen hat.

Die Popularität von Paypal liegt sicher auch in den einfachen Zusatzfunktionen begründet, die gerade in der Pandemie von vielen Endverbrauchern entdeckt und neben der Nutzung als bevorzugtes Zahlungsmittel im Online-Handel genutzt wurde. Dementsprechend darf man von einer hohen Quote an Weiterempfehlungen gerade im Freundes- und Bekanntenkreis ausgehen.

Wie bewerten Sie den Umgang mit Ausnahmeregelungen bei der Zwei-Faktor-Authentifizeirung?

Bei der Umsetzung der starken Kundenauthentifizierung (Strong Customer Authentification, abgekürzt SCA) gibt es einige Ausnahmeregeln, die das Bezahlen mit Karte noch schneller und einfacher machen. Hier gilt es, die entsprechenden Syteme und Bezahlschnittstellen daraufhin zu überprüfen, welche Ausnahmeregeln für das jeweilige Unternehmen sinnvoll sind, und dann die entsprechenden Anpassungen vorzunehmen. Hierbei beraten wir die Händler.

Neben der Nutzung der Ausnahmeregelungen ist aber vor allem eine saubere technische Umsetzung wichtig. Denn diese kann zu einer höheren Konversionsrate führen, ohne dass dabei die Haftung auf den Händler übergeht, wie das bei einer starken Nutzung der Ausnahmeregelungen der Fall ist. Damit kann das Einkaufserlebnis beim Bezahlen mit Karte für den Endverbraucher noch einmal deutlich verbessert werden.

Insbesondere bei Händlern unterschiedlichster Größe, die ein Abonnementmodell anbieten, hat sich die "Recurring exemption" als erfolgreich erwiesen, zumal über ein sogenanntes "Grandfathering" auch Altbestände von Kunden mit laufenden Abonnements migriert werden konnten.

Johannes F. Sutter, Director Business Development E-Commerce, PAYONE GmbH, Frankfurt am Main
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