Von Visa Austria zu Card Complete - Ewald Judt im Gespräch mit Heimo Hackel

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Seit 2007 firmiert die ehemalige Visa Austria als Card Complete. Der Name ist dabei Programm. Denn das Unternehmen verfügt seitdem auch über eine Mastercard-Lizenz und ist im Acquiring neben Mastercard und Visa auch für JCB und Union Pay tätig. Im Issuing gibt Heimo Hackel den Marktanteil seines Hauses mit 40 Prozent an, im Acquiring liegt er bei rund einem Drittel. Die Margen sind in beiden Geschäftsfeldern unter Druck. Red.

Wie hoch ist der Inlands- und wie hoch ist der Auslandsanteil bei Transaktionen und Umsatz? Card Complete sieht sich heute als der größte Kreditkartenissuer in Österreich. Wie viele und welche Kreditkarten hat das Unternehmen derzeit im Portfolio? Welches Transaktionsvolumen steht dahinter?

Card Complete hat heute 1,2 Millionen Kreditkarten, davon 1,1 Millionen Visa-Karten und 0,1 Millionen Mastercards am Markt. Das entspricht einem Kreditkartenmarktanteil von rund 40 Prozent.

Im Jahr 2013 gab es mit diesen Karten 46,6 Millionen Transaktionen und einem Umsatz von 4,7 Milliarden Euro.

Wie hoch ist der Inlands- und wie hoch ist der Auslandsanteil bei Transaktionen und Umsatz?

Kreditkarten sind in Österreich immer noch ein stark reiseorientiertes Zahlungsmittel. Demgemäß beträgt der Auslandsanteil bei Transaktionen 54 Prozent und beim Umsatz 48 Prozent.

Wie hoch ist der On-Us-Anteil bei Transaktionen/Umsatz?

Angesichts eines hohen Debitanteils beim Acquiring (zur Gänze Nicht-On-Us-Transaktionen) liegt der On-Us-Anteil bei 15 Prozent.

Da in Ihren Transaktions-/Umsatzzahlen auch der Bargeldbezug enthalten ist, wäre der Bargeldbezugsanteil interessant? Und wie sehen Sie die Entwicklung des Bargeldbezugs mit Kreditkarten in den nächsten Jahren?

Der Bargeldbezugsanteil liegt auf Transaktionsebene bei drei Prozent und auf Umsatzebene bei sechs Prozent. Da der Bargeldbezug mit Kreditkarten nicht deren Hauptfunktion ist, sondern nur für den Fall der Unmöglichkeit des Zahlens mit der Kreditkarte vorgesehen ist und der Anteil sehr niedrig ist, gehe ich davon aus, dass er sich in den kommenden Jahren nicht gravierend ändern wird.

Wo sehen Sie den Plafond beim Issuing von Kreditkarten in Österreich (Anzahl Kreditkarten)? Welchen Anteil strebt davon Card Complete an?

Bei der Kreditkartenausgabe gehen wir davon aus, dass ein potenzieller Karteninhaber bei Nutzung seiner Karte seinen daraus entstehenden Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommt. Bei acht Millionen Einwohnern, wovon sechs Millionen über 18 sind, sehen wir bei vier bis fünf Millionen Kreditkarteninhabern den Plafond. Card Complete wird sicher seinen 40-Prozent-Markanteil halten.

Welche Kreditkarten geben Sie aus? Auf welche Kreditkartenarten setzen Sie in der Zukunft?

Wir geben eine Vielfalt von Kreditkarten als Privatkarten, Co-Branding-Karten und Firmenkarten aus. Beispielhaft seien die Gold Card (3 Euro pro Monat im ersten Jahr, dann 69 Euro pro Jahr), die Classic Card ohne spezieller Versicherung (1 Euro pro Monat im ersten Jahr, dann 18 Euro pro Jahr), die Austrian Miles & More Mastercard Classic (89 Euro pro Jahr) und das Visa-Corporate Card-Duo mit nach Kartenanzahl gestaffeltem Preis (zum Bespiel ab 10 Stück 30 Euro pro Jahr) genannt. Der Kreditkartenartenmix aus Premium Cards, Classic Cards, Co-Branding Cards und Corporate Cards hat sich bewährt. Wir wollen diesen Weg weitergehen. Sobald sich neue Chancen für Kreditkarten mit anderen Features auftun, werden wir dies prüfen und im positiven Fall umsetzen.

Die größte Bekanntheit Ihrer Co-Branding-Kreditkarten hat wohl die Austrian Miles & More-Mastercard. Wie viele wurden da bisher ausgegeben? Ist sie tatsächlich der beste Umsatzgenerator? Wie hoch ist ihr Durchschnittsumsatz?

Von den drei Austrian Miles & More Mastercards (Classic, Gold, Platinum) wurden insgesamt 40 000 Karten ausgegeben. Der Durchschnittsumsatz einer Austrian Miles & More Mastercard ist rund 3,5-mal so hoch wie der Durchschnittsumsatz aller Karten.

Daneben hat Card Complete auch noch andere Co-Branding-Kreditkarten. Was hat Sie bewogen, sich in diesem Marktsegment zu engagieren?

Es hat sich gezeigt, dass man durch die Erhöhung der Attraktivität einer Karte mittels Co-Branding und den damit verbundenen Zusatzfeatures wie Kartendesign und besondere Angebote die spezifischen Erwartungshaltungen von Kunden erfüllen kann.

Während langer Jahre waren Card Complete und Pay-Life die einzigen Kreditkartenissuer der Marken Mastercard und Visa in Österreich. Nunmehr geben Banken selbst diese Kreditkarten aus beziehungsweise überlegen, dies in Bälde zu tun. Wie sehen Sie angesichts des zunehmenden Wettbewerbs das Kreditkarten-Issuing von Card Complete in der Zukunft?

In einem Land wie Österreich machen spezialisierte Institute, die für klassische Banken Kreditkarten ausgeben, aufgrund der dadurch erreichten Economies of Scale Sinn. Das wird auch in Zukunft so sein.

Ihr derzeitiger Vertriebsweg sind hauptsächlich Banken. Werden Sie auch in Zukunft daran festhalten oder auf alternative Vertriebswege setzen?

Die Banken werden weiter der Hauptvertriebsweg bleiben. Doch wir nutzen schon derzeit alternative Vertriebswege, die in Zukunft durchaus ausbaufähig sind.

Und wie sehen Sie für Ihr Haus eine Zukunft im Issuing-Support für Dritte - seien es Banken oder (via Sponsored License) auch große Händler?

Auch das ist eine Möglichkeit, um über eine sukzessiv größere Kreditkartenanzahl zu größeren Transaktions- und Umsatzzahlen zu kommen, da das Kartengeschäft generell und das Kreditkartengeschäft speziell für längerfristig gute Ergebnisse ein ständiges Wachstum an Transaktionen und Umsatz erfordert.

Abseits von Kreditkarten gibt es hier und da Prepaid-Karten. Wie sind Sie hier positioniert?

Card Complete hat derzeit 50 000 Prepaid-Karten ausgegeben, darunter die Rapid Prepaid Mastercard für den österreichischen Fußball-Rekordmeister Rapid Wien und die T-Mobile Prepaid Visa-Karte. Hier beträgt das monatliche Entgelt 1,50 Euro. Diese Karten eignen sich primär für Jugendliche, die zum Beispiel für einen Auslandsaufenthalt eine Zahlkarte benötigen, für jene, die aus Bonitätsgründen nur für eine Guthabenkarte geeignet sind, und für Unternehmen, die ihre kontolosen Mitarbeiter im Ausland bargeldlos bezahlen wollen. In den kommenden Jahren ist ein moderates Wachstum dieser Karten geplant.

Wie stellt sich die Rentabilität im Issuing derzeit dar?

Derzeit ist die Rentabilität noch in Ordnung, durch die vorgesehene Reduktion der Interchange Fee werden jedoch Maßnahmen gesetzt werden müssen, um Kosten und Ertrag neu auszubalancieren.

Wie kann dieser zu erwartende Erlösrückgang durch die niedrigeren Domes tic Interchange Fees kompensiert werden?

Wir schauen uns derzeit an, wie das in anderen Ländern wie Australien und Kanada gemacht wurde, wo es zu ähnlichen strukturellen Erlösreduktionen gekommen ist, und stellen Überlegungen an, welche Maßnahmen für den österreichischen Markt die geeignetsten sein werden. Naheliegend ist es zum Beispiel, Zusatzleistungen, die bisher nicht extra bepreist wurden, separat zu verrechnen. Das heißt dass der Kunde zum Basisprodukt seine Zusatzleistungen "bestellen" kann.

Auch an anderen Erlösschrauben könnte gedreht werden. Denn der Kartenzahlungsverkehr kostet: von der Ausstellung der Kreditkarte über die Transaktionsabwicklung bis zur Risikokomponente. Und diese Kosten müssen gedeckt werden. Dabei soll allerdings nicht das übergeordnete Ziel aus den Augen verloren werden: den bargeldlosen Zahlungsverkehr zu fördern.

Im Acquiring ist Card Complete für Mastercard/Maestro, Visa/V-Pay, JCB und Union Pay aktiv. Wie viele Händler umfasst Ihr Kundenportfolio, wie viele könnten es maximal werden?

Derzeit gibt es 90 000 bis 100 000 Händler mit Kartenakzeptanz in Österreich. Der Plafond wird bei 125 000 bis 135 000 Händlern erreicht sein. Der Händlerbestand von Card Complete liegt derzeit bei etwa 30 000. Diesen derzeitigen Marktanteil von rund einem Drittel der Händler gilt es zu halten. Das weitere Wachstum soll auf Qualität ausgerichtet sein. Im Jahr 2013 gab es in unserem Händlernetz 91,6 Millionen Acquiring-Transaktionen über 6,3 Milliarden Euro. Für 2014 wir mit einem Wachstum von mindestens 10 Prozent. Derzeit hat das Unternehmen 36 000 Terminals am Markt, davon ist bereits ein Viertel für Kontaktlos-Transaktionen geeignet.

Wie sehen Sie die Zukunft von Kontaktlos-Transaktionen? Sind sie derzeit ausreichend gesichert? Sollte das Betragslimit längerfristig gleich bleiben, erhöht oder gesenkt werden?

Der Vorteil von Kontaktlos-Transaktionen ist nicht nur der Verzicht auf die PIN-Eingabe bei Transaktionen bis zu 25 Euro, sondern das Faktum, dass der Kreditkarteninhaber seine Karte bei einer derartigen Transak tion nicht aus der Hand gibt und damit nicht nur die Sicherheit, sondern auch sein Sicherheitsgefühl höher ist. Derzeit passen die 25 Euro als Grenze für PIN-Eingabe. Längerfristig wird man im Hinblick auf eine eventuelle Erhöhung Sicherheit gegen Convenience abwägen müssen.

Allgemein nehmen E-Commerce-Transaktionen im Verhältnis zu PoS-Transaktionen zu. Wie ist das Verhältnis PoS zu E-Commerce bei Card Complete heute? Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

Bei den von Card Complete ausgegebenen Kreditkarten kommt bereits rund ein Fünftel aller Transaktionen aus dem E-Commerce. Beim Acquiring ist dieser Anteil bedingt durch Debit-Transaktionen mit nur geringer E-Commerce-Nutzung deutlich geringer. In den kommenden Jahren ist jedes Jahr mit einer leichten Zunahme des Anteils des E-Commerce zu rechnen.

Wie sieht die Rentabilität im Acquiring aus? Wird sich die produktorientierte Erlösformel "Interchange Plus" oder eine Pauschalkondition für alle Akzeptanzprodukte durchsetzen?

Die Rentabilität im Acquiring ist akzeptabel, wenngleich die Margen trotz Weitergabe der reduzierten Interchange Fees massiv unter Druck sind. Card Complete ist nur in Österreich im Händlergeschäft tätig. Auch in einem "Single European Acquiring Market" werden nationale Player künftig noch eine wichtige Rolle spielen. Europaweit aktive Acquirer werden vor allem bei europaweit aktiven Händlern eine zunehmende Bedeutung erlangen.

Wie sehen Sie die Rolle der klassischen Banken im europäischen Acquiringmarkt vice versa speziellen Institutionen, die sich dem Kartengeschäft und da insbesondere dem Acquiring widmen?

Es zeigt sich jetzt schon, dass mehr und mehr Geschäftsbanken sich aus dem Acquiring zurückziehen und dies dedizierten Kartenunternehmen überlassen, um sich auf ihr Kerngeschäft zu fokussieren.

Sehen Sie bei "Mobile Payments" die Gefahr von proprietären Lösungen der Telekoms? Sehen Sie die Gefahr, dass die Telekoms "Mobile Payments" mit etablierten Brands auf ihren Handys zulasten der etablierten Kartenplayer einführen und auch ins Acquiring einsteigen?

Wir sehen das Risiko gering, dass die Telekoms mit Zahlungslösungen reüssieren, da die Kunden - wie Marktforschungen zeigen - beim Zahlen vor allem ihrer Bank vertrauen. Kooperationen (in welcher Form) immer sind jedoch möglich.

Wird sich die Entmaterialisierung des Geldes - weg vom Barzahlen, hin zum bargeldlosen Zahlen - fortsetzen? Wird es zur bargeldlosen Gesellschaft kommen? Wenn ja, wann wird das Ihrer Meinung nach der Fall sein?

Der Trend zur bargeldlosen Gesellschaft wird sich fortsetzen. Ihre vollständige Realisierung werde ich jedoch als aktiver Arbeitnehmer nicht mehr erleben.

Card Complete in Kürze

Card Complete ist heute in Österreich der größte Kreditkartenissuer, wobei sowohl Mastercard- als auch Visa-Karten ausgegeben werden. Dazu kommt das Acquiring von Transaktionen der beiden US-Zahlungsschemes (Mastercard/Maestro und Visa/V-Pay) sowie von JCB- und Unionpay-Transaktionen. Das Unternehmen geht zurück auf den Start der Ausgabe von Visa-Karten und der Akquisition und Abrechnung von Visa-Vertragsunternehmen durch die Wiener Zentralsparkasse im Jahr 1980. Das bereits davor aktive Visa-Acquiringgeschäft der Bank of America wurde 1984 übernommen. 1985 wurde Visa Austria als Tochtergesellschaft der Wiener Zentralsparkasse (heute Bank Austria) und der Genossenschaftlichen Zentralbank (heute Raiffeisen-Zentralbank) gegründet. Im Zuge des Erhalts einer Mastercard/Maestro-Lizenz erfolgte 2007 die Umfirmierung in Card Complete.

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