Europa macht stark

Swantje Benkelberg

sb – 2018 mag immer noch nicht den Durchbruch des mobilen Bezahlens in Deutschland bringen. In jedem Fall ist es schon jetzt das Jahr der Konsolidierung der europäischen Payment-Dienstleister. Worldline und Six, SIA und First Data, Nets und Concardis und ganz aktuell Ingenico und BS Payone - die Konsolidierung schreitet mit riesigen Schritten voran. Dafür, dass sich die Entwicklung derzeit zu überschlagen scheint, lassen sich gleich mehrere Gründe anführen. Michael Steinbach von Worldline sieht einen davon in der Tatsache, dass es in Europa bisher eine Art Konsolidierungsstau gegeben habe, der sich nun auflöst, da Sepa Realität geworden ist und die Standards zur Verfügung stehen, die ein grenzüberschreitendes Geschäft erst attraktiv machen. Es liegt auf der Hand: Wo das Klein-Klein nationaler Standards und Zulassungsverfahren das internationale Geschäft erschwert, wächst mit grenzüberschreitenden Zusammenschlüssen auch die Komplexität, sodass die positiven Effekte teilweise kompensiert werden. Diese Phase ist nun vorbei. Jetzt lohnt sich Größe für die Technologieanbieter wirklich. Größe wird auch immer mehr zum Erfolgsfaktor. Denn die Geschwindigkeit, in der die technische Weiterentwicklung und Innovationen bei den Bezahlverfahren voranschreiten, erfordert Investitionen, die sich nur bei hinreichender Größe überhaupt stemmen lassen und sich dann auch amortisieren. Damit aber die Stückkosten sinken, braucht es gigantische Volumina auf den Plattformen. Und das gelingt eben nur über Fusionen und Partnerschaften. So entstehen jetzt große europäische Paymentdienstleister. Damit kommt Europa zumindest auf der Plattformebene zu Strukturen, die außereuropäischen Anbietern etwas entgegenzusetzen haben. Das ist nicht zuletzt im Hinblick auf den Datenschutz wichtig, der in Europa nun einmal besonderen Stellenwert genießt. Denn natürlich unterliegen auch ausländische Unternehmen, die in Europa tätig werden, dem europäischen Datenschutzrecht. "Gefühlt" macht es aber eben doch einen Unterschied.

Über die Dienstleister kann der Weg sogar zu europäischen Payment-Lösungen gehen - etwas, das die Kreditwirtschaft mit ihrem Festhalten an nationalen Spezialitäten nicht geschafft hat. Erfolgversprechend scheint dies derzeit vor allem im Mobile Payment - und hier vor allem bei den Handy-zu-Handy-Bezahlverfahren. So hat SIA im P2P-Bereich mit Jiffy ein in Italien mittlerweile recht ordentlich etabliertes Verfahren im Angebot, das man auch in andere Märkte trägt. Und Worldline hat sich zum Schweizer Mobile-Payment-Verfahren Twint bekannt, das aufgrund des kleinen Schweizer Marktes von vielen Marktbeobachtern schon als chancenlos abgetan worden ist, durch die Vertriebskraft der europaweit größten Payment-Technologieplattform jedoch vielleicht neues Potenzial in anderen, bislang stark fragmentierten Märkten erschließen kann, zumal es auch als "White-Label-Lösung" im Design der jeweiligen Bank zur Verfügung steht.

Nationale Systeme sind dennoch auch in einem internationalen Dienstleisterkontext nicht automatisch ohne Zukunft. Denn aufgrund der erreichten Standards können sie von multinationalen Dienstleistern mit geringerem Aufwand als früher eingebunden werden. Sie werden zu Bausteinen, unter denen die Banken wählen können, wie es Michael Steinbach im Interview formuliert. Und Nicola Cordone erwartet sogar, dass sie von den Skaleneffekten und damit günstigeren Kostenstrukturen mit profitieren können. Leichter werden dürfte es für die nationalen Verfahren gleichwohl nicht. Denn wenn sich, von den Dienstleistern vorangetrieben, tatsächlich europäische Lösungen verbreiten, dann müssen sich die nationalen mehr denn je an diesem Maßstab messen lassen. In der Kreditwirtschaft mag dies mancher bedauern. Die Entwicklung ist aber hausgemacht. Hätten die Banken die Hoheit bewahren wollen, dann hätte man nicht über die Jahre hin das "Tafelsilber" im Zahlungsverkehr verkaufen dürfen, sondern an Gemeinschaftsunternehmen festhalten und mit diesen stärker den Schulterschluss mit anderen nationalen Bezahlverfahren und den dortigen Strukturen suchen sollen.

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