Risikomanagement

Einsatz von Covenants und Margengittern im Projektfinanzierungsgeschäft

Die Vergabe von Krediten ist mittlerweile komplexer geworden, da die Regelungen in den deutschen MaRisk (Mindestanforderungen an das Risikomanagement) und den österreichischen MSK (Mindestandards für das Kreditgeschäft) klar determinieren, welchen Prozess der Kreditwunsch eines Kunden durchlaufen muss, bevor eine Entscheidung vorgenommen werden kann.

Das Risiko aus Sicht der Bank

Neben der Prüfung der Bonität des Kunden werden sowohl aussagekräftige Unterlagen ausgewertet und analysiert als auch potenzielle zukünftige Risiken des Kreditengagements bewertet. Bei Projektfinanzierungen ist der Kreditprozess noch schwieriger, da es sich meistens um Cashflow-generierende Investments handelt, welche bedeutend mehr und höhere Risiken besitzen, als die Vergabe eines Kredits an einen Firmenkunden.

Daher bedarf es neben der Prüfung des Kreditwunsches hinsichtlich der erhaltenen Zahlen und der Zukunftsaussichten auch eines laufenden und gut strukturierten Kontrollsystems, damit der Fremdkapitalgeber so früh wie möglich über ungünstige Entwicklungen des Projektes informiert werden kann. Die oben erwähnten Standards sehen dies bei "gewöhnlichen" Krediten ebenfalls vor, wobei zumindest einmal jährlich eine angemessene Risikoanalyse erfolgen muss.1) In den Regelungen wird jedoch auch festgelegt, dass man bei Engagements mit einem erhöhten Risiko eine außerordentliche Risikoanalyse durchführen sollte.2)

Projekte sind zweifelsohne der letzteren Kategorie zuzuordnen, da sich bei diesen im Vergleich zu "gewöhnlichen" Krediten zusätzliche Risiken ergeben, welche das Ausfallsrisiko deutlich erhöhen. Vor allem werden im Allgemeinen Projektfinanzierungen auf "non-recourse"-Basis abgeschlossen. Das bedeutet, dass die Finanzierung gänzlich auf die Fähigkeit des Projektes aufbaut, ausreichend Cashflows zur Bedienung der Tilgungs- und Zinszahlungen zu erzielen.3) Kreditnehmer ist in der Regel eine eigene Gesellschaft (SPV = special purpose vehicle), an der unterschiedliche Shareholder beteiligt sind, die für das Projekt keine persönlichen Haftungen übernehmen.4)

Drei Phasen

Der Zeitraum eines Projektes kann in drei Phasen eingeteilt werden, wobei diese Phasen unterschiedlichste Risiken beinhalten. Die Entwicklungs- und Konstruktionsphase ist jene mit dem höchsten Risiko, da hier nur investiert wird und keine Cashflows generiert werden können.

Während dieser Zeit ist es häufig zu beobachten, dass die Kosten aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse oder Verteuerungen überschritten werden oder auch die Fertigstellung nicht rechtzeitig umgesetzt werden kann.5) In der zweiten Phase, der Start-up-Phase, ist es erforderlich, die Funktionsfähigkeit des Projektes zu gewährleisten beziehungsweise zu verifizieren. Hier kann es erforderlich sein, dass das Projekt abgenommen werden muss als auch Tests durchgeführt werden müssen. Je nach Projektart kann auch diese Phase einige Monate dauern, in welcher ebenfalls noch keine Cashflows generiert werden können. Zuletzt ist noch die operationelle Phase zu nennen, welche den Betrieb des Projektes beschreibt und in welcher die erwarteten liquiden Mittel erwirtschaftet werden können.

Um die potenziellen Risiken und Probleme, die sich auf die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Projektes auswirken können, so frühzeitig wie möglich zu erkennen, werden im Zuge von Projektfinanzierungen Covenants als auch Margengitter eingesetzt. Damit kann ein verbessertes Risikomanagement bei Banken umgesetzt werden, um auch die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit "adverse selection", "information asymmetry" und "moral hazard" zu kontrollieren.6) Diese Aspekte verursachen eine erhöhte Unsicherheit bei der Kreditvergabe und sind auch der wesentliche Grund dafür, dass Kreditgeber einen deutlich höheren Zinsaufschlag für Projektfinanzierungen verrechnen.7)

Die wichtigste Grundlage für die Bank zur Bewertung des Projektes ist die Cashflow-Planung, welche seitens des Kreditnehmers zur Verfü gung gestellt wird. Sie stellt eine Planung der erwarteten Cashflows aus dem Projekt dar, welche über die Laufzeit des zu finanzierenden Objektes erwirtschaftet werden sollen. Ausgehend von dieser Planung kann die Bank eine Plausibilitätsprüfung vornehmen, welche sehr häufig auf Erfahrungen aus früheren finanzierten Projekten aufbaut.

Besonders wertvoll sind bei der Beurteilung auch Sensitivitätsanalysen, bei welcher man bestimmten Risikoparameter verändert, um deren Auswirkungen auf den Cashflow bestimmten zu können.8) Im Weiteren werden auch relevante Kennzahlen berechnet, aufgrund derer man das Projekt besser bewerten kann. Hier ist es auch üblich, dass man Kennzahlen von vergleichbaren Projekten heranzieht, um die potenzielle Leistungsfähigkeit des neu zu finanzierenden Projektes feststellen zu können.9)

Margengitter als Informations- und Kontrollinstrument

Die Cashflow-Planung ist neben dem Informationsmemorandum das wichtigste Instrument für den Kreditgeber zur Bewertung des Kreditengagements. Zudem bildet diese auch die Basis für die Erstellung des Margengitters, das als Informations- und Kontrollinstrument während der Projektlaufzeit verwendet wird. Das Margengitter dient dazu, das "Rating" des Projektes bestimmen zu können, welches mit einer Ausfallswahrscheinlichkeit verknüpft ist. Die vom Kreditnehmer vorgelegten Zahlen werden meistens einem "mittleren Rating" zugeordnet. Wenn das Projekt somit die Planwerte erreicht, dann wird es in die mittlere Klasse (im Beispiel der Abbildung wäre dies Klasse 3) kategorisiert.

Sollte sich eine Verschlechterung der Kennzahlen ergeben, bedeutet dies ein erhöhtes Risiko für den Kreditgeber, sodass auch der Zinsaufschlag entsprechend erhöht wird, weil das Projekt in eine schlechtere Klasse eingeordnet wird. Analoges gilt bei einer Verbesserung der Kennzahlen. Dies wird mit einer Reduktion des Risikos gleichgesetzt, sodass nach dem Konzept des risikoadjustierten pricing eine Senkung des Zins aufschlages erfolgt.

Vereinbarung von Covenants

Zusätzlich werden in Kreditverträgen Covenants vereinbart, um potenzielle Risiken und ungünstige Entwicklungen frühzeitiger erkennen zu können. Es handelt sich somit um Vereinbarungen, welche den Kreditgeber gegen Handlungen des Kreditnehmers schützen, welche gerade im Falle einer Krise des Projektes eine Schädigung nach sich ziehen könnten.10) Typischerweise unterscheidet man zwischen finanziellen und nicht-finanziellen Covenants. Die finanziellen Covenants sind implizit im Margengitter abgebildet. Nicht-finanzielle Covenants werden vertraglich fixiert und können beispielsweise negative pledge, Informationspflichten oder auch change of control enthalten.11)

Besonders wichtig ist das Ereignis des "default", welches beim Bruch einer Covenant-Vereinbarung als auch bei einer starken Verschlechterung der Kennzahlen aus dem Margengitter ausgelöst werden kann. In der Kreditvereinbarung ist genau geregelt, unter welchen Bedingungen "default" auftreten kann. In dieser Situation wäre der Kreditgeber berechtigt, eine sofortige Rückzahlung des verliehenen Kreditbetrages einzufordern. Dieser Umstand ist in der Praxis sehr ungünstig und sollte daher, wenn möglich, gänzlich vermieden werden. Daher ist es unbedingt erforderlich, potenzielle Brüche so frühzeitig wie möglich zu erkennen und diese auch dem Kreditgeber unverzüglich zu kommunizieren.

Auswirkungen auf die Kosten einer Finanzierung

In der Abbildung ist ein mögliches Margengitter mit drei definierten Kennzahlen dargestellt. Es wird zunächst für jede einzelne Kennzahl der entsprechende Wert basierend auf den aktuellen Daten berechnet. Dann erfolgt eine Mittelwertbildung12) der einzelnen Klassen, sodass man dann die "Gesamtklasse" erhält, welche dann den Kreditaufschlag aufzeigt, welcher für die nächste Beobachtungsperiode Gültigkeit hat.

Je nach Höhe des abgeschätzten Risikos kann die Vorlage der Kennzahlen durch den Kreditnehmer quartalsweise oder auch halbjährlich erfolgen. Wenn somit die Kennzahlen quartalsweise berechnet werden, dann gilt der neu ermittelte Kreditaufschlag für das nächstfolgende Quartal. Danach erfolgt wieder eine Neuberechnung für das nächste Quartal und so weiter. Kreditnehmer können durch entsprechende Steuerung den Projekterfolg verbessern und sich in eine bessere Klasse bewegen, was die Finanzierungskosten reduzieren kann.

Aufgaben im Controlling

Eine besondere Aufgabe im Zusammenhang mit Projektfinanzierungen ist im Bereich des Controllings zu sehen. Im Zuge der Budgetierungen sollten neben den klassischen Planrechnungen auch die Auswirkungen dieser Planung auf das Margengitter berechnet werden. Zudem ist es empfehlenswert auch eine Sensitivitätsanalyse vorzunehmen, damit man die Auswirkungen von möglichen Abweichungen auf die Veränderungen im Margengitter bewerten kann. Besonders wichtig ist dies, um einen potenziellen "default" frühzeitig zu erkennen. Sollte dieser Umstand aufgrund der Planzahlen absehbar sein, ist es wichtig, den Kreditgeber frühzeitig über diesen Umstand zu informieren, da man dann bereits im Vorfeld entsprechend agieren kann.

Grundsätzlich ist in der Praxis zu beobachten, dass der Kreditgeber auch im Falle eines "default" keine sofortige Kündigung der Finanzierung und damit eine Rückzahlung bedingen wird. In den meisten Situationen wird man bei einer Verschlechterung der Kennzahlen den vorläufigen Status des "default" akzeptieren und dies in einer gesonderten Vereinbarung festhalten. Aufgrund dessen bleibt die Finanzierungsfähigkeit des Projektes gesichert, wobei jedoch ein deutlich höherer Kreditaufschlag akzeptiert werden muss.

Hinsichtlich des Margengitters sind dann zwei Varianten vorstellbar. In der ersten Variante verbleibt das bestehende Margengitter und das Projekt kann mit einem niedrigeren Kreditaufschlag finanziert werden, wenn man eine Verbesserung der Kennzahlen erreichen kann. Dies ist nur dann als vernünftig anzusehen, wenn dies aufgrund von aktualisierten Planzahlen realistisch erscheint.

In der zweiten Variante erfolgt eine Neufestsetzung des Margengitters basierend auf einer aktualisierten Planung, welche von der ursprünglichen Planung abweicht. Dies kann erforderlich sein, wenn sich bestimmte Parameter zuungunsten des Projektes entwickeln und wenn es nicht mehr möglich ist, die Zahlen des ursprünglichen Plans zu erreichen. Aufgrund des damit erhöhten Risikos für den Kreditgeber werden auch die Kreditaufschläge entsprechend angepasst, was im Allgemeinen eine Verteuerung der Finanzierungskosten bedeutet.

Diese Ausführungen unterstreichen die Wichtigkeit eines effizienten und vor allem vorausschauenden Projektcontrollings. Dieses ist nicht nur als internes Kontrollinstrument zu sehen, sondern auch als Frühwarnsystem für die Erkennung einer potenziellen Krise des Projektes. Gerade in der Kommunikation mit dem Kreditgeber ist dies ein wichtiger Punkt, da man damit rechtzeitig informieren kann und sich die Wahrscheinlichkeit zur Absicherung der Finanzierungsfähigkeit des Projektes erhöht. Kreditgeber sind dann auch eher bereit in Situationen des potenziellen "default" Lösungen anzubieten als auch umzusetzen.

Quellenverzeichnis

Anderson. R. (2007). The credit scoring toolkit: Theory and practice for retail credit risk management and decision automation. Oxford: Oxford University Press.

BaFin (2012), Rundschreiben 10/2012 (BA) vom 14. Dezember 2012: Mindestanforderungen an das Risikomanagement - MaRisk, unter www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Rundschreiben/dl_rs1210_marisk_pdf_ba.pdf?__blob=publicationFile&v=5, abgerufen am 13. Dezember 2013.

Fight, A. (2005), Introduction to project finance, Oxford: Elsevier Ltd.

Finanzmarktaufsicht (2005), FMA-Mindeststandards für das Kreditgeschäft und andere Geschäfte mit Adressausfallsrisiken vom 13. April 2005 (FMA-MS-K), unter www.fma.gv.at/typo3conf/ext/dam_ download/secure.php?u=0&file=1871&t=1378216 663&hash=daa486810c781fc1fe0e62f2af8adf04, abgerufen am 13. Dezember 2013.

Johnson, S. A. (1997). The effect of bank debt on optimal capital structure. Financial Management, 26 (4), 47-56.

Fußnoten

1) Vgl. Finanzmarktaufsicht 2005, S. 29; BaFin 2012, S. 22 - 23.

2) Vgl. Finanzmarktaufsicht 2005, S. 29; BaFin 2012, S. 23.

3) Vgl. Fight, 2005, S. 4.

4) Vgl. Fight, 2005, S.10.

5) Vgl. Fight, 2005, S. 51-53.

6) Vgl. Anderson 2007, S. 4-5.

7) Vgl. Johnson 1997, S. 47.

8) Vgl. Fight 2005, S.101.

9) Vgl. Fight 2005, S. 97.

10) Vgl. Fight 2005, S.122.

11) Diese Aufzählung ist nicht als erschöpfend anzusehen, da es eine Vielzahl von möglichen nichtfinanziellen Covenants gibt, die je nach Projektart und Finanzierungsumfang individuell vereinbart werden. Vgl. Fight 2005, S.127-131.

12) Es ist in der Praxis durchaus möglich, dass man auch eine andere Art der Mittelung vornimmt, in dem beispielsweise bestimmte Kennzahlen mit höheren Gewichtungen bewertet werden. Dies ist in den Kreditbedingungen enthalten und kann im Zuge des Finanzierungsprozess mit der Bank verhandelt werden.

Mario Situm , Studiengangsleiter , Fachhochschule Kufstein Tirol Bildungs GmbH, Kufstein, Österreich und Partner der DANISTER GmbH München, Deutschland
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