Schwerpunkt: Pfandbriefe und Pfandbriefbanken 2012

Transparenz als Wettbewerbsvorteil - Ziele der PfandBG-Novelle 2012

Das Pfandbriefgesetz (PfandBG) setzt einen engen Rahmen für eine gleichförmig hochwertige Produktqualität. Die einfache Produktstruktur und weitreichende Berichtspflichten sind gerade in Krisenzeiten maßgeblich für die Sonderstellung der Pfandbriefe unter den Covered Bonds. Diesseits gesetzlicher Vorschriften sorgen die Pfandbriefbanken nicht erst seit Beginn der Finanzkrise mit eigenen Transparenzinitiativen für Offenheit. Indem sie die Weiterentwicklung der Transparenzanforderungen auf gesetzlicher und untergesetzlicher Ebene vorantreiben, nehmen sie eine Vorreiterrolle im Hinblick auf sich ändernde Informationsbedürfnisse der Investoren ein.

Gesetzliche Standards

Pfandbriefe und die zu ihrer Begebung erforderlichen Deckungswerte sind in ein striktes bankregulatorisches Umfeld eingebettet. So müssen Pfandbriefbanken für die Emission von Pfandbriefen spezielle Lizenzanforderungen erfüllen und unterliegen der besonderen Aufsicht der BaFin. Während Verbriefungen und andere auf vertraglicher Grundlage ausgestaltete sogenannte Structured Covered Bonds keiner besonderen Fachaufsicht unterworfen werden, erfolgen Pfandbriefemissionen kraft des Pfandbriefgesetzes zwingend in standardisierter Form. Anleger können sich auf die Analyse des Pfandbriefgesetzes und der begebenden Bank beschränken und auf die Bearbeitung umfangreicher Emissionsprospekte verzichten. Denn wesentliche Produkteigenschaften des Pfandbriefs sind per Gesetz bis ins Detail vorgeschrieben und standardisiert.

Dank der einfachen Struktur und des hohen Standardisierungsgrades des Pfandbriefs ist es besonders einfach möglich, Investoren regelmäßig über die Zusammensetzung der Deckungsmassen zu informieren. Seit dem Inkrafttreten des PfandBG im Juli 2005 ist die quartalsweise Veröffentlichung detaillierter Angaben über die Qualität und die Zusammensetzung der Deckungsmassen gesetzlich bindend. Mit der Berücksichtigung unterjähriger Berichtspflichten gemäß § 28 PfandBG setzt der Gesetzgeber konsequent auf die disziplinierenden Kräfte des Wettbewerbs, von denen zusätzliche Anreize zur Qualitätssicherung ausgehen. Die quartalsweise Veröffentlichung wichtiger Kennzahlen der Deckungsmassen vermittelt Anlegern seither ein genaues Bild von Art und Umfang der Deckungsmassen und ihrer Veränderungen im Zeitablauf. Auf diese Weise können interessierte Dritte unabhängig von den Urteilen der Ratingagenturen ihre eigene Einschätzung der Qualität der Deckungsmassen und Pfandbriefe fundieren.

Entscheidend für ihre gute Akzeptanz ist die permanente Weiterentwicklung der Transparenzvorschriften. In den bisherigen Novellen des Pfandbriefgesetzes wurde die ursprüngliche Fassung der Vorschrift erweitert beziehungsweise präzisiert. Im März 2009 wurden die Institute zum Beispiel verpflichtet, Deckungswerte und Pfandbriefe mit einer Restlaufzeit von bis zu fünf Jahren in jährliche Fristenbänder einzugruppieren. Im Dezember 2010 wurde gesetzlich geregelt, dass die Veröffentlichung der Berichte jeweils einen Monat nach Quartalsende respektive zwei Monate nach Jahresultimo zu erfolgen hat. Damit wurde den Emittenten ein straffer, aber geeigneter Zeitrahmen aufgegeben, innerhalb dessen sie die gesetzlichen Berichtspflichten spätestens erfüllt haben müssen.

Mit einer weiteren Novelle des Pfandbriefgesetzes werden nun auf Anregung des vdp weitere Berichtspunkte in den Katalog der gemäß § 28 PfandBG regelmäßig zu veröffentlichenden Kennzahlen aufgenommen. Dazu gehören die Zins- und Währungsrisiken auf der Aktiv- und Passivseite, das durchschnittliche "Alter" der hypothekarisch gesicherten Finanzierungen, der Anteil der EZB-fähigen Deckungswerte an den Deckungsmassen sowie die Untergliederung des Laufzeitenprofils der Pfandbriefe und zugehörigen Deckungswerte in sechsmonatige Fristenbänder bis zu einer Restlaufzeit von zwei Jahren. Darüber hinaus wird angeregt, die "weiteren Deckungswerte" gestaffelt nach öffentlichen Schuldnern beziehungsweise Banken und ungedeckten respektive gedeckten Bankschuldverschreibungen zu veröffentlichen. Damit werden diejenigen Angaben in das Pfandbriefgesetz integriert, die eine Mehrheit der Anleger als wichtig erachtet.

Die Vertrauenskrise am Finanzmarkt allgemein und der Wettbewerb auf dem dynamisch wachsenden Covered-Bond-Markt priorisieren das Transparenzbedürfnis der Anleger auch international. Das Covered Bond Investor Council, CBIC, eine Interessenvertretung einiger großer internationaler Covered-Bond-Anleger, hat die erste Konsultationsrunde zu Berichtspflichten für Emittenten von Covered Bonds im Frühsommer abgeschlossen. Denn um Covered Bonds unterschiedlicher Herkunft nach einheitlichen Kennzahlen analysieren und vergleichen zu können, ist es wünschenswert, auf eine einheitliche Datenbasis zugreifen zu können. Die Pfandbriefbanken unterstützen die Initiative des CBIC grundsätzlich. Es liegt auf der Hand, dass es angesichts der Vielfalt nationaler Covered-Bond-Modelle und der besonderen Eigenheiten beispielsweise nationaler Immobilienmärkte keinen "One size fits all"-Ansatz für ein Transparenzregime geben kann. Nicht alle Daten, deren Veröffentlichung gefordert wird, bieten Anlegern auch tatsächlich Vorteile.

Das richtige Maß

Manche neuen Anforderungen stammen aus der Welt der Ratingagenturen beziehungsweise Verbriefungen und sind nicht universell übertragbar auf gedeckte Schuldverschreibungen, an die bereits von Gesetzes wegen hohe Qualitätsanforderungen gestellt werden. So fordert die britische Aufsichtsbehörde von ihren heimischen Covered-Bond-Emittenten die Veröffentlichung von Daten auf Einzeldarlehensebene ("loan level data"). Eine solche Transparenztiefe ist im Fall des Pfandbriefs aufgrund der hohen gesetzlich verbürgten Qualitätsstandards der Deckungswerte nicht zielführend. Zweifel sind angebracht, ob Investoren daraus tatsächlich einen nennenswerten zusätzlichen Nutzen ziehen. Im Gegensatz stellt sich vielmehr die Frage, ob mehr Transparenz der Emittenten zwangsläufig mehr Akzeptanz für die Emissionen oder die Produkte im Allgemeinen zur Folge hat. Oder kann sich der Nutzen zusätzlicher Berichtspflichten gerade bei kleineren Anlegern mit begrenzten Analysekapazitäten sogar in sein Gegenteil verkehren?

Der Verband hat es zu einem Prinzip gemacht, nur für eine Aufnahme derjenigen Informationen zu werben, die von allen oder einer Mehrheit der Anleger als wünschenswert bezeichnet werden. Einzelforderungen einzelner Investorengruppen werden hingegen nicht unterstützt, auch um das Gesetz lesbar zu halten. Die Rückmeldungen zahlreicher Anleger bestätigen, dass ein Übermaß an Transparenz insbesondere von jenen kleinen und mittleren Investoren, die mangels Marktmacht auf gesetzliche Transparenzangaben angewiesen sind, kritisch gesehen wird.

Schaffung von Vertrauen

Seit September 2010 werden alle Transparenzberichte der vdp-Mitgliedsinstitute gemäß § 28 PfandBG zeitnah auf der Website des Verbandes verfügbar gemacht. Die individuellen Berichte und darüber hinaus die aggregierten Zahlen sind dort innerhalb der gesetzlichen Frist zentral in verschiedenen Datenformaten abrufbar. Entscheidend für den großen Erfolg dieser Initiative ist das gemeinsame Verständnis der Definitionen und Formate der Berichtsziffern. Die Analysemöglichkeiten der Marktteilnehmer werden durch das einheitliche Verständnis und die zentrale Verfügbarkeit der Daten deutlich verbessert. Mit der Berechnung der vdp-Pfandbriefkurven erhalten insbesondere professionelle Immobilieninvestoren schon seit fast einem Jahrzehnt börsentäglich eine Kurve der Einstandskonditionen der Emittenten am Markt und damit eine Basis zur Kalkulation ihrer Kreditmargen und Finanzierungskosten.

Das besondere Augenmerk der Pfandbriefbanken gilt schließlich in jüngster Zeit vor allem der Transparenz der Preisbildung im Handel mit Pfandbriefen. Ende Oktober 2011 hat die EU-Kommission ihren Entwurf zur Überarbeitung der EU-Finanzmarktrichtlinie (MiFID) veröffentlicht, der eine weitgehende Vor- und Nachhandelstransparenz für den Anleihehandel vorsieht, um den Anlegerschutz durch marktweite Preistransparenz zu stärken. Während die Pfandbriefbanken die Forderungen nach einer verbesserten Nachhandelstransparenz grundsätzlich bejahen, werden durch die geplante Vorhandelstransparenz - also die Verpflichtung, Kursofferten veröffentlichen zu müssen - im überwiegend nichtbörslichen Anleihehandel negative Folgen für die Funktionsfähigkeit und Liquidität dieser Märkte befürchtet. Die Vorschläge der Kommission hinsichtlich der Vorhandelstransparenz erscheinen daher nicht praktikabel und sind nach Auffassung des vdp weder im Interesse der Anleger und Emittenten noch der handelnden Banken.

Die seit Januar des laufenden Jahres börsentäglich auf der Website des Verbandes veröffentlichte vdp-Sekundärmarktkurve ist in diesem Zusammenhang als Vorgriff auf die Nachhandelstransparenz, wie sie in der MiFID vorgesehen ist, zu verstehen. Allerdings entstand sie unabhängig davon, um entsprechenden Investorenwünschen nachzukommen. Anleger können auf der Website des Verbandes börsentäglich ermittelte durchschnittliche Spreads für Jumbo-Pfandbriefe mit einer Restlaufzeit von mehr als 24 Monaten abrufen. Vorgesehen ist, bis zum Jahresende auch solche Pfandbriefe mit einem Emissionsvolumen von mindestens 500 Millionen Euro und einer Restlaufzeit von mindestens zwölf Monaten abzubilden.

Die sich abzeichnenden regulatorischen Weichenstellungen für gedeckte Anleihen im Rahmen von Basel III sowie Solvency II und ihre privilegierte Stellung im deutschen Restrukturierungsgesetz und dem daran orientierten EU Bank Resolution Regime rücken Pfandbriefe ebenso wie andere gedeckte Schuldverschreibungen noch stärker als bisher in den Fokus professioneller Investoren. Angesichts der ebenso stetig wachsenden Produktvielfalt ist eine Vertiefung der Transparenz neben fundamentalen Kreditaspekten entscheidend für das Urteil der Anleger und die Wettbewerbsposition des Pfandbriefs im komplexer werdenden Covered-Bond-Universum.

Gesetzliche Anforderungen stellen dabei ein Mindestmaß her. Freiwillige Standards wie die Sekundärmarktinitiative oder die jüngst beschlossene freiwillige Selbstverpflichtung der vdp-Mitgliedsinstitute, Forderungen gegen nicht-investment-grade geratete Staaten und deren nachgeordnete Gebietskörperschaften in der Deckungsrechnung mit einem Abschlag zu belegen, flankieren die Berichtspflichten des Pfandbriefgesetzes. Transparenz schafft Vertrauen: Die Pfandbriefbanken werden diese Gewissheit im intensiven Dialog mit Anlegern, Gesetzgeber und der Aufsicht auch in Zukunft berücksichtigen.

Jens Tolckmitt , Hauptgeschäftsführer , Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e.V., Berlin
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