CRR und CRD IV: Möglichkeiten einer Ausnahmeregelung für Förderbanken

Raimund Röseler Foto Frank Beer, BaFin

Förderbanken mögen zwar den gesellschaftspolitischen Zielen ihrer öffentlichen Träger dienen und eine besondere staatliche Funktion erfüllen, aber sie sind eben auch Banken. Und dementsprechend halten die Autoren es für richtig und notwendig, sie den regulatorischen Anforderungen und der Bankenaufsicht zu unterstellen. Gleichwohl wollen sie das besondere Geschäftsmodell und die Rolle der Förderbanken innerhalb der Branche berücksichtigt wissen. In diesem Sinne begrüßen sie den Vorschlag der Europäischen Kommission, Förderbanken durch delegierten Rechtsakt über den Ansatz einer kriterienbasierten Befreiungsmöglichkeit vom Anwendungsbereich der CRD IV auszunehmen, halten freilich die im Raum stehende Differenzierung nach Bilanzsummengrößen für wenig sinnvoll. Mit Blick auf den im zweiten Halbjahr dieses Jahres anstehenden Trilog geben sie sich zuversichtlich, dass die Förderbanken auch im final überarbeiteten Regelwerk besondere Berücksichtigung finden werden. (Red.)

Das Wesen einer Förderbank hat zwei Aspekte. Das "fördern" und das "banking". Förderbanken agieren in Geschäftsfeldern und Märkten regelmäßig aufgrund staatlicher Interessen und Förderungsabsichten. Ihre Geschäftstätigkeit orientiert sich an politischen Zielen von Bund und Ländern und nicht an Renditeerwartungen von Aktionären. Sie betreiben Wirtschaftsförderung und unterstützen Entwicklungen in verschiedensten Bereichen der Gesellschaft.

Banken mit spezifischen Risiken

Förderbanken sind aber eben auch Banken, gerade auch im Hinblick auf ihr Förderhilfsgeschäft. Banken mit beträchtlichen Bilanzsummen und - gerade auch aufgrund ihres besonderen Geschäftsmodells - mit spezifischen Risiken. Förderbanken unterliegen deshalb ebenso wie andere Banken auch den regulatorischen Anforderungen und unterstehen der Bankenaufsicht. Dies ist richtig und notwendig. Eine Förderbank ist nicht gefeit vor Krisen, wie es die Vergangenheit gezeigt hat. Dafür ist die Vernetzung innerhalb des Finanzsektors zu hoch.

Für eine funktionierende und effektive Aufsicht über Förderbanken ist deshalb zum einen eine hohe Fachkunde hinsichtlich des regulatorischen Rahmenwerks und der nationalen und internationalen Finanzmärkte notwendig, um alle relevanten Marktentwicklungen und bestehenden Risiken zu erfassen. Zum anderen muss sie aber auch das besondere Geschäftsmodell und die Rolle der Förderbanken innerhalb dieser Finanzmärkte verstehen und berücksichtigen können.

Mit Schaffung des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) fallen die Förderbanken, die gleichzeitig sogenannte CRR-Kreditinstitute1) sind, unter die Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB). Die L-Bank, die NRW-Bank und die Landwirtschaftliche Rentenbank stehen aufgrund ihrer Größe seitdem als bedeutende Kreditinstitute unter der direkten Aufsicht der EZB, die anderen Förderbanken, die CRR-Kreditinstitute sind, unterliegen als sogenannte weniger bedeutende Kreditinstitute der übergeordneten Rahmenaufsicht der EZB. Für diese liegt die konkrete Fachaufsicht weiterhin bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die EZB gibt in Form von Richtlinien und Verwaltungsvorgaben aber einen einheitlichen europäischen Aufsichtsmaßstab auch für diese Institute vor.

Schaffung einheitlicher Aufsichtsbedingungen als Zielvorgabe

Diese Vorgaben dienen einem der wichtigsten Ziele des einheitlichen Aufsichtsmechanismus, der Schaffung einheitlicher Aufsichtsbedingungen - eines "level playing fields". Nur wenn dieses gewährleistet ist, kann auch eine einheitliche europäische Bankenaufsicht funktionieren. CRR-Kreditinstitute, insbesondere die bedeutenden, sind häufig grenzüberschreitend tätig, bewegen sich auf den gleichen Märkten, konkurrieren untereinander und unterliegen in großen Teilen gleichen regulatorischen Anforderungen.

Die Vergleichbarkeit europäischer Kreditinstitute ist hier offensichtlich gegeben und ein überzeugendes Argument für einen einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus. Aber gilt diese Vergleichbarkeit tatsächlich auch für Förderbanken?

Erste Erfahrungen innerhalb des SSM zeigen, dass die Vergleichbarkeit von Förderbanken mit anderen europäischen Kreditinstituten nicht immer ohne weiteres gegeben ist, gerade vor dem Hintergrund einer risikoorientierten Aufsicht. Die EZB verfolgt innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus - auch aufgrund der enormen Anzahl an erfassten Instituten - einen quantitativ basierten Best-Practice-Ansatz. Nahezu zwangsläufig führt dies zu Problemen bei der Berücksichtigung der Tätigkeiten von Förderbanken auf risikobehafteten Märkten.

Ganz überwiegend ist das im SSM bestehende Geschäftsmodell das einer privatwirtschaftlich organisierten und wettbewerblich orientierten Geschäftsbank. Der organisatorische Aufbau und die geschäftliche Orientierung von Förderbanken stehen einem solchen Geschäftsmodell strukturell entgegen. Diese mangelnde Vergleichbarkeit mit dem deutlich vorherrschenden Geschäftsmodell innerhalb des SSM sorgt immer wieder für Erklärungs- und Abstimmungsbedarf mit der EZB, sei es bei Fragen der (fehlenden) Gewinnerzielungsabsicht oder der Refinanzierung. So vermeidbar diese Rückfragen und Abstimmungen aus nationaler Sicht erscheinen, so unvermeidlich ergeben sich diese doch auf europäischer Ebene aufgrund des Mangels an vergleichbaren Banken im europäischen Kontext und aus der daraus resultierenden geringen Vertrautheit mit den Besonderheiten des Förderbankwesens.

Dieses Problem der ausreichenden Berücksichtigung des besonderen Geschäftsmodells der Förderbanken im Vergleich zu "klassischen" Banken ist innerhalb des SSM deutlicher zutage getreten und hat national wie europäisch das Bewusstsein geschärft, dass insoweit nach einer Lösung gesucht werden muss.

Ein möglicher Lösungsansatz ist, die besondere Rolle bestimmter Institute, die eigentlich vom europarechtlichen Begriff des Kreditinstituts erfasst werden, dadurch anzuerkennen, dass man sie vom Anwendungsbereich des europäischen Aufsichtsregimes ausnimmt. Solche Institute wären in der Folge dann auch nicht mehr Teil des einheitlichen Aufsichtsmechanismus und unterstünden nicht länger der Aufsicht der EZB.

Im November 2016 veröffentlichte die Europäische Kommission ihr sogenanntes Maßnahmenpaket zur Risikoreduzierung, das unter anderem umfangreiche Änderungen an der Kapitaladäquanzverordnung (CRR)2) und der Eigenkapitalrichtlinie (CRD IV)3) vorschlägt.

Dabei schlägt die Kommission genau eine solche Lösung für die Problematik der Förderbanken im Rahmen des europäischen Regelwerks vor. Der Vorschlag sieht einen neuen Artikel vor, der es der Europäischen Kommission ermöglichen soll, durch delegierten Rechtsakt Förderbanken vom Anwendungsbereich der CRD IV auszunehmen. Der Vorschlag enthält einen detaillierten Kriterienkatalog, den Institute erfüllen müssen, damit eine Befreiung vom Anwendungsbereich der CRD IV in Betracht kommt.

Vorteile eines kriterienbasierten Ansatzes

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht begrüßt einen solchen Ansatz einer kriterienbasierten Befreiungsmöglichkeit explizit. Gegenüber einer generellen namentlichen Freistellung, wie sie bereits für die Kreditanstalt für Wiederaufbau auf europäischer Ebene besteht und welche theoretisch auch für die nationalen Förderbanken denkbar wäre, bietet ein solcher kriterienbasierter Ansatz entscheidende Vorteile. Die Kriterien bieten im Hinblick auf sich verändernde Märkte und kommende Entwicklungen mehr Sicherheit und mehr Flexibilität im Hinblick auf die auszunehmenden Institute als eine bedingungslose namentliche Freistellung.

Der Vorschlag der Kommission enthält viele sehr gute Ansätze, die für eine Auswahl der zu befreienden Banken hilfreich erscheinen. Dazu gehört ein klarer, in der Satzung festgeschriebener Förderzweck, dazu gehören staatliche Garantien mindestens in Höhe von 90 Prozent der Eigenmittelanforderungen des zu befreienden Instituts und vor allem gehört dazu das Bestehen eines adäquaten, alternativen Aufsichtssystems zu dem, von dem sie ausgenommen werden sollen.

Gerade dieser letzte Punkt ist besonders hervorzuheben. Sicherlich ist eine Bereichsausnahme für Förderbanken vom Europäischen Regelwerkt sinnvoll, vor allem im Hinblick auf die damit verbundene Zugehörigkeit zum SSM. Aber aufgrund der hohen Bilanzsummen und Risiken von Förderbanken ist es auch von entscheidender Bedeutung, dass diese wirksamen Anforderungen und einer effektiven Bankenaufsicht unterliegen. Nähere Ausführungen dazu, wie ein solches adäquates, alternatives Aufsichtsregime ausgestaltet sein soll, macht der Vorschlag der Kommission allerdings nicht.

Differenzierung nach Bilanzsummen wenig sinnvoll

So begrüßenswert der kriterienbasierte Ansatz der Kommission ist, so enthält er doch auch ein entscheidendes Kriterium, das problematisch erscheint und den verfolgten Zweck der Regelung gerade für die größten deutschen Förderbanken gefährdet. Gemäß Vorschlag der Kommission soll die Befreiungsmöglichkeit nur dann bestehen, wenn die Bilanzsumme des zu befreienden Instituts unter 30 Milliarden Euro liegt.

Hätte dieses Kriterium als zwingende Voraussetzung für eine Ausnahme vom Anwendungsbereich der CRD bestand, käme eine solche gerade für die drei großen nationalen Förderbanken, die L-Bank, die NRW-Bank und die Landwirtschaftliche Rentenbank, nicht in Betracht. Diese wären weiterhin Teil des einheitlichen Aufsichtsmechanismus. Vor dem Hintergrund des gleichen Geschäftsmodells erscheint eine solche Differenzierung nach Bilanzsummen innerhalb der Gruppe der Förderbanken jedoch wenig sinnvoll.

Allerdings zeichnet sich eine Lösung für dieses Dilemma im Entwurf der Kommission ab. Im November 2017 hat MdEP Peter Simon (Sozialdemokraten/Deutschland) als Berichterstatter im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments (ECON) seinen Bericht zur Kommentierung des Gesetzgebungsvorschlags der Kommission vorgelegt. Dieser schlägt unter anderem vor, dass eine Befreiung für Förderbanken mit einer Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro auch möglich sein soll - und zwar dann, wenn sie über eine umfassende staatliche Garantie in Höhe von 100 Prozent verfügen.

Darüber hinaus schlägt Simon in seinem Bericht zur Konkretisierung des Kriteriums eines adäquaten alternativen Aufsichtsregimes vor, dass das zu befreiende Institut Eigenmittelanforderungen unterliegen muss, die denen der CRR vergleichbar sind.

Beide Vorschläge sind aus Sicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ausdrücklich zu begrüßen. Zum einen bietet sich so eine Lösung für die dargestellte Problematik der drei großen deutschen Förderbanken, die durch das zusätzliche Korrektiv der 100-Prozent-Garantie konsensfähig erscheint, zum anderen gibt der Verweis auf die Eigenmittelanforderungen der CRR einen deutlichen und hilfreichen Hinweis bezüglich der Frage, wie ein zukünftiges Aufsichtsregime für die zu befreienden Förderbanken ausgestaltet sein muss.

Kreditinstitute im Sinne des KWG

Tatsächlich besteht dieses alternative Aufsichtsregime bereits. Es ist die Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nach dem Kreditwesengesetz. Aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit gelten Förderbanken nach § 1 Absatz 1 KWG als Kreditinstitute im Sinne des KWG. Eine Befreiung der Kommission hinsichtlich des Anwendungsbereichs der CRD IV berührt diesen Status als nationales Kreditinstitut im Sinne des Kreditwesengesetzes nicht, durch die Regelung des § 1 a KWG wäre auch eine Anwendbarkeit der Eigenmittelanforderungen der CRR weiterhin sichergestellt. Es ist noch nicht abzusehen, ob die aktuell laufende Überarbeitung von CRR und CRD IV auch eine Lösung für die besondere Stellung der Förderbanken innerhalb der europäischen Kreditinstitute erreichen wird. Nach der Positionierung des Europäischen Rats und des Europäischen Parlaments gilt es den Trilog abzuwarten, der aller Voraussicht nach in der zweiten Jahreshälfte 2018 beginnen sollte. Man kann aber mit einer gewissen Zuversicht darauf hoffen, dass die Förderbanken auch im final überarbeiteten Regelwerk besondere Berücksichtigung finden werden.

Fußnoten

1) Gemäß § 1 Absatz 3d KWG sind CRR-Kreditinstitute Kreditinstitute im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (s.u. Fn. 2).

2) Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012

3) Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG

Raimund Röseler Exekutivdirektor Bankenaufsicht, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Bonn und Frankfurt am Main
Jan Eckardt Referat für Kapital- und Aufsichtsmaßnahmen, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Bonn und Frankfurt am Main
Raimund Röseler , Exekutivdirektor Bankenaufsicht , Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

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