Digital Natives und digitale Analphabeten - wie vereint man zwei unterschiedliche Kulturen?

Andreas Dombret Foto: Deutsche Bundesbank

Eine Reihe von Bankfusionen in den vergangenen Jahrzehnten war im Rückblick bei der praktischen Umsetzung auch deshalb mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, weil die Probleme der Integration der technischen Systeme in ihren fachlichen und zeitlichen Dimensionen hoffnungslos unterschätzt wurden. Zuletzt hat das Standing der IT-Verantwortlichen in den Banken zwar ohne Frage deutlich zugenommen, in vielen Instituten gibt es mittlerweile sogar IT-Vorstände. Aber der Autor registriert in der Branche auch im Zeitalter der Digitalisierung immer noch zu viel Nebeneinander und zu wenig Miteinander der beiden Kulturen. Er betrachtet die möglichen Reibungsflächen aus Sicht der Digital Natives sowie der traditionellen Banker und formuliert Lösungsansätze für eine gedeihliche Zusammenarbeit. (Red.)

Das digitale Zeitalter im Bankgeschäft ist unumkehrbar. Doch warum tun sich viele Banken mit den zahlreichen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters oftmals schwer? Die Fachwelt hat zahlreiche Gründe bereits ausgiebig erörtert, darunter etwa die Rolle von veralteten IT-Systemen, die allein schon deshalb schwer umzurüsten sind, weil sie über die Jahrzehnte zur Lebensader der Unternehmen geworden sind.

Reibungsverluste zwischen "Nerds" und Laien

Auch ist man intensiv der Frage nachgegangen, ob Banken "too big to innovate" sind, also zu groß und behäbig, um Innovationen anzustoßen. Ein Alltagsproblem scheint hingegen eher vernachlässigt zu werden: Das Konfliktpotenzial zwischen Digital Natives und den eher konventionellen Bankern. Vielleicht wird das Thema im Glauben vernachlässigt, dass Probleme der zwischenmenschlichen Verständigung doch schnell behoben sein müssten. Ein Blick in die Unternehmenspraxis zeigt aber: Reibungsverluste zwischen "Nerds" und Laien spielen leider immer wieder eine Rolle.

Wenn man in diesem Zusammenhang von Digital Natives spricht, ist nicht nur die Generation mit Geburtsjahr ab 1980 gemeint (laut einer gängigen Definition)1), vielmehr geht es ganz allgemein um Menschen mit einer aufgeschlossenen Einstellung zur digitalen Welt. Digital Natives müssen nicht lange über die Frage nachgrübeln, ob es den Bedarf geben könnte, Bankdienstleistungen jederzeit und an jedem Ort zu erfüllen oder ob eine Blockchain grundsätzlich einen Nutzen haben könnte oder nicht. Für sie liegen die positiven Aspekte ganz klar auf der Hand. Alles Vorstellbare ist es auch wert, konkret in Erwägung gezogen zu werden.

Am anderen Ende des Spektrums in der Finanzbranche stehen Menschen, die den meisten digitalen Neuerungen erst einmal grundsätzlich skeptisch gegenüberstehen. Ebenso gibt es solche, die zwar durchaus als digitalfreundlich gelten, aber in der Praxis noch nie etwas mit Programmiercodes oder Netzwerkplänen zu tun gehabt haben. Und das trifft wohl auf die meisten Menschen zu (auch der Autor dieses Beitrags zählt sich zu dieser Gruppe). Im Sinne der Fragestellung dieses Aufsatzes könnte man diese Berufskolleginnen und -kollegen als digitale Analphabeten bezeichnen.

Zwangsläufige Spannungen

Das Problem besteht darin, dass es bei der Zusammenarbeit der beiden Gruppen zwangsläufig zu Spannungen kommt. So gehören Klagen von IT-Beschäftigten über die unpräzise Kommunikation mit Laien zum Alltag. Anders herum könnten es erfahrene Banker auch mit jenen, die digitale Neuerungen propagieren, schwer haben, wenn Letztere wenig vom Bankgeschäft verstehen. Wenn also, wie es scheint, die Digital Natives der Finanzbranche vom Mars stammen und Banker der alten Schule von der Venus - werden sie miteinander zurechtkommen?

Aus den Erfahrungen der Bankenaufsicht lassen sich hierzu wichtige Konfliktlinien nachzeichnen. Die kurze Antwort schon einmal vorweg: Missverständnisse und Reibungsverluste zwischen diesen Gruppen liegen in der Natur der Sache - aber wer erfolgreich sein will, muss dagegen vorgehen.

Die Sicht der Digital Natives

Aus Sicht der Digital Natives der Finanzbranche gibt es drei grundlegende Reibungsflächen mit konventionellen Bankmitarbeitern:

1. Laien tendieren dazu, Aufgaben der IT-Abteilung zu banalisieren: Unter Laien trifft man leider allzu häufig auf die Neigung, die Aufgaben des Fachbereichs IT stark herunterzuspielen. Wenn Sie Führungskräfte nach ihrer Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung fragen, lautet eine häufige Denkweise ein wenig zugespitzt: "Die IT-Abteilung soll eigentlich eine schnelle und verlässliche Lösung für mein Problem finden. Aber in Wirklichkeit verpulvert sie nur Geld!" Jeder, der noch nie in einer IT-Abteilung gearbeitet hat, muss ehrlich zugeben, dass er solche Gedanken auch schon einmal hatte.

Aus Sicht der IT-Experten geht die Diagnose eher in die entgegengesetzte Richtung und lautet: Digitaler Analphabetismus. Denn selbst Laien, deren Vorstellungsvermögen ausreicht, um zu begreifen, was man mit Codes, Rechnern und Netzwerken alles machen kann, können die Arbeit der IT-Abteilung weiterhin gefährden. Das lässt sich beispielsweise bei IT-Projekten beobachten, die von Laien in Auftrag gegeben wurden. Die Umsetzung solcher Projekte wird oft erheblich erschwert, weil etwa das Ziel und die gewünschten Eigenschaften einzelner Anwendungen nicht präzise festgelegt wurden.

Leider führen Konzepte, die von vornherein nicht stimmig sind, oft zu Notlösungen und sogenannten "Work arounds", die sich auf lange Sicht als teuer und unpraktisch erweisen. Dies wiederum wirft am Ende ein schlechtes Licht auf die IT-Fachkräfte - und das ist für diese natürlich besonders frustrierend.

Dagegen liegt die Ursache oft woanders: Zum einen behandeln Laien IT-Themen häufig als intellektuell unzugängliche Blackbox und bemühen sich gar nicht darum, die Sachverhalte angemessen zu verstehen. Zum anderen legen sie manchmal einfach keinen größeren Wert auf Verständigung mit IT-lern.

Fehlendes Bewusstsein für mögliche Bedrohungen

Auch ist Außenstehenden oft nicht bewusst, mit wie vielen Herausforderungen IT-Abteilungen bei ihrer täglichen Arbeit zu kämpfen haben. Dazu zählt etwa, eine Softwareanwendung stabil, sicher und effizient zu machen. Ebenso sei die Anforderung erwähnt, Anwendungen so zu gestalten, dass sie an veränderte Nutzungszwecke oder eine veränderte Außenwelt angepasst und auch vom sprichwörtlich "dümmsten anzunehmenden Nutzer" verwendet werden können. Hier geht es um immer wiederkehrende Zielkonflikte, die strategische Entscheidungen erfordern. Damit Führungskräfte dies leisten können, müssen sie die Herausforderungen aber erst einmal verstehen.

Dies führt zu einem anderen, übergeordneten Thema: knappe Ressourcen. Die Unternehmensspitze steht häufig vor der Herausforderung, einem IT-Projekt ausreichend Budget und Personal zuzuweisen, zumal sich nachhaltige Lösungen in der Regel erst mittel- oder langfristig auszahlen. Nachhaltige Lösungen sind so strukturell im Nachteil gegenüber den auf kurze Sicht ausgerichteten Entscheidungen. Ein anderer Grund ist, dass der Wert nachhaltiger Lösungen schlicht unterschätzt wird.

2. Laien bewerten IT-Risiken tendenziell zu niedrig: Ein Großteil der privaten Haushalte und Unternehmen war heutzutage selbst schon einmal Opfer von Cyberangriffen. Obwohl das Bewusstsein für mögliche Bedrohungen in den letzten Jahren zugenommen hat, werden Sicherheitsvorfälle im eigenen Haus immer noch viel zu häufig als schlichtes Pech verstanden.

Gewiss ist es bei vielen Anwendungen und größeren IT-Systemen in der Tat schwierig, verlässliche Abwehrmechanismen einzurichten, da sich die Bedrohungen permanent ändern. Das liegt unter anderem auch an Weiterentwicklungen von Software und Hardware, die immer wieder neue Schlupflöcher eröffnen - man denke nur an die Schwachstellen von Computerprozessoren, die erst kürzlich publik wurden.

Systematische Unterschätzung der Veränderung

Dennoch kann die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Cyberangriffs durch allgemein bekannte Maßnahmen erheblich verringert werden. Theoretisch müssten die Unternehmen also wissen, auf welche Weise sie den richtigen Umgang mit ihren IT- und Cyberrisiken gewährleisten können. Dass in einigen Fällen dennoch bedeutende Schwachstellen auftreten, liegt unter anderem an der zu niedrigen Bewertung von IT- und Cyberrisiken in den Führungsebenen. Deren Unterstützung ist aber für eine effektive Cyberabwehr unabdingbar: Hier geht es teils um grundsätzliche Entscheidungen, etwa um Projektbudgetierung oder auch um organisatorische Maßnahmen, bei denen die Unternehmensführung gefragt ist. Doch diese Unterstützung setzt voraus, dass den Entscheidern die IT-Risiken transparent gemacht werden und auf der Prioritätenliste weit genug oben stehen.

3. Laien unterschätzen digitale Möglichkeiten: Die digitale Affinität macht sich auch beim großen Thema Strategie bemerkbar. Während die Leitungsteams von Banken heute oft damit beschäftigt sind, ihr Unternehmen im Hinblick auf Herausforderungen wie Marktbedingungen und Änderungen in der Regulierung zu stabilisieren, drängen diejenigen, die digital denken und leben, auf weitere strategische Neuausrichtungen.

Und es gibt gute Gründe, dem Wandel nicht bloß hinterherzulaufen. Die Finanzpraktiken entwickeln sich definitiv weiter und zwar nur in eine Richtung. Der Wandel zeigt sich in jedem Segment des Bankgeschäfts, von Instant-Zahlungen über Mobile Banking bis hin zur Anlageberatung durch den Computer. Einige Institute haben den Wandel unterschätzt. Vor fünfzehn Jahren hätten sich die meisten Kunden wahrscheinlich noch geduldig angestellt und darauf gewartet, vor Ort bedient zu werden. Ist heute ein Onlinedienst vorübergehend eine oder zwei Minuten lang nicht erreichbar, sind digital versierte Nutzer womöglich bereits verärgert.

Obwohl beim Hype um einige Innovationen mittlerweile eine gewisse Ernüchterung eingetreten ist, besteht für Banken kein Grund, vor weiteren Fortschritten im Finanzwesen die Augen zu verschließen. Auf kurze Sicht werden Innovationen möglicherweise überzeichnet, aber langfristig gesehen werden Veränderungen häufig unterschätzt. Viele Führungskräfte gehen davon aus, dass auch im digitalen Zeitalter immer noch dieselben Marktkräfte im Bankgeschäft vorherrschen wie früher.

Tatsächlich aber stehen viele Antworten auf Fragen der Marktentwicklung noch aus: Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf die Bankerträge? In welcher Höhe werden Gewinne durch neue Marktteilnehmer abgeschöpft? Und wie viele Institute mit jeweils vergleichbarem Dienstleistungsangebot werden in einer digitalen Finanzwirtschaft überhaupt benötigt? Auch wenn heute niemand genaue Aussagen zur Bankwelt von morgen oder übermorgen treffen kann, ist das systematische Unterschätzen der Veränderung eine große Gefahr bei Laien.

Die Sicht der traditionellen Banker

Lässt all dies die Schlussfolgerung zu, dass Banken nicht mehr zeitgemäß sind? Und bieten Digital Natives tatsächlich eine konkrete und überzeugende Zukunftsperspektive? Der eher konventionelle Banker entdeckt bei der digitalen Avantgarde des Bankgeschäfts seinerseits verzerrte Sichtweisen und Trugschlüsse, die die Zusammenarbeit erschweren.

1. "Nerds" haben oft vage Vorstellungen vom bestehenden Finanzsystem: Viele neue Marktteilnehmer in der Finanzbranche waren anfangs überzeugt, extrem effiziente und bequeme Dienstleistungen erschaffen zu können, die den Leistungen der Banken in jeder Hinsicht überlegen sein würden. Hier kommt eine grundsätzliche Prägung der Digital Natives zum Vorschein. Das digitale Zeitalter wird mit ganz neuen und in sich geschlossenen "Gesetzen" assoziiert - eine Welt also, in der frei von den Beschränkungen der "realen" Welt alles machbar scheint. Ein Vorreiter dieser Bewegung war die "Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace" im Jahr 1996.2) Mittlerweile haben die neuen Marktteilnehmer herausgefunden, dass auch im digitalen Zeitalter gute Produkte das Ergebnis harter Arbeit sind.

Falsche Vorstellungen vom bestehenden Finanzsystem

Durch besagte Prägung laufen Digital Natives aber auch Gefahr, falsche Vorstellungen vom bestehenden Finanzsystem zu entwickeln und in ihre Arbeit einfließen zu lassen. Dies gilt für diverse Bereiche des Bankgeschäfts. Besonders deutlich werden die potenziellen Gefahren, sobald es um die Grundlagen des Geldwesens geht. Zuletzt herrschte inmitten der breiten medialen Aufmerksamkeit, die der Bitcoin und andere Kryptowährungen erfahren haben, große Verwirrung darüber, was genau Kryptowährungen eigentlich sind. Eine naheliegende Erklärung ist die Tatsache, dass schon das konventionelle Geldwesen oft nicht verstanden wird.

2. "Nerds" unterschätzen die Bedeutung der Regulierung: So bequem und innovativ der digitale Fortschritt im Finanzsektor auch sein mag, Finanzinstitutionen werden von Gesetzes wegen auch weiterhin eine ganz besondere Rolle für die Gesellschaft übernehmen. Die Kunden vertrauen den Banken ihre Ersparnisse an, die Unternehmen brauchen verlässliche Finanzdienstleistungen, die Wirtschaft benötigt Kredite. Die Banken müssen als tragender Bestandteil der Gesamtwirtschaft eine verlässliche, vertrauensvolle und nachhaltige Versorgung mit Finanzdienstleistungen sicherstellen. Also sind Banken in dieser Hinsicht tatsächlich immer noch etwas Besonderes. Aus diesem Grund müssen sie auch im digitalen Zeitalter weiterhin besonders behandelt werden.

Risikosteuerung sicherstellen

Das zeigt sich auch bei Fragen der digitalen Bank ganz konkret. So können Banken in Deutschland zwar IT-Dienste und -Infrastruktur auslagern, ihre Verantwortung gegenüber dem Kunden jedoch können sie niemals abgeben. Will also ein Kreditinstitut Inhalte an einen externen Cloud-Anbieter verlagern, muss es unter anderem belegen, dass es alle mit seinen Dienstleistungen bestehenden Risiken weiterhin steuern kann. Ebenso muss im Zuge einer Auslagerung das Recht zur Prüfung durch die Aufsicht beziehungsweise den Auslagerungsgeber gewahrt bleiben.

3. "Nerds" überschätzen die Durchschlagskraft der Digitalisierung: Auch wenn die Digitalisierung des Finanzwesens unumkehrbar ist, entwickeln sich Technologien kontinuierlich in bislang unbekannte Richtungen weiter - einige Ansätze werden dabei weiterentwickelt, andere verworfen. Die besten Argumente dafür, dass sich digitale Innovationen durchsetzen werden, bleiben graue Theorie, solange die Menschen diese Neuerungen einfach nicht anwenden. So kamen Smartphones bereits in den 1990er-Jahren auf den Markt, blieben seinerzeit aber weitgehend unbeachtet. Zuweilen sind technische Neuerungen also einfach ihrer Zeit voraus. Eine Technologie sollte daher nicht nach ihrer Innovationskraft, sondern danach beurteilt werden, inwieweit es ihr gelingt, am Markt Fuß zu fassen.

Zudem gibt es in einer digitalen Welt nach wie vor Kosten und Zielkonflikte. Mit anderen Worten: Die digitale Welt bietet keine Dienstleistungen zum Nulltarif. Beim Thema Bitcoin wurde dies einer breiteren Öffentlichkeit klar, als die immensen Stromkosten publik wurden. Auch in der Welt der Einsen und Nullen wird einem nichts geschenkt. Und es bestehen Zielkonflikte, beispielsweise zwischen Bequemlichkeit und Sicherheit. So wurden in Deutschland verschiedene via Smartphone verfügbare Zahlungs-Apps gehackt, weil das sicherere Prinzip der Zwei-Faktor-Authentifizierung als zu unattraktiv eingeschätzt wurde.

Drei Lernziele

Wie ist mit dem "Clash der Kulturen" umzugehen? Wie sollten Finanzunternehmen damit umgehen, wenn die kulturellen Welten der Digital Natives auf der einen und der digitalen Analphabeten auf der anderen Seite aufeinandertreffen? Drei Lehren lassen sich aus den Ausführungen ziehen.

Erstens: Alle müssen lernen, die Arbeit des jeweils anderen zu schätzen. Obwohl viele Gründe dafür sprechen, das digitale Bankgeschäft voranzutreiben, kommt den klassischen Bankfunktionen in der Wirtschaft nach wie vor eine besondere Rolle zu. Daher kommt auch das digitale Zeitalter nicht ohne erfahrene Banker aus. In Deutschland sind die meisten Fintechs und etablierten Banken von ihrer Konfrontationspolitik abgekommen und wollen nun vom gegenseitigen Nutzen profitieren.

Zweitens: Alle müssen anerkennen, dass kommunikative Reibungsverluste nichts Ungewöhnliches sind und diese ins Visier nehmen. Banken und andere Unternehmen sollten sich an der Schnittstelle zur IT-Abteilung nicht mit standardisierten Verfahren zufriedengeben, in deren Rahmen es leicht zu Missverständnissen kommen kann, sondern einen Schritt aufeinander zugehen. Sogenannte "agile" Projekte sind eine Möglichkeit, effektiver zu interagieren. Natürlich dürfen deren besondere Risiken nicht unterschätzt werden. Unabhängig davon sollten Unternehmen keine Mühen scheuen, das gegenseitige Verständnis zwischen IT-Experten und Laien zu stärken. Die Bewusstseinsentwicklung benötigt Anstöße von außen. Die Deutsche Bundesbank hat eine interne, bankweite Kampagne zum Sicherheitsbewusstsein gegenüber IT-Risiken durchgeführt. Ein erstes Fazit: Das IT-Sicherheitsbewusstsein konnte gesteigert werden. Aber zugleich wurde das Offensichtliche bestätigt: Ein Bewusstsein zu entwickeln ist ein längerer Prozess, denn Kultur verändert sich nicht auf Knopfdruck.

Drittens: Schließlich müssen Banken dafür sorgen, dass in ihren Leitungsebenen ausreichend digitales Know-how vertreten ist. Digitaler Analphabetismus in der Führungsspitze eines Finanzinstituts kann die Effektivität ihrer IT-Abteilung erheblich einschränken. Die Bankenaufseher haben dieses Muster recht häufig beobachtet. IT-Experten sind über kritische Anmerkungen im Rahmen der Prüfungen sogar oftmals erfreut - denn diese helfen ihnen, Änderungen in die Wege zu leiten, aus denen verlässliche IT-Lösungen anstatt Behelfslösungen und "Hot fixes" resultieren. Die deutsche Bankenaufsicht hat im vergangenen Jahr entsprechend gehandelt: Sie hat konkretisierte Erwartungen der Bankenaufsicht an Institutsleiter bezüglich IT verfasst (BAIT). Ebenso hat sie durch eine Veränderung ihrer Verwaltungspraxis mehr Raum geschaffen, IT-Spezialisten zu Geschäftsleitern zu bestellen.

Unterschiede anerkennen und reibungslos ausgleichen

Im digitalen Finanzzeitalter müssen sich alle - Digital Natives und digitale Analphabeten - mit unbequemen Realitäten auseinandersetzen. Im Bankgeschäft sollte es künftig eher darum gehen, die Unterschiede anzuerkennen und sie so reibungslos wie möglich auszugleichen. Marktteilnehmer, denen dies gelingt, gehören wahrscheinlich zu den erfolgreicheren Akteuren in ihrer Branche.

Fußnoten

1) Siehe hierzu u. a. John Palfrey, Urs Gasser (2008): Born Digital: Understanding the First Generation of Digital Natives.

2)John Perry Barlow (1996), A Declaration of the Independence of Cyberspace". Online verfüg - bar (31.1.2018): www.eff.org/cyberspace-independence.

Der Beitrag basiert auf einer Rede des Autors anlässlich des "Unlock the Block" Hackathons, veranstaltet von der University of Cape Town, Südafrika, am 24. Januar 2018.

Dr. Andreas Dombret Mitglied des Vorstands, Deutsche Bundesbank, Frankfurt am Main
Dr. Andreas Dombret , Global Senior Advisor , Oliver Wyman GmbH, München (und Vorstand i.R., Deutsche Bundesbank)
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