Perspektiven im Zahlungsverkehr

Anforderungen an die Bundesbank im Zahlungsverkehr

Die Deutsche Bundesbank gewährleistet im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages eine effiziente Bargeldversorgung und -infrastruktur sowie einen stabilen unbaren Zahlungsverkehr. Man darf mit Fug und Recht sagen, dass sie diese Rolle seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland ausgesprochen erfolgreich wahrgenommen hat, seit 1999 in neuer Konstellation im Zusammenwirken mit dem Euro-System. Dr. Hans Georg Fabritius hat seit dem Jahr 2000 im Direktorium der Deutschen Bundesbank und auch in seinen Vorgängerfunktionen bei der Landeszentralbank in Hessen hieran einen großen persönlichen Anteil.

Das große Vertrauen der Bürger, der Politik, der Unternehmen und nicht zuletzt der Banken in die Arbeit der Bundesbank im Zahlungsverkehr gründet sich zum einen auf operative Exzellenz: Jeder, der operative Verantwortung trägt, weiß was es bedeutet, Tag für Tag, Jahr für Jahr, einen reibungslosen Betrieb von Infrastrukturen und Systemen zu gewährleisten. Zum anderen speist sich dieses Vertrauen aus der strikten Wettbewerbsneutralität der Bundesbank, von der wir uns als Bundesver band der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken wie auch auf Ebene des Zentralen Kreditausschusses immer wieder überzeugen konnten.

So stellt die Bundesbank dem deutschen Kreditgewerbe im Bereich des konventionellen Zahlungsverkehrs ein wettbewerbsneutrales Gironetz zur Verfügung, dessen sich alle Kreditinstitute bedienen können. In dieser zentralen Rolle bildet das Bundesbanksystem das Bindeglied zwischen den bestehenden privaten Gironetzen und stellt zugleich für den Zahlungsausgleich dieser Organisationen die oberste Verrechnungsebene dar.

Diejenigen Kreditinstitute, die keinem Gironetz angehören, wickeln den Zahlungsverkehr ebenfalls hierüber ab. Aber auch für die Kreditinstitute, die selbst einem privaten Gironetz angehören, wird damit eine zusätzliche Auswahlmöglichkeit geschaffen, was sich positiv auf die Effizienz der Zahlungsverkehrsabwicklung in Deutschland auswirkt.

Eine weitere wichtige Rolle, auf die noch im Hinblick auf den anstehenden Prozess zur Umsetzung der Sepa zurückzukommen sein wird, nimmt die Deutsche Bundesbank in ihrer Funktion als Hausbank des Staates ein, wodurch ihr die Kontoführung und Zahlungsverkehrsabwicklung für die öffentlichen Verwaltungen obliegt. Bargeldabwicklung heute und morgen

Der Einsatz von Zahlungskarten nimmt auch in Deutschland unaufhaltsam zu. Bargeld als Zahlungsmittel wird damit für die Bundesbürger tendenziell immer ver zichtbarer. Gleichwohl darf man dabei aber nicht übersehen, dass auch heute noch fast 60 Prozent des deutschen Einzelhandelsumsatzes von den Verbrauchern bar bezahlt wird.

Entsprechend wichtig ist, dass die Deutsche Bundesbank auch weiterhin ihrer Verantwortung zur adäquaten Versorgung der Wirtschaft mit Bargeld auch in der Fläche nachkommt. Die Bundesbank hat in den letzten Jahren aus grundsätzlich nachvollziehbaren Kostenüberlegungen die Zahl ihrer Niederlassungen und Filialen von ehemals 200 auf aktuell 47 reduziert. Dies hat bei Kreditwirtschaft und Einzelhandel bereits zu signifikanten Kostener höhungen geführt. Die für die nächsten Jahre angekündigte Schließung weiterer 14 Bundesbankniederlassungen wird nochmals zu teilweise erheblichen Verlängerungen der Transportwege für die Werttransporteure führen und damit den Kostendruck weiter verstärken.

Damit ist aus meiner Sicht eine akzeptable Belastungsgrenze erreicht. Ein weiterer Rückzug der Bundesbank aus dem Bar geldrecycling in der Fläche stünde nicht mehr im Einklang mit ihrem gesetzlichen Bargeldversorgungsauftrag. Dem entsprechend haben die Genossenschaftsbanken auch die klare Erwartung an die Bundesbank, dass die mit den erneuten Filialschließungen einhergehenden Serviceeinschränkungen über geeignete Maßnahmen, wie zum Beispiel Verlängerungen der Öffnungszeiten bei den verbleibenden Bundesbankfilialen, kompensiert werden.

Starke Rolle der Bundesbank im Zahlungsverkehr

Operativ betreibt die Deutsche Bundesbank im unbaren Zahlungsverkehr im Bereich des Massenzahlungsverkehrs das EMZ-System und ist am Target-2-System des Euro-Systems für den Individualzahlungsverkehr beteiligt. Hinter dem Elektronischen Massenzahlungsverkehr (EMZ) verbirgt sich ein kostengünstiges Verfahren für nicht eilbedürftige nationale und grenzüberschreitende Massenzahlungen, die beleglos im DTA-Verfahren oder per Datenfernübertragung eingereicht werden. Zudem ist der EMZ für die grenzüberschreitenden Massenzahlungen als direkter Teilnehmer an das Step-2-Verfahren der EBA angebunden. Die Deutsche Bundesbank behauptet sich hier erfolgreich im Wettbewerb mit anderen Zahlungsverkehrsabwicklern.

Das Target-2 (Trans-European Automated Realtime Gross Settlement Express Transfer)-System ist als zentrales Zahlungssystem der Zentralbanken des Euro-Systems für die Abwicklung eilbedürftiger Überweisungen in Echtzeit seit November 2007 in Betrieb. Target-2 bietet dabei unter Nutzung von Swift-Standards und Swirft-Services bei der Kommunikationstechnik einen offenen und wettbewerbsneutralen Zugang zum Euro-Individualzahlungsverkehr, bei dem die Teilnahme direkt oder indirekt erfolgen kann.

Als vorteilhaft einzustufen ist dabei insbesondere, dass Target-2-Großbetragszahlungen in sicherem Zentralbankgeld sofort und endgültig, auch grenzüberschreitend, abgewickelt und die Risiken im Zahlungsverkehr dementsprechend reduziert werden können. Außerdem existiert ein einheitliches Preisschema. Dadurch wird einer seits ein breiter Zugang zum System gewährleistet und andererseits größeren Marktteilnehmern ein attraktives Preismodell angeboten.

Die Deutsche Bundesbank spielt also im Geschäftsfeld Zahlungsverkehr eine entscheidende Rolle. In Kombination mit ihrem hoheitlichen Auftrag nimmt sie eine absolute Schnittstellenfunktion ein, was zugleich auch ihre besondere Verantwor tung für die Weitergestaltung der konventionellen Zahlungssysteme an die Herausforderungen der Zukunft deutlich macht. Eine der aktuell anstehenden Weiterentwicklungen ist der neu vorgesehene inter netbasierte Zugang zum Target-2-System, der im November 2010 in Betrieb gehen soll. Hiermit wird eine alternative Verbindungsmöglichkeit zu dieser Gemeinschaftsplattform geschaffen, die dann einen direkten Zugang auf die wichtigsten Target-2-Dienstleistungen ermöglicht, ohne dass hierfür eine Verbindung zum Swift-Netz erforderlich ist.

Grundsätzlich ist die Initiative des Euro-Systems, einheitliche Verfahren im Zuge des Projektes "Target-2-Transition Period" umzusetzen, zu begrüßen. Hierzu bedarf es allerdings einer operationellen Ausgestaltung, die tatsächlich auch für alle an Target-2 teilnehmenden Banken zu entsprechenden Vorteilen führt. Dies ist nach den bisherigen Planungen des Euro-Systems nicht gegeben. So wird vom Euro-System selbst ausgeführt, dass sich beim internetbasierten Zugang zu Target-2 "Synergien nur für europaweit tätige Banken" ergeben. Dem gegenüber werden sich für die vorrangig im nationalen Umfeld in Deutschland tätigen Banken wohl nur wenige beziehungsweise keine Synergien, gleichzeitig jedoch bis 2011 erhebliche Anpassungsaufwände ergeben.

Anpassungsaufwand bei Weiterentwicklung von Target-2 begrenzen

Seitens der genossenschaftlichen Bankengruppe besteht daher gegenüber der Bundesbank die klare Erwartungshaltung, dass bei der zukünftigen Ausgestaltung der infrastrukturellen Anbindung von Banken an die Systeme der Bundesbank insbesondere in Bezug auf Anbindungen, welche lediglich indirekt mit dem Zahlungsverkehr verwoben sind, wie der Haltung der Mindestreserve, der Bargeldbearbeitung und Offenmarktgeschäften - der funktionale Umfang des heutigen Status quo zumindest erhalten bleibt beziehungsweise weiter verbessert wird. So ließe sich gerade für kleine und mittlere Banken der erhebliche Anpassungsbedarf bei der Anbindung beziehungsweise Steuerung durch einen Anschluss des EMZ als ein Nebensystem an Target-2 vermeiden.

Eine noch weit wichtigere Weiterentwicklung der Zahlungsverkehrssysteme steht

mit der Vollendung der Sepa, des einheitlichen europäischen Zahlungsraums, an. Der Erfolg oder Misserfolg dieses von der europäischen Politik eingeforderten Großprojektes dürfte sich in den nächsten 24 Monaten entscheiden.

Das aus Vertretern der Kreditwirtschaft von 31 europäischen Ländern gebildete European Payments Council (EPC) hat für seinen Part eine hervorragende Leistung erbracht und mit der Sepa-Überweisung sowie den beiden Sepa-Lastschriftverfahren fristgerecht die neuen europäischen Zahlungsverkehrsverfahren konzipiert sowie am Markt eingeführt. Dagegen ist deren Nutzung weiterhin sehr gering, wobei Deutschland sich zwischenzeitlich sogar mit dem zweifelhaften Ruf des im europäischen Vergleich schlechtesten Sepa-Umsetzers konfrontiert sieht.

Für diese unbefriedigende Situation gibt es sicherlich eine Reihe von Gründen. Ganz wesentlich ist hierbei jedoch die bislang fehlende Bereitschaft der öffentlichen Hand in Deutschland, die von der Politik vor mals vehement eingeforderten Sepa-Zahlungsinstrumente nun bei der eigenen Abwicklung von Zahlungen auch tatsächlich selbst zu nutzen.

Politische Katalysatorfunktion der Bundesbank

Ein weiterer wesentlicher Grund für eine bislang nur unzureichend erfolgende Sepa-Umsetzung in Deutschland ist die wiederholt vorgetragene Weigerung des deutschen Gesetzgebers zur Regelung der gesetzlichen Migration der bisherigen Einzugsermächtigungsmandate. Deutschland ist damit das einzige Land in Europa, das diese wesentliche Frage bislang nicht gelöst hat, was den derzeitigen Attentismus der meisten potentiellen Sepa-Lastschrifteinreicher in Deutschland er klärbar macht.

Die Deutsche Bundesbank ist im Konzert der übrigen Zentralbanken des Euro-Sys tems ein traditionell großer Befürworter und Förderer des Sepa-Gedankens und hat daher die umfassenden Arbeiten des Kreditgewerbes zur Schaffung der Sepa-Zahlungsverfahren aktiv begleitet. Dr. Fabritius hat sich hierbei, unter anderem durch die Gründung des Deutschen Sepa-Komitees im Herbst 2006, dessen Aufgabe die strategische Sicherstellung der zügigen Umsetzung der Sepa in Deutschland ist, auch persönlich stark engagiert. Hierfür ist ihm die Kreditwirtschaft zu großem Dank verpflichtet.

Die Deutsche Bundesbank ist Kontoführer der öffentlichen Hand. Sie betreibt eigene, erfolgreiche Zahlungsverkehrssysteme und fungiert als Bindeglied zwischen dem deutschen Kreditgewerbe und dem Euro-System. Gleichzeitig hat sie mit ihrer hoheitlichen Aufgabe eine politische Katalysatorfunktion gegenüber dem deutschen Gesetzgeber. Damit sind alle Voraussetzungen gegeben, um gegenüber der Politik nun erfolgreich für eine rasche Realisierung des nächsten natürlichen Schrittes, der eigenen Nutzung der Sepa-Zahlungsinstrumente, zu werben.

Die Sepa soll und muss baldmöglichst realisiert werden. Gegründet auf die gute Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Fabritius freue ich mich auf weitere gemeinsame Schritte mit seinem Amtsnachfolger, um dieses Ziel schnellstmöglich zu erreichen.

Dr. Andreas Martin , Mitglied des Vorstands , Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), Berlin
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