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Debit-Interchange: Visa zieht nach

sb - Ende April hat Visa Europe eine Übereinkunft mit der EU-Kommssion erzielt und die Interchange für Debitkartenzahlungen (wie zuvor schon Mastercard im April 2009) auf 0,2 Prozent gesenkt und für die nächsten vier Jahre festgeschrieben. Das gilt für alle grenzüberschreitenden Transaktionen innerhalb Europas sowie diejenigen nationalen Debitraten, die von der vor dem 10. März 2009 festgelegten Interchange-Rate für grenzüberschreitende Transaktionen abgeleitet wurden und unverändert bestehen. Auch nationale Debitraten, die von Visa Europe direkt festgelegt werden, werden auf 0,2 Prozent gesenkt. Von der Einigung betroffen sind somit nationale Zahlungen in Griechenland, Ungarn, Island, Irland, Italien, Malta, Schweden, Luxemburg und den Niederlanden. In diesen Ländern werden sich die inländischen Interchange-Sätze durchschnittlich um rund 60 Prozent verringern. Bei den grenzüberschreitenden Sätzen beträgt die Senkung laut EU-Kommission durchschnittlich 30 Prozent.

In den übrigen Euro-Ländern werden die inländischen Sätze von den örtlichen Mitgliedsbanken selbst festgesetzt. Hier bleibt zunächst einmal alles beim Alten. In Deutschland etwa bleibt es für V-Pay-Transaktionen bei den 0,3 Prozent, auf die man sich bewusst geeinigt hatte, um dem Girocard-System keine Konkurrenz zu machen. Die Auswirkungen der Einigung sind also durchaus limitiert, wie sich Visa zu betonen beeilt.

Nach einer öffentlichen Anhörung hat die EU-Kommission diesen Vorschlägen zugestimmt. Das im März 2009 eingeleitete Verfahren gegen die Interchange-Gebühren bei Visa wird damit eingestellt - freilich nur, soweit es die Debitkarten betrifft. Die Prüfung der Interbankenentgelte für Zahlungen mit Privatkunden-Kreditkarten und Chargekarten wird fortgesetzt; auch das Recht der Kommission, bestimmte Netzregeln von Visa Europe wie die Honour-All-Cards-Regel sowie die Interchange für Firmenkarten und die interregionalen Inter bankentgelte zu untersuchen, ist von der Übereinkunft unberührt. Echte Ruhe kehrt also nicht ein - zumindest solange, bis der Europäische Gerichtshof in der Auseinandersetzung mit Mastercard eine Entscheidung getroffen hat.

Einheitliche Kalkulationsbasis

Ein gewisser Fortschritt ist die Entscheidung aber gleichwohl - und das nicht nur, weil nun zumindest das Debitgeschäft für vier Jahre aus der Schusslinie der europäischen Wettbewerbshüter ist. Denn der Deckelung der mulitilateralen Interchange-Sätze für Debitkartenzahlungen liegt mit dem sogenannten "Merchant Indifference"-Test nun eine einheitliche Berechnungsmethode zugrunde, die für alle Vier-Pateien-Debitkartensysteme in Europa gilt.

Basis sind die gemittelten Ergebnisse zweier Zentralbankstudien in den Niederlanden (2005) und Schweden (2007), mit denen die Kosten von Bargeld- und Kartenzahlungen in diesen Ländern erhoben wurden und auf deren Basis die EU-Kommission die Debitdeckelung im Euro-Raum kalkuliert hat. Eine europaweite Studie über die Kosten für die verschiedenen Zahlungsmittel ist bereits in Auftrag gegeben. Auch sollen die Kartengesellschaften künftig bei der Weiterentwicklung der Berechnungsmethodik einbezogen werden.

Weil die jetzt verwendeten Daten nicht vollständig sind und nicht alle Kostenkategorien berücksichtigen, sieht die Einigung einen klaren Mechanismus für eine Revision der Deckelung bei 0,2-Prozent vor. Sollten die Kosten für Barzahlungen spürbar steigen (was zumindest in Deutschland eine Folge des weiteren Rückzugs der Bundesbank aus dem Bargeldrecycling sein könnte), wäre somit theoretisch eine Anpassung nach oben denkbar, wenngleich ein solches Szenario wohl nicht sonderlich realistisch sein dürfte.

Für Kreditkarten schwieriger

Die Berechnungsmethodik des "Merchant-Indifference"-Tests ist auch der Grund dafür, dass die jetzige Einigung sich auf Debitkarten beschränkt. Denn dessen Anwendungen ist für Chargekarten und Kreditkarten deutlich komplizierter - vor allem dort, wo Bargeld keine realistische Alter native zur Kartenzahlung ist, wie etwa im E-Commerce. Hier wird deshalb noch an einer tragfähigen Lösung für die Berechnung gearbeitet.

Die Firmenkarten stehen noch aus anderen Gründen weitaus weniger im Fokus der EU-Kommission: Weil es um B2B-Geschäft geht, entfällt das Argument des Verbraucherschutzes. Der Widerstand der primär betroffenen Akzeptanten wie Fluggesellschaften oder Hotels ist weitaus geringer, weil die Kartenzahlungen ihnen bei Vorausbuchungen Vorteile bietet. Vor allem aber zieht das Wettbewerbsargument. Denn da American Express von einer Regulierung nicht betroffen wäre, würden regulatorische Eingriffe angesichts des Amex-Marktanteils in diesem Geschäft deutliche Wettbewerbsverzerrungen bedeuten. Diesem Argument konnte sich die Kommission bisher nicht entziehen.

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