Debitkarte

ELV ohne POZ: auch weiterhinbedeutend

Als zum Jahreswechsel das POZ-Verfahren für "ec-Kartenzahlungen mit Unterschrift" eingestellt wurde, hatten im Vorfeld einzelne Banken und Sparkassen die Erwartung verkündet, dass es bald nur noch "ec-Kartenzahlungen mit PIN" geben werde. Viele Händler planen jedoch, auch in den nächsten Jahren wesentliche Umsätze mit dem auch bei Kunden beliebten ec-Lastschriftverfahren abzuwickeln.

Da eine gesetzliche oder kartellrechtlich unbedenkliche Zwangsumstellung nicht zu erwarten ist, wird es voraussichtlich auch in den nächsten Jahren den Wettbewerb zwischen verschiedenen ec-Karten-Zahlungsverfahren geben.

Zur Einstellung von POZ

Das POZ-Verfahren des Zentralen Kreditausschusses (ZKA) wurde 1993 eingeführt - drei Jahre nach dem Start des PIN-basierten electronic cash. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ab, dass das seit 1984 praktizierte, "wilde" Elektronische Lastschriftverfahren (ELV) für ec-Kartenzahlungen mit Unterschrift in den nächsten Jahren nicht vollständig durch electronic cash abgelöst werden würde.

Mit dem neuen, "bankoffiziellen" POZ-Verfahren sollte ein Mindestmaß zur Missbrauchsbekämpfung und Verfahrenssicherheit auch für das ec-Lastschriftverfahren erreicht werden.

Bei einer POZ-Transaktion erfolgte oberhalb eines Transaktionsbetrages von 30,68 Euro (früher 60 DM) verpflichtend eine Abfrage bei der "Missbrauchs-Sperrliste" der kartenausgebenden Banken. In dieser Sperrabfrage wurde geprüft, ob die Karte vom Karteninhaber bei der Bank als gestohlen oder vermisst gemeldet wurde. Eine Bonitätsprüfung des Kontos fand allerdings nicht statt.

Im Verhältnis sehr teuer

Eine POZ-Abfrage wurde durch die kartenausgebende Bank mit fünf Cent (früher zehn Pfennig) in Rechnung gestellt. Dieser Betrag war 1994 bei marktüblichen Transaktionspreisen von über 40 Pfennig angemessen, zwölf Jahre später ist er bei mittlerweile drastisch gesunkenen Preisen gerade bei Großkunden jedoch im Verhältnis sehr teuer geworden.

Da zudem typischerweise über 95 Prozent aller Rücklastschriften in der mangelnden Bonität des Karteninhabers und nicht durch den missbräuchlichen Einsatz nach Verlust oder Diebstahl begründet sind, wurde die "POZ-Abfrage" im Handel und bei den Dienstleistern zunehmend nur noch bei sehr hohen oder äußerst risikoreichen Transaktionen durchgeführt. Dies führte in den letzten Jahren zu einem deutlichen Rückgang des POZ-Anteils an den ec-Lastschrift-Transaktionen.

Darüber hinaus traten bei kartenausgebenden Banken vereinzelt Differenzierungsprobleme zwischen POZ und dem "wilden ELV" auf. Aus diesen Gründen wurde vor drei Jahren vom ZKA beschlossen, das POZ-Verfahren zum 31. Dezember 2006 zu beenden.

Das heute typische "Online-ELV"

Spätestens seit der Umsetzung der "Einkartenstrategie" der Kreditwirtschaft im Jahr 2002 und der damit verbundenen Ausgabe von ec-Karten an Kunden mit schlechter Bonität sind fast alle Händler und Netzbetreiber auf ein Online-Verfahren zur Abwicklung des ec-Lastschriftverfahrens übergegangen.

Um das Risiko einer Rücklastschrift zu minimieren, erfolgt dabei in der Regel online, vor einer Zahlung anhand der Kartendaten eine detaillierte Risikoprüfung durch Black- und gegebenenfalls Whitelists der Händler und Netzbetreiber sowie auch die Prüfung zu gestohlenen oder verlorenen Karten, die im sogenannten Kuno-System bei der Polizei gemeldet wurden.

Bei positivem Ergebnis wird anhand der Kartendaten eine DTA-Lastschriftdatei mit dem ZKA Textschlüssel "ELV 05019" generiert. Das nachfolgende Clearing und Settlement einschließlich der Abwicklung von gegebenenfalls auftretenden Rücklastschriften erfolgt im normalen Lastschriftverfahren des ZKA.

Die nach einer Rücklastschrift folgende, optionale Anschriftenauskunft der kartenausgebenden Bank wird nach jetziger Kenntnis von fast allen Instituten unterstützt.

Nach dem Auftreten einer Rücklastschrift bieten Netzbetreiber und andere Dienstleister dem Händler verschiedenste Dienste des Debitorenmanagements an, deren Ergebnisse größtenteils dann auch in die Aktualisierung der Black- und Whitelists einfließen.

Im Ergebnis liegen die gesamten transaktionsabhängigen Kosten einschließlich der Bonitätssicherung typischerweise unter den heutigen Kosten von electronic cash.

Der Wettbewerb der Debitkarten-Verfahren

Zur Abwicklung einer Zahlung mit einer ec-Karte stehen heute grundsätzlich drei Verfahren zur Auswahl, die vom Händler im Wettbewerb zueinander gewählt werden können: electronic cash, ELV und Maestro national.

Aufgrund des zurzeit hohen Preisunterschiedes zwischen electronic cash und Maestro gibt es trotz der grundsätzlichen Freigabe durch Mastercard im Jahr 2006 im deutschen Markt gegenwärtig praktisch nur Maestro-Transaktionen mit ausländischen Karten.

Vor einigen Wochen hat Mastercard nun angekündigt, spätestens ab 2008 die deutschen und europäischen Maestro-In-terchange-Entgelte drastisch zu senken, so dass auf der Akzeptanzseite zumindest bei Großkunden ein starker Wettbewerb zwischen Maestro, electronic cash und dem ec-Lastschriftverfahren entstehen könnte.

Hier bietet sich an, die weitere Entwicklung aufmerksam zu verfolgen, da noch nicht alle technischen, kaufmännischen und wettbewerbsrechtlichen Einzelheiten geklärt sind.

Mischbetrieb nimmt zu

Die beiden jetzt umgesetzten ec-Karten-Verfahren bieten aus Sicht des Handels zurzeit unterschiedliche Vorteile und werden deshalb auch in unterschiedlichen Positionierungen eingesetzt.

Vorteile des unterschriftsbasierten ec-Lastschriftverfahrens sind:

niedrige Kosten,

niedrige Ablehnungsquote,

Notfall-Konzept verfügbar,

kein PIN-Pad notwendig,

keine Terminal-Zulassung erforderlich.

Für electronic cash (mit PIN) sprechen dagegen:

das standardisierte Verfahren,

die bankgarantierte Zahlung,

kein Beleg-Handling,

kein Lastschrift-Obligo und

bis zu 60 Prozent Offline-Autorisierungen.

Abrundend sollte hinzugefügt werden, dass in den letzten Jahren auch der sogenannte "Mischbetrieb" aus ec-Lastschrift und electronic cash zugenommen hat. Hier wird anhand des Risikoprofils einer einzelnen Transaktion, eines Standortes oder eines Rechnungsbetrages im Auftrag des Händlers das optimale Zahlungsverfahren ausgewählt, und es lässt sich eine wesentliche Senkung der variablen Transaktionskosten bei gleichzeitig erhöhter Akzeptanzrate der ec-Karte erzielen.

Sepa: Kein zwangsläufiges Aus für ELV

Die geplante "Single Euro Payment Area" (Sepa) soll den bargeldlosen Zahlungsverkehr im Euro-Raum harmonisieren. Entgegen einer häufig verbreiteten Meinung bedeutet Sepa und die technisch zu verstehende Regel "Any card at any terminal" jedoch nicht die zwangsweise Abschaltung eines nur regional verbreiteten Zahlungsverfahrens. Vielmehr ist es ein erklärtes Ziel der EU-Kommission und der EZB, den Wettbewerb generell zu stärken und nicht zu schwächen. Damit ist gegenwärtig nicht zu erkennen, dass aufgrund von Sepa das ec-Lastschriftverfahren grundsätzlich eingestellt werden muss.

In technischer Hinsicht sollen zur Realisierung von Sepa die electronic-cash-Terminals vom jetzigen nationalen Standard "Spur 3/nationaler Chip" auf den internationalen Standard "Spur 2/EMV-Chip" umgestellt werden. Bei allen electronic-cash-Terminals wird deshalb - zumindest nach jetziger Planung des ZKA - bis zum 1. November 2008 eine verpflichtende Umstellung auf den Standard "TA 7.0" erfolgen müssen. Je nach Art und Alter des Terminals kann damit ein kostenpflichtiger Software-Update, ein PIN-Pad-Austausch oder gegebenenfalls sogar ein Komplettaustausch des Terminals notwendig werden. Diese Kosten fallen bei einem reinen ec-Lastschrift-Terminal nicht an.

Der ZKA hat mehrfach betont, dass er das ec-Lastschriftverfahren "nicht aktiv abschaffen werde", da es damit im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Märkten einen echten Wettbewerb bei ec-Kartenzahlungen gebe und deshalb das electronic-cash-Entgelt keiner kartellrechtlichen Überprüfung unterliege. Aus diesem Grund sind zurzeit keine Bestrebungen des ZKA erkennbar, die bisher notwendige "Spur 3" zwangsweise abzuschaffen.

Ab Mitte 2007 sollen auch die ersten Sepa-fähigen "EMV-ec-Karten" ausgegeben werden. Nach den bisher bekannten Spezifikationen werden die für das ec-Lastschriftverfahren notwendigen Daten unverschlüsselt auch auf dem EMV-Chip stehen, so dass zusätzlich zum bisherigen "Spur 3 - ELV" auch ein "ELV per EMV" technisch möglich sein dürfte.

Übergang in "Sepa-Lastschrift"?

Beim Clearing und Settlement schließt die bisher geplante "Sepa Lastschrift" (SDD) bis zur geplanten "Version 3.0" die in Deutschland übliche Lastschriftvorlage "auf Sicht" aus. Daher wird eine der deutschen Lastschrift gleichwertige Sepa-Lastschrift frühestens mit einer "Version 4.0" vorliegen.

Nach heutiger Schätzung bedeutet dies, dass das heutige Clearing für das ec-Lastschriftverfahren zumindest bis zur Mitte des nächsten Jahrzehnts noch angeboten wird. Danach könnte dann ein Clearing auf Basis einer erweiterten "Sepa Lastschrift" erfolgen.

Die Realisierung von Sepa wird damit in den nächsten Jahren zwar technische Änderungen zu Folge haben, aber nicht automatisch das Ende des ec-Lastschriftverfahrens bedeuten.

Andere Debitkarten-Verfahren ohne Bankgarantie

Im Bereich von Visa und Mastercard laufen gegenwärtig die wettbewerbsrechtlichen Untersuchungen der EU-Kommission insbesondere zu den Interchange-Regeln. Eine Stoßrichtung geht dabei auch in Richtung der "Entbündelung" der heute kombinierten Leistungen von Clearing, Settlement und Zahlungsgarantie. Vorbild ist gerade der deutsche ec-Karten-Markt mit seinem Wettbewerb zwischen ec-Lastschrift und electronic cash.

Nach den Vorstellungen der Kommission könnte sich bei einer "Entbündelung" langfristig als Konsequenz ergeben, dass auch Mastercard- und Visa-Produkte in Leistungen "mit Zahlungsgarantie" und "ohne Zahlungsgarantie" aufgespalten werden müssen.

Unabhängig hiervon positioniert sich im Bereich des Konsumenten-Marketings zurzeit ein Bonus-System als typische "Nicht-Bank" mit einem eigenen kartenbasierten Lastschriftverfahren. Diese Entwicklung könnte von anderen "konsu-menten-orientierten" Unternehmen übernommen und zusätzlich mit anderen Authentifizierungsformen (kontaktlos, Fingerabdruck) verbunden werden. Damit könnte es in einigen Jahren durchaus üblich werden, für die Zahlung vom eigenen Girokonto nicht ausschließlich die eigene "Bankkarte", sondern alternativ auch die Karte eines Händlers oder eines anderen "konsumenten-orientierten" Unternehmens zu verwenden.

Bezogen auf den in der Werbung üblichen "Tausender-Kontaktpreis" in Höhe von zum Beispiel 20 Euro würde die kartenausgebende Bank mit jeder nicht ausgeführten ec-Lastschrift-Transaktion einen Werbeeffekt in Höhe von umgerechnet zwei Cent verlieren und die "Nicht-Bank" einen Werbeeffekt von zwei Cent gewinnen. Der mögliche Verlust dieses klassischen Werbeeffektes könnte wiederum eine Motivation der kartenausgebenden Banken für die weitere Unterstützung des "ec-Lastschriftverfahrens" darstellen.

Zusammenfassend wird auch nach Einstellung von POZ das "ec-Lastschriftverfahren" in seinen Grundzügen erhalten bleiben. Trotz der Einführung von Sepa-Strukturen werden voraussichtlich weiterhin wesentliche Umsätze des Handels mit diesem Verfahren abgewickelt werden. Langfristig könnten allerdings neue, nicht bankgarantierte Kartenzahlungsverfahren, eine rechtlich vorgeschriebene Entbündelung oder eine allgemeine, wesentliche Absenkung der Garantieentgelte den ernsthaftesten Wettbewerb für das heute so verbreitete "ec-Lastschriftverfahren" darstellen.

Nicolas Adolph , Vorsitzender , European Association of Payment Service Providers for Merchants – EPSM e.V., München
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