Im Gespräch

Fünf Jahre Card-Process: "Auftrag erfüllt"

Das Unternehmen Card-Process feiert in diesem Jahr seinen fünften Geburtstag. Wie würden Sie die vergangenen fünf Jahre rückblickend zusammenfassen? Nach anfänglichen Schwierigkeiten haben wir all das umgesetzt, was wir uns in der Organisation bei der Gründung von Card-Process vorgenommen haben. Wir haben in allen Geschäftsbereichen unsere Ziele erreicht. Wie ist Card-Process heute am Markt positioniert? In dem Bereich, für den wir Leistung erbringen wollen, nämlich in der genossenschaftlichen Organisation, sind wir hervorragend positioniert. Im Bereich des Issuing-Processing wickeln wir heute für alle Volks- und Raiffeisenbanken ab. Im Bereich des PoS-Netzbetriebs haben wir mit nahezu allen Banken Verträge. Wir sind 100 Prozent Dienstleister im Bereich der Börsenevidenzzentrale der genossenschaftlichen Organisation, und wir betreuen alle Geldautomaten im Bereich Acquiring. Damit haben wir den Auftrag erfüllt, uns als das Kartenkompetenzzentrum der genossenschaftlichen Organisation rund um das elektronische Bezahlen zu positionieren. Im Acquiring-Processing haben wir darüber hinaus die Rahmenbedingungen für ein ganzheitliches Leistungsangebot für die genossenschaftlichen Banken geschaffen. Jetzt diskutieren wir die Frage, wie wir uns in Zukunft im Bereich des Drittmarkts positionieren wollen. Wie stehen Sie zu dieser Frage? Wir verfolgen bewusst keine aktive Drittmarktstrategie. Drittmarkt ist für uns immer dann ein Thema, wenn es unserem Kernauftrag, nämlich der Förderung der Volks- und Raiffeisenbanken, dient. Was heißt das konkret? Im Bereich PoS-Netzbetrieb wäre dies zum Beispiel bei der Zusammenarbeit mit großen Filialisten der Fall. Unsere Kernzielgruppe sehen wir aber bei den Volks- und Raiffeisenbanken und deren mittelständischen Kunden. Darüber hinaus müssen wir sicher in unseren Gremien diskutieren, inwieweit wir Kooperationen mit Partnern aus dem Drittmarkt eingehen wollen. Diese Diskussion werden wir 2009 beginnen. Inwieweit sind Sie bisher schon im Drittmarkt aktiv? Das Drittmarkt-Geschäft spielt im Moment keine große Rolle für Card-Process. Wir sind Issuing-Processor für die eine oder andere kleinere Privatbank. Im PoS-Netzbetrieb haben wir über Direktkundenbeziehungen Geschäft im Drittmarkt. Allerdings ist das kein signifikanter Anteil an unserem Portfolio. Im Rahmen unserer Kopfstellenfunktion diskutieren wir selbstverständlich über Kooperationen mit anderen Kopfstellen. Dies ist im Interesse unserer Banken hinsichtlich der zu schöpfenden Synergiepotenziale notwendig. Und im Acquiring-Geschäft sind wir derzeit ausschließlich Dienstleister für die Volks- und Raiffeisenbanken. Reicht das Geschäftsvolumen des genossenschaftlichen Verbunds langfristig aus, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern? Wir sind Dienstleister für etwa 25 Prozent des deutschen Zahlungsverkehrsmarktes, die wiederum etwa fünf Prozent des europäischen Zahlungsverkehrsmarktes darstellen. Das ist keine Nische, sondern ein Segment, in dem und aus dem heraus man gut wachsen kann - insbesondere in Zeiten wie diesen, in denen sich das Geschäftsmodell der Volks- und Raiffeisenbanken als erfolgreich gezeigt hat. In den letzten Jahren haben wir bewiesen, dass die Hebung der Synergien im Verbund ausreicht, um erfolgreich am Markt zu agieren. Die Effizienzsteigerungen, die wir hier erzielt haben, haben wir entsprechend unserem Gründungsauftrag an die Genossenschaftsbanken weitergegeben. So haben wir allein im letzten Jahr 2,7 Millionen Euro Rückvergütung an die Banken gezahlt und dieses Jahr wieder die Preise gesenkt. Insgesamt haben wir in den letzten fünf Jahren rund 35 Millionen Euro an Syner gien für die Volks- und Raiffeisenbanken gehoben. Insofern glauben wir, dass ein Ausbau der Position des genossenschaftlichen Sektors, der ja sowohl im Kredit-karten-Issuing als auch im Acquiring-Geschäft derzeit noch Potenziale bietet, unsere erste Aufgabe sein muss, bevor wir über globale Antritte nachdenken. Hier ist für die nächsten Jahre noch genug Spielraum. Nichtsdestotrotz könnten Kooperationen im deutschen Kartenmarkt durchaus Synergien bewirken. Hier gibt es derzeit allerdings keine konkreten Aktivitäten. Haben Sie auch Internationalisierungspläne? Card-Process ist nicht vergleichbar mit international agierenden Kartendienstleistern. Internationalisierung heißt für uns Kooperationen mit Dienstleistern im europäischen Ausland. Ein eigenes Wachstum im Ausland sehe ich momentan nicht. In welchem Umfang hat Card-Process bisher dazu beigetragen, die Marktanteile des genossenschaftlichen Verbunds im Kartengeschäft zu steigern? Am Beispiel Issuing lässt sich das sehr gut darstellen. Durch die Integration des Kreditkartengeschäfts in die Banksysteme ist der Vertrieb der Banken deutlich besser geworden, was sich in über dem Marktwachstum liegenden Zahlen niederschlägt. Bis zum Jahresende werden wir 2,9 Millionen Kreditkarten der Genossenschaftsbanken auf unserer Plattform haben. Ich bin überzeugt, dass das Kartengeschäft durch die Integration in die Banksysteme mehr in den Fokus der Banken gerückt ist. Die Bankmitarbeiter sind sicherer geworden, da das Kartengeschäft jetzt ohne Systembruch in der Bank zur Verfügung steht. Inwieweit sehen Sie sich trotz der hohen Verbundtreue der VR-Banken Ihnen gegenüber dennoch im Wettbewerb mit anderen Anbietern? Aus der Vergangenheit heraus gibt es vor allem im Netzbetrieb noch ganz wesentliche Beziehungen von Volks- und Raiffeisenbanken zu Wettbewerbern. Nicht nur deswegen müssen wir den Instituten wettbewerbsfähige Preise und Dienstleistungen bieten. Andererseits: Da die VR-Banken unser einziger Vertriebsweg sind, dürfen wir auch darauf hinweisen, dass wir dann auch alle Banken in unserem Modell Bündelung der Kräfte brauchen. Wo das bereits sehr gut gegriffen hat, ist der Bereich Issuing-Processing. Hier gab es nach 2006 noch einige große Institute, die mit First Data zusammenarbeiteten. Ein wesentlicher Schritt war Ende letzten Jahres, dass wir die BB-Bank überzeugen konnten, ihre Kreditkarten von First Data zu uns zu migrieren, sodass wir jetzt alle genossenschaftlichen Banken - mit Ausnahme der Sparda-Banken - in unserem Processing haben. Wann werden Sie auch die Sparda-Banken als Processing-Kunden gewinnen? Das ist eine schwierige Frage. Dabei geht es nicht nur um die Leistungsfähigkeit der Card-Process, sondern um die generelle Frage nach der richtigen und sinnvollen Integration der Sparda-Banken in die genossenschaftliche Organisation. Immerhin ist es uns gelungen, die Gruppe zu über zeugen, dass die Kopfstellen- und Autorisierungsfunktion bei der Card-Process wahrgenommen wird. Wie sehen Sie sich im Preiswettbewerb aufgestellt? Wir sind sicher nicht der Preisführer. Von unseren Kunden bekommen wir jedoch die Bestätigung, dass wir wettbewerbsfähige Preise anbieten. Ein Beleg dafür ist, dass wir große Banken wie Frankfurter und Berliner Volksbank und die BB-Bank zu Preisen gewinnen konnten, die wir heute im Rahmen unserer volumensabhängigen Preisstaffel standardmäßig anbieten. In unserem Modell "Karte am Konto" geht es nicht um die Frage eines Transaktionspreises allein, sondern wir müssen über die gesamten Prozesskosten sprechen und darüber, wie wir Prozesse durch die Integration unseres Geschäfts in die Banksysteme vereinheitlichen können, damit die Banken das Geschäft mit ihren Kunden auf den ihnen bekannten Systemen effizient und sicher abwickeln können. Mit welchem Netzbetreiber arbeiten die Genossenschaftsbanken außer Card-Process am meisten zusammen? Mit Telecash. Das hängt damit zusammen, dass Telecash bis zur Gründung von Card-Process ein Partner der Volks- und Raiffeisenbanken war. Es ist aber auch hier deutlich spürbar, dass sich Geschäft zu Card-Process verlagert. Wir haben in den letzten Jahren große kaufmännische Netzbetreiber gewinnen können. Aus unserem Antritt im Verbund sind wir mit der Terminalzahl gegen den Markttrend signifikant gewachsen. 2005 lagen wir bei etwa 60 000 Terminals, jetzt sind wir bei mehr als 75 000. Weil wir in Deutschland an einem Punkt angelangt sind, wo wir uns in einem gesättigten Markt für PoS-Terminals bewegen, sind das in erster Linie Terminals, die vom Wettbewerb kommen. Auch im Netzbetrieb liegt unser Fokus auf den Volks- und Raiffeisenbanken, als deren Dienstleister wir uns verstehen. Im Netzbetrieb bieten Sie den Genossenschaftsbanken zwei Modelle der Zusammenarbeit: den kaufmännischen Netzbetrieb und das Modell 4you. Was verbirgt sich hinter 4you - und welches Modell eignet sich für welche Bank? Beim kaufmännischen Netzbetrieb liegt die wirtschaftliche Verantwortung bei der Bank. Wir sind der Technikabwickler und liefern Services wie zum Beispiel Händler abrechnungen. Das 4you-Modell ist ein Vermittlungsmodell. Das heißt die Banken vermitteln uns Terminals und bekommen regelmäßig Provisionen aus diesen Verträgen. Die wirtschaftliche Verantwortung bei diesen Verträgen liegt bei Card-Process. Welches Modell wird von den Banken stärker genutzt? Kaufmännischer Netzbetrieb, bei dem die Banken eigenverantwortlich Funktionalitäten anbieten, lohnt sich aus unserer Sicht nur dann, wenn signifikante Größenordnungen bei der Terminalanzahl erreicht sind. Somit sind es weniger Banken, die den kaufmännischen Netzbetrieb nutzen, bei der Terminalanzahl ist die Aufteilung zwischen beiden Modellen etwa hälftig. Die 4you-Banken sind zum größeren Teil kleinere, die das gesamte Geschäft an einen zentralen Dienstleistern outsourcen. Wichtig dabei: Auch wenn wir juristischer Besitzer eines Händlervertrags sind, ist aus unserer Sicht immer die Volks- und Raiffeisenbank für diesen Kunden verantwortlich. Das dokumentieren wir auch damit, dass die Institute über unser Webportal natürlich auch Zugriff auf 4you-Verträge haben. Vergleichbare Modelle wollen wir auch im Acquiring einführen. Das ist die Herausforderung eines zentralen Dienstleisters: Es muss gelingen, standardisierte Prozesse für 1 200 Geschäftsmodelle anzubieten. Weil wir hier für im Netzbetrieb ein fertiges Modell haben, sehe ich dort für die nächsten Jahre das größte Wachstumspotenzial. Im Geschäftsbereich Acquiring verweisen Sie auf 600 Partner banken. Was ist mit den übrigen Genossenschaftsbanken? Das Acquiring-Geschäft ist in der genossenschaftlichen Organisation sicher noch entwicklungsfähig. Alle genossenschaftlichen Banken haben Acquiringverträge mit uns. Dass derzeit nur 600 Institute Verträge bei uns aufschalten, liegt daran, dass die Volks- und Raiffeisenbanken früher alle ihre Verträge zu Concardis vermittelt haben und der Verbund erst langsam beginnt, das Acquiring auf unsere Plattform zu konsolidieren. Die Banken schalten jetzt sukzessive bei uns die Verträge auf. Derzeit wird ein neues Acqui-ring-Modell für den Verbund diskutiert. Wie soll das aussehen? Heute gibt noch ein Großteil der Banken Verträge an andere Wettbewerber. Was wir derzeit gemeinsam mit den Zentralbanken diskutieren, ist ein Provisionsmodell, um den Volks- und Raiffeisenbanken das Vermittlungsgeschäft, wie sie es heute mit anderen Acquirern machen, inner halb der genossenschaftlichen Organisation und innerhalb ihrer Prozesse zu er möglichen. Das heißt konkret: Der zentrale Dienstleister bietet den Instituten Konditionen und sie sind frei bei der Konditionsgestaltung gegenüber ihren Kunden. Die Differenz zwischen den zentral angebotenen Konditionen und denen, die die Banken am Markt erwirtschaften können, ist ihr Ertrag. Das ist die Idee, die wir derzeit mit den Zentralbanken diskutieren, die im Acquiring Lizenzinhaber für die genossenschaftliche Organisation sind. Ich bin zuver sichtlich, dass wir noch in diesem Jahr dahin kommen, ein solches Modell dar zustellen, um möglichst viele Acquiring-Transaktionen auf unserer Plattform zusammenzuführen. Wie beurteilen Sie das Poten zial des Verbunds im Acquiring-Geschäft? Der Marktanteil der Genossenschaftsbanken in den wesentlichen Geschäftsfeldern liegt bei rund 25 Prozent. Ziel ist es, diesen Marktanteil auch im Acquiring zu erreichen. Allerdings ist der Weg schwer und steinig. Im Moment sind wir im Acqui-ring-Processing auf unserer Plattform bei sechs bis sieben Prozent. Das sind zwar nicht die Verträge, die die Genossenschaftsbanken in den letzten zehn Jahren akquiriert haben, sondern nur die, die über unsere Plattform laufen. Dennoch ist das Acquiring sicher ein Feld, das in den nächs ten Jahren aus der Or ganisation heraus aktiv angegangen wer den muss. Wenn man es schafft, den Instituten ein gutes Modell anzubieten und die Prozesse in die Volksbanken und Raiffeisenbanken integriert, sind im Acquiring signifikante Potenziale zu heben, wenngleich man natürlich einräumen muss, dass das Thema Acquiring heute nicht im gleichen Maß im Fokus einer Volks- und Raiffeisenbank steht wie andere Geschäftsfelder. Auf der EHI-Tagung in Köln wur de ein neues Modell zum GAA-Betrieb im Einzelhandel vorgestellt. Welche Idee steht dahinter? Unsere Wettbewerber bieten heute nicht nur einen PoS für elektronisches Bezahlen an, sondern auch einen PoS für Geldautomaten. Die genossenschaftliche Organisation dagegen hatte bisher kein zentrales Angebot für überregionale Filialisten, wie es die Unternehmen fordern. Hier wollten wir bundesweit agierenden Einzelhändlern aus der genossenschaftlichen Organisation heraus ein zentrales Modell für die Bargeldversorgung zur Verfügung stellen. Das ist der Hintergrund unseres Antritts "Europoint". Wichtig dabei: Das Konzept steht nicht im Wettbewerb zum Bankcard-Servicenetz und den Geldautomaten der Genossenschaftsbanken. Derzeit wird die Technik pilotiert. Erste Gespräche mit Filialisten laufen. Bei Card-Process gibt es zwei Gremien, in denen Kunden sich einbringen können: den Kundenbeirat und den Kompetenzkreis Kartenprocessing. Wie unterscheiden sich die beiden Gremien - und welche Anregungen erhalten Sie konkret von Ihren Kunden? Der Kundenbeirat ist ein strategisches Beratungsgremium, das sich aus Vorständen von Volks- und Raiffeisenbanken und Mitgliedern unserer Anteilseigner zusammensetzt. Der Kompetenzkreis Kartenprocessing ist ein Produktentwicklungsgremium, in dem zwölf Banken aus allen Regionen vertreten sind. Eine konkrete Frage, mit der wir uns gerade befassen, ist die Integration der Easy Credit Card der Teambank in das Baukastensystem der VR-Banken. Sie haben im letzten Jahr ein neues Release für die Abwicklung von Revolving Credit eingeführt. Wie läuft der Revolving Credit im genossenschaftlichen Verbund? Es ist wichtig, dass die technischen Funktionalitäten hierfür zur Verfügung stehen. Es gibt hierfür aber keinen signifikanten Bedarf in der genossenschaftlichen Organisation. Generell hat das Thema Revolving Credit aus meiner Sicht in Deutschland noch Entwicklungspotenzial. Aber die derzeitige wirtschaftliche Situation ist sicher nicht dazu angetan, das Thema Revolving Credit zu forcieren.

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