Produktpolitik

Die Kartenzukunft ist bunt

Unsere schnelllebige Zeit geht einerseits einher mit zunehmender Anonymität und einer Austauschbarkeit von Leistungen und Anbietern. Andererseits spielen die Individualität und die Eigenheiten des Menschen als Ausdruck seiner Persönlichkeit eine immer größere Rolle. Entsprechend ist bei der Konzeption und der Einführung von (tendenziell austauschbaren) Bankprodukten die Identifikationsmöglichkeit des Kunden mit seiner Bank zu berücksichtigen. Dies gilt selbstverständlich auch für die Ausgabe neuer Karten, denn diese sind über alle Technik hinaus viel mehr als ein intelligentes Stück Plastik. So ist es schon ein besonderer Moment, wenn ein Kunde seine neue Karte erhält - dank Kartendirektversand kann er sie in aller Ruhe im häuslichen Umfeld "auspacken". Es ist die ideale Gelegenheit, um die Bank und die Zahlungsverkehrsleistungen der Karte in den Fokus zu rücken.

Dieses Brand-Marketing ist immer dann effizient und stark und führt zu einer er höhten Nutzungsbereitschaft beim Konsumenten, wenn die Ansprache zum Einsatz des Produktes beziehungsweise der Karte auf der emotionalen Ebene geschieht. Aus der Marktforschung ist bekannt, dass für eine gute Markenrepräsentation eine bewusste und aufmerksame Zuwendung zur Marke notwendig ist. Emotionen spielen dabei eine entscheidende Rolle.

Hirnforscher wie Hans-Georg Häusel, der sich unter anderem mit den Auswirkungen der Denktleistungen unserers Gehirns auf Kauf und Verkauf beschäftigt, wissen heute: "Ohne Emotionen sind keine Entscheidungen möglich! Erst Emotionen geben Sachferhalten Bedeutung." (Quelle: Marketingjournal 9/2004)

Die Zuwendung zur Marke der kartenausgebenden Bank wird nicht durch das Logo des Zahlungssystems, sondern vielmehr durch die mit der Karte verbundenen Leistungen (zum Beispiel integrierter TAN-Generator) und durch ihre Marktpositionierung bestimmt (zum Beispiel Gold karte im Premiumsegment).

Sie wird aber auch unterstützt durch spezielle Kartendesigns und -layouts. Erfreulich einfach ist dabei die Erfolgsmessung: Nur die Karten können sich im Wettbewerb behaupten, die den Weg in die Brieftasche der Kunden finden und bevorzugt eingesetzt werden. Für die Genossenschaftsbank bedeutet dies, ihre Karten so interessant und so prominent wie möglich beim Kunden zu platzieren.

Neues Kartenlayout

Die Möglichkeiten des Brand-Marketings bei der Kartenausgabe und beim Karteneinsatz nutzt der Finanzverbund auch beim neuen Corporate Design der genossenschaftlichen Karten. Dabei ist die Neugestaltung und Auffrischung der Standardkartenmotive auf der einen Seite und die zunehmende Individualisierung auf der anderen Seite kein Widerspruch. Angelehnt an die neue, vom BVR entwickelte Kommunikationsstrategie des Finanzverbundes werden ab 2009 die Produkte der genossenschaftlichen Kartenfamilie in einem neuen Layout ausgegeben. Dabei steht nicht nur in der Kommunikation die Programmformel "Wir machen den Weg frei" im Mittelpunkt. Erstmals wird der bekannte Slogan auch zentrales Element der neuen Kartengestaltung.

Kartenmotive: Differenzierungsmöglichkeiten im Wettbewerb

Beim Trend, sich mit der Kartengestaltung von vergleichbaren Kartenprodukten zu differenzieren und über die Kartenmotivwahl eine emotionale Bindung des Karteninhabers anzustreben, sind Volksbanken und Raiffeisenbanken Schrittmacher. Die herausragende Rolle der Karten und der Kartengestaltung in der Kundenbindung kommt dabei nicht von ungefähr. Es ist vor allem die ständige Präsenz der Karten in der Brieftasche des Kunden, die beim Einkauf auch optisch ins Auge fällt. Jede Kartentransaktion bedeutet technisch eine Interaktion zwischen Karteninhaber und Kartenherausgeber, an die sich eine regelmäßige schriftliche Kommunikation über Mitteilungen oder Abrechnungen anschließt. Typische Beispiele sind die erfolgreichen City-Cards, Fan-Banking-Lösungen oder Mitglieder-Kartenprogramme.

Beispiel City-Cards

Durch die Ausgabe von City-Cards und die Bereitstellung eines kartengestützten Bonussystems, das im lokalen Handel zum Einsatz kommt, wird die Kaufkraft in der Region gesichert. Mit ihrem Engagement baut die örtliche Genossenschaftsbank eine besondere Bindung zu ihren Privat- und Firmenkunden auf. In fast allen City-Card-Projekten kommen aus Marketinggesichtspunkten kontoungebundene Karten zum Einsatz. In ihrem individuellen Layout schaffen sie die gewünschte Identität zur Region.

Besonders konsequent in der regionalen Motivausrichtung ihrer Karten ist die Volksbank Weinstadt. Sie hat nicht nur ihr komplettes Karten-Portfolio durchgängig auf das City-Card-Layout umgestellt, sondern auch alle Karten für das Bonussystem frei geschaltet. Aufgrund der durchgängigen Seccos-Chiptechnik war eine Öffnung für die VR-Bank-Cards und für die Master cards und Visa-Kreditkarten der Volksbank Weinstadt leicht möglich.

Fan-Banking mit institutsübergreifenden Kooperationen

Das spezielle Kartenlayout ist auch beim sogenannten "Fan-Banking" auf Basis einer VR-Bank-Card, VR-Spar-Card oder Kreditkarte von entscheidender Bedeutung. Bei diesen Kooperationsprojekten zwischen Genossenschaftsbanken und Sportvereinen wird in einem Co-Branding das gewählte Kartenprodukt durch Vereinsfarben und -symbolik emotionalisiert. Dabei wird in diesem Ansatz die Verbundenheit von Sportfans mit ihrem Lieblingsverein genutzt, um Bankleistungen in ein attraktives Vorteilspaket einbauen zu können. Die Einbindung des Kooperationspartners in die jeweiligen Marketing- und Kommunikationsaktivitäten mit der damit verbundenen Werbewirkung nutzt sowohl dem Verein als auch der Bank. Die Karteninhaber profitieren gleich mehrfach: Im Verein kommen sie in den Genuss exklusiver Vergünstigungen im Fan-Shop und beim Ticketkauf; in der Bank stehen ihnen spezielle Angebote oder Kontomodelle offen.

Vor allem mit Vereinen aus den publikumswirksamen Sportarten Fußball, Basketball oder Eishockey konnten Genossenschaftsbanken erfolgreiche Kooperationen eingehen und attraktive Fan-Cards emittieren. Dieser Konzeptansatz ist so überzeugend, dass es auch institutsüber greifende Initiativen gibt. So haben sich Volksbanken und Raiffeisenbanken rund um Gelsenkirchen und Nürnberg im Rahmen gemeinsamer Fan-Banking-Projekte zusammengeschlossen und geben in der Partnerschaft mit dem FC Schalke 04 die Schalke 04 VR-Spar-Card, die Schalke 04 VR-Bank-Card beziehungsweise im Co-Branding mit dem 1. FC Nürnberg die 1. FCN VR-Spar-Card heraus.

Active Fever: Themenkarten mit hohem Nutzungsgrad

Sport ist auch die bestimmende Erlebniswelt auf dem Active-Fever-Portal. Gestartet zur WM 2006 hat sich Active Fever als attraktive Bonusplattform für Inhaber genossenschaftlicher Kreditkarten etabliert. Sobald die Karte unter www.activefever.de registriert ist, erhält der Karteninhaber für jeden Umsatz Bonuspunkte. Diese kann er im Portal bei Wetten, Spielen, Verlosungen, Auktionen und zum Shoppen im Prämien-Shop einsetzen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Nutzer ihre registrier te VR-Kreditkarte bewusst häufiger einsetzen, um damit Bonuspunkte zu sammeln.

Ein besonders hoher Nutzungsgrad ist insbesondere bei den Active-Fever-Themenkarten feststellbar.

Dem Erfolg der WM-Karte 2006 folgend, wurde auch zur UEFA Euro 2008 eine Mastercard in einem exklusiven Design ausgegeben. Die Karten waren wegen ihres Editionscharakters und ihres attraktiven Designs sehr begehrt.

Als dauerhafte Themenkarte im sportlichen Bereich wurde darüber hinaus die Golf Fee Kreditkarte etabliert, die für den passionierten Golfer zahlreiche Zusatzleistungen rund um seine Sportart bereithält.

Emotionale Verknüpfung durch Mitglieder-Programme

Auch bei vielen Mitglieder-Programmen der Volksbanken und Raiffeisenbanken wird versucht, eine emotionale Verknüpfung - hier zwischen der Leistungsbeziehung der Bank und dem Alleinstellungsmerkmal Mitgliedschaft - herzustellen. In diesen Projekten ist es nicht der Sportfan, sondern das Genossenschaftsmitglied, dessen Bindung an seine Bank visualisiert werden soll. Ziel: Die Mehrwertleistungen sollen die Mitgliedschaft erlebbar machen und die Genossenschaftsbank als attraktiv und einzigartig herausstellen.

Eine Studie hat ergeben, dass Mitglieder, die sich des Wertes und der Bedeutung ihrer Mitgliedschaft bewusst sind, die besten Kunden ihrer Bank sind. Dass das Geschäftsmodell der Gründungsväter Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch - gerade vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise - noch aktuell und unverändert attraktiv ist, dokumentieren der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband als Initiator und die teilnehmenden Institute mit ihrer neuen goldenen VR-Bank-Card Plus für Mitglieder.

VR-Karten-Konzept: Individualität als Programm

"Unsere Karten fallen aus dem Rahmen" - mit diesem Slogan haben DZ Bank und WGZ Bank in den Jahren 2007 und 2008 das Kreditkarten-Produktportfolio der Volksbanken und Raiffeisenbanken nach Zielgruppen und Leistungsarten optimiert und in einem Baukastensystem, dem VR-Karten-Konzept, zusammengeführt. Mit der Gliederung in die Teilportfolien Basiskarten, Themenkarten, Aktionskarten, Regionalkarten und Firmenkarten haben die Genossenschaftsbanken seitdem die Möglichkeit, besser auf die Wünsche und die Bedürfnisse ihrer Kunden einzugehen und sich vertrieblich auf die Bereiche mit dem höchsten Potenzial zu konzentrieren. Zur Wettbewerbsdifferenzierung beinhaltet das "VR-Karten-Konzept" folgerichtig auch eine Wahlmöglichkeit beim Kartendesign. Aufgrund des Bestellverhaltens der Kunden als eindeutiger Erfolgsindikator wurde zwischenzeitlich die Auswahl der Motive angepasst. Spitzenreiter in der Gunst der Kunden ist aktuell das Motiv Sonnenuntergang.

Ergänzt werden können die Wahldesigns durch Individualmotive der einzelnen Bank. Mit der Integration dieser lokalen Designs stärkt das VR-Karten-Konzept die regionale Identität der örtlichen Bank und verschafft ihr Alleinstellungsmerkmale im Kampf um die Marktanteile.

Prepaid-Karten für den Jugendmarkt: Die Nachfrage steigt

Die Bindung vorhandener Kunden und die Gewinnung neuer attraktiver Kundensegmente sind eine große Herausforderung für die Zukunft. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Zielgruppe "Jugend", die schon heute über eine beachtliche Kaufkraft verfügt und gleichzeitig ein interessantes Zukunftspotential aufweist. Entsprechend ist das Produkt-Angebot im VR-Karten-Konzept im Juni 2008 um eine Prepaid-Variante ergänzt worden. Gerade in der Ausprägung als "Generation2Go Card" für Jugendliche und junge Erwachsene steigt die Nachfrage nach dieser vorbezahlten Karte, die nur auf Guthabenbasis geführt werden kann, kontinuierlich an. Neben dem im Trend liegenden Design der "Generation2Go Card" trägt die Einbindung der Prepaidcard in die erfolgreichen bundesweiten Jugend-Programme VR-Future und VR-Go zur Akzeptanz sowohl auf Bank- als auch auf Kundenseite bei.

Erstes Bildkarte-Projekt auf Basis von Debitkarten

Die Kundenwelt ist bunt wie ein Kaleidoskop, jeder Kunde ein einzigartiges Individuum - warum nicht auch die VR-Bank-Card inhaberindividuell gestalten? So stellte sich die Herausforderung für den DG Verlag dar, als er gemeinsam mit der Volksbank Mittelhessen im Sommer 2008 das erste Bildkarte-Projekt auf Debitkar tenbasis startete. Analog den im Markt bekannten Angeboten zur individuellen Gestaltung der Kreditkarte, kann der Kunde für die VR-Bank-Card ein eigenes Foto oder ein Motiv aus einer voreingestellten Galerie verwenden.

Das gesamte Handling - vom Design bis zur Kartenbeantragung - erfolgt ausschließlich über die Internetseite der Bank. Die Kartengestaltung wurde so ausgerichtet, dass einerseits viel Platz für das Bild bleibt, zugleich jedoch alle Regularien eingehalten werden. Die Bearbeitung des Motivs zur Gestaltung der Karte erfolgt mittels einer Web-Applikation, die der DG Verlag in Zusammenarbeit mit der VR-Net World GmbH entwickelt hat und den teilnehmenden Banken als Lizenzprodukt bereitstellt.

In dieser Anwendung, dem Karten designer, sieht der Benutzer eine Kartenschablone, hinter der das ausgewählte Bild platziert wird. Damit wird ihm ein realistischer Eindruck von der fertigen Karte vermittelt. Wenn der Kunde mit der Gestaltung zufrieden ist, kann er die Karte beantragen und dabei entweder seine bestehende Kar te ersetzen oder eine neue beantragen. Der eigentliche Kartenantrag erfolgt in einem Onlineformular. Für den Kunden ist der Antragsprozess damit abgeschlossen.

Durch eine Bildprüfung (Screening) wird sichergestellt, dass die Wunschmotive auch juristischen sowie ethischen und moralischen Grundsätzen entsprechen. Die Bedienung des Kartendesigners ist denkbar einfach. Der Kunde wird aber auch noch zusätzlich durch ausführliche Informationen zum Bestellprozess und zu den Nutzungsbedingungen in der Gestaltung seiner individuellen VR-Bank-Card unterstützt.

Bildkarte-Projekte mit höheren Karteninhabergebühren

Bei der Personalisierung der Karten mit dem individuellen Motiv des Kunden kommt ein Einzelkarten-Produktionsverfahren zum Einsatz. Bei dieser Fertigungsvariante wird auf einer vorproduzierten und mit den zulassungsrelevanten Elementen (zum Beispiel Zahlungssystemlogo) versehenen weißen Chipkarten im sogenannten Retransfer-Druck das kundenindividuelle Bild aufgebracht. Dabei wird das Motiv auf eine flexible Trägerfolie gedruckt, die anschließend unter Druck und Hitze auf die Karte übertragen wird. Dieses Verfahren ermöglicht eine ausreichende Bildauflösung und einen vollflächigen Druck.

Dass diese Fertigungsvariante - man kann durchaus von Manufaktur sprechen - nicht nur aufwendiger, sondern auch teurer ist, liegt auf der Hand. Entsprechend sind die Produktionspreise für die Bildkarte höher als für die Standardkarten im Offset-Verfahren. Eine Weitergabe dieses Aufpreises inklusive der Berechnung des höheren Handlingaufwandes in der Bank an die Karteninhaber ist aber durchaus möglich.

In allen bekannten Bildkarte-Projekten sind die Karteninhabergebühren deutlich höher als für die Standardkarten-Angebote. Wichtig ist es von daher, die im Rahmen des Marketings anzusprechenden Kundenzielgruppen genau zu selektieren und den individuellen und exklusiven Charakter einer solchen Bildkarte herauszustellen.

Nach einem halben Jahr fällt die Bilanz der Volksbank Mittelhessen positiv aus: Sowohl die Mitarbeiter als auch die Kunden haben die neue Produktvariante gut angenommen. Eine zwischenzeitlich durchgeführte Kundenbefragung belegt die Einfachheit des Bestellprozesses und die breite Akzeptanz der Bildkarte. Diese betrifft die Motivqualität der gefertigten Karte aber auch die positive Resonanz beim Vorzeigen der Karte oder beim Bezahlen im Handel.

Vor dem Hintergrund der sich ändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen rund um die Interchange-Erträge und Kartenin-haber-Jahresentgelte bietet die Kartengestaltung eine Möglichkeit, die Produkt- und Funktionsdifferenzierung im Kartenportfolio zu unterstützen. Auf der einen Seite stehen dabei standardisierte, ohne Zusatzleistungen auskommende und eher preisgünstige Kartenprodukte, auf der anderen Seite individualisierte, mit Mehrwertleistungen versehene und eher höher bepreiste Kartenprodukte.

In der zweiten Kategorie kann das Motiv auf einer Karte, ob aus einer Galerie oder ganz individuell als Bildkarte, das Kundeninteresse wecken und als "Eye-Catcher" den Kartenvertrieb unterstützen. Von daher fällt die Prognose nicht schwer, dass der Trend zur Individualisierung und Emotionalisierung der Karten anhalten wird und die Banken die Chancen nutzen werden, die Karten-Gestaltungsmöglichkeiten und die Motivwahl aktiv zum Zwecke der Kundenbindung und Neukundengewinnung einzusetzen.

Dr. Andreas Martin , Mitglied des Vorstands , Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), Berlin
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