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Von der Last zur Lust: Das ELV auf dem Weg nach Europa

Das Ringen um die Zukunft des elektronischen Lastschriftverfahrens (ELV) scheint ein Ende gefunden zu haben - ein für den deutschen Handel und die deutschen Konsumenten gutes Ende. Voraussichtlich kann auch in der gemeinsamen europäischen Zahlungswelt weiterhin mit Karte und Unterschrift gezahlt werden. Trotz anfangs widriger Gesetzentwürfe auf EU-Ebene und technologischer Hürden wird das Verfahren nun auch nach 2016 weiter genutzt werden können.

Einen maßgeblichen Anteil an der Überzeugungsarbeit gegenüber den Brüsseler Legislatoren haben der Handelsverband Deutschland (HDE) und seine Partner geleistet. Sie hatten sich in den vergangenen Jahren mit verschiedenen Eingaben an die Politik gewandt und zunächst nationale, letztendlich aber auch die europäischen Gremien vom Nutzen des einstmals rein nationalen Verfahrens überzeugt. Nun blickt das ELV in neuem Gewand als Sepa-Lastschrift auf eine aussichtsreiche Zukunft auch in der neuen Single Euro Payments Area.

ELV am PoS: Payments Made in Germany

"Unterschrift genügt": 1992 hoben das Familienunternehmen Peek & Cloppenburg und die Deutsche Bank ein damals einmaliges Zahlverfahren aus der Taufe. So sperrig der Name, so erfolgreich war das elektronische Zahlverfahren. Bis 2011 setzte der deutsche Handel 690 Milliarden Euro damit um.

Doch lange Zeit sah es so aus, als bedeute die Europäische Union das Ende für das bei Händlern und Verbrauchern gleichermaßen beliebte Verfahren. Noch 2011 waren seine Zukunftsaussichten nicht nur nach Einschätzung des EHI gering: Datenschützer monierten die Sperrdateien, die dem Handel Zahlungssicherheit bei überschaubaren Kosten ermöglichten. Gleichzeitig verlangten die Brüsseler Sepa-Regulierer nach einheitlichen, paneuropäisch angelegten Zahlverfahren.

Die enthaltenen Forderungen jedoch drohten, das elektronische Lastschrifverfahren unmöglich zu machen: Bis dato reichten Kontonummer, ID des eingesetzten Zahlterminals und Zahlbetrag für die Abwicklung der Zahlung aus. Im Rahmen von Sepa sollten nun auch Name und Adresse des Schuldners ("Debtor Name") übertragen und gespeichert werden - aus Sicht des Datenschutzes ein Ding der Unmöglichkeit.

Nicht einmal das System Girocard der Deutschen Kreditwirtschaft erfüllte die damals notwendigen Auflagen. Hier sollten weitere, neu zu etablierende Standards nachhelfen: die SCC-Initiative der Berlin-Group. Mit Hilfe dieses ergänzenden Sepa- Cards-Clearing-Regelwerks sah es zeitweilig danach aus, als ob sich die Zahlung mit PIN als einzig Sepa-konforme Zahlungsvariante durchsetzen könne.

Technischer Anpassungsbedarf

Doch nicht nur EU-Regularien und Konkurrenzverfahren bedrohten das ELV. Auch technologische Neuerungen stellten die Zukunft der Lastschrift infrage. Mit der zunehmenden Diversifizierung der Bezahlmethoden war auch das Lastschriftverfahren gefordert, sich anzupassen. Der Magnetstreifen ist passé, in nahezu allen Portemonnaies wurden die alten Karten durch moderne, mit EMV-Chip ausgestattete Karten ersetzt. Kontaktlose Zahlmethoden wie Visa Paywave, Mastercard Paypass und Girogo drängen in den Markt, und mit der zunehmenden Verbreitung digitaler Wallets steht für die Lastschrift eine zusätzliche Herausforderung ins Haus. Unternehmen wie Amazon, Google oder Paypal stellen im angelsächsischen Kulturraum schon eine relevante Größe dar.

Erfolgsgeschichte in Europa fortschreiben

Damit ist klar: In der bisherigen Form kann die Lastschrift im Sepa-Raum nicht funktionieren. Für den Handel stellt sich die Frage, ob Investitionen noch Sinn machen. Aus rein ökonomischer Sicht jedoch ist die Antwort eindeutig. Gegenüber den PIN-basierten Verfahren der Kreditwirtschaft sowie Kreditkartenzahlungen bietet die Lastschrift einen klaren Preisvorteil. Bei Konsumenten ist das Verfahren akzeptiert und auch in puncto Zahlungssicherheit eine gute Wahl.

Seiner Bedeutung für den Handel und die Konsumenten entsprechend, zeigten sich HDE, Handel und die bankenunabhängige Zahlungsverkehrsindustrie geschlossen beim Einsatz für das elektronische Lastschriftverfahren. Zu eindeutig sind die Vorteile, als dass die Stakeholder der größten europäischen Volkswirtschaft das milliardenfach erprobte Verfahren kampflos hergeben wollten: geringe Kosten, hohe Akzeptanz, erprobte Mechanismen und weitreichende angegliederte Dienstleistungen machen das ELV zu einer der beliebtesten Zahlformen hierzulande.

Und mit datenschutzkonformen Prozessen, die das Risiko von Zahlungsausfällen für den Handel auf null senken, hat das Produkt elektronische Lastschrift auch in Europa das Zeug, seine einzigartige Erfolgsgeschichte fortzuschreiben.

Vom Stiefkind zum Lieblingsschüler

Zurückblickend waren die Aussichten für ELV bereits in den ersten Jahren nach Verabschiedung der Lissabonner Agenda eher düster. Regulatorisch engagierte sich der European Payments Council für die Schaffung neuer Verfahren und verankerte dies auch in den frühen Sepa-Regelwerken.

Erst 2011 kam es - insbesondere auf Betreiben des deutschen Handels - zu einem Umdenken. Am 12. Mai 2011 beschloss der Deutsche Bundestag, sich ausdrücklich für den Fortbestand des ELV auszusprechen, und forderte, dass "das bewährte elektronische Lastschriftverfahren ("ELV") für einen Übergangszeitraum erhalten bleiben soll, der erst endet, wenn ein mit dem "ELV" vergleichbares europäisches Produkt durch die Kreditwirtschaft am Markt angeboten wird". Die eindeutige Forderung an die Deutsche Kreditwirtschaft, ein entsprechendes europäisches Produkt zu entwickeln, sollte die Vorteile des ELV für Handel und Konsumenten auf supranationaler Ebene nutzbar machen.

In den Implementation Guidelines berücksichtigt

Am 1. März 2013 beschloss der Bundesrat einen dementsprechenden Text im Sepa-Begleitgesetz. Darin macht das Gremium deutlich, dass der Fortbestand nationaler Zahlverfahren zugunsten des ELV mindestens bis zum 1. Februar 2016 gewährt bleibt.

Zwischenzeitlich wurden die vom Deutschen Bundesrat beschlossenen Änderungen auch in Brüssel auf die politische Agenda gebracht. Entsprechend reflektiert das seit November 2012 finalisierte Sepa Direct Debit Rulebook in der Version 7 die Change Requests des deutschen Handels. Hierin finden sich die Forderungen des HDE und seiner Partner wieder, die darauf abzielten,

das Attribut "Name of the Debtor",

das Attribut "Address of the Debtor" und

das Attribut "BIC Code of the Debtor Bank"

optional zu gestalten. So darf das Feld "Name of the Debtor" nun mit Kartendaten gefüllt werden, wenn das Mandat durch Auslesen der Daten einer Zahlkarte am PoS generiert wurde.1) Diese Details fanden in der Folge Eingang in die Implementation Guidelines, die auch für die Deutsche Kreditwirtschaft verbindlich sind und ab Februar 2014 Gültigkeit haben.

Mit der abschließenden Berücksichtigung dieser Change Requests zur Sepa-Lastschrift finden die nationalen Erfahrungen im ELV und Forderungen des Handels Zugang in die Brüsseler Gesetzgebung. Für die Lastschrift am PoS war hier der Einsatz des Deutschen Einzelhandels entscheidend, der maßgeblich auch von Unternehmen aus Österreich unterstützt wurde. Diesem Engagement ist es zu verdanken, dass allein die Unterschrift auch in Zukunft bei der Erteilung eines Lastschriftmandates mithilfe einer Karte am PoS ausreicht und die Frist für Rücklastschriften insolvenzfest auf acht Wochen begrenzt sein wird. Am Ende eines langen Prozesses steht somit die Feststellung: Die elektronische Lastschrift am PoS ist Sepa-ready.

Sepa-ELV in den Startblöcken: Der Startschuss fällt im Februar 2014

Doch auf dem Weg zur Sepa-Lastschrift mussten nicht nur politische Klippen umschifft und Interessen vereinbart werden. Es galt auch, technische Lösungen zu finden - am Terminal, bei der Autorisierung und im Clearing.

Ein deutliches Zeichen für die bevorstehende Einführung der Sepa war für viele Händler die Abschaltung der Autorisierung von Zahlungen per Magnetstreifen. Noch 2013 werden erste Piloten für Euro-ELV auf Chip Basis im Handel platziert, ab 2014 ist die vollständige Migration auf Sepa-Lastschrift (Sepa-ELV) geplant. Denn frühestens ab Februar 2014 wird der Umstieg auf die neue Sepa-Lastschrift möglich.

Beim Blick auf die neuen Händlerbelege werden die Änderungen durch die Sepa-Lastschrift dann offenbar. Um den regulatorischen Anforderungen zu ge nügen, werden zukünftig Gläubiger- und Mandats-ID, ein angepasster Sepa-Lastschrifttext ebenso auf dem Händlerbeleg zu finden sein wie die Information zum voraussichtlichen Belastungsdatum.

So bleibt dem Handel und den Konsumenten ein beliebtes und sicheres Verfahren erhalten. Als konkurrenzfähige Alternative garantiert es Wettbewerb und steht für Kontinuität. Denn bei aller Europäisierung gilt es, diejenigen nicht aus den Augen zu verlieren, die aus Sicht des Handels Tag für Tag im Zentrum neuer Zahlmethoden stehen sollten: die Konsumenten. Für Verbraucher steht das Vertrauen in das Zahlverfahren im Mittelpunkt - und dieses beginnt oftmals mit den Worten "Unterschrift genügt".

Anmerkung

1) "Specific scheme rule in case of Card Data Generated Mandate (CDGM) as per the Sepa Regulation Article 5 in conjunction with its Annex paragraph 3 (a)(iv): In case of a mandate generated using data from a payment card at the point of sale which results in a direct debit to and from a payment account, and where the name of the Debtor is not available, the attribute "name of Debtor" must be filled in with "CDGM" (note: Card Data Generated Mandate), followed by the card number, the sequence number and the expiry date of the card or, if these data elements are not available, by any other data element(s) that would uniquely identify the Debtor to the Debtor Bank." (Quelle: Core SDD Rulebook 7.0, Kapitel 4.8.15).

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