Kartenmanagement- Glossar

M-Payments

Der Austausch von Geldwerten erfolgte im Laufe der Geschichte mittels unterschiedlichster "Tools": Münzen, Banknoten und Karten/PoS-Terminals sind historisch die bedeutsamsten. In jüngster Zeit sind E-Payment ("electronic payment") für Zahlungen im Internet und M-Payment ("mobile payment") für Zahlungen unter Verwendung eines Mobiltelefons hinzugekommen.

Während sich die verschiedensten Verfahren des E-Payment mehr oder weniger am Markt etabliert haben und heute E-Commerce-Zahlungen in unterschiedlicher Art und Weise getätigt werden können, hat sich M-Payment bis dato in Europa nicht durchgesetzt. Der Gründe dafür waren, dass Anfang dieses Jahrhunderts die Mobiltelefon-Technik (basierend auf SMS) nur eingeschränkt für M-Payments geeignet war und keine geeignete Kontaktlostechnologie zur Verfügung stand.

Durchbruch in Sicht?

Nunmehr gibt es jedoch mit der Near Field Communication (NFC) einen kontaktlosen Übertragungsstandard und mit den intelligenten Mobiltelefon, den Smartphones, eine funktionierende technische Grundlage. Dazu kommt, dass mittlerweile nahezu jedermann ein Mobiltelefon und viele bereits ein Smartphone besitzen, das in vielfältiger Art und Weise - jedoch kaum zum Zahlen - genutzt wird. Und bei Marktforschungen wird dieser Zahlungsform gute Chancen einräumt werden.

Nach Jahren der Stagnation scheint mit dem Vordringen von NFC auf dem Markt - zunehmend werden sowohl Karten als auch PoS-Terminals mit einer NFC-Fazilität ausgestattet - ein Durchbruch von M-Payments in Sicht. Dies bedarf allerdings einer Verhaltensänderung der Konsumenten, die ihr Verhalten aber in Geldangelegenheiten nur langsam ändern.

Henne-Ei-Probematik

M-Payments gibt es heute zwar hier und da bereits als "Proximity Payments" bei "Präsenzgeschäften" am PoS. Von einer breitflächigen Realisierung kann allerdings noch nicht gesprochen werden. Diese bedarf noch der Umsetzung. Wie bei vielen "two-sided markets" bedarf es dazu der Überwindung der Henne-Ei-Problematik.

Das heißt es sind einerseits so viele Mobiltelefone wie möglich mit der M-Payments-Möglichkeit auszustatten sowie deren Inhaber darüber zu informieren und zur Nutzung zu motivieren.

Andererseits ist die Akzeptanz in einer Art und Weise sicherzustellen, dass die potenziellen Nutzer dieser Zahlungsform diese auch wirklich nutzen können. Nur bei einer sukzessiven Entwicklung beider Seiten des Marktes wird sich der Erfolg einstellen.

Was die Seite der Käufer, der Zahlungspflichtigen, betrifft, so ist durch die Ausgabe von Karten aller Arten (Kredit- und Debitkarten oder Prepaid-Lösungen inklusive Elektronischer Geldbörsen) mit einem Chip, der auch kontaktlose Zahlungen ermöglicht, bei "Präsenzgeschäften" ein wesentlicher Schritt in Richtung M-Payments getan.

Zwar kann die Karte selbst für eine kontaktlose Zahlung verwendet werden, es kann aber auch ein Mobiltelefon dazu herangezogen werden. Dies kann einerseits - nicht perfekt und nur als Vorstufe gedacht - durch das Anbringen eines Chip-Klons mit den Kartendaten auf dem Mobiltelefon erfolgen. Ein derartiger Chip-Klon könnte aber auch woanders zum Beispiel auf der Geldbörse befestigt werden.

Anderseits - und das wird die Zukunft sein - können die Daten für die Zahlung auf einem Payment-Chip im Mobiltelefon gespeichert sein. Hierbei ist allerdings eine Abstimmung zwischen dem Mobilfunkbetreiber und dem Kartenherausgeber erfolgen.

Eine weitere Möglichkeit, Benutzer eines Smartphones die Möglichkeit von Kartenzahlungen anzubieten, sind Wallets, die als Apps im Smartphone gespeichert werden und mit unterschiedlichen "virtuellen" Karten bestückt werden können. Bereits jetzt gibt es eine Fülle derartiger Wallets, wobei nicht absehbar ist, welche Lösung sich letzten Endes durchsetzen wird.

Neue Potenziale auf Händlerseite

Auf der Seite der Verkäufer, der Zahlungsempfänger, ist die Akzeptanz sicherzustellen. Dies ist je nach Geschäftsart mit unterschiedlicher Abwicklung realisierbar. Beim Präsenzgeschäft gibt es den bedienten und den unbedienten PoS, das Automatengeschäft. Je nachdem muss das PoS-Terminal oder das Zahlungsmodul im Automaten entsprechend adaptiert werden.

Die Zahlungen am PoS erfolgen immer in gleicher Art und Weise egal ob es sich um eine Kontaktloskarte, um einen auf dem Mobiltelefon (oder woanders) angebrachten Chip-Klon, um einen Payment-Chip im Mobiltelefon oder um eine Wallet-App handelt. Es genügt, das jeweilige Zahlungs-Tool nahe ans Terminal hinzuhalten. Damit ist für den Zahlungspflichtigen mehr Convenience und für den Zahlungsempfänger eine schnellere Abwicklung möglich. Mit diesem "tap and go"-Modus können Kleinbeträge (meist bis zu 20 Euro) bezahlt werden. Unabhängig davon kann - bei darüberliegenden Beträgen - eine PIN-Eingabe oder Unterschrift verlangt werden.

Die Abwicklungsform erleichtert die Akzeptanz bei einer Reihe von Handels- und Dienstleistungsunternehmen, die bisher aufgrund der Dauer einer Zahlungstransaktion keine bargeldlosen Zahlungen akzeptieren. Das sind primär Unternehmen mit Check-out-Lanes, Fast- Food-Restaurants, Bäckereien oder Kioske.

Mobilfunkgesellschaften als Zahlungsdienstleister?

Mit ein Grund, warum sich M-Payment seit dessen erstem PR-Hype vor rund zehn Jahren bisher nicht wirklich durchgesetzt hat, ist die damals zutage getretene Konkurrenz zwischen den klassischen Zahlungsabwicklern aus dem Bankbereich und den Mobilfunkbetreibern.

Seit der M-Payment-Fähigkeit der Mobiltelefons haben die Mobilfunkbetreiber die Option, unter Beachtung der rechtlichen Voraussetzungen selbst auf beiden Seiten des Marktes für Zahlungsdienstleis tungen einzusteigen, die Abrechnung mit den Zahlungsempfängern, den Handels- und Dienstleistungsunternehmen, klassisch via Überweisungen zu tätigen und die Abrechnung gegenüber den Zahlungspflichtigen (den Mobiltelefonnutzer) via Mobiltelefonrechnung vorzunehmen. Dieses für Mobilfunkbetreiber neue Geschäftsfeld ist allerdings mit einem erhöhten Risiko verbunden, da sie nicht nur für die Einbringlichkeit der Mobiltelefonentgelte sorgen müssen, sondern auch für die Einbringlichkeit der Beträge, über die Zahlungen bei Dritten vorgenommen wurden (sofern es sich nicht um Prepaid-Lösungen handelt). Dies erfordert angesichts der unterschiedlichen Bonität der Konsumenten und des er forderlichen Schutzes der Jugendlichen vor Verschuldung ausgefeilte Risikomanagementsys teme.

Eine Alternative dazu ist es für die Mobilfunkbetreiber, mit Banken/Banksystemen zu kooperieren, welche die Abrechnung sowohl mit den Zahlungsempfängern als auch mit den Zahlungspflichtigen analog zu Kartenzahlungen vornehmen.

Neue Möglichkeiten für Kreditinstitute

Auch die Banken/Bankensysteme können durch den technischen Fortschritt unabhängig von Mobilfunkbetreibern M-Payments abwickeln: Der Chip-Klon einer Karte kann am Mobiltelefon oder einem anderen Tool befestigt, ein Payment-Chip kann im Mobiltelefon eingesetzt oder eine Wallet-App installiert werden.

M-Payments gibt es heute auch als "Remote Payments" bei "Distanzgeschäften" im E-Commerce. Viele Mobiltelefone haben bereits die Möglichkeit, im Internet zu surfen und können somit Käufe bei E-Commerce-Händlern tätigen und die damit verbundenen Zahlungen leisten. M-Payment kommt derzeit vor allem beim Kauf von Tickets aller Art (M-Ticketing) und beim Kauf von Parkzeit (M-Parking) vor. Anzahl- und umsatzmäßig hat diese Zahlungsform noch keine größere Bedeutung, jedoch ein großes Entwicklungspotenzial.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Robert Komatz ist Prokurist der PayLife Bank, Wien, robert.komatz[at]paylife[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
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