Kartendienstleister

"Als Marktführer sind wir immer noch im Fokus der Wettbewerbsbehörde"

In welchen Geschäftsfeldern ist Six Card Solutions im Kartengeschäft tätig? In der Kartenverarbeitung ist Six Card Solutions in zwei Marktsegmenten tätig: Merchant Processing (Point of Sales Infrastruktur) einerseits sowie Acquiring Processing und Issuing Processing andererseits. In welchem Geschäftsfeld sind die Margen am besten? Generell ist das kommerzielle Issuing noch am besten, dann folgt das kommerzielle Acquiring. Das Processing hat als "Rechenknecht" die niedrigsten Margen. Deshalb ist man als Prozessor dazu verdammt zu wachsen. Nur durch Wachstum kann man auch bei sinkenden Preisen die Margen halten oder sogar ausweiten. Innerhalb des Processings gibt es aber eine gewisse Bandbreite. Beim Merchant Processing etwa lässt sich das Processing mit Dienstleistungen verknüpfen. Ein Beispiel ist der Hospitality- Bereich. Hier ist eine Transaktions-Fee deshalb bis zu zehnmal höher als im Large-Volume-Processing. Wie hat sich das Unternehmen als Gemeinschaftsunternehmen der Schweizer Kreditwirtschaft in den letzten Jahren verändert? Bis 2000 war die damalige Telekurs Payserv mit der Verarbeitung der ec-Karte und von Mastercard der Processing-Monopolist im Schweizer Markt im Auftrag der Schweizer Banken und darüber hinaus als Issuer tätig. 2000 zog sich das Unternehmen aus dem Issuing und dem Issuing Processing zurück. Im Gegenzug durfte Telekurs einen freien Marktauftritt mit allen Brands verfolgen. Ab 2004 wur de das Unternehmen verstärkt im Ausland tätig. Denn als bisheriger Monopolist konnten wir in der Schweiz nur Marktanteile verlieren. Der erste Neukunde im internationalen Acquiring war die RBS, die in Kontinentaleuropa Fuß fassen wollte, aber die Umstellung ihres Systems auf andere Währungen, Sprachen und Mehrwertsteuersysteme nicht ohne Weiteres bewerkstelligen konnte und deshalb das Pool-Processing über Six Card Solutions laufen ließ. Daneben haben wir international besonders nach Lösungen gesucht, die das Portfolio erweitern. So wurde 2007 c-Credit, ein Softwareprodukt im Bereich kassenintegrierter Zahlungslösungen, Carus Schweiz und die Hospi tality-Lösung von 3-C International gekauft. Gleichzeitig wurden neue Kunden akquiriert. In Deutschland zählen Easycash und die Wirecard zu unseren Kunden. Vor zwei Jahren kam die Diskussion über die Zukunft der Infrastrukturunternehmen der Schweizer Banken zum Abschluss. Damit der Finanzplatz Schweiz weiterhin seine Unabhängigkeit wahren und seine Synergien nutzen kann, wurde 2008 die Six Group als Triple Merger zwischen SWX, SIS und Telekurs gegründet. Aus Telekurs Card Solutions wurde dabei Six Card Solutions. Wie sind Sie heute international aufgestellt? Heute wickelt Six Card Solutions rund zwei Milliarden Kartentransaktionen ab. In der Verarbeitung sind wir in der Schweiz, Luxemburg und Österreich Marktführer. Wir haben Kompetenzzentren in Deutschland, Luxemburg und Öster reich sowie Niederlassungen in Schweden und den USA. Zu den Kunden gehören die großen Retailer in der Schweiz wie Coop, Migros, Carrefour, Aldi oder Lidl, aber auch internationale Hotelketten wie Hilton, Hyatt, Starwood und Marriott oder die Bundesbahnen der Schweiz und Öster reich. Unter den Finanzinstitutionen ist die Pay-Life Bank GmbH hervorzuheben. 2008 wurden die Verträge über das Acquiring, das Processing von Debit und der elektronischen Geldbörse Quick unterschrieben. Das ist das größte Migrationsprojekt, das in Europa jemals stattgefunden hat. Die Anzahl der durch Six Card Solutions verarbeiteten Karten wurde dadurch in etwa verdoppelt. Was bedeutet Sepa für Ihr Auslandsgeschäft? Im Recht unterscheiden wir uns als Schweizer Firma deutlich. Deshalb hat unsere Schwesterfirma Multipay mit Six Pay für das internationale Acquiring eine Tochter in Luxemburg. Dadurch können auch wir bei der Internationalisierung des Acquiring-Geschäfts von Sepa profitieren. Welche Wachstumsziele haben Sie sich gesetzt? Unsere heute zwei Milliarden Kartentransaktionen pro Jahr sollen in den nächsten fünf Jahren auf etwa fünf Milliarden gesteigert werden. Dieses Wachstum soll mehrheitlich organisch erreicht werden. Denn der Einsatz elektronischer Zahlungsmittel wächst vielleicht nicht nur mit der Karte, sondern auch mit alternativen Zahlungsmitteln. Übernahmen sehen wir momentan nicht als notwendig an. Interessant wären nur solche Übernahmen, die uns den Zugang zu solchen Märkten öffnen, in die man nur mit einer dezidierten Infrastruktur hineinkommt. So haben wir 2008 3-C Integra gekauft, weil das Unternehmen die Lösung für die Hotellerie hatte, mit der Integration, die man braucht, um bei Ketten wie Mar riott oder Hilton die Transaktionsverarbeitung anbieten zu können. Was macht den Schweizer Markt für ausländische Kartendienstleister so interessant? Die Schweiz ist von den Umsätzen her ein attraktiver Markt - und er ist liberalisiert, im Gegensatz zu geschlossenen Märkten wie etwa Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Aus dem gleichen Grund ist auch Osteuropa für die Dienstleister interessant. Mit der Aufgabe von ec-cash wurde auch die Verbindlichkeit eines bestimmten Terminaltyps aufgehoben. Es gibt nur noch eine Hürde: Es gibt mit der Postcard noch eine zweite Debitkarte. Dafür haben sich die Acquirer und der Handel auf ein Schweizerisches Protokoll geeinigt. Doch auch ep-2 ist offen zugänglich. Der einzige Disput, der noch existiert, ist die Interchange Fee. Hier stößt sich die Schweizer Wettbewerbsbehörde daran, dass zumindest die inländischen Acquirer ganz oder teilweise im Besitz der Schweizer Banken sind. Wo stehen Sie als ehemaliger Monopolist heute in der Schweiz? Wir sind Marktführer und deshalb immer noch im Fokus der Wettbewerbsbehörde. Wenn wir als Marktführer im Terminalgeschäft ein Acquiring-Angebot mit einem Terminal bündeln, ist das deshalb schwieriger, als wenn das ein Mitbewerber tut. Im Acquiring-Processing und im Debit-Issuing-Processing sind wir klar die Nummer eins. Das Kredit-Issuing-Processing, das 2000 verkauft worden war, ist erst wieder im Aufbau. Hier dürften Tsys und First Data im gleichen Maß aufgestellt sein. Wieso bauen Sie das Issuing-Processing neu auf? Im Jahr 2000 waren die Schweizer Banken davon überzeugt, dass sie sich besser differenzieren können, wenn sie die Kreditkarten, die sie an ihre Kun-den herausgeben, selber verarbeiten. Damals schien es, als seien die Interbank-Unternehmen an ihrem Ende angelangt. Als wir im Processing international erfolgreich wurden, stellten wir aber fest, dass uns eine Plattform für das Kredit-Issuing-Processing fehlt. Schmerzlich bewusst wurde das bei Pay-Life: Hier konnten wir im Kredit-Issuing kein überzeugendes Angebot vorl egen. Deshalb haben wir uns 2009 zu 50 Prozent an Cetrel beteiligt, dem Infrastrukturdienstleister für die Luxemburger Banken. Diese Beteiligung nutzen wir, um das Legacy-Issuing durch ein neues System mit der vollen Angebotspalette zu ersetzen. Mittlerweile ist im Issuing der Wind rauher geworden, sodass es stärker darum geht, Kosten zu drücken. Deshalb sehen wir Chancen, irgendwann auch die Schweizer Banken wieder zu gewinnen. Wir glauben aber nicht, dass wir uns in den nächsten fünf Jahren zu einem der großen Player entwickeln werden, sondern sehen uns eher immittleren Segment. Derzeit sind etwazwei Millionen Karten auf der Plattform. Könnten Sie sich vorstellen, in Deutschland in den Netzbetrieb einzusteigen? Das kommt darauf an, wie der deutsche Kartenmarkt in Zukunft aufgestellt ist. Denn die Rolle der Netzbetreiber hängt davon ab, wie sich Drei-Parteien-Systeme wie beim ELV im Zeitalter von Sepa behaupten (und sie behaupten sich ja gut und länger, als man vor fünf Jahren vorausgesagt hätte). Der Trend geht wohl in Richtung des Ver bunds des Netzbetriebs mit der gesamten Kartendienstleistung, wie es die Card Process vormacht. In den nächsten zwei bis drei Jahren werden zumindest die Leitplanken stärker erkennbar sein. Die Entwicklung eines europäischen Debitsystems geht sicher nicht so schnell wie ursprünglich angenommen. Die politischen Instanzen werden aber versuchen, einen einheitlichen Markt in Europa entstehen zu lassen. Wahrscheinlich braucht es dafür noch politische Guidelines. Was macht Ihre Tochter in Deutschland? Im Processing haben wir heute zwei, künftig drei Kompetenz-Center. Eins davon ist die Six Card Solutions Deutschland. Das ist das Kompetenz-Center für E-Commerce und virtuelle Terminals mit dem Produkt Saferpay. Hier sind wir im deutschen und schweizerischen Markt relativ stark positioniert und haben das Ziel, in andere Länder zu wachsen. Welches sind die beiden anderen Kompetenz-Center? In Luxemburg angesiedelt ist das Kom-petenz-Center für die Branchenlösungen Hospitality (Hotels und Restaurants) und Parking. Der Bereich Hospitality war die erste Branche, die Kartenzahlungen im großen Stil internationalisiert hat. Hier haben wir die Integrationen zu den entsprechenden Systemen und rund 100 Acquirern. Das erlaubt es den Hotels, ihre Infrastrukturen relativ kostengünstig über verschiedene Länder zu replizieren. Im Bereich Parking sind wir der Payment-Spezialist für Parkhausbetreiber. Das dritte Kompetenz-Center entsteht derzeit bei der Six Card Solutions Österreich, der ehemaligen First Data Austria. Schwerpunkt ist hier das internationale ATM-Geschäft. Heute betreiben wir etwa 10 000 Geldautomaten in Österreich und der Schweiz im Auftrag der Banken. Künftig wollen wir in verschiedenen Ländern, darunter auch in Deutschland, das amerikanische Modell sogenannter Baby-ATMs bei Retailern umsetzen. Dafür mieten wir vom Handel die Fläche und stellen auf Basis der Group-eigenen Lizenzen von Master card und Visa eigene Geldautomaten auf. Für jede Transaktion erhalten wir eine Serviceentschädigung des Issuers. Das Know-how für dieses Geschäft haben die Kollegen von Six Card Solutions Österreich mitgebracht. So wissen wir, wie viele Transaktionen beziehungsweise Umsatz ein Standort aufweisen muss, damit sich der Betrieb rechnet. Ohne diese Expertise wären wir in das Geschäftsmodell wohl nicht eingestiegen. Ist Deutschland für den Betrieb von Geldautomaten - auch mit dem neuen Modell der direkten Kundenentgelte - ein attraktiver Markt? Ich denke schon. Wir haben das Modell auf Basis der internationalen Fees kalkuliert. Und: Der deutsche Markt kennt noch kaum Geldautomaten bei Retailern. Hier gibt es also noch Raum. Muss der Magnetstreifen von der Karte verschwinden? Skimming nimmt auch in der Schweiz zu. Die Geldautomaten werden immer wieder attackiert. Die Forderung, den Magnetstreifen zu verbieten, gibt es in der Schweiz aber nicht. Wichtiger wäre es, mit den Kartengesellschaften dahin zu kommen, den Liability-Shift auch auf Länder wie Thailand und die USA auszudehnen, die nicht auf EMV umstellen und bisher nicht dem Liability-Shift unterliegen. Ich könnte mir vorstellen, dass mit der Zeit der Druck der Kartenorganisationen so stark wird, dass es dort einen Liability-Shift gibt. Ob dann die Banken in großem Stil auf EMV umstellen, ist eine andere Frage. Denn die Fraud-Verluste wären etwa für die amerikanische Kartenindustrie vermutlich immer noch gering im Vergleich zu den Kosten für die Umstellung auf Chiptechnologie. Auch Deutschland war seit mehreren Jahren dem Liability-Shift ausgesetzt. Dennoch hat es die Chipmigration nicht eben beschleunigt. Die Schweiz hat die EMV-Migration deutlich früher vollzogen als Deutschland. Welche Themen stehen dort jetzt auf der Agenda? Die EMV-Einführung in der Schweiz wurde in den Jahren 2002 bis 2006 bei Karten, Geldautomaten und PoS-Terminals vollzogen. Der letzte Schlusspunkt war im Februar dieses Jahres, als der letzte Ver arbeiter (die Postfinance) die Akzeptanz von Magnetstreifenkarten eingestellt hat. Damit gibt es jetzt in der Schweiz keine Non-EMV-Terminals mehr. Und das ist auch wichtig: Denn solange die alten Terminals noch dastehen, werden sie auch genutzt. Die Themen, die jetzt auf der Agenda stehen, sind vor allem das kontaktlose oder mobile Zahlen. Welches Potenzial sehen Sie für das kontaktlose Zahlen? Seit fast einem Jahrzehnt fahren wir Piloten, mittlerweile sind erste Kunden aufgeschaltet. Dass sich Mastercard und Visa nicht auf einheitliche Abläufe einigen können, hindert jedoch die Marktausbreitung. Außerdem stellt sich das typische Henne-Ei-Problem. Das grundsätzlichere Problem ist indessen die Wahrnehmung beim Kunden. Hier steht Sicherheit versus Bequemlichkeit. In der Schweiz zeichnet sich ab, dass die kontaktlose Technologie vor allem in einem Kundensegment, in dem die Techno-logie-Angst geringer ist, zum Einsatz kommt oder in Closed-Loop-Verfahren wie etwa Kundenkarten implementiert wird. Es wird sicher Kundensegmente geben, die nie eine Karte mit kontaktloser Technologie bestellen werden, weil sie sich damit nicht sicher fühlen. Nicht zuletzt ist die kontaktlose Funktion auf der Karte auch ein Kostenblock. Auch deshalb werden Karten nicht flächendeckend damit ausgestattet.

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