Kartendienstleister

"Im Zuge von Sepa werden Netzbetreiber noch stärker gebraucht"

Wie ist das Jahr 2010 für Easycash gelaufen? Trotz einiger brisanter Themen war das Jahr 2010 für die gesamte Ingenico-Gruppe, zu der auch Easycash gehört, ein gutes Jahr, in dem wir unter anderem TA 7.0 abgeschlossen haben. 2011 ist ebenfalls gut angelaufen. Jetzt konzentrieren wir uns auf neue Themen wie kontaktlose Technologie. Wie sehen Sie sich heute positioniert? Wir wollen - primär in Deutschland, aber auch in Europa - Partner des Handels im Payment-Bereich sein, also der Dienstleister, der Banken und Handel zusammenbringt. Mit 275000 Terminals kommen wir auf einen Marktanteil von mehr als 35 Prozent - mit positiver Tendenz. Damit sind wir sehr gut aufgestellt. Welchen Stellenwert hat das Acquiring für das Unternehmen? Wir sind schon länger im OLV-Acquiring aktiv. Das internationale Acquiring ist angesichts der vielen Diskussionen zum Thema Lastschrift ein Weg, uns im deutschen wie im internationalen Markt weiterzuentwickeln, auch wenn die Lastschrift künftig nicht mehr so dominant ist wie heute. Mit zwei führenden Anbietern in Deutschland ist das nicht ganz einfach, aber wir bewegen uns in die richtige Richtung. Was bedeutet die Lizenz als Zahlungsinstitut durch die BaFin für Sie? Wir brauchen die Erlaubnis, um unser aktuelles Geschäft weiterzuführen und um unseren Kunden ins Ausland zu folgen. Darüber hinaus eröffnet sie neue Möglichkeiten für das Produktportfolio. Und nicht zuletzt ist die BaFin-Lizenz auch ein Gütesiegel für unser Unternehmen. Wie sehen Sie die Zukunft des Lastschriftverfahrens? Fakt ist: Der Handel ist mit dem System zufrieden, da es kosteneffizient ist. Es gibt allerdings einige Unsicherheitsfaktoren: Technik, Sepa-End-Datum und Datenschutz, um nur drei zu nennen. Die Branche arbeitet an allen drei Themen. Ich fände es schade, wenn durch Regulierung ein gutes und pragmatisches System verschwinden würde. Ganz klar: Wir brauchen nicht zwangsläufig die Lastschrift in der heutigen Form. Wir wollen den Händlern aber eine pragmatische und kostengünstige Zahlungsmethode anbieten können. Das erwartet der Handel. Welche Methode das in Zukunft sein wird, bleibt abzuwarten. Die technische Basis sehe ich mit Blick auf die Zukunft des Lastschriftverfahrens weniger als Problem. Inzwischen zeichnet sich ab, dass das Lastschriftforum Wege findet, das Verfahren auch im Sepa-Umfeld und unter neuen technischen Anforderungen weiterbetreiben zu können. Selbstverständlich sind wir dabei auf die Zusammenarbeit mit der Kreditwirtschaft angewiesen. Dabei kommt aber mit zum Tragen, dass es kartellrechtliche Bedenken dagegen gibt, ein konkurrenzfähiges Zahlungsmittel verschwinden zu lassen. Was hieße ein Ende von ELV für die Rolle der Netzbetreiber? Die Rolle als Mittler zwischen Handel, Banken und lokalen Acquirern wird es weiter geben, und sie bleibt zentral. Im Zuge von Sepa werden die Netzbetreiber vielleicht sogar noch stärker gebraucht werden, um Händler und Banken zusammenzubringen. Das gilt vor allem für international tätige Händler, die in mehreren Märkten möglichst nur mit einem Dienstleister zusammenarbeiten möchten. Hier sehe ich einen großen Platz für die Netzbetreiber. Auch wenn es künftig keine Lastschrift mehr gibt, wird es hoffentlich nicht nur Monopole im Zahlungsverkehr geben. Es gibt ja die Diskussion um wenigstens ein europäisches Zahlungsmittel wie Payfair oder Monnet. Da bleibt immer noch Platz, um hier neue Dienstleistungen weiterzuentwickeln. Ist der kaufmännische Netzbetrieb rückläufig? Noch sind die kaufmännischen Netzbetreiber sehr präsent. Denn sehr viele kleinere Händler legen Wert dar auf, eine enge Betreuung vor Ort zu haben. Hier finden die kaufmännischen Netzbetreiber ihren Platz. Durch das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) und die damit in Zusammenhang stehenden organisatorischen Erfordernisse wird das Geschäft aber schwieriger. Hinzu kommt, dass der Markt weitgehend gesättigt ist. Es gibt nur noch wenige Händler, die keine Terminals haben, deshalb wird es hier wohl über den Preis einen Verdrängungswettbewerb geben. Noch spüren wir dies bei uns aber nicht. Mit mehr als 25 haben wir eine ganze Reihe kaufmännischer Netzbe treiber aufgeschaltet, und das ist auch wichtig. Was erwarten Sie von "ec cash 2.0"? Der Ansatz einer Wahlmöglichkeit, ob die Zahlungsgarantie oder weitere Zusatzleistungen in Anspruch genommen werden sollen oder nicht, ist gut. Das Konzept kommt dem, was sich die Händler wünschen, recht nahe. Die Umsetzung insbesondere der Preisgestaltung durch jede einzelne Bank könnte jedoch sehr komplex werden. Aber auch hier können die Dienstleister wieder Unterstützung bieten. Inwieweit werden die Dienstleister in die Diskussionen mit einbezogen und können Vorschläge mit einbringen? Im Vergleich zur Vergangenheit hat sich dies schon gebessert. Die Dienstleister hatten schon Gelegenheit, Anregungen mit einzubringen. Allerdings, das muss man zugestehen, laufen nach wie vor viele Diskussionen im Hintergrund - ohne die Dienstleister und den Handel. Generell wäre es wichtig, dass alle Parteien - Händler, Netzbetreiber, Acquirer und die Kreditwirtschaft - sich bei Neuerungen an einen Tisch setzen und zusammenarbeiten, um gemeinsam Lösungen zu finden. Ich wünsche mir, dass die Netzbetreiber künftig etwas früher in den Prozess einbezogen werden. Es scheint, dass alle Beteiligten aus den Erfahrungen mit TA 7.0 gelernt haben, sodass die Kooperation künftig vielleicht reibungsloser laufen wird. Welche Perspektiven sehen Sie für neue Technologien? Kontaktloses Zahlen ist eine Innovation, die im Markt sicher eine große Akzeptanz finden wird. Die neuen Terminalgenerationen, die jetzt ausgeliefert werden, sind alle mit NFC oder kontaktloser Technologie ausgerüstet. Die Infrastruktur wird also relativ schnell stehen. Und damit ist der erste Schritt getan, das bisherige Henne-Ei-Problem aufzulösen. Deshalb wird es wohl in den nächsten zwei Jahren eine größere Anzahl von Piloten und kontaktlosen Kartenportfolien geben. Die Sparkassen gehen mit der Geldkarte kontaktlos bereits diesen Weg. Beim mobilen Bezahlen gibt es relativ viele Piloten, und es zeichnet sich ein zunehmendes Interesse ab. Von daher wird es in den nächsten drei bis vier Jahren massive Veränderungen geben. Biometrische Verfahren wie Fingerprint finde ich persönlich gut. Weil sie jedoch eine Registrierung voraussetzen, eignen sie sich bisher eher für lokale Anwendungen. Die flächendeckende Umsetzung wird deshalb wahrscheinlich sehr schwierig. Wie sehen Sie die Rolle der Netzbetreiber bei neuen Technologien? Hier müssen sich die Netzbetreiber positionieren, um bei den neuen Zahlverfahren ihre Rolle zu finden. Die Palette, die wir anbieten wollen, reicht vom E-Commerce über mobiles und kontaktloses Bezahlen bis hin zum PoS. Beispielsweise sind wir bereits bei mpass im Internet aktiv. Der E-Commerce ist eine der Säulen unserer Strategie. Es ist ein dynamischer Markt, in dem wir mit einer eigenen Plattform und einigen Kunden aktiv sind. Wie sehen Sie sich im Kon zern positioniert? Und welche Synergien gibt es? Die Übernahme von Easycash durch Ingenico war ein strategischer Schritt in die Transaktionswelt. Es gibt Synergien auf beiden Seiten. Easycash öffnet Ingenico den Zugang zum Handel, um besser zu verstehen, welche Produkte und Leistungen die Retailer brauchen. In der Weiterentwicklung dieses Geschäftsfelds sowohl in Deutschland als auch in anderen Märkten sind wir federführend. Easycash kann schneller Produkte ins Feld bringen. Der wichtigste Punkt ist jedoch die internationale Präsenz von Ingenico in 45 Ländern und 125 Absatzmärkten. Das wird uns helfen, uns international weiterzuentwickeln. Ist Netzbetrieb ein Geschäftsmodell im Ausland? Natürlich ist der Netzbetrieb, wie wir ihn hier kennen, ein typisch deutsches Modell. Doch auch in anderen Märkten, beispielsweise den USA und den Niederlanden, gibt es etwas Ähnliches. Darüber hinaus glaube ich, dass auch andere Länder den Netzbetrieb (wieder)entdecken werden, weil die Banken sich auf das Bankgeschäft konzentrieren werden und die Technik verstärkt Dienstleistern überlassen werden. Wie weit sind Sie derzeit mit der Internationalisierung? Wir sind derzeit bereits in den Niederlanden, Belgien, Österreich und der Schweiz aktiv. Darüber hinaus ist in Planung, noch in diesem Jahr in verschiedenen anderen Ländern aktiv zu werden. Hat die Zugehörigkeit zu Ingenico Sie stärker als zuvor in den Blick der Wettbewerbsbehörden gerückt? Nein, nicht wirklich, es gibt ja noch sehr starke andere Mitbewerber. Ingenico hat auch einen Bereich Healthcare. Wann wird die Kartenzahlung in Arztpraxen kommen? Der Onlinebetrieb der elektronischen Gesundheitskarte ist in den nächsten zwei Jahren geplant. Sobald dieser Schritt getan ist, werden sich aus heutiger Sicht wohl auch die Bezahlmöglichkeiten per Karte stärker entwickeln.

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