Mobile Payment

Kein Aktionismus notwendig

"In Zukunft wird die mobile Wallet die Geldbörse komplett ersetzen", so Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom), Berlin. Das mag durchaus so sein - die Frage ist nur, wann diese Zukunft beginnt. Dass der Branchenverband Bitkom hier mehr Optimismus in Richtung bargeldlose Gesellschaft verbreitet als mancher andere Marktbeobachter, wird dabei wenig erstaunen.

Grundsätzliches Interesse seitens der Verbraucher am mobilen Bezahlen ist mittlerweile unbestreitbar vorhanden. Das hat auch eine aktuelle repräsentative Umfrage im Auftrag des Bitkom bestätigt. Fast jeder dritte Smartphone-Nutzer (29 Prozent) möchte demnach künftig mit seinem Handy für Fahrten in Bus, Bahn, Taxi, Fernbus oder Mitfahrzentrale bezahlen. Das sind fast 13 Millionen Menschen. Unter den 30- bis 49-Jährigen sind es sogar 35 Prozent und unter den 50- bis 64-Jährigen immerhin noch knapp jeder Vierte. In der Liste der Einsatzgebiete für das mobile Bezahlen, die sich die Befragten vorstellen könnten, wurden darüber hinaus

- der Ticketkauf für Freizeitaktivitäten wie Kino, Theater oder Museum (19 Prozent),

- die Tankstellenkasse (18 Prozent),

- Einzelhandel (15 Prozent) sowie

- Bäcker, Friseur oder Kiosk (13 Prozent) genannt.

- In der Gastronomie würden lediglich 7 Prozent mit dem Smartphone bezahlen wollen.

Generell sind die Werte bei jungen Verbrauchern erwartungsgemäß höher als bei älteren.

So positiv sich diese Ergebnisse auch anhören, ist doch Obacht geboten. Zum einen besteht in vielen Fällen eine Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis. Nicht alles, wovon Verbraucher in Umfragen angeben, es sich vorstellen zu können, tun sie auch tatsächlich, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Insofern ist immer eine gewisse Schwundquote einzukalkulieren, wenn es zum Praxistest kommt. Das wird in der Bundesbankstudie zum Zahlverhalten sehr schön deutlich, wo die Werte gemäß Selbsteinschätzung der Verbraucher teilweise kräftig von denen abweichen, die sich aus der Auswertung der Zahlungstagebücher ergeben, in denen sich das tatsächliche Zahlverhalten widerspiegelt.

Daneben ist zu berücksichtigen, dass die genannten Zahlen sich nur auf die Smartphone-Besitzer beziehen. Und das ist laut Bitkom-Zahlen zwar schon ein erheblicher und kontinuierlich ansteigender Teil der Bundesbürger (63 Prozent).

Doch setzt man die Zahlen zum Potenzial mobiler Anwendungen dazu ins Verhältnis, sehen sie schon ein Stück weit weniger eindrucksvoll aus. Aus den 29 Prozent, die für Mobilitätsdienstleistungen auch mobil bezahlen wollen, werden dann nur noch 18 Prozent. Im Einzelhandel reduziert sich das Potenzial auf rund 9 Prozent.

Das bedeutet natürlich nicht, dass die Branche das Thema nicht weiter verfolgen sollte. Wilder Aktionismus ist aber vermutlich nicht geboten. Red.

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