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Paypal versus Paydirekt - 50:1 für Paypal

Rainer Lindenau, Geschäftsführender Partner, mm1 Consulting & Management, Stuttgart
Quelle: mm1 Consulting & Management

Mit sehr ambitionierten Zielen ging Paydirekt vor zweieinhalb Jahren als Gemeinschaftsinitiative der deutschen Banken- und Sparkassenwelt an den Start: 7 Millionen Nutzer sollten bereits bis Ende 2017 gewonnen werden und bis zum Jahr 2020 wollte man mit dem Marktführer Paypal auf Augenhöhe sein. Mit 1,8 Millionen registrierten Nutzern im April 2018 hat Paydirekt das Etappenziel deutlich verfehlt und liegt weit hinter Paypal mit seinen 19 Millionen Nutzern in Deutschland zurück.

Noch interessanter als die reine Anzahl der Registrierungen sind Angaben zur tatsächlichen Nutzung der beiden Bezahldienste beziehungsweise ihr Marktanteil bei den Händlern. Darüber schweigt sich Paydirekt jedoch aus. mm1 hat daher Anfang dieses Jahres gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Splendid-Research eine Umfrage unter 500 jungen Online-Banking-Nutzern im Alter von 17 bis 35 Jahren aus Deutschland durchgeführt. Das Ergebnis ist eindeutig: Paypal hat einen Marktanteil nach Nutzung von mehr als 98 Prozent - und Paydirekt bleiben weniger als 2 Prozent. Mit Paypal wird also mindestens 50 Mal so viel E-Commerce-Umsatz bezahlt wie mit Paydirekt.

Paypal profitiert dabei vom Netzwerkeffekt: Der Bezahldienst hat die meisten Nutzer und ist damit für die Händler am interessantesten. Für die Nutzer ist es wiederum das attraktivste Bezahlsystem, da sowohl national als auch international die meisten Händler angeschlossen sind.

Das Interesse der Händler an Paydirekt ist aus zwei Gründen gering: Händlern, die bereits Paypal als Bezahlverfahren akzeptieren, bringt Paydirekt keinen zusätzlichen Umsatz, denn alle Paydirekt-Nutzer haben auch Paypal. Zudem ist Paydirekt sehr teuer. Beim Bezahlen mit Kreditkarte fallen für den Händler Gebühren von 0,3 Prozent an; Paydirekt verlangt zwischen 1 und 1,6 Prozent plus eine Transaktionsgebühr von etwa 35 Cent. Wie schwer es Paydirekt fällt, neue Kunden zu gewinnen, zeigt das Beispiel Otto: Paydirekt musste laut Medienberichten zehn Millionen Euro auf den Tisch legen, um hier gelistet zu werden. Auch bei Notebooksbilliger.de ist von einem sechs- bis siebenstelligen Betrag die Rede.

Paydirekt ist deutlich zu spät dran und hat mit dem heutigen Leistungsangebot keine Chance. Dies ist die klare Aussage vieler Vorstände und Führungskräfte von Banken und Sparkassen gegenüber mm1.

Ende 2017 gab es Ankündigungen über ein weiteres 300 Millionen Invest der deutschen Sparkassen und Banken in Paydirekt. Bei den geringen Erfolgschancen sind Zweifel angebracht, ob es dazu tatsächlich kommen wird. Mit einem "weiter so" wird es Paydirekt nicht gelingen, die hohen Hürden auf der Kunden- und Händlerseite zu überwinden. Es sind radikale Ansätze erforderlich, die sowohl Nutzern als auch Händlern einen deutlichen Vorteil gegenüber Paypal bieten.

Rainer Lindenau, Geschäftsführender Partner, mm1 Consulting & Management, Stuttgart

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