GESCHÄFTSMODELLE

Erträge im Zahlungsverkehr in Gefahr

Die weltweiten Erträge im Zahlungsverkehr belaufen sich derzeit auf rund 830 Milliarden US-Dollar. Sie verteilen sich etwa zur Hälfte auf B2B-Transaktionen einerseits und B2C- sowie C2C-Geschäfte andererseits. Bei grenzüberschreitenden Zahlungen und Geldtransfers von und zwischen Privatleuten liegt dabei die Marge bei 3,4 Prozent beziehungsweise 340 Basispunkten. Ansonsten bewegen sich die Margen zwischen 2 und 22 Basispunkten. Die steigende Innovationsgeschwindigkeit im elektronischen Zahlungsverkehr bedroht jedoch diese Erträge von Banken.

Am PoS wird der Umsatzanteil der Kreditkartenzahlung laut Worldpay Global Payment Report bis 2022 weltweit um zwei Prozentpunkte zurückgehen, der Anteil der Debitkarten um einen Prozentpunkt und der Baranteil um 14 Prozentpunkte. Annähernd ein Viertel aller Zahlungen am PoS wird dann der Prognose zufolge mit E-Wallets getätigt werden. In Asien dürften E-Wallets einer aktuellen Bain-Analyse zufolge bereits in den kommenden drei Jahren Bargeld als das meistgenutzte Zahlungsmittel im stationären Handel ablösen.

Im E-Commerce wird die Entwicklung vermutlich noch drastischer ausfallen. Der Umsatzanteil von Debit- und Kreditkarten dürfte hier um einen beziehungsweise sechs Prozentpunkte zurückgehen - wiederum zugunsten von E-Wallets, über die im weltweiten Online-Handel 2022 annähernd die Hälfte der Umsätze laufen könnte. Getrieben wird diese weltweite Entwicklung zwar primär von Asien. Doch auch hierzulande wird die Entwicklung in die gleiche Richtung gehen.

Die Tage der Gebühren bei reinen Bezahlvorgängen sind jedenfalls gezählt, sagt Bain-Partner Ingolf Zies. Denn das Bezahlen wird lediglich zum Teil anderer Produkte und Services werden. Anstelle der bisherigen Ertragsmodelle, so die Prognose, werden in zehn Jahren Webshops und betriebswirtschaftliche Steuerungsprogramme zwischen 50 und 80 Prozent der Gewinne von Bezahlsystemanbietern ausmachen.

Drei Optionen macht Bain aus, mit der Banken ihr Geschäft rund um Bezahlsysteme und den damit verbundenen direkten Kundenkontakt verteidigen können.

- Option eins: die Übernahme von Wettbewerbern, um Effizienz und Innovationsgeschwindigkeit zu steigern, weitere Märkte und Geschäftsfelder zu erschließen und Cross-Selling-Möglichkeiten zu schaffen.

- Option zwei: das Vereinfachen von E-Commerce-Transaktionen, was vor dem Hintergrund der PSD2 und der starken Kundenauthentifizierung erst einmal nicht so einfach scheint. Erreichbar ist diese Vereinfachung der Studie zufolge vor allem für Einzelhändler, beispielsweise durch die Integration von Bezahlfunktionen. Für Banken könnte Apple Pay oder Google Pay ein Beispiel dafür sein, wo die Reise hingeht.

- Option drei: der Ausbau des Leistungsspektrums um Lösungen rund um den eigentlichen Bezahlvorgang herum - von der Unterstützung bei der Betrugserkennung über die Auswertung von Bezahldaten bis hin zur Kreditvergabe. Hier ist man bei den bekannten "Mehrwerten", für die insbesondere der private Kunde in Deutschland noch keine übermäßig hohe Zahlungsbereitschaft hat. Primär könnte es sich also darum drehen, Mehrwerte für Firmenkunden zu schaffen und für diese dann ein Entgelt zu zahlen.

Völliges Neuland betritt die Paymentbranche damit nicht: Bei Corporate Cards sind schließlich schon lange die Mehrwerte mindestens ebenso wichtig wie die Abwicklung der Bezahlvorgänge. Mehrwerte sind hier Auswertungen der Transaktionen, auf deren Basis sich das Ausgabeverhalten steuern lässt und Preisverhandlungen zum Beispiel im Geschäftsreisebereich möglich werden. In diesem Geschäftsfeld steigt die Bedeutung entsprechender Softwareangebote gegenüber den Interchangeerträgen seit langem an.

Bisher gilt dies vor allem für große Unternehmen. Nun ist Kreativität gefragt, solche Ansätze vom Geschäftsreisemarkt oder dem Beschaffungswesen auf andere Bereiche und Branchen wie den Einzelhandel zu übertragen und auch kleineren Kunden Mehrwertservices anzubieten.

Dass die Entwicklung im deutschen Zahlungsverkehr stets langsamer voranschreitet als in anderen Märkten, gibt der Paymentbranche noch etwas Zeit, sich darauf einzustellen. Mehr als eine Atempause dürfte das aber nicht sein. Red.

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