KRYPTOWÄHRUNGEN

Gefahr im Verzug

Foto: PayPal

In gewissem Sinn ist Paypal zumindest für die Payment-Branche ein Gradmesser für Trends, die man nicht verschlafen sollte. Im E-Commerce hat man das verpasst. Hier liegt der Bezahldienst längst so weit vorn, dass er beinahe uneinholbar scheint. Von dem einstigen Ziel, Paydirekt gewissermaßen als Paypal der deutschen Kreditwirtschaft zu etablieren, ist längst nicht mehr die Rede. Zwar mag es niemand aussprechen. Man muss aber wohl ein großer Optimist sein, um daran noch zu glauben. Jetzt soll es die künftige europäische Zahlungslösung richten. Das wird dann aber wohl die letzte Chance sein. Gelingt es auch damit nicht, eine europäische Lösung international und auch außerhalb Europas breit in den Markt zu bringen, dann war es das wohl mit der europäischen Souveränität im Zahlungsverkehr. Es ist allerdings keineswegs so, dass nur die Kreditwirtschaft Obacht geben muss, am Ball zu bleiben. Sondern das gilt auch für die nationalen Zentralbanken in Europa und natürlich in erster Linie für die EZB. Stichwort ist hier der digitale Euro.

Natürlich ist das Bezahlen mit digitalen Währungen etwas, das der Großteil der Menschen in Europa und namentlich in Deutschland noch verwundert betrachtet - sofern sie es überhaupt zur Kenntnis nehmen. In anderen Teilen der Welt schreitet die Entwicklung jedoch deutlich rascher voran. Deshalb ist es nicht nur keine Option mehr, das Thema auszusitzen, sondern es besteht zunehmender Handlungsbedarf. Aber die Tatsache, dass auch Paypal inzwischen in den USA das Bezahlen mit Kryptowährungen in der Paypal-Wallet eingeführt hat, ist dafür ein Gradmesser.

Der europäische Gesetzgeber, der die Finanzbranche seit langem dafür kritisiert, dass sie Europas Gewicht im Zahlungsverkehr so klein hat werden lassen, droht nun auf seinem eigenen Gebiet genau das selbst zu tun. Wenn nämlich der digitale Euro nicht bald kommt, dann könnte die EZB von privaten Unternehmen gewissermaßen rechts überholt werden. Den Vertretern der Finanzbranche mag es zwar eine gewisse Genugtuung bereiten, wenn nun Gesetzgeber und EZB selbst den Schwarzen Peter auf der Hand haben. Freuen können sie sich darüber allerdings nicht, da sie davon nicht profitieren werden - eher im Gegenteil. Insofern dreht sich in Sachen Erwartungen und Vorwürfe das bisherige Verhältnis nun um. Red.

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