DIGITALWÄHRUNGEN

Libra im Lizenzierungsprozess

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Mitte April hat die Libra Association bei der Schweizer Finanzmarktaufsichtsbehörde Finma eine Lizenz als Zahlungssystem beantragt. Dieser Startschuss beim Lizenzierungsprozess wird als wichtiger Meilenstein verstanden, da er zum Ausdruck bringt, dass Libra jetzt in die operative Phase des Projekts einzutreten beginnt. Dabei wird der Lizenzierungsprozess durch den Input von Zentralbanken und Aufsichtsbehörden weltweit begleitet. Sie alle haben dem Projekt vom Start weg hohe Aufmerksamkeit gewidmet.

Seitdem die Libra Association im Juni 2019 ihr White Paper veröffentlicht hatte, in der die Leitlinien der geplanten neuen Stablecoin dargelegt wurden, haben die diversen Äußerungen dafür zu einer Änderung des Konzepts geführt: Zusätzlich zu der ursprünglich angekündigten Multi-Währungs-Stablecoin soll es möglicherweise auch eine nur an einer Währung orientierten Stablecoin geben. Dazu will man zunächst mit einigen derjenigen Währungen starten, die in dem vorgeschlagenen Libra-Korb enthalten sein sollen, zum Beispiel mit US-Dollar, Euro oder dem Britischen Pfund. Jede dieser Ein-Währungs-Stablecoins soll durch eine Reserve in der jeweiligen Währung voll gedeckt werden. Von dieser Herangehensweise verspricht man sich nicht zuletzt eine größere Bandbreite nationaler Anwendungsfälle sowie die erleichterte Einbindung nationaler digitaler Zentralbankwährungen, sobald diese denn einmal verfügbar sind.

In Sachen Compliance erklärt die Libra Association zum Ziel, Konformität zu allen relevanten bestehenden Gesetzen und Regulierungen zu erreichen. Das soll durch ein Compliance-Rahmenwerk und ein netzwerkweites Risikomanagement sowie durch Anti-Geldwäsche-Standards gewährleistet werden.

War es ursprünglich der Plan, perspektivisch ein erlaubnisfreies hoch interoperables, effizientes und innovatives Paymentsystem aufzubauen, rudert man inzwischen zurück. Angesichts der mannigfach geäußerten Bedenken ist der Ansatz jetzt ein anderer. Das Netzwerk soll als offener Technologiestandard mit einem hohen Maß an Interoperabilität modelliert werden. Wettbewerb soll durch die Offenheit für neue Mitglieder gewährleistet werden, wobei die Einhaltung von Standards und Regularien überprüft - und im Fall von Nichteinhaltung auch sanktioniert werden soll. So hofft man den Bedenken hinsichtlich mangelnder Transparenz und Kontrolle zu begegnen. Zudem wird betont, dass mit der Lizenzierung durch die Finma eine strenge Kontrolle gewährleistet sein wird und alle künftigen Entscheidungen zuvor durch die Aufsichtsbehörde genehmigt werden müssen.

Die Finma hat bekanntgegeben, das Gesuch eingehend analysieren zu wollen und dabei insbesondere zu berücksichtigen, ob nationale und internationale Standards zu Zahlungssystemen und auch zu einer strikten Terrorismus- und Geldwäschebekämpfung eingehalten werden. Wie lange das dauern kann, lässt die Behörde ausdrücklich offen.

Aufgrund der geplanten internationalen Reichweite des Projekts ist ein international koordiniertes Vorgehen unverzichtbar. Seitdem sie sich mit dem Projekt Libra befasst, steht die Finma deshalb in engem Kontakt nicht nur mit der Schweizerischen Nationalbank, sondern auch mit mehr als 20 Aufsichtsbehörden und Nationalbanken weltweit. Das dürfte den Lizenzierungsprozess nicht beschleunigen, was aber angesichts der zahlreichen Bedenken nur gut sein kann. Außerdem gibt eine etwas längere Dauer den Zentralbanken Zeit, sich über die eigene Position zu digitalen Zentralbankwährungen klar zu werden, auch wenn die Schweizer Aufsicht es sicher nicht auf eine Verschleppungstaktik mit diesem Ziel wird ankommen lassen.

Obwohl die Finma ausdrücklich darauf hinweist, dass das von der Libra Association vorgelegte Gesuch sich deutlich vom ursprünglich eingereichten Projekt unterscheidet, sind damit längst nicht alle Bedenken vom Tisch.

So heißt es in einer ebenfalls von Mitte April datierenden Stellungnahme der deutschen Kreditwirtschaft, Libra könne bei einer großen Akzeptanz und Verbreitung erhebliche Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr, das Finanzsystem insgesamt und damit auch auf die Gesellschaft haben.

Mit einer Konformität von Libra zur bestehenden Regulierung ist es aus Sicht der DK nicht getan. Sondern die Regulierung von Stablecoins erfordere eigene, neue Regulierungsansätze. Mit der bisherigen Regulierung seien Projekte wie Libra mit globaler Tragweite nicht zu fassen. Deshalb bedürfe es einer international harmonisierten Regelung. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass jede Jurisdiktion eine eigenständige Regulierung erlässt. Aus diesen Gründen begrüßt die DK den Beschluss der EU-Finanzminister vom 5. Dezember 2019, demzufolge Stablecoins wie der Libra in der EU nicht erlaubt werden sollten, solange die von ihnen ausgehenden Risiken nicht identifiziert und als beherrschbar bewertet worden sind.

Genau hier könnte natürlich die Crux liegen: Natürlich ist es nachvollziehbar, neue, eigene regulatorische Vorgaben für Stablecoins anzumahnen. Zweifellos werden die auch kommen. Die internationalen Mühlen müssten hier aber vermutlich etwas schneller mahlen als üblich. Denn auch die kritischste Prüfung durch die Finma muss sich letztlich an bestehenden gesetzlichen Regelungen orientieren. Im Sinn des auch von der DK geforderten Grundsatzes "Gleiches Recht für alle" wird die Behörde die Messlatte gemessen an den regulatorischen Vorgaben nicht über die Maßen hinaus hochlegen und eine mögliche künftige Regulierung antizipieren dürfen. Alles andere wäre unbillig. Das von Facebook geäußerte Ziel, Libra erst starten zu lassen, wenn alle Bedenken ausgeräumt sind, darf man insofern auch nicht überstrapazieren. Red.

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