GELDWÄSCHERICHTLINIE

Neues Gold Plating in der Kritik

Es ist ein ewiger Spagat, mit dem die Politik sich abmüht: Einerseits will man Innovationen im Zahlungsverkehr fördern, andererseits droht die Regulierung immer wieder, diese zumindest auszubremsen. Dass der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung europäischer Vorgaben in nationales Recht gerne einmal über das notwenige Maß hinausschießt, macht das nicht besser.

Genau dieses Phänomen sieht die Prepaid-Branche auch jetzt wieder auf sich zukommen, nämlich bei der Umsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie in nationales Recht, die bis zum 10. Januar 2020 erfolgen muss und zu der der Bundestag derzeit den Regierungsentwurf berät. Auch dieser Gesetzesentwurf ist ein Beispiel für das sogenannte "Gold Plating", sprich die Verschärfung der europäischen Vorgaben.

Es sind vor allem zwei Punkte, die der Prepaid-Verband Deutschland (PVD) kritisiert. Zum einen setzt der Regierungsentwurf den Maximalbetrag für Zahlungen im Internet ohne vorherige Kundenidentifizierung mit 20 Euro deutlich niedriger an als die in der europäischen Richtlinie vorgesehenen 50 Euro. Damit, so der PVD, wird der Einsatz risikoarmer E-Geld-Produkte erheblich eingeschränkt, ohne das tatsächliche Risiko zu berücksichtigen. So werde die Attraktivität der Produkte für Verbraucher ohne Notwendigkeit gefährdet. Hier stellt der PVD zu Recht die Frage, wie sich das mit dem im Koalitionsvertrag festgehaltenen Vorhaben verträgt, digitale Bezahlsysteme zu fördern.

Dass der Gesetzesentwurf mit der drastischen Absenkung des Maximalbetrags ohne Kundenidentifizierung über das Ziel hinausschießt, macht der Verband auch daran fest, dass die Ausnahmetatbestände sowohl durch EU-Regulierung als auch die deutsche Gesetzgebung ohnehin sehr eng gefasst sind und die Überregulierung somit nur sehr risikoarme Produkte betrifft.

Ein zweiter Kirtikpunkt betrifft die Einführung neuer Verpflichtungen, die ebenfalls über die EU-Vorgaben hinausgehen. Bereits mit dem deutschen Geldwäschegesetz wurden mit dem E-Geld-Agenten und der E-Geld- zwei Kategorien geldwäscherechtlich Verpflichteter eingeführt, die auf europäischer Ebene nicht existieren. Mit dem jetzigen Gesetzesentwurf werden sogar noch weitere Ergänzungen vorgesehen. E-Geld- und Zahlungsinstitute, die im europäischen Wirtschaftsraum autorisiert sind, sollen demnach über Kooperationen mit deutschen Distributoren deutschem Recht unterliegen.

Damit wird aus Sicht des PVD zumindest die zusätzliche Verpflichtung der E-Geld-Agenten und E-Geld-Vertriebsstellen überflüssig werden. Es sei nicht er sichtlich, warum bei dem Vertrieb von E-Geld zwei unterschiedliche Verpflichtete dieselben geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten einhalten müssen, bei anderen Finanzprodukten wie zum Beispiel Girokonten hingegen nur ein Verpflichteter ausreicht. Mit der in dem Gesetzesentwurf vorgesehenen Doppelbeaufsichtigung werde E-Geld gegenüber anderen Finanzprodukten in ungerechtfertigter Weise benachteiligt.

So berechtigt diese Kritikpunkte im Einzelnen auch sein mögen, wirft der Gesetzesentwurf indessen auch noch eine ganz grundsätzliche Frage auf: Wie will man den europäischen Zahlungsverkehrsmarkt harmonisieren, wenn die Umsetzung europäischer Richtlinien in nationales Recht von Fall zu Fall dermaßen unterschiedlich ausfällt? Die 5. Geldwäscherichtlinie ist nur ein Beispiel dafür, dass ein wirklich einheitlich geregelter Paymentmarkt noch lange keine Realität ist. Sonja Scott und Christian Schäfer weisen in diesem Heft auf weitere solcher Beispiele hin.

Ein einheitliches europäisches Payment-Scheme, das mit einer starken Marke an den globalen Märkten auftreten kann, ist zweifellos wichtig. Doch auch bei Regulierung und Aufsicht muss Europa es schaffen, "mit einer Stimme zu sprechen". Dann darf es auch kein "Gold Plating" mehr geben. Mag sein, dass europäische Vorgaben manchmal nur den kleinsten gemeinsamen Nenner darstellen. Wer aber Europa will, der muss auch lernen, damit zu leben. Red.

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