PAYMENT-DIENSTLEISTER

Was von Wirecard übrig bleibt

Nach dem Insolvenzantrag von Wirecard beim Amtsgericht München am 2. Juli wurden sogleich Mutmaßungen darüber angestellt, was sich im Insolvenzverfahren wohl überhaupt noch würde retten lassen. Das eigentliche Asset eines Technologieunternehmens, so die durchaus nachvollziehbare Argumentation, bestehe schließlich in der technologischen Plattform. Und es sei fraglich, ob Mitbewerber, die ja selbst über eigene Plattformen verfügen, daran überhaupt Interesse haben würden.

Diese Unkenrufe scheinen sich bislang nicht bestätigt zu haben. Wie der Insolvenzverwalter mitgeteilt hat, gibt es (Stand Ende Juli) mittlerweile mehr als 140 Interessenten, die Teile des Wirecard-Geschäfts übernehmen wollen. 60 davon interessieren sich für die Wirecard North America Inc., für das Acquiring- und Issuing-Geschäft haben 77 Interessenten Vertraulichkeitsvereinbarungen unterzeichnet. Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé ist deshalb "zuversichtlich, einen Investor für das Kerngeschäft zu finden".

Welche der inzwischen auf den Weg gebrachten Investorenprozesse am Ende wirklich Erfolg haben werden, wird sich natürlich zeigen müssen. Denn wie das am "Wühltisch" so üblich ist, wird das Preis-Leistungsverhältnis nicht jedes vermeintliche Schnäppchen tatsächlich einen Käufer überzeugen. Die Ausganglage könnte allerdings kaum besser sein. Nach wie vor ist der Markt der Paymentdienstleister kräftig in Bewegung. Die Konsolidierung ist in vollem Gang. Dass Größe und Skaleneffekte in diesem Geschäft eine immer stärkere Rolle spielen, dürfte das Interesse potenzieller Investoren erklären. So zahlreich sind die Gelegenheiten für Akquisitionen nun auch wieder nicht.

Stärker noch als an der technischen Plattform ist dabei möglicherweise das Interesse an Kundenportfolios, um sich so Marktanteile einzukaufen. Hier werden potenzielle Käufer allerdings genau hinschauen. Schließlich scheint das Geschäft von Wirecard längst nicht so profitabel gewesen zu sein, wie lange geglaubt.

Von der Wirecard-Insolvenz profitieren können Wettbewerber bereits jetzt, ohne sich am "Ausverkauf" zu beteiligen. Wie schnell das gehen kann, zeigt das Beispiel Aldi Nord. Ende Juni hatte der Discounter entschieden, den Dienstleister zu wechseln. Innerhalb von vier Tagen wurde man sich mit Fiserv einig, zwölf Stunden später begann die Portfolio-Migration. Dass beide Unternehmen bereits beim Online-Kanal "Aldi liefert" zusammenarbeiten, mag dazu beigetragen haben, den Prozess zu beschleunigen. Doch ähnliche Möglichkeiten stehen auch anderen großen Händlern und ihren Dienstleistungspartnern offen. Wie stark sie davon Gebrauch machen, davon kann es mit abhängen, was von Wirecard übrig bleibt. Red.

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