20 Jahre Euro-Bargeld - trotz Corona noch kein Auslaufmodell

Swantje Benkelberg

Zum Jahreswechsel 2021/2021 gab es in Sachen Zahlungsverkehr ein Jubiläum: Am 1. Januar 2022 jährte sich die Einführung des Euro-Bargelds in damals zwölf europäischen Ländern zum 20. Mal. Dass dieser Geburtstag des Euro-Bargelds ausgerechnet in eine Zeit fällt, in der es zunehmend infrage gestellt wird, ist dabei weniger eine Ironie der Geschichte als vielmehr ein Indiz dafür, wie schnell die Entwicklung nicht nur, aber eben auch im Zahlungsverkehr voranschreitet.

Weniger genutzt, aber immer noch gewünscht

Ob sich die Menschen heute noch im gleichen Maße auf die Ende 2001 ausgegebenen "Starter Kits" für die Erstausstattung mit dem neuen Bargeld stürzen würden wie damals, sei einmal dahingestellt. Eine unmittelbar vor Weihnachten veröffentlichte Studie des Verbraucherzentrale Bundesverbands belegt jedoch: Auch 20 Jahre nach seiner Einführung ist das Euro-Bargeld - zumindest in Deutschland - keineswegs obsolet geworden. Nur eine Minderheit von 15 Prozent glaubt, im Alltag auf die Möglichkeit, mit Bargeld zu bezahlen, verzichten zu können. Daran hat sich auch durch die infolge der Pandemie deutlich beschleunigte Veränderung des Bezahlverhaltens nichts geändert. Im Grunde ist es mit dem Bargeld wie mit den Bankfilialen: Es wird zwar immer weniger genutzt, doch der Verbraucher will zumindest die Möglichkeit haben, darauf zurückzugreifen.

Drei Viertel der Befragten möchten grundsätzlich die Wahl haben, ob sie bargeldlos oder in bar bezahlen, wie es auch der Digitalverband Bitkom seit langem fordert. Allerdings ist der Anteil derjenigen, die glauben, auf eine bargeldlose Bezahloption verzichten zu können, in den vergangenen zwei Jahren um 6 Prozentpunkte auf 8 Prozent zurückgegangen.

Corona-Effekt schwächt sich ab

Weil die Wahl des Bezahlverfahrens seit jeher eine Gewohnheitssache ist, wird die durch Covid-19 beschleunigte Abkehr vom Bargeld sich vermutlich nicht wieder umkehren. Wer sich einmal an die Bequemlichkeit der bargeldlosen Zahlung gewöhnt hat, der wird auch nach der Pandemie vermutlich nicht wieder zum reinen Barzahler werden. Und doch gibt es Hinweise darauf, dass das Tempo, mit dem sich das Bezahlverhalten wandelt, wieder gemächlicher wird. So zeigt eine aktuell veröffentlichte repräsentative ING-Umfrage vom November 2021: Der Anteil derer, die angeben, weniger Bargeld beziehungsweise mehr Kartenzahlung zu nutzen als vor Corona, hat sich gegenüber Mai 2020 von 44 Prozent auf 34 Prozent im November 2021 verringert. Parallel dazu verlief die Entwicklung bei der Angabe "Ich zahle jetzt mehr mit Karte". Dieser Wert sank von 42 Prozent im Mai 2020 auf ebenfalls 34 Prozent anderthalb Jahre später.

Bei manchen Konsumenten scheint demnach im Hinblick auf ihre Zahlungsgewohnheiten eine Gewöhnung an die Pandemie eingetreten zu sein. Möglicherweise hat auch die Furcht vor der Ansteckung über eine sogenannte Schmierinfektion durch den Kontakt mit Geldscheinen oder Münzen nachgelassen. Zudem sind in den Kassenbereichen des Einzelhandels die im Frühjahr 2020 fast omnipräsenten Hinweise mit der Bitte um Kartenzahlung, die viele Kunden bei der Wahl ihrer Bezahlmethode beeinflusst hatten, vielerorts wieder verschwunden. Das heißt nicht, dass die Entwicklung wieder zurückgeht zum Status quo vor der Pandemie. Es zeigt aber doch, dass das Bargeld noch immer seine Berechtigung hat und sich einer vergleichsweise hohen Beliebtheit erfreut.

Hauptargument für diejenigen, die auf Bargeld nicht verzichten wollen, ist dabei unverändert die Kontrolle über die eigenen Ausgaben. In der vzbv-Umfrage gaben das 35 Prozent zu Protokoll. Datenschutz und Anonymität als Argument spielt dagegen mit 13 Prozent eine vergleichsweise geringe Rolle, was angesichts der Diskussion darüber - gerade auch mit Blick auf einen künftigen digitalen Euro - vielleicht etwas überrascht.

Probleme beim Bargeldbezug werden häufiger

Dass das Bargeld allmählich auf dem Rückzug ist, zeigen auch die Antworten der vom vzbv Befragten auf die Frage nach Problemen beim Bargeldbezug. Ein Großteil der Verbraucher hat solche bisher noch nie erlebt. Allerdings ist dieser Anteil zwischen 2019 und 2021 von 76 auf 69 Prozent doch recht spürbar zurückgegangen. 17 Prozent (plus vier Prozentpunkte) berichteten über seltene, 8 Prozent (plus ein Prozentpunkt) über häufige Probleme. Auch beim Bezahlen von Bargeld haben 38 Prozent der Menschen schon Akzeptanzprobleme erlebt. Dabei berichten 23 Prozent über die Bitte des Händlers um bargeldlose Zahlung, 19 Prozent über den Eindruck, die Barzahlung sei unerwünscht. Dass ausschließlich Kartenzahlung möglich war, haben erst 11 Prozent der Kunden erlebt. Der Weg zur bargeldlosen Gesellschaft ist also immer noch weit - wenngleich er durch Covid-19 ein Stück weit kürzer gewesen sein dürfte. Im Interview mit KARTEN (das Interview erscheint am 15. Februar in KARTEN 1/2022) schätzt Niklaus Santschi den Fortschritt für Deutschland in etwa auf das Ausmaß, das ohne die Pandemie in fünf Jahren erreicht worden wäre.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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