Apple Pay und der Wettbewerb - die Schweiz macht Mut

Swantje Benkelberg

Der Marktanteil des Apple-Betriebssystems iOS an den mobilen Endgeräten in Deutschland beträgt derzeit etwa 19 Prozent. Der Hype um den Start von Apple Pay hierzulande am 11. Dezember 2018 ist insofern nur bedingt verständlich. Immerhin kann diese Meldung acht von zehn Smartphone- oder Smartwatch-Nutzern in Deutschland vollkommen gleichgültig sein.

Die große Aufregung um die Einführung von Apple Pay in Deutschland lässt sich auf unterschiedliche Weise erklären. Zum einen hat Apple es in gekonnter Art und Weise wieder einmal spannend gemacht. Warten auf Apple Pay war somit ein bisschen wie das Warten aufs Christkind.

Hoheit über den Zahlungsverkehr geht verloren

Zum anderen sind viele I-Phone-Nutzer ein Stück weit technikaffiner als der Durchschnittsverbraucher. Gut möglich also, dass diese Kunden das mobile Bezahlen stärker und schneller adaptieren als andere Nutzergruppen - und dadurch dem Bezahlen per Smartphone im deutschen Markt tatsächlich den Schub verleihen, den viele Marktbeobachter sich ungeachtet des gar nicht so großen Marktanteils von Apple Pay versprechen.

Drittens schließlich zeigt die vergleichsweise große Zahl der Emittenten, die zum Start dabei sind, den Druck, unter dem die klassischen Anbieter stehen. Lange hat sich die Kreditwirtschaft gegen die Zusammenarbeit mit Apple gesträubt - ewig ließ sich dies aber nicht durchhalten. Ein Stück weit, so die für manchen bittere Erkenntnis, haben Banken die Hoheit über den Zahlungsverkehr bereits verloren. Hier machen jetzt die Bigtechs die Regeln - künftig werden es vielleicht auch die Hersteller vernetzter Geräte sein, zuerst vermutlich die Automobilindustrie. Auch in einer regulierten Interchange-Welt werden sich Emittenten darauf einlassen müssen, die Disagien mit anderen Spielern zu teilen.

Dass dies auch profitabel sein kann, meint Sonja Scott, die Deutschlandchefin von American Express, im Karten-Interview (das ganze Interview in der nächsten Ausgabe am 15. Februar): Ihrer Einschätzung nach dient Apple Pay vor allem dem Wettbewerb mit dem Bargeld. So bekomme man Umsätze auf die Karte, die ansonsten in bar erfolgt wären. Und das könne auch auf die Umsätze im höheren Bonbereich "hinüberschwappen".

EU-Kommission hält sich zurück

Für die deutsche Kreditwirtschaft, allen voran die beiden Verbünde, geht es aber um viel mehr als nur die Kostenfrage. Es geht auch um die Girocard, die bislang nicht in Apple Pay integriert werden kann, aber für Verbraucher in Deutschland nun einmal das bargeldlose Bezahlinstrument Nummer eins ist. Selbst wenn man sich mit Apple auf tragbare Konditionen für die Teilnahme an Apple Pay einigen könnte, wäre das Problem der Diskriminierung der Girocard nicht vom Tisch. Darüber wird derzeit verhandelt.

Die EU-Kommission hält sich derzeit noch vornehm zurück, wie einem Interview von Wettbewerbskommissarin Margrete Vestager mit der Nachrichtenagentur Reuters zu entnehmen ist. Bei einer ersten Betrachtung habe man keine marktbeherrschende Position von Apple festgestellt. Gebe es offizielle Beschwerden, könnte das Thema aber durchaus wieder aufgegriffen werden. Wenn das kein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Kreditwirtschaft ist! Erste nationale Wettbewerbsbehörden, so in Dänemark und in Großbritannien, haben sich des Themas bereits angenommen.

Twint erzielt Erfolg gegen Apple

Die kleine Schweiz macht indessen vor, dass es sich durchaus lohnt, sich mit dem Technolgieriesen anzulegen. Am 27. Juni 2017 hatte die Twint AG, Zürich, bei der Schweizer Wettbewerbskommission Weko Klage gegen den US-Konzern wegen des Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung eingereicht. Weil Twint QR-Code-basiert ist, ging es dabei nicht um den Zugang zur NFC-Schnittstelle, sondern um die Überlagerung anderer Payment-Apps durch Apple Pay, das automatisch als Bezahlmethode ausgewählt wird. Am 10. Dezember 2018 sollte bei der Weko diesbezüglich eine Anhörung stattfinden. Kurz zuvor lenkte Apple ein und gibt Twint nun die Möglichkeit, ein Überlagern in Zukunft zu verhindern.

Dieser Erfolg der Schweizer macht Mut, sich weiter für die Freigabe der Schnittstellen einzusetzen. Nur so kann gewährleistet werden, dass Kreditinstitute all ihren Kunden, ungeachtet des von ihnen genutzten Mobiltelefons, die gleichen Mobile-Payment-Lösungen anbieten können, wie es sicher politisch gewollt ist. Mit dem Marktstart von Apple Pay in Deutschland wird diese Frage nur noch dringlicher.

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