E-GOVERNMENT

Bezahlen in der Kommune - Karte wird allmählich zum Standard

Dr. Gerd Landsberg, Foto: EURO Kartensysteme

Lange war das bargeldlose Bezahlen in Bürgerämtern eher die Ausnahme als die Regel. Doch nun haben Kommunen aufgeholt, wie eine Umfrage im Auftrag des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und der Initiative Deutsche Zahlungssysteme zeigt. Die Pandemie scheint dabei der Treiber gewesen zu sein. Primär geht es den Kommunen allerdings um ein modernes Image. Den größten Nachholbedarf haben Kommunen bis 10 000 Einwohner. Außerdem könnte die Terminalinfrastruktur ein Update vertragen: Nur in gut jeder zweiten Gemeinde kann bisher kontaktlos bezahlt werden. Red.

Ob bei der Ausstellung des Reisepasses, an der Kasse im Schwimmbad oder während des Betankens des E- Autos, überall muss auch gezahlt werden. Lange Zeit dominierten in vielen dieser Bereiche Scheine und Münzen, an städtischen Parkscheinautomaten oder Ladesäulen für Elektrofahrzeuge finden sich häufig noch proprietäre App-Lösungen als Zahlart.

Doch der Bedarf nach einheitlichen, innovativen und vor allem barrierefreien Bezahllösungen in den Kommunen ist groß. In knapp jeder fünften Kommune hat die Corona-Pandemie das Bestreben nach der Bezahlung per Karte, Kontaktlos & Co. nun verstärkt, wie eine aktuelle Infas-Quo-Umfrage im Auftrag der Initiative Deutsche Zahlungssysteme (IDZ) in Kooperation mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) zeigt. Bereits 2014 wurden kommunale Verantwortliche schon einmal zum Status quo und zu künftigen Potenzialen moderner Bezahlsysteme befragt.

Digitalisierung macht auch vor dem Bezahlen nicht halt

Kommunen sind wichtige Akteure bei der Digitalisierung von Prozessen in der öffentlichen Verwaltung, beim Ausbau digitaler Infrastruktur oder im Rahmen der Mobilitätswende. Diese Entwicklung macht selbstverständlich auch beim Bezahlen nicht Halt und stellt damit die Kommunen vor eine weitere große Herausforderung. Mithilfe moderner Zahlungssysteme, zum Beispiel per Girocard oder Kreditkarte, können Kommunen ihre Bezahlprozesse nicht nur beschleunigen und modernisieren. Sie begegnen damit auch dem steigenden Wunsch der Bürger nach bargeldlosen Bezahlsystemen. Die Corona- Pandemie beschleunigte diesen Trend, sie wirkt als Katalysator und hat eine neue Dynamik in die Digitalisierungsprozesse gebracht, gerade auch beim Bezahlen.

Große Kommunen sind Vorreiter

Nach der aktuellen Umfrage von der Initiative Deutsche Zahlungssysteme und des Deutschen Städte- und Gemeindebunds wurde in jeder zweiten Kommune in der Pandemie deutlich mehr bargeldlos bezahlt. Insbesondere in der Verwaltung sind die Kommunen heute bei der bargeldlosen Bezahlung bereits gut aufgestellt: 87 Prozent setzen sie dort ein - egal in welcher Form - und ein Viertel (24 Prozent) der restlichen Kommunen plant die Einführung bargeldloser Bezahlmöglichkeiten. 2014 waren es noch 70 Prozent, die die bargeldlose Zahlung anboten.

Auch wenn die größeren Kommunen beim Einsatz elektronischer Zahlungssysteme oftmals die Vorreiter sind, stehen ihnen kleinere nur wenig nach: Fast jede Kommune mit 50 000 Einwohnern und mehr (96 Prozent) setzt die bargeldlose Bezahlung in der Verwaltung ein. Bei den Kommunen mit weniger als 10 000 Einwohnern sind es noch 79 Prozent.

Girocard auf Platz eins

Mit Blick auf die Bezahlkarte der deutschen Banken und Sparkassen zeigt sich gerade in den Bürgerämtern ein sehr deutliches Bild: Die Girocard steht damals wie heute auf Platz eins der elektronischen Zahlmöglichkeiten und ist somit nach dem Bargeld die beliebteste Bezahlform. Darauf folgen die Überweisung/Rechnung, der elektronische Lastschrifteneinzug sowie die Kreditkarte.

Werden Dienstleistungen in der Verwaltung heute mit der Girocard beglichen, dann geschieht dies meist noch mit Stecken der Karte und PIN-Eingabe (78 Prozent). Wie die aktuelle Statistik der Deutschen Kreditwirtschaft jedoch zeigt, zahlen Verbraucher inzwischen bevorzugt kontaktlos: Über 60 Prozent aller Girocard-Transaktionen werden inzwischen berührungslos getätigt, rund 90 Prozent der Terminals sind kontaktlosfähig.

In den Kommunen setzt bisher die Hälfte (54 Prozent) aller Gemeinden, die die Giro card-Zahlung auf ihren Bürgerämtern möglich machen, auch auf die berührungslose Variante. Wären alle Bezahlvarianten möglich, denken Kommunen, dass das Kassenpersonal die Girocard kontaktlos (69 Prozent) bevorzugen würde.

Abbildung 1: In jeder zweiten Kommune wird wegen Corona häufiger bargeldlos bezahlt Quelle: DStGB/Initiative Deutsche Zahlungssysteme/Infas Quo

Mobilität bietet großes Potenzial

Doch wo speziell sehen die Kommunen die größten Chancen für den Einsatz der elektronischen Bezahlung? Waren es 2014 vorrangig Erlebnis- und Schwimmbäder, Büchereien sowie Parkscheinautomaten, hat sich dieses Bild deutlicher in den Anwendungsbereich der Mobilität verschoben: Erlebnis- und Schwimmbäder führen die Liste zwar weiterhin an, inzwischen jedoch dicht gefolgt von Stromtankstellen für Elektroautos und Parkscheinautomaten sowie dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).

Obwohl die bargeldlose Bezahlung im Mobilitätsbereich von Kommunen als sinnvoll erachtet wird, besteht noch Ausbaupotenzial beim Angebot: An den E-Ladesäulen beträgt die Akzeptanz der Girocard laut Aussage der Kommunen bereits 45 Prozent, an Parkscheinautomaten hingegen sind es nur 15 Prozent.

Bei beiden spielt auch die Bezahlung via App bereits eine entscheidende Rolle. Eine deutliche Mehrheit der befragten Kommunen (86 Prozent) spricht sich jedoch für eine breite Akzeptanz von beispielsweise Girocard-Zahlungen an E-Ladesäulen, im ÖPNV und beim Parken aus. Mit der novellierten Ladesäulenverordnung schafft die Bundesregierung aktuell den regulatorischen Rahmen dafür, dass an den Stromtankstellen eine Akzeptanz der gängigen Debit- und Kreditkartenverfahren per Kontaktloszahlung verpflichtend an geboten werden soll. So will sie gewährleisten, dass Verbraucher an den E-Ladesäulen auch immer die Möglichkeit haben, ihr Fahrzeug spontan zu laden, ohne sich dazu vorher an einem System, zum Beispiel per App, anmelden zu müssen.

Imagegewinn durch modernisierten Auftritt

Setzen Kommunen heute elektronische Zahlungen ein, dann motiviert sie insbesondere der Imagegewinn durch einen modernisierten Auftritt (74 Prozent). Auch die damit verbundene Möglichkeit, Dienstleistungen komplett online abwickeln zu können (68 Prozent), sowie die Reduktion von Abrechnungsfehlern (65 Prozent) sind wichtige Aspekte, die aus Sicht der Kommunen für das bargeldlose Bezahlen sprechen, genauso wie geringere Bargeldhandlings-Kosten (63 Prozent), die schnellere Abwicklung zum Beispiel im Bürgerbüro (59 Prozent) oder weniger Betrugs- und Diebstahlmöglichkeiten (54 Prozent).

Gleichzeitig ist aber auch der Verbraucherwunsch selbst nicht zu vergessen. Nicht erst seit der Corona-Pandemie wird es für Bürger zusehends selbstverständlich, an immer mehr Orten auch bargeldlos zahlen zu können. Befragungen des Marktforschungsinstituts Infas Quo zeigen jedoch, dass sich die Bezahlmotivation der Bürger im Verlauf der Pandemie jedoch verändert hat.1) Jene Vorteile, die generell für die Kartenzahlung sprechen, gewannen an Bedeutung, zum Beispiel der Grund, immer passend zahlen zu können. Lag dieser Wert im April 2020 noch bei 27 Prozent, so stieg er im November 2020 auf 41 Prozent.

Zu Beginn der Pandemie war es insbesondere der Schutz des Kassenpersonals, der die Verbraucher zum Griff zur Karte motivierte. Dieser Wert sank von 67 Prozent im April 2020 auf 53 Prozent im November 2020. Mit dem Angebot der Kartenzahlung setzen Kommunen somit auch auf das wachsende Bedürfnis der Verbraucher nach mehr Wahlfreiheit beim Bezahlen.

Abbildung 2: Nur noch jede achte Kommune setzt allein auf Bargeld Quelle: DStGB/Initiative Deutsche Zahlungssysteme/Infas Quo
Abbildung 3: Ab 10 000 Einwohnern ist bargeldloses Bezahlen fast Standard Quelle: DStGB/Initiative Deutsche Zahlungssysteme/Infas Quo
Abbildung 4: Nur jede siebte Kommune akzeptiert die Girocard nicht Quelle: DStGB/Initiative Deutsche Zahlungssysteme/Infas Quo
Abbildung 5: Mehr als die Hälfte der Kommunen mit kontaktloser Girocard-Akzeptanz Quelle: DStGB/Initiative Deutsche Zahlungssysteme/Infas Quo
Abbildung 6: Imagegewinn steht im Fokus Quelle: DStGB/Initiative Deutsche Zahlungssysteme/Infas Quo

Homeoffice steigert Nachfrage nach digitalen Dienstleistungen

Im Angebot digitaler Dienstleistungen besteht heute noch Ausbaupotenzial: Konnten vor sieben Jahren 13 Prozent der Dienstleistungen online genutzt und auch bezahlt werden, sind es jetzt 20 Prozent. Weitere 18 Prozent geben an, dass Dienstleistungen zwar bereits online genutzt aber noch nicht online bezahlt werden können.

Von den Kommunen ausgeführte Dienstleistungen, wie zum Beispiel die Ausstellung einer Geburtsurkunde oder die Beantragung eines Personalaus weises, werden, wann immer dies rechtlich möglich ist, künftig auch digital angeboten werden. Es ist aber ein Prozess, der Zeit benötigt und zwingend auch durch einen flächendeckenden Breitbandausbau begleitet werden muss.

Alle sind sich einig, dass hier noch Tempo zu machen ist. Die Nachfrage nach elektronischen Verwaltungsleistungen steigt kontinuierlich und auch das Homeoffice ohne schnelles Internet ist schlicht nicht möglich. Insofern wirkt die Corona-Pandemie auch hier als Beschleuniger für ohnehin notwendige Transformationsprozesse.

In den letzten sieben Jahren hat sich in den Kommunen bereits einiges getan. Mit dem Angebot innovativer Bezahlmöglichkeiten begegnen die Gemeindeverwaltungen dem Wunsch der Bürger, vermehrt mit Karte und vor allem auch kontaktlos zahlen zu können. Die Pandemie wirkte dabei als Beschleuniger für digitale Transformationsprozesse in den Ämtern und Behörden, auch beim Bezahlen. Während die bargeldlose Bezahlung in der Verwaltung heute schon vielerorts angeboten wird, ist es jedoch wichtig, dass auch die Kontaktlostechnologie noch häufiger als bisher Einzug findet und das Angebot digitaler Dienstleistungen noch weiter ausgebaut wird.

Fußnote

1) In den onlinerepräsentativen Studien von Infas Quo wurden Personen zwischen 16 und 69 Jahren zu ihrer aktuellen Meinung und ihrem Verhalten in der Corona-Krise befragt (n = 1 399 Personen).

Die Ergebnisse der gemeinsamen Erhebung beziehen sich auf eine Online-Umfrage von Infas Quo, die im Januar und Februar 2021 unter Kommunen durchgeführt wurde (n = 436). Die Studie erlaubt es, Rückschlüsse zum Jahr 2014 zu ziehen, bereits damals wurden Kommunen zum Status quo und zu künftigen Potenzialen moderner Bezahlsysteme befragt (n = 71).

Dr. Gerd Landsberg, Geschäftsführer, Deutscher Städte- und Gemeindebund e. V., Berlin
Ingo Limburg, Vorsitzender des Vorstands, Initiative Deutsche Zahlungssysteme e.V., Berlin
Dr. Gerd Landsberg , Hauptgeschäftsführer , Deutscher Städte- und Gemeindebund
Ingo Limburg , Vorsitzender des Vorstands , Initiative Deutsche Zahlungssysteme e.V.

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