INNOVATIONEN

Wird Bezahlen über Whatsapp - im Online-Handel ein Erfolg?

Daniel Smeds, Foto: Optile

Nach dem Vorbild von Wechat soll auch Whatsapp eine Bezahlfunktion erhalten. Noch für 2019 ist der Start in Europa angekündigt. Bequem mag ein solcher Service für Händler und Kunden sein. Für Händler ist er allerdings recht teuer, so Daniel Smeds. Und aus Sicht europäischer Kunden könnte die Datenschutzthematik ein Hemmnis sein. International ausgerichtete Online-Händler, warnt der Autor, dürfen allerdings nicht die deutsche Zahlungslandschaft zum Maßstab ihrer Entscheidungen machen, sondern müssen sich an den Zahlungsgewohnheiten ihrer Kunden orientieren. Red.

75 Prozent der Deutschen nutzen Messenger-Dienste wie Whatsapp, um Nachrichten auszutauschen. Seit Kurzem nutzt das Frankfurter Startup Lyra die beliebte App, um die Zahlungen anzustoßen, zum Beispiel beim Einkaufen in Online-Shops. Grundsätzlich ist das eine gute Nachricht für alle Nutzer, die gerne einfach und bequem mit dem Smartphone bezahlen möchten. Und für Händler ist es eine gute Möglichkeit, ihr Payment-Portfolio um eine weitere Bezahlfunktion zu erweitern und so mehr Kunden anzusprechen.

Erfolgsfaktoren Kosten und Datensicherheit

Doch auch, wenn es vielversprechend und innovativ klingt, hängen die Erfolgschancen des Bezahlens über Whatsapp von wichtigen Faktoren wie Kosten und Datensicherheit ab.

Zur Funktion: Whatsapp führt die Zahlungen nicht selbst durch, sondern dient nur zur Kommunikation zwischen Online-Shop und Kunde. Händler müssen ein Konto bei Lyra er öffnen. Möchte der Kunde nun seine Waren im Online-Shop zahlen, schickt der Händler beim Check-out eine Nachricht über Whatsapp. In der Nachricht erhält der Kunde Informationen über den Betrag, dessen Währung sowie einen Link, der ihn auf die Bezahlseite von Lyra führt. Dort sucht er sich aus, ob er mit der Kreditkarte oder einer anderen Bezahlmethode wie etwa Apple Pay bezahlen möchte.

Der Prozess findet in Echtzeit statt. Sobald der Geldbetrag vom Bankkonto des Kunden abgezogen wird, wird dieser dem Empfänger gutgeschrieben.

Für Händler recht teuer

Doch wird sich das Bezahlen über Whatsapp im Online-Handel etablieren können? Immerhin muss die Bezahlfunktion mit Anbietern wie etwa Paypal konkurrieren, die unter Endkunden dank ihrer Bequemlichkeit immer beliebter werden. Zudem müssen Händler überzeugt werden, kostenlos ist der Service für sie nicht. Die Nutzungsgebühren von Whatsapp als Transaktionsinitiator liegen bei 2,9 Prozent des Umsatzes. Zum Vergleich liegen Paypal-Gebühren zwischen 1,49 und 2,49 Prozent.

Ein weiterer Anwendungsfall von Whatsapp ist das Bezahlen an der Haustür bei Lieferdiensten. So muss ein Warenlieferant kein Kartenlesegerät dabeihaben, er braucht nur ein Smartphone.

Sicherheit gegen Bequemlichkeit tauschen?

Für mehr Nutzerfreundlichkeit könnte eine Bezahlung direkt in Whatsapp sein, ohne Weiterleitung auf die Bezahlseite von Lyra. Denn jeder zusätzliche Schritt im Check-out erhöht das Risiko eines Kaufabbruchs. Chinas am weitesten verbreiteter Messenger-Dienst Wechat bietet bargeldloses Bezahlen direkt über die App an. Wechat Pay wird nicht nur zum mobilen Be zahlen verwendet, sondern auch, um Freunden Geld zu überweisen. Der Dienst ist simpel, praktisch und kostenlos.

Eine solche App gibt es in Europa bislang nicht. Was unterscheidet China von Europa oder Deutschland? Europäischen und vor allem deutschen Nutzern bereitet die Bezahlung über Social Media Sorgen um ihre Datensicherheit. Schließlich fällt bei allen Aktionen in sozialen Netzwerken eine große Menge an Daten an. Der Nutzer weiß oft nicht genau, was mit seinen Daten passiert und wie mit ihnen umgegangen wird. Ob die deutschen Verbraucher Bequemlichkeit gegen Sicherheit eintauschen würden, ist daher fraglich.

Für die deutschen Online-Händler ist es nicht neu, dass Sicherheit und Vertrauen beim Bezahlen die höchste Priorität haben. Zudem halten regulatorische Vorschriften wie etwa PSD2 die Händler davon ab, Payment-Innovationen voranzutreiben.

Deutsche Zahlungslandschaft kein Maßstab

Für Online-Unternehmen, die internationale Märkte erschließen wollen, sollte die deutsche Zahlungslandschaft jedoch kein Maßstab sein. Der heutige Payment-Markt ist mit einer Vielzahl an Zahlungsmethoden ausgestattet. Technische Prozesse werden immer komplexer. All das kann einem international ausgerichteten Händler die Aufgabe, in neue Länder zu expandieren, erschweren.

Möchte ein Händler möglichst viele Kunden in neuen Märkten gewinnen, muss er genau die Payment-Methoden anbieten, die in den jeweiligen Ländern bevorzugt werden. Alleine das herauszufinden, kann Kopfschmerzen bereiten. Ebenso wichtig ist es, die Infrastruktur technisch richtig aufzubauen, sodass Transaktionen überall reibungslos ablaufen, am besten ohne Kaufabbrüche oder Systemausfälle.

Um ein komplexes internationales Payment-Setup zum Laufen zu bringen, brauchen Händler einen Bezahldienstleister mit einer großen Bandbreite an Funktionalitäten und Anbindungen an möglichst viele lokale und globale Zahlungsmethoden. Aber was müssen Händler tun, wenn sie bereits einen Payment-Anbieter integriert haben, der nicht alle nötigen Methoden in seinem Portfolio anbietet? Auch hier gibt es inzwischen Lösungen: Payment Orchestration Provider (POP).

Ein POP ist ein unabhängiger Partner für Händler, der alle Zahlungsarten und -Anbieter weltweit in einer Plattform zusammenführt. Somit können Zahlungsprozesse zentral über ein Portal gesteuert werden. POPs ermöglichen Händlern, flexibel in neue Märkte zu expandieren, ihre Zahlungsprozesse zu steuern und zu optimieren. In der Folge können Kosten gesenkt und Conversion Rates gesteigert werden.

Als ein einziger Touchpoint für die individuellen Händlerbedürfnisse sind POPs die treibende Kraft, die die Entwicklung des Zahlungsmarktes vorantreibt. Mithilfe der offenen Schnittstellen eines POPs können Händler jede Bezahlmethode einfach und jederzeit anbinden und diese in ihrer eigenen Testumgebung ausprobieren. Wäre das ein Weg, Lyras Bezahlfunktion über Whatsapp Probe laufen zu lassen? Einen Versuch wäre es wert.

Daniel Smeds, CEO & Gründer, optile GmbH, München
Daniel Smeds , CEO & Gründer, optile GmbH, München
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