Corona-Virus verändert Payment - auf Handels- und Kundenseite

Swantje Benkelberg, Chefredakteurin, Foto: Fritz Knapp Verlag GmbH

Das Bezahlverhalten der Bundesbürger ändert sich nur langsam - bisher. Als einen Weg, Menschen zum bargeldlosen Bezahlen anstelle der Nutzung von Bargeld zu bewegen, haben Banken und Sparkassen seit jeher die Einbeziehung des Handels gesehen. Das lief allerdings in aller Regel eher schleppend. Von sich aus hat der Handel nur selten Präferenzen in Sachen Bezahlverfahren geäußert. Sondern unter dem Aspekt Service ließ man bisher in aller Regel dem Kunden die Wahl.

Die Corona-Pandemie hat das geändert. Immer mehr Händler fordern ihre Kunden an der Kasse oder schon mit Hinweisen im Eingangsbereich dazu auf, nach Möglichkeit bargeldlos zu bezahlen. Daraus spricht natürlich weniger die plötzliche Erkenntnis, um wie viel besser das bargeldlose Bezahlen generell ist, als vielmehr das Bestreben, Handkontakt möglichst zu vermeiden und auch durch den Kontakt mit Scheinen und Münze keine Viren zu übertragen. Dennoch lässt sich sagen: Corona hat es geschafft, den Handel dazu zu bewegen, wo die Payment-Branche ihn gern schon lange gehabt hätte.

Kontaktlos-Technologie als Treiber

Kunden können zwar auch weiterhin in bar bezahlen. Der Handel äußert allerdings erstmals in der Breite eine klare Präferenz pro Karte (beziehungsweise Bezahlung per Handy). Selbst beim Bäcker sind entsprechende Hinweise zu sehen. Auch hier ist sicher die Kontaktlostechnologie wieder ein wichtiger Treiber. Sie ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Kartenzahlung als gesundheitlich sichere Alternative zur Barzahlung erkannt und beworben wird. Denn natürlich senkt das Bezahlen per Karte nur dann das Infektionsrisiko, wenn beim Bezahlen lediglich eine Karte, ein Mobiltelefon oder ein Wearable an den Leser des Terminals gehalten werden muss.

Sobald eine PIN eingegeben oder eine Unterschrift geleistet werden muss, ist der Vorteil in Sachen Infektionsschutz dahin. Denn für das Ansteckungsrisiko macht es wohl keinen Unterschied, ob sich Viren auf einem Stift, einem Sign Pad beziehungsweise Pin Pad oder auf Banknoten und Münzen befinden.

Limitanhebung zur rechten Zeit

Die Ankündigung von Mastercard, die Limits für das kontaktlose Bezahlen ohne PIN-Eingabe auf 50 Euro anzuheben, kam somit zur rechten Zeit. Sie spiegelt nicht nur die Gewöhnung der Karteninhaber an "Tap & Go" wider. Sondern so kann überdies der Anteil derjenigen Transaktionen, mit denen Kunden wirklich "berührungslos", sprich ohne Handkontakt mit dem Terminal, bezahlen können, noch einmal erheblich gesteigert werden. Die Pandemie hat somit das Zeug dazu, den Trend zum kontaktlosen Bezahlen noch weiter anzufeuern. Ein zeitnahes Nachziehen bei der Girocard wäre deshalb wünschenswert.

Dass die Ausbreitung von Covid-19 erst jetzt erfolgt, da die Kontaktlos-Technologie sich bereits recht hoher Akzeptanz bei den Verbrauchern erfreut, ist insofern sicher eine glückliche zeitliche Koinzidenz. Stünde das kontaktlose Bezahlen gerade erst in den Startlöchern, wäre die Situation sicher eine andere. Man denke nur an die anfänglichen Sicherheitsbedenken und die immer wieder vorgebrachten Horrorgeschichten über Betrugsszenarien mittels unbeabsichtigten Auslesens der Kartendaten. Mittlerweile haben viele Karteninhaber gemerkt, dass kontaktlose Transaktionen nicht weniger sicher sind als das Einstecken der Karte ins Terminal - nur eben bequemer. In dieser Situation wird die neue Technologie durch das Corona-Virus mit einem neuen Argument für die Nutzung unterlegt - und das weitgehen ohne Zutun der Emittenten.

In Triumphgeheul auszubrechen, wie es da und dort tatsächlich wahrzunehmen ist, dazu besteht allerdings kein Anlass. Zum einen ist dazu die Situation viel zu ernst. Zum anderen ist auch längst nicht absehbar, ob Corona das Bezahlverhalten wirklich nachhaltig verändern wird. Der Handel wird wohl, wenn die Epidemie langsam abflaut, auch die Hinweise zum Bezahlen großenteils wieder abhängen. Dann wird sich zeigen, welcher Teil der bisherigen Barzahler, die heute unter dem Eindruck der Ansteckungsgefahr bargeldlos bezahlen, künftig wieder in die gewohnten Verhaltensmuster zurückkehrt beziehungsweise während der Krise vielleicht doch die Vorzüge von Karte & Co. erkannt hat.

Dem Bargeld den Rücken kehren werden die Deutschen auch "nach Corona" sicher nicht. Der Bargeldanteil am Einzelhandelsumsatz dürfte allerdings nicht nur weiter sinken, wie es die EHI-Statistik seit Jahren ausweist. Sondern der Wandel der Bezahlgewohntheiten wird sich vermutlich durch das Virus weiter beschleunigen. Auch deshalb besteht kein Anlass, über weitere Beschränkungen bei der Bargeldnutzung nachzudenken - auch nicht am unteren Rand, bei den 1- und 2-Cent-Münzen. Auch das Kleingeld wird schließlich durch Tapandgo-Transaktionen immer weniger.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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