Die Deutsche Bank will ins Händlergeschäft

Swantje Benkelberg

Die deutschen Kreditinstitute haben das Geschäftsfeld Akzeptanz noch nicht ausreichend besetzt, sagt Ole Matthiessen, Leiter globales Cash Management der Deutschen Bank. Genau das will die Deutsche Bank jetzt ändern und hat einen neuen Bereich Merchant Solutions angekündigt.

Dabei sind die Ziele durchaus ehrgeizig: Als Full-Service-Anbieter hat sich die Bank vorgenommen, zu einem "relevanten Bestandteil des Marktes" zu werden, durchaus auf Augenhöhe mit den durch Fusionen und Partnerschaften immer größer gewordenen Playern im Markt der Payment-Dienstleistungen. Der Ansatz, den die Deutsche Bank dabei verfolgt, ist der gleiche, der sich bei der Konsolidierung der letzten Jahre abzeichnet, nämlich zur Zusammenführung des klassischen (Karten-)Acquiring mit den Aufgaben eines Payment Service Providers, die im Online-Geschäft weit über Karten hinausgehen. Die Deutsche Bank spricht hier von "alternativen Zahlmethoden". Einzig die Integration von Mehrwertservices wie Treueprogrammen, die bei den Payment-Dienstleistern immer stärker in den Fokus rücken und den Wandel vom Payment-Spezialisten zum Händlerdienstleister befeuern, spielt bei ihren Plänen bisher offenbar keine Rolle. Auf Rückfrage sagt allerdings auch Matthiessen, dass Mehrwertservices für die Händler natürlich auch für die Deutsche Bank in Zukunft immer wichtiger werden dürften.

Zunächst einmal ist für das dritte Quartal dieses Jahres der Marktstart für Akzeptanzprodukte in der Region EMEA (Europa, Naher Osten, Afrika) als "logischer Ausgangspunkt" einer Go-Live-Strategie geplant, bei der die globale Expansion ausgehend von Deutschland dem "Footprint" der Deutschen Bank folgen soll. Mit den neuen Merchant Services will man für "Händler" im weitesten Sinn - also im Grunde für all diejenigen Unternehmen, die Bedarf an einer Payment-Lösung haben - zum Full Service Provider für Zahlungsakzeptanzlösungen online und offline werden. Noch in diesem Jahr sollen bestehende Pilotprojekte im Bereich Marktplatz lösungen live gehen, die die besonderen und über den Bedarf "normaler" Händler hinausgehenden, komplexeren Anforderungen von Online-Marktplätzen abdecken sollen. Und für das vierte Quartal 2021 ist eine SoftPoS-Lösung angekündigt, also eine Software-Lösung, die es ermöglicht, auf beliebigen mobilen Endgeräten kontaktlose Zahlungen zu akzeptieren, und damit das Mobiltelefon zum Akzeptanzterminal macht.

Reaktion auf Kundennachfrage

Mit den neuen Merchant Services will man nicht nur eine Lücke in der Wertschöpfungskette schließen. Die Bank reagiert damit auch auf die jetzt schon bestehende Nachfrage seitens der Kunden, deren Bedarf an entsprechenden Dienstleistungen mit der Digitalisierung und dem Trend zum E-Commerce einerseits und der Transformation der Geschäftsmodelle andererseits einhergeht.

Die bestehende Kundenbasis von rund 800 000 Business-Banking-Kunden im deutschsprachigen Raum sowie einer hohen Anzahl an Großkonzernen und Mittelständlern stellen deshalb auch die Ausgangsbasis dar. Man scheue zwar nicht den Verdrängungswettbewerb, wolle aber auch nicht aggressiv in diesen eintreten, um anderen Payment-Dienstleistern bestehende Kunden abzunehmen. Stattdessen gehe es darum, von all denjenigen Kunden, die ein Bedürfnis im Bereich Payment haben, als potenzieller Partner wahrgenommen zu werden, einen "relevanten" Teil von ihnen mit dem eigenen Lösungsangebot zu überzeugen und sie zum Beispiel bei der digitalen Transformation von Geschäftsmodellen zu unterstützen.

Genossenschaftsbanken machen es vor

Im Vergleich zu Anbietern aus dem Nichtbankenbereich sieht man sich als regulierte Bank sogar in manchen Bereichen im Vorteil. Darüber hinaus könnten sich Vorteile aus der Doppelrolle als Issuer und Acquirer/Payment Service Provider ergeben. Immerhin macht das Portfolio der Deutschen Bank rund 10 Prozent aller ausgegebenen Karten in Deutschland aus, sagt Matthiesen.

Gut möglich, dass auf die Frage nach den größten Payment-Dienstleistern in Europa auch künftig nicht jedem spontan die Deutsche Bank einfallen wird. Doch das ist auch gar nicht das primäre Ziel. Dass der Ansatz, den eigenen Firmenkunden ein Angebot aus einer Hand zu unterbreiten, aufgehen kann, macht die Genossenschaftsorganisation mit ihrer VR Payment vor - auch wenn der Deutschen Bank als Vergleichsmaßstab eher die US-amerikanische Großbank JP Morgan einfällt, die einen ähnlichen Ansatz fährt. Unter den europäischen Großbanken sieht man kein weiteres Institut ähnlich positioniert. Ein Pluspunkt bei dieser Verzahnung von Banking und Payment ist die Tatsache, dass aus Kundensicht das Gesamtpaket zählt. Damit ist der Preisund Margendruck vielleicht nicht ganz so groß, hofft auch Ole Matthiessen. Die Partnerschaft mit First Data soll "mittelfristig eine Rolle spielen". Sie wird sich aber wohl wandeln. Während man bisher - in Ermangelung eines eigenen Angebots - Kunden an First Data vermittelt, könnte die Kooperation in Zukunft auf den Bereich Hardware - reduziert werden.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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