Die EU-Kommission drückt aufs Tempo

Swantje Benkelberg

Noch ist die PSD2 gar nicht überall umgesetzt, da erscheint schon die nächste Regulierung am Horizont: Die Europäische Kommission hat ein Paket zur Digitalisierung des Finanzsektors vorgelegt, das eine Strategie für den Massenzahlungsverkehr sowie Legislativvorschläge zu Kryptowerten und zur Stabilität digitaler Systeme umfasst. Damit will die Kommission Europas Wettbewerbsfähigkeit und Innovation im Finanzsektor fördern.

Mit Blick auf den Payment-Bereich bemängelt die Kommission nicht zum ersten Mal den immer noch stark fragmentierten Markt mit nationalen Paymentsystemen. In einem digitalen Binnenmarkt entspreche ein Flickenteppich nationaler Lösungen nicht mehr den Bedürfnissen der Kunden. Wenn Kunden im Ausland vor Ort oder in Online-Shops einkaufen, hätten sie oftmals keine andere Wahl, als auf die Lösungen der internationalen Karten-Schemes oder großer Internetplattformen zurückzugreifen. Europa sei also "zu abhängig von großen und globalen Playern".

Natürlich hat auch die EU-Regulierung teilweise dazu beigetragen, deren Dominanz zu verstärken. Dennoch muss sich die Payment-Branche diesen Schuh anziehen. Dass der einheitliche europäische Zahlungsraum jenseits der Überweisungen noch immer nicht Realität geworden ist, ist kein Ruhmesblatt - auch wenn der Verbraucher dank des Vehikels des Co-Badging im Kartenbereich von diesem Defizit nicht unbedingt etwas merkt oder auch die Dominanz der außereuropäischen Player nicht als Mangel empfindet.

Dass die Kommission Initiativen wie die im Juli von 16 europäischen Banken gegründete European Payment Initiative (EPI) begrüßt und die Branche zu weiteren Initiativen dieser Art ermuntert, muss somit nicht verwundern. Ebenso wenig überraschend ist es, dass der Fokus jetzt verstärkt auf Instant Payments liegt. Das ausgegebene Ziel lautet: Echtzeitzahlungen und EU-weite Payment-Lösungen sollen für Bürger und Unternehmen in ganz Europa zugänglicher und günstiger werden.

Echtzeitzahlungen - schon Ende 2021 die neue Normalität?

Das Ziel, Echtzeitzahlungen bis Ende nächsten Jahres zur neuen Normalität zu machen, scheint gleichwohl ehrgeizig. Schließlich hat die Vergangenheit gelehrt, dass es auch dann, wenn die technische Infrastruktur verfügbar ist, meist überraschend lange dauert, bis alle Prozesse wirklich umgestellt sind. Hier steckt der Teufel oft im Detail.

Die grenzüberschreitende Interoperabilität der diversen P2P-Payment-Lösungen oder die von der EU-Kommission in den Blick genommene Entwicklung eines offenen EU-Standards für QR-Codes oder auch Regelungen zur Geldwäscheprävention oder zum Ermöglichen des Widerrufs von Zahlungen, um so das Vertrauen der Verbraucher in Instant-Payment-Lösungen zu stärken, sind Beispiele dafür. Hier müssen Regelungen erst geschaffen und dann auch noch von allen Marktteilnehmern umgesetzt werden. Das in der Konsultation auch genannte Datum von Ende 2025 ist deshalb vermutlich realistischer - wenngleich fünf Jahre in Maßstäben der digitalen Welt wie eine Ewigkeit wirken.

Straffer Zeitplan

Auch sonst gibt die EU-Kommission einen Zeitplan vor: Ende 2021 sollen die Auswirkungen der PSD2 überprüft werden. Aufbauend auf den Erfahrungen mit der PSD2 soll dann Mitte 2022 für eine neue Open-Finance-Regulierung vorgelegt werden. Im Jahr 2022 soll eine Studie zur Akzeptanz unbarer Zahlungen im Handel durchgeführt werden, die auch die Kleinunternehmen in den Blick nimmt. Sofern sich hier ein niedriger Akzeptanzgrad zeigt, sollen gesetzgeberische Maßnahmen folgen. Bis Ende 2023 soll dann die Realisierbarkeit eines einheitlichen Logos für paneuropäische Paymentlösungen geprüft werden.

Das alles heißt allerdings nicht, dass die European Payment-Strategie auf eine Abschaffung des Bargelds abzielt - im Gegenteil. Angesichts von immer noch 30 Millionen EU-Bürgern ohne Bankkonto betont die Kommission die Rolle des Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel und erwartet von den Mitgliedstaaten, Zugang zu und Akzeptanz von Bargeld sicherzustellen. Ende 2021 sind Maßnahmen denkbar, um beides in der EU zu schützen.

Es geht aber nicht nur um den großen Rahmen. Sondern auch eine Regulierung im bisherigen Alltagsgeschäft deutet sich an. So räumt die Kommission zwar die Bedeutung des kontaktlosen Zahlens während der Corona-Krise ein. Die jüngsten Anhebungen des Maximalbetrags ohne starke Kundenauthentifizierung hält sie jedoch nicht

für angemessen. Hier bestehe das Risiko steigender Betrugszahlen. In Konsultation mit Marktteilnehmern und Mitgliedsstaaten will man deshalb die technischen Möglichkeiten prüfen, Verbraucher ihr Limit für solche Transaktionen individuell festlegen zu lassen, wobei die Obergrenze bei 50 Euro liegen sollte. In einer Zeit, in der Kunden beispielsweise das Geo-Blocking oder Transaktionen am Geldautomaten individuell verwalten können, sollte das kein unüberwindliches Hindernis sein.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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