HANDEL

Für die Online-Marktplatz-Situation ist Payment eine strategische Frage

Dr. Dominik Benner, Foto: Schuh Benner

Den einzig wahren Zahlungsmix für Online-Shops gibt es nicht, sagt Dominik Benner. Es geht auch nicht einfach darum, Kunden ein möglichst breites Portfolio an Bezahlverfahren anzubieten. Sondern vor allem die Vereinfachung der Bestellprozesse und Einkaufsabbrüche bestimmen diese strategische Entscheidung. Nutzerzahlen sind dagegen - das gilt beispielsweise für Paydirekt - zweitrangig. Generell geht es um den Spagat zwischen Kundenzufriedenheit und Wirtschaftlichkeit. Insofern kann Payment auch nie ein abgeschlossenes Projekt sein. Red.

Die Paymentwelt ist komplex und scheint zunächst weit weg vom eigentlichen Kerngeschäft eines Online-Händlers. Doch gerade das Payment ist eine entscheidende Komponente für den reibungslosen Ablauf des Checkouts im E-Commerce und höchst relevant für Kaufabbrüche. Natürlich ist das keine neue Erkenntnis - zahlreiche Studien der Handelsinstitute belegen diese Situation immer wieder mit Zahlen und Fakten.

Es geht dabei allerdings nicht nur darum, dem Kunden möglichst viele Bezahlverfahren zur Auswahl anzubieten. Das wäre zu einfach. Vielmehr sind eine knallharte Strategie und ein hohes Maß an Flexibilität gefragt, denn Payment verursacht auch Kosten für den Händler oder Plattformbetreiber. Damit ist in der Schuhe24-Gruppe das Thema Chefsache. Wir betreuen es mit einem professionellen Team, das sehr viel Erfahrung im Online-Payment mitbringt.

Online-Händler müssen heute Zahlungsverkehrsexperten sein

Das Fatale ist, dass die Abhängigkeiten und Schnittstellen im Zusammenhang mit dem Zahlungsverkehr für den kleinen Online-Shop-Betreiber genauso wesentlich sind wie für einen großen Online-Marktplatz.

Neben "Must-haves" im Bezahlarten-Portfolio die jedes Online-Angebot betreffen, gibt es zahlreiche Optionen, die jeweils für spezielle Branchen relevant sind - beispielsweise im Abonnement-Business, im Streaming, im Ticketing oder anderen Geschäftsmodellen. Dort wird es für jede Situation noch einmal die Bestseller des Payments geben.

Leider gibt es nicht die "einzig wahre" Zusammenstellung der Bezahlverfahren für alle Online-Shops. Der jeweils passende Mix ändert sich mit den Situationen, die sich durch Veränderungen der Branche einstellen oder von innen durch den Wandel eines Unternehmens.

Das Payment-Portfolio kontinuierlich überprüfen

Generell ist es wichtig, das Portfolio kontinuierlich zu prüfen und Störungen im Auge zu behalten. Die Auswahl ist daher definitiv eine strategische Frage, vor allem im Hinblick auf die Performance und Einkaufsabbrüche. Um einem frühzeitigen Verlassen des Check outs durch den Online-Shopper vorzubeugen, bietet Schuhe24 deshalb eine entsprechende Vielfalt an Zahlverfahren. Jeder Kunde soll sich "abgeholt" und sicher fühlen. Für das Basis-Portfolio unserer Plattformen haben wir uns deshalb für Paypal, Kauf auf Rechnung, je nach Branche eine Ratenzahlungsmöglichkeit und Kreditkartenakzeptanz entschieden.

Auch für Zahlverfahren ist der Markt vielfältig und wir prüfen im Vorfeld genau die Stärken und Schwächen der einzelnen Anbieter. Es reicht beispielsweise nicht einfach aus, "Kauf auf Rechnung" zu ermöglichen. Sondern es gilt zwischen der Akzeptanz der Kunden, den technischen Hürden für die Implementierung, dem Inkasso-Handling und den Gebühren der Anbieter abzuwägen.

karten_03-2020_24_benner_grafik_1_vxl.jpg

karten_03-2020_24_benner_grafik_2_vxl.jpg

Marketingaktionen mit einzelnen Zahlungsanbietern

Nichts ist unwirtschaftlicher für einen Online-Shop, als einen solventen Kunden wegen einer Ablehnung beim Kauf auf Rechnung zu verlieren, weil man als Händler den "falschen" Anbieter ausgewählt hat.

Die soeben herausgegebene EHI-Studie Online-Payment 2020 spiegelt auch die Erfahrungen von Schuhe24 wider:

- Das Institut ermittelte, dass 32,8 Prozent aller Online-Käufe per Rechnung bezahlt werden, 1,5 Prozent mehr als im Vorjahr.

- Paypal belegt mit 20,2 Prozent Platz zwei der umsatzstärksten Zahlungsarten.

Die Top-2-Zahlarten bei Schuhe24 sind ebenfalls der Kauf auf Rechnung gefolgt von Paypal. Auf Rang 3 positioniert sich mit deutlichem Abstand Amazon Pay.

Natürlich können einzelne Verfahren über Incentives gepusht werden. Einige Händler gewähren beispielsweise Skonto bei Zahlung per Vorauskasse. Das kann das jeweilige Payment dann auch im Aktionszeitraum stärken. Wir planen für die Zukunft Marketing-Rabatt-Aktionen mit einzelnen Zahlungsanbietern - das sorgt nicht nur für einen Transaktionsanstieg bei den jeweiligen Bezahlverfahren, sondern auch für einen weiteren Kaufanreiz bei unseren Kunden.

Über Payment höhere Performance erreichen

Schuhe24 ist in erster Linie unter Berücksichtigung aller Sicherheitsaspekte an der Vereinfachung des Bestellprozesses für den Kunden interessiert. Amazon Pay stellt dabei neben Paypal einen sehr unkomplizierten Express-Checkout für den Kunden bereit. Amazon Pay findet sich dagegen auf den Plattformen nicht als umfängliches Bezahlverfahren - was der Kunde findet, ist der Expressbutton. Er möchte nicht noch einmal Adressdaten eingeben müssen, sondern schnell und unkompliziert bezahlen. Das ermöglichen wir ihm.

Sicherheit ist im Rahmen der Performance ebenfalls ein wichtiger Punkt: Auf Taschen24 bieten wir nun erstmalig Kreditkartenzahlung, unabhängig von Zahlungsanbietern wie Paypal oder Amazon Pay, an - natürlich als sichere 3D-Secure-Variante. Vor Einführung von 3D-Secure war es für den Verbraucher sehr einfach, bei seinem Kreditinstitut Charge-Back einzuleiten. Das führt logischerweise zu hohen Zahlungsausfällen beim Händler. 3D-Secure sorgt nun für eine Beweislastumkehr, die Verbrauchern und Shopbetreibern gleichermaßen zugutekommt, denn die Missbrauchsmöglichkeiten sind deutlich eingeschränkter.

Um für den Besteller die Entscheidung zu erleichtern, sollten die Zahlverfahren übersichtlich präsentiert werden. In diesem Punkt wurde viel Akzeptanz durch eine sinnvolle Sortierung erreicht. Wenn der Kunde sein präferiertes Zahlverfahren gefunden hat, muss er keine weiteren in die Auswahl nehmen. Somit erfolgt die Reihenfolge der angebotenen Bezahlverfahren nach der Anzahl der Kunden, die diese Alternative statistisch am häufigsten nutzen.

Zur Steuerung der Akzeptanz sind diese Reihenfolgen auch veränderbar, beispielsweise bei einer Rabattaktion mit einem der Bezahlverfahren. Im Aktionszeitraum ist daher wichtig, dass der Kunde die "rabattierte" Bezahlmöglichkeit direkt an erster Stelle im Checkout findet und einsetzen kann.

Nutzerzahlen bei Paydirekt zweitrangig

Es gibt kaum Zahlarten, die bei Aufnahme im Payment-Mix direkt eine nennenswerte Verschiebung hervorrufen. Bei neuen Zahlungsangeboten haben wir bei Amazon Pay noch am stärksten eine Veränderung beobachtet. Hier sprechen wir allerdings von einem extrem großen Player und damit einer entsprechend großen Anzahl von Nutzern.

Wir bieten aus strategischen Gründen seit Mai Paydirekt als nationales Online-Bezahlverfahren an. Die Nutzerzahlen waren bei dieser Entscheidung erst einmal zweitrangig. Grund für die Aufnahmen in das Bezahlarten-Portfolio sind die hohe Seriosität, die Sicherheit, der Liquiditätsvorteil sowie die günstigen Handlingskosten. Paydirekt hat bei uns kein anderes Verfahren ersetzt, sondern wurde additiv hinzugenommen.

Insbesondere Liquidität ist für Einzelhandel und E-Commerce gleichbedeutend mit der Luft zum Atmen. Um allen Verbindlichkeiten fristgerecht nachkommen zu können, muss Zahlungsausfällen konsequent entgegengewirkt werden. Dank direkter Autorisierung des Kaufbetrags am Girokonto des Kunden bietet Paydirekt dem Händler eine Zahlungsgarantie und schützt ihn vor Zahlungsausfällen. Der Geldeingang erfolgt in der Regel am nächsten Tag. Bei anderen Zahlverfahren sind dagegen Verzögerungen bis zu drei Wochen nicht selten. Wir haben großes Interesse daran, den Geldeingang möglichst umgehend an unsere angeschlossenen Händler weiterleiten zu können.

Alle Prozesse so smart wie möglich

In Verbindung mit der Zahlungsgarantie durch Paydirekt ergeben sich weitere Vorteile bei nachgelagerten Prozessen: Es entfällt beispielsweise das kostspielige Mahn- und Inkassoverfahren bei Zahlungsstörungen. Ein weiterer Pluspunkt: Sollte es bei mit Paydirekt bezahlten Lieferungen zu einer Retoure kommen, erfolgt die Rückabwicklung - auch von Teilzahlungen - automatisiert und direkt auf das Girokonto des Käufers. Sukzessive sollen deshalb auch die Online-Portale Taschen24.de und Dein-Juwelier.de mit Paydirekt ausgestattet werden. An diesem Beispiel wird deutlich, wie komplex - branchen- und unternehmensorientiert - die strategischen Überlegungen rund um das Payment im E-Commerce gelagert sind.

Um einer Standardisierung für alle Plattformen nahezukommen und um Prozesse weiter zu automatisieren, arbeiten wir mit einem Payment Service Provider zusammen. Damit muss nicht jedes Bezahlverfahren einzeln eingebunden werden, sondern sie können über den Anbieter gebündelt werden. Ziel ist es, dass alle Prozesse so smart wie möglich abgebildet werden und beispielsweise im Shop-Backend oder beim Zahlungsanbieter keine Erstattung angestoßen werden muss - das sollte automatisiert über eine Statusveränderung erfolgen.

Wie wichtig das Payment für einen Händler ist, zeigt sich spätestens dann, wenn es einmal nicht reibungslos funktioniert - sei es, weil die Technik versagt, unnötige Kosten verursacht werden, ein Payment-Anbieter ausfällt oder weil durch unvorhersehbare Ereignisse neue Anforderungen entstehen.

Im Sinne einer guten unternehmerischen Planung gilt auch für das Payment, den Spagat zwischen Kundenzufriedenheit und eigener Wirtschaftlichkeit zu meistern. Marktplätze und Online-Shops werden sich kontinuierlich mit dem Thema Payment auseinandersetzen müssen, wir sprechen in diesem Zusammenhang nie von abgeschlossenen Projekten. Es geht darum, beweglich zu bleiben und Strategien zu entwickeln, die diesen flexiblen Anforderungen Genüge tun.

Dr. Dominik Benner , Geschäftsführer, Schuhe24, Wiesbaden

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X