Geldwäschegesetz - ein Warnschuss für Apple

Swantje Benkelberg, Quelle: Fritz Knapp Verlag

Es sieht aus wie ein Kampf David gegen Goliath, was der Deutsche Bundestag mit der Novelle des Geldwäschegesetzes auf den Weg gebracht hat. In Artikel 4 § 58a werden "Systemunternehmen", die durch technische Infrastrukturleistungen zum Erbringen von Zahlungsdiensten oder dem Betreiben des E-Geld-Geschäfts in Deutschland beitragen, dazu verpflichtet, Zahlungsdienstleistern diese technischen Infrastrukturleistungen "gegen angemessenes Entgelt unverzüglich und unter Verwendung angemessener Zugangsbedingungen zur Verfügung zu stellen. Die Ausnahmen (mehr als zehn Zahlungsdienstleister beziehungsweise mehr als zwei Millionen registrierte Nutzer) machen deutlich, wen der Gesetzgeber dabei im Blick hat: den Technologieriesen Apple, der die NFC-Schnittstelle bisher nur zu selbst diktierten Bedingungen freigibt.

Politkrimi um die Lex Apple

Dass dieser Passus zu Recht als "Lex Apple Pay" gesehen werden kann, zeigt die Reaktion von Apple. Vor der Abstimmung im Bundestag am 14. November hat das Unternehmen im Kanzleramt zu intervenieren versucht - überdies wurde der Abgeordnete Fabio die Masio, der dies öffentlich machte, vom US-Botschafter Richard Grenell dafür attackiert. Auch MdB Sepp Müller berichtete, Abgeordnete seien bis zur letzten Minute "belästigt" worden, um diesen Tagesordnungspunkt abzusetzen. Es scheint ein echter Politkrimi gewesen zu sein, bei dem es den Parlamentariern um zweierlei ging: um "Waffengleichheit zwischen Großkonzernen aus Amerika und China und unserer deutschen Finanzwirtschaft, den Sparkassen und Volksbanken", wie es Müller formulierte - aber auch darum, gegenüber Großkonzernen Rückgrat zu beweisen.

Letzteres zumindest ist den Parlamentariern gelungen. Bis zur echten Waffengleichheit ist es aber vermutlich noch ein weiter Weg. Wenn sogar der US-Botschafter sich zu Wort meldet, nur weil der Versuch eines US-Unternehmens, die deutsche Gesetzgebung zu beeinflussen, an die Öffentlichkeit gelangt, dann lässt sich daraus ablesen, dass das Thema ein hoch politisches ist und der Weg zu einem fairen Miteinander kein einfacher wird.

Zwei "Schlupflöcher"

Zunächst einmal lässt der Gesetzestext zwei "Schlupflöcher" zu, die Apple nutzen kann: Sofern nachgewiesen werden kann, dass die Freigabe der Schnittstelle mit ernsthaften Sicherheitsrisiken verbunden ist, muss die Infrastruktur nicht geöffnet werden. Entsprechende Risiken nachzuweisen, wird bei einer so streng regulierten Branche wie der Bankenbranche nicht einfach sein. Schlupfloch zwei ist das "angemessene Entgelt" für die Bereitstellung der Infrastruktur. Dieser Satz kann sich als wunderbares Instrument erweisen, Verhandlungen über die Höhe dieses Entgelts in die Länge zu ziehen und jahrelang darum zu prozessieren, was denn nun "angemessen" ist und was als prohibitives und damit unzulässiges Entgelt zu verstehen ist.

Ein Schritt in die richtige Richtung

Dennoch ist die Entschiedenheit der deutschen Parlamentarier, sich die Gesetzgebung nicht von Großkonzernen diktieren zu lassen und für gleiche Regeln für alle zu sorgen, zu Recht von Vertretern der deutschen Kreditwirtschaft gelobt worden. Denn auch, wenn sich die ganz konkreten Auswirkungen des Gesetzes zunächst sehr in Grenzen halten dürften und vermutlich nicht davon auszugehen ist, dass die NFC-Schnittstelle in i-Phones oder i-Watches ab 2020 ohne weiteres genutzt werden kann, war der Vorstoß des deutschen Gesetzgebers doch ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und zumindest ein Warnschuss, der in Cupertino offensichtlich sehr deutlich gehört wurde.

Natürlich kann es in einem europäischen Binnenmarkt nicht angehen, dass der Grundsatz "gleiche Spielregeln für alle" nur im Rahmen der nationalen Umsetzung europäischer Vorgaben eingeführt wird. Sondern die Reziprozität der Schnittstellenöffnung gehört in die nächste Auflage der europäischen Payment Service Directive hinein. Das heißt jedoch nicht, dass der Schritt der deutschen Parlamentarier gänzlich nutzlos wäre. Sondern er setzt ein deutliches Zeichen dafür, in welche Richtung die Meinungsbildung in Europa geht, und dafür, dass die EU auch im Zahlungsverkehr endlich Flagge zeigen und sich die Spielregeln nicht diktieren lassen will.

Dass viele Sparkassen in Deutschland Mitte November auf der Startseite ihrer Internetauftritte Apple Pay ankündigen ("Apple Pay kommt. Jetzt startklar machen."), hat mit Artikel 4 § 58a der Geldwäsche-Novelle vermutlich nichts zu tun. Sondern es dürfte ein zufälliges zeitliches Zusammentreffen sein, dass sich die Sparkassenorganisation noch unter den alten Spielregeln mit Apple einig geworden ist. Die Genossen sind offenbar noch nicht ganz so weit wie geplant. Vielleicht kann ihnen die "Lex Apple", die keine sein will, doch ein wenig helfen?

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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