Kartendienstleister

Gelebte Genossenschaft: Die "Wir"-Idee für Payment-Themen

Carlos Gómez-Sáez,CEO von VR Payment
Quelle: VR Payment

Die Genossenschaftsidee ist im Payment weiterhin "trendy", meint Carlos Gómez-Sáez. Aufgabe eines genossenschaftlichen Paymentdienstleisters ist es, die wirtschaftlichen Interessen der Banken zu fördern. Und dafür biete das Firmenkundengeschäft weitaus mehr Möglichkeiten als die Ausstattung des Handels mit PoS-Terminals. Die Zusammenarbeit mit Nextbike, mit Burger King und Payback oder auch mit der Teambank in Sachen Ratenkauf sind Beispiele für Kooperationen innerhalb und außerhalb des Verbundes, mit denen Genossenschaftsbanken neue Erlösquellen erschließen können. Red.

Klingt er antiquiert oder verstaubt - der Begriff "Genossenschaft", der seine Wurzeln im Althochdeutschen hat? Die Generation heute würde wahrscheinlich den Ausdruck "Netzwerk" oder "Community" wählen, aber diese Synonyme treffen nicht wirklich die genossenschaftliche Philosophie der Mitbestimmung und Mitgliederförderung. Die Genossenschaftsidee ist ein allen Interessenten offenstehendes, überkonfessionelles Modell der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung auf Grundlage von Kooperationen - aufbauend auf ethischen Werten wie Solidarität, Ehrlichkeit und Verantwortung. 2014 wurde dieser Gedanke in das bundesweite Verzeichnis des "Immateriellen Kulturerbes" der deutschen Unesco-Kommission aufgenommen.

In Deutschland ist der Name Friedrich Wilhelm Raiffeisen eng mit der Thematik verknüpft, gründete er doch 1862 einen Hilfsverein zur Unterstützung der notleidenden ländlichen Bevölkerung. Nach über 150 Jahren haben zwar die wenigsten genossenschaftlichen Einrichtungen noch etwas mit Landwirtschaft zu tun, doch die genossenschaftliche Idee war selten so "angesagt" wie in diesem Jahrzehnt.

Verknüpfung von Erfahrung und Fortschritt

Die Volks- und Raiffeisenbanken genießen das Vertrauen ihrer Kunden in der Region. Sie sind seriös, nahe am Kunden, man kennt sich, der Kundenberater ist erster Ansprechpartner für die Finanzen der Firmenkunden vor Ort. Eine äußerst positive Positionierung, der nun ein weiteres Standbein zugeordnet wird: Die Banken und Unternehmen in der genossenschaftlichen Finanzgruppe treiben den Fortschritt im Zahlungsverkehr voran. Manche agieren wie Start-ups oder Fintechs.

Dies wird in der breiten Öffentlichkeit noch nicht wahrgenommen, denn die "Digitale Revolution" vollziehen Unternehmen wie Card Process selbstbewusst ohne große Aufmerksamkeit der Verbraucher. Aufmerksam werden aber zunehmend die rund 1 000 Mitgliedsbanken der Finanzgruppe.

Profitabilität in der Finanzgruppe fördern

Die anhaltende Niedrigzinsphase, steigende Kosten mit den Regulierungen durch Basel IV und die Zahlungsdiensterichtlinie PSD2, zunehmende Unsicherheit durch den Brexit, veränderte Kundenanforderungen und die Herausforderungen der Digitalisierung sorgen für sinkende Erträge bei deutschen Kreditinstituten. Die Entwicklung zeigt den Bedarf, die Mitgliedsbanken in ihrem Business zu unterstützen und weitere Erlösquellen zu eröffnen. Und diese wissen das Angebot zu schätzen.

Ganz im genossenschaftlichen Sinne werden identische wirtschaftliche Interessen durch den gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb und der Bündelung von Know-how innerhalb der Gruppe gefördert. Dabei ist der Handel nicht die einzige Zielgruppe der Kreditinstitute. Das Firmenkundengeschäft der Volks- und Raiffeisenbanken ist viel reichhaltiger.

Es ist wichtig, das Thema Zahlungsverfahren nicht nur mit einem Terminal am Point of Sale und einer Kartenakzeptanz zu gewährleisten. Das zählt zum Tagesgeschäft und zur Standardleistung eines Payment-Dienstleisters. Vielmehr geht es darum, interessante oder zukunftsträchtige Technik oder Angebote entsprechend mit Zahlungsverkehrslösungen zu unterstützen und abzurunden.

Beispiel Nextbike

Kooperationen sind generell Modelle mit Zukunft und ein Aspekt des genossenschaftlichen Gedankens. Ein Beispiel: Der Payment-Experte der Genossenschaftlichen Finanzgruppe entwickelt gemeinsam mit dem Fahrradverleihsystem Nextbike GmbH eine kontaktlose Bezahlmöglichkeit mit Karte, die in die Mietfahrräder integriert werden soll.

Sehr charmant dabei: Share Economy ist nicht nur ein Zukunftsmarkt - (bereits 2015 hat jeder zweite Deutsche schon einmal in irgendeiner Form Produkte oder Dienst leis tungen geteilt), sondern er weckt Assoziationen zum genossenschaftlichen Gedanken und der Philosophie der "Wir-Kultur": teilen und sofort unkompliziert bezahlen. Je unkomplizierter für den Mieter, je weniger Hürden bei der Nutzung, umso größer die Akzeptanz und die Durchsetzung der Idee.

Nextbike zählt mit rund 35 000 Zweirädern in 45 deutschen Städten und 23 Ländern Europas zu den Marktführern. Mit der exklusiven Kooperation für die Payment-Lösung ist das Leipziger Unternehmen Pionier seiner Branche. Benötigt wurde eine Bezahlvariante in einem innovativen Umfeld. Die Lösung musste für Fahrräder kompakt und dennoch leistungsstark sein. Die von Card Process auf Basis der NFC-Technologie entwickelte Zahlungslösung funktioniert mit Smartphone und Karte. Sie eröffnet damit den Weg zum Mobile Payment. Das bedeutet, dass in diesem Fall zusätzlich das Thema Mobilität konsequent umgesetzt wird.

Mobile Angebote, beispielsweise in der Logistik, Personenbeförderung oder dem Transportwesen nutzen ebenfalls mobile Zahlungsverkehrslösungen, um den gesamten Ablauf "fließend" und flexibel zu gestalten. Die neue Kooperation zeigt, dass dieser Gedanke Zukunft hat und damit auch von Card Process weiter vorangetrieben wird. Die kontaktlose Zahlungslösung mit äußerst geringem Platzbedarf ist nicht nur im Bereich der Fahrradvermietung einsetzbar, sondern wird auch bereits in anderen Branchen getestet. Am Ende stehen neue Erlösmodelle.

Kooperativ außerhalb ...

Kooperativ sind auch Projekte wie sie mit Burger King und Payback umgesetzt wurden. Für dieses Businessmodell entwickelte der Payment-Dienstleister eine Terminal-Anwendung zum Bezahlen mit Payback-Punkten im Schnellrestaurant.

Ebenfalls inspirierend ist die Zusammenarbeit mit jungen Start-up-Unternehmen, wie Inventorum aus Berlin: Mit einem Kassensystem inklusive i-Pad-App bieten die Volks- und Raiffeisenbanken seit vergangenem Jahr kleinen und mittelständischen Kunden eine moderne Alternative zu den traditionellen Kassen.

Das Engagement bewegt sich zudem in anderen genossenschaftlichen Ökosystemen, beispielsweise zum Thema Girocard kontaktlos. An rund 1 500 Zahlungsterminals können die Kunden der ebenfalls genossenschaftlich organisierten Edeka Handelsgesellschaft Hessenring seit November 2016 mit der NFC-Technologie unkompliziert und schnell auschecken. Auch kleine und mittelständische Firmenkunden der Volks- und Raiffeisenbanken nutzen seit Ende des Jahres 2016 die neue Zahltechno logie. In München und Köln zahlen die Kunden bereits seit Dezember bei einigen Bäckerei-Ketten die Brötchen mit Girocard kontaktlos.

... und innerhalb der Finanzgruppe

Natürlich werden zunächst Synergien innerhalb der genossenschaftlichen Finanzgruppe gesucht und umgesetzt. Die Kooperation mit der Teambank AG bezüglich Ratenkauf by Easycredit dokumentiert diese Philosophie. Ratenkauf gilt als weiteres Zahlungsangebot. Händler wissen, dass sie damit nicht nur Spontankäufe und zusätzlichen Umsatz generieren, sondern dem Kunden diskret ein weiteres Bezahlverfahren eröffnen. Mit Ratenkauf lässt sich das Einkaufserlebnis verbessern und der Kundenservice steigern.

Die Offline-Variante unterscheidet sich in der Abwicklung nicht von den einfachen Mechanismen des Online-Ratenkaufs, um die Erwartungshaltung der Kunden zu erfüllen. Die Lösung, die Card Process seit März 2017 anbietet, schließt den Kreis bezüglich effektiver Omnichannel-Angebote, die der Markt explizit fordert. Produkte wie die i-Pad-Kasse oder Easycredit bieten insbesondere für mittelständische und kleinere Unternehmen Lösungen über die Grenzen von off- und online hinweg. Bei den Entwicklungen nutzen die Anbieter Synergien, die dem Händler Aufwand und Kosten ersparen. Diese Leistung en erhält der Händler als Firmenkunde seiner Bank vor Ort von seinem Kundenberater.

Digitalisierung verändert Verbrauchererwartung

Flexibilität ist ein wichtiges Merkmal für erfolgreich agierende Unternehmen - über die Grenzen schauen, kreativ sein - immer mit dem Ziel, eine hilfreiche und kompatible Lösung für die Zielgruppe zu finden. Die Digitalisierung unserer Gesellschaft verändert nicht nur die Erwartungen der Kunden. Verbraucher werden im wirtschaftlichen Prozess aktiver und vernetzen sich mit Anbietern zu digitalen Ökosystemen. Moderne Verbraucher fordern mehr Service.

Gleichzeitig löst die gemeinschaftliche Nutzung von Gütern und Leistungen das Besitzstreben ab. Kollektive Nutzung tritt als nachhaltige Alternative an die Stelle von individuellem Eigentum. Die genossenschaftliche Idee erfüllt diese Erwartungen und schafft den Spagat zwischen traditionellen Werten und neuen Herausforderungen. Volks- und Raiffeisenbanken sorgen für das notwendige Vertrauen. Denn ihre Reputation ist trotz des allgemeinen Vertrauensverlusts in der Bankenbranche bis heute ungebrochen. Hinzu kommen ihr enger Kundenkontakt und die optimale regionale Vernetzung.

Smarte Payment-Lösungen sind eine neue Erlösquelle

Auf dieser soliden Basis treiben Dienstleister wie Card Process innerhalb der genossenschaftlichen Finanzgruppe selbstbewusst Kooperationen voran und entwickeln Lösungen in innovativen Umfeldern, kundenorientiert und ganz gezielt für die Anforderungen der Mitgliedsbanken.

Man trägt zum Erfolg eines neuen Produktes oder einer Leistung in den Märkten bei, indem man die Hürden für den Zahlungsverkehr minimiert und sie sozusagen gar nicht mehr bewusst werden lässt. Alles muss einfach sein, damit diese neuen Produkte auch den Weg in den Markt und zum Verbraucher finden. Smarte Payment-Lösungen haben einen großen Anteil am Erfolg eines Produktes und erweisen sich als neue Erlösquelle für die Genossenschaftsbanken. Der Begriff "Genossenschaft" bleibt also "trendy". Die Idee, die dahintersteckt, war selten so aktuell und zukunftsorientiert wie heute - auch und insbesondere für die Paymentbranche.

Zum Autor Carlos Gómez-Sáez, Sprecher der Geschäftsführung, CardProcess GmbH, Karlsruhe
Carlos Gómez-Sáez , Vorsitzender der Geschäftsführung , VR Payment GmbH
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