HANDEL

Kundenbindung im E- Commerce durch "unsichtbare" Zahlungen

Dr. Niklas Bartelt, Foto: Paydirekt

In Zeiten von "mobile first" kommt auch im Handel ein Großteil des Wachstums aus dem Umsatz über mobile Geräte. Aus Gründen der Bequemlichkeit muss dabei die Zahlung möglichst "unsichtbar" werden, sagt Niklas Bartelt. Paydirekt ist mit den Funktionen In-App und Oneklick für diese und neue Bezahlszenarien im Umfeld des Internet der Dinge gerüstet. In Zusammenarbeit mit Tobaccoland wurde eine App entwickelt, die schrittweise zur Branchenlösung für die gesamte Automatenbranche ausgebaut werden soll. Red.

Die Wettbewerbsintensivierung im E-Commerce führt zu einem verstärkten Fokus auf Convenience und Mehrwerte. Mobile Anwendungen weisen hier den Weg zu einem optimierten Einkaufserlebnis und damit verbunden zu einer Stärkung der Kundenbindung. Ein wichtiger Faktor ist dabei der Checkout: Je friktionsloser die Bezahlmethode in den Prozess integrierbar ist und im Hintergrund abläuft, je "unsichtbarer" also die Zahlung, desto besser unterstützt diese den Händler. Nutzen ist dabei nicht nur, die Transaktion erfolgreich abzuschließen, sondern auch die Kundenbindung nachhaltig zu stärken.

Der Wettbewerb im E-Commerce hat in der letzten Zeit an Härte zugenommen. Dies zeigt unter anderem der weiterhin steigende Konzentrationsdruck in dieser Branche. So ergibt die Auswertung der jährlichen Studie des EHI Retail Institute, dass die 80/20-Regel der Lorenzkurve im E-Commerce nicht mehr gilt: 80 Prozent des in der EHI-Liste betrachtenden Umsatzes werden von deutlich weniger als 20 Prozent der dort gelisteten Händler erzielt. Dieser Effekt verstärkt sich von Jahr zu Jahr. Ähnlich dürfte es sich in den dort nicht betrachteten Marktsegmenten, wie zum Beispiel dem Bereich der digitalen Güter, verhalten - wenn nicht noch deutlicher. Auch eine Betrachtung einzelner Branchen bestätigt das Bild: Die Top 3 der jeweiligen Branche wachsen oft schneller als die Branche in Summe.

Viele E-Commerce-Händler reagieren auf diese Entwicklung mit Effizienz steigerungsmaßnahmen. So kaufen einige extern Wachstum ein, um zusätzlich Skaleneffekte zu generieren. Ein wesentliches Instrument bei der internen Hebung von Effizienzpotenzialen ist die Steigerung des Automatisierungsgrads - insbesondere bei Sonderprozessen wie Stornos, Rückgaben oder Reconciliation der Zahlungsdaten zu ERP-Systemen. Ein anderer wichtiger Hebel besteht in der Nutzung von Spezialisierungsvorteilen und Konzentration auf das Kerngeschäft, so zum Beispiel durch die Auslagerung der Zahlungsprozesse an Payment Service Provider (PSP). Zudem erkennen viele Händler die Chancen, die in einer Steigerung der Wirkkraft von Marketing und Vertrieb durch intelligente Kooperationen liegen und nutzen diese aktiv.

Wachstum durch Mehrwerte

All diese Maßnahmen sind jedoch allein meist nicht ausreichend, sodass die Steigerung der Kundenbindung durch Mehrwerte und eine verbesserte Convenience ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. In Zeiten von "mobile first", in denen der Großteil des aktuellen Wachstums aus mobilen Geräten kommt, muss bei der Generierung solcher Mehrwerte der Fokus auf mobilen Anwendungen wie Apps liegen. Hierbei spielt auch der sich abzeichnende Trend des Internet of Things (IoT) eine entscheidende Rolle.

Dabei geht es nicht nur darum, eine bestehende (Dienst-)Leistung über das Internet abzuwickeln. Das Ziel ist vielmehr, durch eine ganzheitliche Betrachtung und Optimierung des Prozesses einen deutlichen Zusatznutzen für den Kunden zu schaffen.

Ein Beispiel dafür sind Taxi-Apps: Zunächst wurde ein greifbarer Mehrwert dadurch geschaffen, dass die App anzeigte, wie lange es dauert, bis ein gerufenes Taxi vermutlich da ist. Dies wurde dann konsequent ausgebaut, zum Beispiel durch die Anzeige des herbeigerufenen Taxis auf einer Karte. Heute gehört sogar die Auswahl von verschiedenen Transportoptionen wie Ridesharing versus Taxi zum State of the Art. Wesentliches Element des Mehrwertes ist dabei - wie auch in vielen anderen Anwendungen - die bargeldlose Bezahlung, welche friktionslos in den Prozess integriert ist.

Fokus auf Convenience macht "unsichtbare" Zahlung notwendig

Soll die Kundenbindung durch verbesserte Convenience beziehungsweise Mehrwerte in Apps oder im Internet der Dinge (IoT) gestärkt werden, so führt das automatisch zu spezifischen und gesteigerten Anforderungen an die Zahlungsmethoden. Insbesondere ist hier die Verbindung von einem hohen Grad an Convenience mit Sicherheit und Vertrauen gewünscht.

Es ist offensichtlich, dass es bei der Zahlung in einer mobilen Anwendung oder gar im IoT immer dann zu überproportional vielen Abbrüchen kommt, wenn zum Beispiel lange Zahlenkolonnen eingegeben werden müssen oder regelmäßig ein zweiter Faktor verlangt wird. Provokant könnte man formulieren, dass in diesen Situationen die Zahlung "unsichtbar" werden muss das heißt dass der Kunde die Zahlung im Hintergrund auslöst.

Von besonderer Bedeutung ist dabei aber auch, dass der Kunde die Kontrolle über das Verfahren hat und die Zahlung nicht irrtümlich oder ohne sein Einverständnis ausgelöst wird. Gleichzeitig darf auch die tatsächliche Sicherheit des Verfahrens nicht kompromittiert werden. Damit geht einher, dass auch die erlebte Sicherheit und der Datenschutz für den Nutzer genau dann von besonderer Bedeutung sind, wenn er die Zahlung an sich entweder gar nicht oder nur zum Teil aktiv beobachten kann und daher gegebenenfalls ein "gefühlter" Kontrollverlust kompensiert werden muss.

Paydirekt für In-App-Zahlungen und Internet der Dinge gerüstet

Bei Paydirekt werden alle Anforderungen an eine quasi "unsichtbare" Zahlung erfüllt, denn die Kombination von Convenience und Sicherheit gehören zur "DNA" des Unternehmens. Auch steht Paydirekt im engen Austausch mit den Händlern und priorisiert auf dieser Basis seine Produktentwicklung. So kommt es, dass den Händlern bereits heute zahlreiche Lösungen zur Verfügung gestellt werden können, mit denen dieser Trend zu Mehrwerten einfach und sicher umgesetzt werden kann.

Die entsprechenden Funktionen stehen in einem Baukastensystem zur Verfügung und sind je nach Bedarf des Händlers kombinierbar. Primär handelt es sich hierbei um die Features Oneklick und In-App. Hinzu kommen, je nach Situation, zum Beispiel die Funktionen Altersverifikation und gesicherte Vorbestellung. In Summe kann damit sichergestellt werden, dass in fast allen Konstellationen die Zahlung mit dem erforderlichen Grad an Convenience dargestellt werden kann: Die dafür notwendige "Unsichtbarkeit" wird ermöglicht, weil die Zahlung in der App oder IoT-Anwendung mit nur einem "Klick" erfolgt.

Die Bezahlfunktion Paydirekt Oneklick steht für einen klaren Gewinn an Convenience beim Checkout: Die Eingabe von Benutzername und Passwort bei jedem Zahlvorgang entfällt, sobald sich der Kunde einmalig für den Händler sowie die Zahlung mit Oneklick aktiv angemeldet hat und das Fraud Prevention System für die aktuelle Situation keinen Betrugsversuch nahelegt. Hier kommt dem Zahlverfahren zugute, dass diese Anwendung zur Betrugsprävention beim Aufbau des Verfahrens bereits mitgedacht wurde und zum Beispiel in der Zahlungsnachricht keine schützenswerten Kontoinformationen oder ähnliche Daten des Kunden oder des Händlers versendet werden.

"Gesicherte Vorbestellung" zum Zahlen an der Zapfsäule

Die Funktionalität In-App ermöglicht es den Entwicklern, Paydirekt mittels Oneklick als Zahlart nahtlos zu integrieren. Die Nutzeridentifikation für die Zahlung kann dann über den Authentifizierungsmechanismus der Anbieter-App erfolgen. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass diese die Sicherheitsanforderungen von Paydirekt erfüllt. Damit können die biometrischen Methoden wie Fingerabdruck oder Gesichtserkennung des Mobilgeräts genutzt und so der Prozess noch nutzerfreundlicher gestaltet werden.

Im E-Commerce ist es oft der Fall, dass zudem das Feature "gesicherte Vorbestellung" notwendig ist. Dies gilt unter anderem dann, wenn der Händler im Prozess in Vorleistung geht, weil der genaue Betrag von vorneherein nicht zwingend fest steht und/oder die Vorleistung zum finalen Zahlvorgang nicht mehr ohne Aufwand reversibel ist. Das ist zum Beispiel bei der Bezahlung eines "Volltankens" mit einer App ohne Besuch des Kassenhäuschens der Fall, wo beides gilt: Ex ante ist es unklar, wie viele Liter zum Volltanken notwendig sind, und ex post kann der Tankvorgang nicht ohne Aufwand rückgängig gemacht werden.

Tatsächliche und gefühlte Sicherheit

Gleichzeitig kann durch die von Pay direkt angebotenen Funktionalitäten ein sehr hohes Sicherheitsniveau dargestellt werden: Die Zahlung wird direkt am Konto autorisiert und entsprechend garantiert. Wie bereits erwähnt, sind die sensiblen Daten des Kunden, wie zum Beispiel die Kontonummer, nicht Teil der Zahlungsnachrichten. Zudem profitiert das System von einer aus gefeilten Fraud-Prävention inklusive der gesammelten Expertise der deutschen Banken und Sparkassen.

Nicht nur die tatsächliche, sondern auch die "gefühlte" Sicherheit ist hier besonders groß, da es sich bei Paydirekt um das Bezahlverfahren der deutschen Banken und Sparkassen handelt. Als solches unterliegt es den strengen deutschen Datenschutzvorgaben und verortet seine Systeme entsprechend. Dadurch wird das Risiko von Kaufabbrüchen in diesem sensitiven Segment weiter reduziert.

Anwendungsbeispiel Tobpay

Ein Beispiel für die erfolgreiche Anwendung der Paydirekt-Funktionalitäten In-App und Oneklick ist Tobpay - das In-App-Zahlverfahren von Tobaccoland und Paydirekt.

Tobaccoland ist Marktführer im automatenaufstellenden Gewerbe und verfügt über eine signifikante Anzahl wiederkehrender Kunden und Transaktionen. Mit rund 100 000 Automatenstandorten ist Tobaccoland im Alltag der Kunden sehr präsent. Um ihnen noch mehr Convenience beim Kaufen und Bezahlen von Waren an den bereits vernetzten Automaten zu bieten, entschied man sich zur Einführung einer App mit Paydirekt als Partner für die Entwicklung und Pilotierung einer In-App-Bezahl funktion. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist Tobpay, eine App mit Paydirekt Oneklick als In-App-Zahlverfahren, das dem Kunden ein neues friktionsloses Einkaufserlebnis ermöglicht.

Als Progressive Web App (PWA) macht Tobpay die Installation einer gesonderten App zusätzlich zur responsiven Website überflüssig. Darüber hinaus ermöglicht das In-App-Feature Paydirekt Oneklick einen noch smarteren Bezahlvorgang, da hier die Eingabe von Benutzername und Passwort entfällt und der Kunde nur noch mit seiner PIN bezahlt. Initial werden etwa 4 000 bereits mit dem Internet verbundene Automaten für diese PWA ausgerüstet. Ein weiterer Rollout ist in Planung. Der Kaufvorgang mit Tobpay umfasst nur drei Schritte:

1. Der Käufer scannt mit seinem Smartphone einen am Automaten angebrachten QR-Code, wodurch die Progressive Web App (PWA) Tobpay im Browser gestartet wird.

2. Aus dem dann angezeigten Sortiment wählt er das gewünschte Produkt aus und bestätigt mit "Jetzt kaufen".

3. Mit Eingabe der von ihm einmalig vergebenen Tobpay-PIN ist die Ware bezahlt und kann dem Automaten entnommen werden.

Damit die Kunden die neue Funktion nutzen können, müssen sie sich lediglich im Vorfeld einmalig für Tobpay registrieren und Paydirekt als Zahlverfahren hinterlegen. Ein weiterer Convenience-Aspekt liegt im Wegfall einer zusätzlichen Altersverifikation: Da der Käufer als Kunde einer Bank immer auch authentifziert ist, wird die beim Kauf von Tabakwaren notwendige Altersverifikation im Hintergrund automatisch über paydirekt durchgeführt.

Eine Motivation von Tobaccoland für die Entwicklung einer App-Lösung war es, die Kundenbindung durch ein optimiertes Kauferlebnis zu erhöhen. Dabei sollten die Kundenanforderungen nach einer sowohl komfortablen als auch sicheren Abwicklung des Kaufvorgangs am Automaten erfüllt werden. Die Nutzung des Smartphones in seiner Funktion als Auswahlgerät und als Bezahlsystem in Kombination mit Tobpay ermöglicht hier eine konsumentenspezifische Warendistribution sowie eine schnelle und sichere Abwicklung des Bezahlvorgangs.

Als weiterer Vorteil für den Handel kommt speziell bei "In-Shop"-Lösungen hinzu, dass die App nicht nur Out-of-Stock-Situationen sowie Kapitalbindungskosten reduziert - je nach Aufstellort der Automaten kann damit auch eine 24/7-Verkaufsbereitschaft angeboten werden. Für den Verkauf von Tabakwaren aus automatischen Verkaufssystemen gelten zudem besondere Anforderungen. Im Mittelpunkt steht die Altersverifikation am Automaten: Bei Tobpay ermöglicht die in den Bezahlprozess voll integrierte automatische Altersverifikation eine Customer Journey ohne störende Prozessbrüche von der Warenauswahl bis zum Bezahlen und steigert so signifikant die Kundenakzeptanz. Ein weiterer wichtiger strategischer Aspekt ist der Ausbau der direkten Kundenbeziehung inklusive dem Aufbau eines direkten Kommunikationskanals zum Kunden zum Beispiel für verkaufsfördernde Maßnahmen oder Unterstützung der positiven Markenwahrnehmung.

Tobpay als Branchenlösung

Für alle an der Entwicklung von Tobpay Beteiligten war bereits mit Beginn des Projekts klar, dass eine Branchenlösung weitere Netzwerkeffekte schafft. So bringt die durchgehende und flächendeckende Präsenz auf den relevanten Automaten aller wesentlichen Akteure diese mobile Bezahlmöglichkeit noch stärker in den Alltag der Konsumenten. Dies ist im Interesse aller Beteiligten.

Auch der Verband des automatenaufstellenden Gewerbes (BDTA) ist dieser Überlegung gefolgt und hat sich dafür ausgesprochen, Tobpay branchenweit zu etablieren. In der Folge haben sich die führenden Vertreter des stationären Automatenhandels mit dem Ziel zusammengeschlossen, diese Branchenlösung mit Paydirekt als In-App Zahlverfahren flächendeckend zu implementieren. Die entsprechende Umstellung der Automaten ist für dieses Jahr angesetzt, sodass Tobpay noch breiter in diesem Jahr im Markt verfügbar sein wird.

Neben den in Deutschland bereits etablierten In-App-Anwendungen, zum Beispiel in den Bereichen Automaten, Taxi, Ridesharing und E-Scooter, existieren viele weitere Branchen und Mehrwerte, die von In-App- beziehungsweise IoT Zahlungen profitieren können. So ist das angesprochene Bezahlen des Tankvorgangs per App in vielen Ländern bereits ein Erfolgsmodell. Auch das Tanken von Strom wird dazugehören. Bei jeder Anwendung gilt es, die spezifischen Anforderungen des Ökosystems zu verstehen und eine passende Lösung zu konfigurieren, um tatsächlich erfolgreich zu sein.

Der Autor bedankt sich für die Unterstützung bei Werner Syndikus, Geschäftsführer der S&H EDV Beratung und Leiter IT, tobaccoland Automatengesellschaft mbH & Co. KG , Mönchengladbach

Dr. Niklas Bartelt, Geschäftsführer, Paydirekt GmbH, Frankfurt am Main
Dr. Niklas Bartelt , Senior Advisor, Dozent, EBS Business School, EBS Universität für Wirtschaft & Recht, Wiesbaden , DZ Bank, Frankfurt am Main

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