Ladesäulen - mit oder ohne Kartenleser?

Swantje Benkelberg, Quelle: Fritz Knapp Verlag

Im Mai dieses Jahres hat das Bundeskabinett eine Novelle der Ladesäulenverordnung auf den Weg gebracht. Dem Entwurf zufolge müssen Betreiber öffentlich zugänglicher Ladepunkte mindestens einen kontaktlosen Zahlungsvorgang mittels gängiger Kredit- und Debitkarte anbieten, also mit Girocard, Visa oder Mastercard. Dem Betreiber steht es frei, zusätzlich weitere Zahlungsmöglichkeiten anzubieten. Die Regelung soll für Ladesäulen gelten, die ab dem 1. Juli 2023 neu in Betrieb genommen werden. Bestehende Ladesäulen müssen nicht nachgerüstet werden.

Die Neuregelung würde bewirken, dass an Ladesäulen künftig ein PIN-Pad für die PIN-Eingabe bei der Kartenzahlung verbaut werden muss. Und genau daran entzündet sich die Diskussion, die vor der anstehenden Entscheidung des Bundesrats am 17. September noch einmal kräftig hoch gekocht ist. Schließlich weicht die Empfehlung des federführenden Wirtschaftsausschusses, des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie des Verkehrsausschusses an den Bundesrat genau in dieser Hinsicht von dem Beschluss des Bundeskabinetts ab. Folgt der Bundesrat dieser Empfehlung, ist der Einbau eines Terminals für die Kartenzahlung mit oder ohne Kontaktlosleser lediglich eine Option. Alternativ kann der Betreiber der Ladesäulen auch das Bezahlen über eigene browserbasierte Lösungen und Bezahldienste wie Paypal vorsehen.

Dagegen läuft nicht nur die Kreditwirtschaft aus gutem Grund Sturm. Auch der ADAC, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städtetag haben sich der Position der DK angeschlossen. Ihr Argument: Wenn es mit der Elektromobilität in Deutschland vorangehen soll, dann muss das Laden der E-Fahrzeuge so einfach wie möglich sein. Und dazu gehört auch, einfaches und schnelles Bezahlen zu ermöglichen - am besten so, wie die Menschen es aus dem Einzelhandel und der Dienstleistungsbranche gewöhnt sind, also per Karte, vorzugsweise per Girocard.

Dem halten Kritiker entgegen, die überwiegende Mehrheit der Autofahrer lade in der Regel vertragsbasiert und nutze dabei RFID-Ladekarten oder digitale Applikationen. Spontane Ladevorgänge stünden für lediglich 5 bis 10 Prozent der Bezahlvorgänge. Insofern sei der verpflichtende Einsatz physischer Kartenterminals unverhältnismäßig. Die dadurch entstehenden Kosten für Anschaffung und Betrieb der Ladesäulen würden den schnellen Ausbau des E-Ladenetzes gefährden, zumal die Ladesäulen der meisten Hersteller nicht mit Kartenlesegeräten und eichrechtlicher Zertifizierung verfügbar seien. Damit schließen sich die Ausschüsse den Branchenverbänden VDA (Verband der Automobilindustrie), BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) und ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie) an.

Ausnahme von der PSD2?

Dem Kostenargument ist tatsächlich wenig entgegenzusetzen. Natürlich kosten Kartenleser Geld, auch wenn sie ohne Kartenschlitz auskommen und rein kontaktlos funktionieren. Ob der Kompromissvorschlag des Bundesverbands E-Mobilität (BEM) Erfolg hat, Ladesäulen aus Kostengründen von der strengen Auslegung der PSD2 auszunehmen und damit die PIN-Pad-Pflicht zu verzichten, bleibt fraglich.

Der geringe Anteil "spontaner" Ladevorgänge ist aber vermutlich ein Scheinargument: Schließlich ist es gut möglich, dass viele Besitzer von E-Fahrzeugen nur deshalb meist beim gleichen Betreiber laden, weil keine gängige Bezahloption verfügbar ist und sie es leid sind, sich ständig neu zu registrieren. Debit- und Kreditkartenzahlung würde insofern vermutlich den Wettbewerb ankurbeln. Was die Bezahl-Apps der Betreiber betrifft, weisen der Ostdeutsche Sparkassenverband, der Ostdeutscher Bankenverband und der Genossenschaftsverband zudem darauf hin, dass nach Einschätzung des Nationalen Normenkontrollrates die meisten von ihnen nicht den geltenden Mindestanforderungen an die Sicherheit entsprechen.

Durchmarsch von Paypal an den Ladesäulen

Apropos Wettbewerb: Wollte die Politik in Europa nicht den internationalen Bezahlverfahren etwas Eigenes entgegensetzen? Ein europäisches Karten-Scheme kommt für die deutsche Ladesäulenverordnung leider zu spät. Wenn die Politik es ernst damit meint, die Dominanz von Paypal und Co. im Zahlungsverkehr eindämmen zu wollen, wäre der verpflichtende Einbau von Kartenlesern, um die Bezahlung per Girocard zu ermöglichen, jedoch ein Weg dazu. Ohne diese Regelung bleibt es entweder bei den eigenen Lösungen der Betreiber oder der Durchmarsch von Paypal an den Ladesäulen wird unaufhaltsam (und vermutlich unumkehrbar) werden, wie er es zumindest im deutschen E-Commerce schon lange ist.

Die Argumentation der Ausschussempfehlung, analoge Kartenlesegeräte würden absehbar europaweit zugunsten digitaler Bezahlmöglichkeiten ersetzt, ist zu sehr in die Zukunft geschaut. Noch ist die Girocard in Deutschland das mit Abstand dominierende bargeldlose Bezahlinstrument. Wenn sich das ändert, wäre es immer noch möglich, im Zuge des Austauschs von Ladesäulen erneut über Bezahloptionen nachzudenken.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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