Markenbereinigung bei Payment-Dienstleistern

Swantje Benkelberg

Die Corona-Pandemie hat zwar so manches ausgebremst, nicht aber die Konsolidierung im Markt der Payment-Dienstleister. Beobachter dieses Marktes müssen dieser Tage auf Zack sein, so schnell, wie sich die Anbieterlandschaft in Europa derzeit wieder neu formiert. Dabei haben die Südeuropäer die Nase vorn.

Auf der einen Seite hat das italienische Unternehmen Nexi mit 900 000 angeschlossenen Händlern, 13 100 Geldautomaten und einem Portfolio von 41,6 Millionen verarbeiteten Karten am 5. Oktober die Übernahme des ebenfalls italienischen Paymentdienstleisters Sia angekündigt und nur sechs Wochen später eine Fusionsvereinbarung mit der dänischen Nets getroffen. Am Ende der beiden Transaktionen wird ein europäischer Anbieter nicht gekannter Größe herauskommen, der künftig unter der Marke Nexi laufen soll.

Auf der anderen Seite positioniert sich der spanische Santander-Konzern mit dem Ziel, zu einem global wettbewerbsfähigen Teilnehmer im Markt der Paymentdienstleistungen zu werden. Diesem Ziel kommt die Banco Santander - vorausgesetzt, die behördlichen Genehmigungen werden erteilt - durch die Insolvenz von Wirecard ein gutes Stück näher. Denn in den Insolvenzverfahren über das Vermögen der Wirecard AG, die Wirecard Technologies GmbH und weiterer Gesellschaften des Wirecard-Konzerns ist der europäische Kernbereich an die Spanier verkauft worden. Die Banco Santander wird die Technologieplattform in Europa sowie alle dafür notwendigen Vermögenswerte übernehmen. Vor behaltlich der kartellrechtlichen Genehmigung und bestimmter anderer Bedingungen wird die Transaktion voraussichtlich bis Ende des Jahres abgeschlossen. Mit dem Verkauf des Kerngeschäfts kann der Insolvenzverwalter knapp drei Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Vollzug melden: Die wesentlichen laufenden Geschäftsbetriebe sind verwertet, nachdem zuvor bereits die eigenständigen Tochtergesellschaften in Brasilien, Rumänien und Nordamerika verkauft wurden. Auch bei den noch laufenden Investorenprozessen für weitere Tochtergesellschaften unter anderem in Asien, Südafrika und der Türkei wird in den nächsten Wochen mit Ergebnissen gerechnet. Die Wirecard Bank soll - obwohl ei gentlich nicht Teil des Insolvenzverfahrens - in enger Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden abgewickelt werden, wenn der Verkauf des Wirecard-Kerngeschäfts abgeschlossen ist. Grund dafür sind vor allem Haftungsrisiken.

Dachmarke Getnet

Der Santander-Konzern will mit dem Erwerb des Acquiring- und Issuing-Geschäfts von Wirecard seine weltweiten Wachstumspläne auf dem Gebiet der Zahlungsdienstleistungen und des damit verbundenen Händlergeschäfts in Europa beschleunigen. Die Technologieplattform und der Großteil der noch verbliebenen Wirecard-Mitarbeiter - rund 500, die an ihren bisherigen Standorten verbleiben sollen - werden Teil des globalen Händlerservice-Teams von Santander und künftig unter der Dachmarke Getnet geführt werden. Mit der Übernahme beschleunigt Getnet seine Expansion in Europa und erweitert die Kapazitäten für die Produktentwicklung im E-Commerce und im multinationalen Händlerservice sowie bei anderen Zahlungsdiensten in Europa. Selbst Getnet könnte jedoch möglicherweise demnächst von einer anderen Marke abgelöst werden. Denn bereits im Oktober hatte Santander Pläne angekündigt, die "disruptiven" Payment-Geschäfte, zu denen auch Getnet gezählt wird, in eine neue selbstständige Geschäftseinheit auszugliedern, die den Wettbewerb mit globalen digitalen Paymentplattformen aufnehmen soll. Dieses Unternehmen namens "PagoNxt" soll sich darauf konzentrieren, das Wachstum im Händlergeschäft, in Lösungen für international tätige kleine und mittelgroße Unternehmen sowie bei digitalen Lösungen und Dienstleistungen für Verbraucher voranzutreiben.

Ende der Fahnenstange in Sicht?

Sowohl die beiden Fusionspläne von Nexi als auch die von Santander stehen natürlich unter dem Vorbehalt der Zustimmung seitens der Wettbewerbsbehörden. Selbstverständlich ist diese nicht. Denn je mehr die Konsolidierung im Markt der Paymentdienstleister voranschreitet, umso wahrscheinlicher wird es, dass irgendwann der Punkt kommt, an dem die Kartellbehörden Bedenken anmelden werden. Am Beispiel Kwitt ließ sich allerdings ablesen, dass auch Wettbewerbshüter keine Phantasten sind, denen Wettbewerb über alles geht - egal, ob die Vielfalt der Angebote schlussendlich noch mit Wettbewerbsfähigkeit vereinbar ist. Letzten Endes geht es bei den beschriebenen Plänen darum, europäische Player zu schaffen, die imstande sind, im internationalen Wettbewerb eine wahrnehmbare Rolle zu spielen. Wenn die Politik einerseits nicht müde wird, ein europäisches Zahlungssystem zu fordern, das genau dieses leisten kann, wäre es absurd, sollten die Wettbewerbshüter eine solche Entwicklung auf dem Markt der Payment-Dienstleister ausbremsen.

Unbegrenzt wird die Marktkonsolidierung aber wohl nicht weitergehen können. Bei einem Zusammengehen von PagoNxt, Nexi (inklusive Nets und Sia) und Worldline etwa wäre vielleicht doch ein Ende der Fahnenstange erreicht und ein Veto der Wettbewerbsbehörden denkbar.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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