Mehr Transaktionen, kleinere Beträge - wie profitabel ist das?

Swantje Benkelberg

Auch die neuesten Zahlen zur Entwicklung bei der Girocard bestätigen den Trend, der mit dem Beginn der Pandemie zwar nicht eingesetzt, sich seitdem jedoch in ungeahntem Tempo beschleunigt hat: Immer seltener wird mit Bargeld bezahlt, immer häufiger per Karte, und das am liebsten kontaktlos. Mindesteinkaufsbeträge für das bargeldlose Bezahlen gibt es im Einzelhandel kaum noch. Das Bezahlen auch kleinster Beträge, für die noch 2019 nur wenige die Karte gezückt hätten, wird Alltag.

Zwischen Stückkosten und Skaleneffekten

Die Kreditwirtschaft feiert ein Wachstum der Transaktionszahlen per Girocard um 8,0 Prozent auf rund 5,9 Milliarden Bezahlvorgänge, ein Umsatzplus von 7,2 Prozent auf 253 Milliarden Euro und einen Kontaktlosanteil von 73 Prozent zum Jahresende 2021 zu Recht als Erfolg des nationalen deutschen Debitsystems, und die Sparkassen freuen sich, dass die Zahl ihrer Kunden, die Apple Pay mit ihrer Girocard nutzen, im vergangenen Jahr um rund eine Million gestiegen ist. Zu der Frage jedoch, was diese Veränderungen im Bezahlverhalten für die Profitabilität des Zahlungsverkehrs bedeuten, ist nichts zu erfahren. Hier hüllen sich die Verantwortlichen in Schweigen.

Das ist nicht weiter verwunderlich. Denn das Thema ist heikel. Die Antwort auf die Frage nach der Profitabilität der vielen Transaktionen mit immer kleineren Durchschnittsbeträgen ist auch gar nicht so einfach. Denn solange die Emittenten keinen vom Transaktionsvolumen unabhängigen Festbetrag je Transaktion erhalten, liegt es in der Natur der Sache, dass auch die "Interchange" pro Zahlungsvorgang immer geringer ausfällt, je mehr der Durchschnittsbetrag sinkt. Umso stärker fallen die Stückkosten pro Zahlungsvorgang ins Gewicht. Tendenziell werden die einzelnen bargeldlosen Bezahlvorgänge also wohl weniger profitabel.

Auf der anderen Seite lässt eine stark steigende Anzahl von Transaktionen die im Zahlungsverkehr immer wichtigeren Skaleneffekte zu. Die wiederum haben das Zeug dazu, die einzelne Transaktion wieder günstiger werden zu lassen, sodass sich am Ende auch Klein- und Kleinstbetragszahlungen für die Emittenten rechnen. Die Frage ist nun, ob die Deutsche Kreditwirtschaft bereits diesen Punkt erreicht hat oder sich noch auf einer Art "Durststrecke" befindet, die sie durchstehen muss, um das nötige Maß an Skaleneffekten zu erreichen und so vom veränderten Zahlungsverhalten zu profitieren.

Politisch heikel

Politisch heikel ist das Ganze deshalb, weil natürlich auch die Verhandlungen mit den Dienstleistern und der "Marktgegenseite" von der Antwort auf diese Frage beeinflusst werden. Sind die Skaleneffekte groß genug, steigt der Druck auf die Dienstleister, die Kosten zu senken. Und wer sich allzu öffentlich zu einer gestiegenen Profitabilität des kartengestützten Zahlungsverkehrs bekennen würde, der würde damit automatisch beim Handel die Erwartungshaltung wecken, die Entgelte zu senken, die der Handel für jede Girocard-Transaktion zu zahlen hat. Dass diese Händlerentgelte in den vergangenen Jahren deutlich gesunken sind und dass mittlerweile auch die Akzeptanzseite die Vorteile des bargeldlosen Bezahlens für sich erkannt hat, dürfte dafür unerheblich sein.

In die Frage der Profitabilität spielen aber natürlich auch die Kosten für die Bargeldbearbeitung mit hinein, die durch den Trend zum bargeldlosen Bezahlen spürbar gesunken sind. Andererseits wären möglicherweise steigende Betrugsschäden infolge der Anhebung der Limits gegenzurechnen.

Profitabilität ist ein Gesamtpaket

Somit ist die Frage der Profitabilität ein Gesamtpaket, bei dem es auch um die Kundenschnittstelle geht. "The Winner takes it all." Das hat die deutsche Kreditwirtschaft im Online-Zahlungsverkehr schmerzlich erfahren müssen, wo der Gewinner in Deutschland Paypal heißt. Würden Banken und Sparkassen sich am PoS vornehm zurückhalten, wenn es um das Bezahlen kleiner Beträge geht, und diese womöglich mit prohibitiven Konditionen belegen, dann wären sie schnell auch bei höheren Beträgen mit entsprechenden Erträgen aus dem Geschäft.

Damit verbunden würde man auch Anknüpfungspunkte für Angebote an den Kunden verlieren, die gewissermaßen an den Zahlungsverkehr andocken und dringend benötigte Zusatzerträge versprechen. Wer nur noch die Transaktionen für andere abwickelt, dem fehlen auch die Informationen, um aus den Zahlungsdaten Potenzial für solche Angebote oder andere Mehrwerte für den Kunden zu erkennen, passende Versicherungsangebote unterbreiten oder den gerade so populären Kauf auf Raten anbieten zu können. Diese Informationen hätte dann der Wettbewerb und die Banken wären weiter denn je vom Zielbild der Plattform als Alltagsbegleiter ihrer Kunden entfernt.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
Noch keine Bewertungen vorhanden


X