Karten-Marketing

Der Nebenschauplatz Karten verdient mehr Aufmerksamkeit

Bild 7

Bei der Kommunikation zum Thema Kreditkarten besteht in Deutschland noch Nachholbedarf. Die Werbeausgaben sind zwar seit Jahren stabil, verteilen sich aber auf wenige Institute. Zudem spielen Kreditkarten im Vergleich mit anderen Bankprodukten bei der Werbung eine untergeordnete Rolle. Ausbaufähig ist neben der klassischen Werbung auch das Suchmaschinen- und Vergleichsportalmarketing sowie die Berücksichtigung im Rahmen der Social-Media-Aktivitäten der Anbieter. Red.

Über die Jahre gesehen sind die Werbeausgaben für Kreditkarten relativ konstant geblieben. Sie liegen jährlich bei rund 30 Millionen Euro, auch die Anzahl der werbenden Unternehmen ist mit etwa 35 relativ stabil. Im Vergleich mit anderen Bankprodukten spielen Kreditkarten im Werbemarkt der Banken eine etwas untergeordnete Rolle. Weniger als fünf Prozent des Gesamtwerbevolumens im Bankensektor werden dafür ausgegeben. Zum Vergleich: Im Wertpapiermarkt wird mehr als dreimal so viel Geld in Werbung investiert wie im Kreditkartenmarkt. Zu diesem Ergebnis kommt die "Marketing-Mix-Analyse Kreditkarten 2015" von Research Tools für die das Marketingverhalten von zehn Anbietern (ADAC, Advanzia, American Express, Barclaycard, Postbank, Santander, Sparkassen, Targobank, VR-Banken und Wüstenrot) untersucht wurde. Die Mediennutzung der Institute unterscheidet sich erheblich und ist auch abhängig vom Budget. Während der ADAC das Printmedium Zeitschriften bevorzugt, werben die Sparkassen in Zeitungen. Barclaycard schaltet hauptsächlich Online-Werbung und American Express wählt überwiegend das hochpreisige Medium TV.

Kartenkosten durch Extras schwer vergleichbar

Mit durchschnittlich 9,8 Kreditkarten scheint das Produktportfolio der zehn untersuchten Anbieter bestens ausgestattet. Detailliert betrachtet bewegt sich das Angebot zwischen einer und 18 Kreditkarten, die etwa zur Hälfte auf ein breites Spektrum an Prepaidkarten, Karten mit Sonderfeatures und Co-Branding-Karten zurückzuführen sind. Sechs Anbieter offerieren spezielle Karten für Businesskunden.

Während fast alle Anbieter Standardkarten und Goldkarten im Angebot haben, schafft Barclaycard eine Alleinstellung mit einer Studentencard. ADAC, Postbank, Sparkassen, Targobank, VR-Banken und Wüstenrot sprechen mit einer speziellen Prepaidkarte Minderjährige an. Prepaidkarten sind gerade für Jugendliche und Personen mit negativem Schufa-Eintrag attraktiv, da bei ihnen nur über ein vorher aufgeladenes Guthaben verfügt werden kann.

Ein Direktvergleich der Kartenkosten ist durch zahlreiche Produktfeatures und inkludierte Versicherungen beinahe unmöglich. Bei Standardkarten beziehen sich angebotene Versicherungen primär auf Missbrauch und Online-Einkauf. Bei Goldkarten hingegen gehören Reiseversicherungen mit wenigen Ausnahmen zum Standard. Auch Unfall und Kfz wird teilweise abgedeckt.

Antwortqualität bei Telefonanfragen gut, per E-Mail eher mager

Hinsichtlich der Jahreskosten unterscheiden sich die einzelnen Angebote der untersuchten Banken deutlich. Standardkarten können von Barclaycard und Targobank ohne Grundgebühr bezogen werden, ansonsten liegen die jährlichen Fixkosten zwischen 20 Euro und 55 Euro.

In Zeiten mobilen Bankings wird der Kundenberater im Servicecenter zur wichtigen, manchmal gar einzigen, Anlaufstelle. Hier setzen American Express, Postbank und Targobank Maßstäbe mit einer durchgehenden 24/7-Hotline. Die übrigen Anbieter sind an durchschnittlich 64 Stunden pro Woche zu erreichen.

Barclaycard mit auffallend starker Portalpräsenz

Erfreulicherweise ist die Antwortqualität bei Telefonanfragen durchgehend gut. Hervorragend ist die verbrachte Zeit in der üblicherweise zeitraubenden Warteschleife, die bei durchschnittlich einer halben Minute liegt. Sechs Banken verbinden gar direkt zum Berater. Bei Mailanfragen zeigen sich die Banken mit Reaktionszeiten von 3,5 bis acht Stunden ebenfalls serviceorientiert, jedoch ergibt sich deutliches Potenzial bei der Antwortqualität. Sie liegt bei mageren 35 bis 70 Prozent. Deutlich unterschiedliche Schwerpunktsetzungen zeigen die Anbieter in der Vergleichsportal- und Suchmaschinenpräsenz.

- Barclaycard belegt hier den ersten Rang durch eine auffallend starke Portalpräsenz und erreicht mit durchgehend Top-Platzierungen einen Durchschnittswert von 2,0.

- Auch Wüstenrot ist stark in Portalen vertreten, ebenfalls mit ausgezeichneten Platzierungen.

- Ein Zwei-Jahres-Vergleich zeigt eine deutliche Ausweitung der Präsenz von American Express, Barclaycard und Targobank.

- Sparkassen und VR-Banken präsentieren sich in Portalen damals wie heute zurückhaltend.

Suchmaschinenmarketing: Nur Amex meist auf der ersten Seite

Im Suchmaschinenmarketing ist die Position des Suchtreffers von entscheidender Bedeutung. Da der User ungern blättert, präferiert er bei der Ergebnisauflistung generell die erste Seite. Allein Kartenspezialist American Express punktet hier und platziert sich mit einem durchschnittlich zehnten Platz bei kreditkartenrelevanten Suchtreffern überwiegend auf der ersten Ergebnisseite. Die übrigen neun Anbieter begnügen sich mit Plätzen auf der zweiten oder dritten Seite.

Social Media für die Generation Y mit Potenzial

Bei kostenpflichtigen Anzeigen in Suchmaschinen haben Advanzia und Targobank die Nase vorn. Beide Banken schalten diese Art der Online-Werbung in mehreren der untersuchten Suchmaschinen.

Social Media ist eines der Medien der Wahl zur Ansprache der Generation Y. In dieser Zielgruppe ist es vergleichsweise einfach, neue Kundenbeziehungen über eine attraktive Kreditkarte aufzubauen. Umso überraschender, dass gerade den sozialen Medien zur potenziellen Kundenansprache keine allzu große Bedeutung beigemessen wird.

Generell twittern und posten die Banken zwar rege, kreditkartenrelevante Beiträge tauchen bei den zehn untersuchten Kreditkartenanbietern jedoch nur selten und in drei Fällen gar nicht auf. American Express, Targobank und Wüstenrot zeigen sich in diesem Bereich am aktivsten.

Eine Zunahme des Traffics ist bei den Kreditkartenanbietern indes nicht festzustellen, ganz im Gegenteil. Ein Vergleich mit den Social-Media-Aktivitäten des Jahres 2013 ergab in der Summe gar eine Abnahme. Auch auf Youtube ist die Anzahl der kreditkartenrelevanten deutschen Videos damals wie heute unverändert mager.

Positionierung der Anbieter in drei Clustern

Eine statistische Ähnlichkeitsanalyse auf Basis der Marketing-Mix-Performance-Werte zeigt, dass sich die betrachteten Anbieter zwar hinsichtlich der Fokussierung auf die einzelnen Marketing-Mix-Bereiche unterscheiden. Dennoch lassen sich drei Gruppierungen erkennen, die sich durch ähnliche Fokussierungen gemeinsam positionieren. Jeweils eine Gruppe zeigt

- die auf Konditionen fokussierten Anbieter Targobank, Barclaycard, Postbank und Santander,

- die relative Stärken bei Distribution und Kommunikation aufweisenden Anbieter ADAC, Advanzia und Wüstenrot sowie

- die produktmarktorientierten Sparkassen, VR-Banken und American Express.

Über ein mageres Kreditkartenangebot können sich die Bundesbürger sicherlich nicht beschweren. Kreditkarten sind in zahlreichen unterschiedlichen Ausführungen erhältlich. Bedarf besteht - sei es beim täglichen Einkauf, auf Reisen oder bei Online-Geschäften. Gerade im E-Commerce konkurriert die Kreditkarte stark mit anderen Bezahlsystemen. Eine scharfe Positionierung mit zielgruppengerechten Angeboten ist wichtig. Besonders bei der Kommunikation besteht aktuell allerdings Nachholbedarf.

Zum Autor

Uwe Matzner, Geschäftsführer, research tools, Esslingen am Neckar

Uwe Matzner , Geschäftsführer , research tools

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X