KUNDENBINDUNG

Payment im Kontext eines Loyalty-Anbieters

Michael Bregulla, Foto: Ingenico Marketing Solutions

Die Verknüpfung von Kundenbindungsprogrammen und dem Bezahlen ist keine neue Idee, erinnert Michael Bregulla. Zunächst war es die Kundenkarte mit Bezahlfunktion. Dann folgten Multi-Partner-Programme und jetzt die Apps. So wird nicht nur ein "Gesamtprozess" aus Loyalty und Bezahlen an der Kasse möglich, sondern auch das Bezahlen ohne Kasse, das im Hintergrund abläuft. Das kann auch zum Vorteil im Wettbewerb mit den Bigtechs werden - denn so landen keine Kundendaten im Ausland. Die Corona-Krise hat das Interesse an solchen Lösungen noch einmal verstärkt. Red.

Die Verknüpfung von Loyalty-Programmen und Payment-Services ist so alt wie das bargeldlose Zahlen. Angefangen etwa Beginn der neunziger Jahre waren bargeldloses Bezahlen und Kundenbindungsmaßnahmen im Verständnis der Unternehmen und Kunden eins. Goldene Kreditkarten galten als Statussymbole und man konnte damit zeigen oder zumindest vorgeben, dass man dazu gehörte und per extensivem Limit unbegrenzt Zutritt zur großen weiten Welt hatte.

Im alltäglichen Rahmen entdeckten Kundenbindungsprogramme die Chance, dieses Gefühl abzudecken. Von Hertie über Karstadt, Kaufhof und natürlich Douglas, Wöhrl und Breuninger gewährte man guten Kunden per Kundenkarte die Möglichkeit des bargeldlosen Zahlens bis zum vergebenen Limit und ein damit verbundenes Zahlungsziel. Damit begeisterte man die Kunden, denn das Zahlen mit der Girocard war noch nicht üblich, sie diente ja eher zum Geld Abheben. In vielen Bevölkerungsgruppen fehlte der Zugang sogar noch völlig. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Douglas Card war damals, den Kundinnen ein Stück neuer Freiheit und Selbstbestimmung zu geben, die sie im Alltag nicht gewohnt waren. Denn eigene Zahlkarten waren gerade für Frauen Anfang der neunziger Jahre noch ein absolutes Novum.

Mit dem Siegeszug von Payback und anderen Bonusprogrammen trat diese Prägung des Loyalty-Ansatzes in den Hintergrund. Die bargeldlose Zahlfunktion war nicht mehr exklusiv, man konnte davon ausgehen, dass der Konsument irgendeine Form von Bezahlkarte in seinem Portemonnaie hatte und diese auch selbstverständlich zum Zahlen im stationären Handel, gerade bei größeren Beträgen nutzte oder zumindest nutzen konnte. Die Kundenkarte wurde "nur" noch ergänzend gezückt, um zusätzliche Preisvorteile in Form von Sofortrabatten oder geldwerten Punkten pro Umsatz zu genießen. Payment-gestützte Loyalty-Erfolgsmodelle der Vergangenheit gingen in den sogenannten "Nullerjahren" in Payback oder anderen Multipartneransätzen auf, wurden um Bonusmodelle ergänzt oder stagnierten einfach.

Datenschutzbedenken gegen Girocard als "virtuelle Kundenkarte"

Auch der bindende Vorteil einer gestundeten Zahlung oder sogar werblich gestalteter Finanzierungsmodelle wie zinsloser Ratenzahlung oder verlängerten Stundungen konnte nur noch in wenigen Fällen zum Erfolg von Kundenbindungsansätzen beitragen. Diese werden, so wird auch heute noch überschlägig gerechnet, vom deutschen Publikum ohnehin nur von etwa 20 Prozent gewürdigt, im Gegensatz zu den angelsächsischen Märkten, wo diese Mechanismen weit verbreitet sind. Zudem wurde und wird dieses Geschäft auch aus lizenzrechtlichen Gründen weitestgehend den Banken überlassen.

Es gab aber auch in bestimmten Umfeldern schon einen anderen Blick auf die Kombination von Payment und Loyalty. Denn ist es nicht geradezu logisch, dass derjenige, der die Kaufvorgänge des Kunden ohnehin registriert, um ihn zu belohnen, dann auch die Zahlung gleich mit abwickelt? Oder umgekehrt, dass der Kunde direkt und im Hintergrund incentiviert wird, wenn ein Zahlungsvorgang elektronisch abgewickelt wird - dass also im Ergebnis als Service ein One-Stop-Shopping an der Kasse ermöglicht wird, bei dem nur ein Identifikationsinstrument genutzt wird und die Verrechnung von Vorteilen quasi bei Bezahlung im Hintergrund funktioniert?

Abbildung 1: Jüngere Verbraucher an Bezahlfunktion interessiert

Die Konsequenz daraus, Girokarten per Registrierung als "virtuelle Kundenkarte" zu nutzen, wie es in mehreren Projekten Anfang der 2000er-Jahre versucht wurde, scheiterte letztlich im Wesentlichen durch Bedenken des Publikums zum Thema Datenschutz. Dagegen lernten Multipartnerprogramme wie Payback, aber natürlich auch die Vielfliegerbonusprogramme über die Mechanik zum Teil kostenloser co-gebrandeter Kreditkarten, zum Teil mit kostensparenden "On-us" Verfahren, sehr schnell, dass das Sammeln und Bezahlen in einem direkten Kontext hervorragend funktioniert und von Kunden als einfach und selbstverständlich wahrgenommen wird. Gescheitert sind die meisten dieser Ansätze dennoch. Aufgrund der regulatorischen Vorgaben im Gebührenbereich und dem nur geringen Zinsertrag im deutschen Kreditkartenumfeld können diese Modelle häufig nicht aus reichend refinanziert werden und zwingen die Herausgeber unter anderem dazu, bei nur geringen Vorteilen für den Kunden erhebliche Jahresgebühren aufzurufen.

Bleibt also als Träger dieser Philosophie die Kundenkarte, die durch die mobil-digitale Entwicklung heute natürlich längst zu einer App- oder zumindest Hybridlösung geworden ist. Somit werden Loyalty-Programme neu gedacht.

Loyalty und Payment verschmelzen

Die vielfältigen Vorteilsmechanismen über Bonusprogramme oder digitales Couponing haben über die ständige Anpassung durch Künstlichen Intelligenz eine erhebliche Individualisierung erfahren, der Kunde erhält in modernen Loyalty Programmen genau die Botschaft zugespielt, die zu ihm und seinem Bedarf und Bedürfnis passt. Zudem machen sich Agenturen und Loyalty-Dienstleister viele Gedanken da rüber, wie der digitale Loyalty-Ansatz mit sogenannten Convenience-Vorteilen aufgeladen werden kann; ebenso wie die Zahlfunktion in den Neunzigern einen echten neuen Service für viele Konsumenten darstellte, geht es auch heute darum, exklusive Dienstleistungen für Teilnehmer gerade an Schmerzpunkten der Customer Journey so zu etablieren, dass der Kunde sich neben den Preisvorteilen auch emotional wertgeschätzt fühlt. Jede Gelegenheit sollte hier ergriffen werden, kundennahe Prozesse zu verschlanken und damit einfacher und intuitiver zu gestalten.

Genau da hat die Verschmelzung von Loyalty und Payment ihren Platz gefunden. Denn will der Kunde (und auch das Personal vor Ort) nicht gerade im lästigen Bezahlprozess an der Kasse und vielleicht sogar komplett vom Anstehen, Auspacken, Bezahlen, Einpacken entlastet werden? Starke Loyalty-Programme schaffen bereits den klassischen Checkout ab. Die Einbindung mobil-digitaler Technologien bietet nämlich die Chance einer jederzeitigen und vollständigen Begleitung des Kunden nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb des realen Ladengeschäftes.

Abbildung 2: Identifikation inzwischen häufig per App Quelle: Ingenico Marketing Solutions

Über Mobile-Payment an der Kasse hinausdenken

Insofern wollen und müssen wir über die bekannte Vielfalt an mobilen Zahlmöglichkeiten an der Kasse hinausdenken. Denn in vielen aktuellen Mobile-Payment Projekten identifiziert ein digitaler Checkin den Kunden bereits beim Betreten des Geschäfts. Dann bietet zum Beispiel das Erfassen von Produkten mit dem eigenen Smartphone per Self Scanning, um sich zu informieren, zu bezahlen oder gleich nach Hause liefern zu lassen, die Chance auf zusätzliche Formen der Interaktion.

Der Abschluss eines Kaufes per digitaler Zahlung, vergleichbar mit dem Checkout im Online-Shop, sorgt am Ende dafür, dass überhaupt kein Kassenkontakt inklusive des Aus- und Einpackens von Ware notwendig ist. Und die individuellen Vorteile eines Loyalty-Programms wie etwa Sofortrabatte oder Bonuspunkte können bei Abschluss der Transaktion sofort verrechnet werden. Globus machte es in Deutschland vor, und viele weitere Piloten nicht nur im Lebensmitteleinzelhandel, sondern auch zum Beispiel bei Tchibo und Thalia folgen. Dass der Kassenbon revisionssicher in der App abgelegt und mit einem verlängerten Rückgaberecht versehen wird, versteht sich bei vielen dieser Modelle von selbst. Der Checkout passiert einfach ganz nebenbei, sowohl im Ladengeschäft als auch online. Die Amazon-Botschaft "Einkaufen heute ist wie klauen gestern" wird zur Wirklichkeit. Das einhergehende Positiverlebnis, dass "alles viel einfacher wird" hat somit alle Chancen, die traditionellen Loyalty-Ansätze zu ergänzen und eine intensivere emotionale Bindung an das Handelsunternehmen durch das Omnikanal-Zusammenspiel aller Touchpoints auch beim Payment zu erzeugen. Ein weiterer Vorteil: Vor Ort hat das Personal mehr Kapazitäten frei für eine fachkundige Beratung und andere verkaufsfördernde Maßnahmen.

Kundendaten bleiben beim Händler

Und nicht nur das, auch im Wettbewerb mit den gerade in der Pandemie boomenden neuen mobilen Bezahlverfahren wie Apple Pay, Google Pay, Amazon Pay und auch Bluecode birgt ein proprietärer Ansatz im Rahmen des eigenen Loyalty-Programms erhebliche Vorteile über One-Stop-Shopping-Erlebnisse hinaus. Denn eine Kombination von Payment und Loyalty ermöglicht die Nutzung der in Deutschland verfügbaren Lastschriftverfahren, die nach wie vor erheblich kostengünstiger sind. Der Kunde wird entweder gleich bei Aufnahme ins Programm oder beim späteren gezielten Upgrade nach seinem Lastschriftmandat gefragt; Prüfverfahren zur Risikominimierung können durch vorhandene Kundenkenntnis auf das Nötigste reduziert werden. Auch die Integration von Prepaid-Verfahren, gerade im Kontext mit den beliebten Gutscheinkartenansätzen, die dann einfach aufgeladen werden können, birgt noch spannende Mobile-Payment-Potenziale, die längst nicht ausgeschöpft sind.

Abbildung 3: Corona lässt Interesse an Bezahlfunktion steigen Quelle: Ingenico Marketing Solutions

Und noch ein Vorteil: Die Kundendaten bleiben beim Händler und landen nicht bei einem der großen und omnipräsenten internationalen Anbieter. Das wird nicht nur vom Händler selbst, sondern auch von Verbrauchern geschätzt. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie mit ihren disruptiven und revolutionären Anforderungen an die Handelswelt wird den beschriebenen Ansatz weiter befeuern. Denn letztlich schafft der Handel dadurch endlich die echte Verknüpfung der stationären und der Online-Welt. Es ist nicht überraschend, dass das kontaktlose Bezahlen per Loyalty-App gemäß der aktuellen Post-Corona-Studie von Ingenico Marketing Solutions einer der dringlichsten Wünsche der deutschen Konsumenten an die Programme ist. Über 56 Prozent der Menschen über alle Altersgruppen halten dieses Feature für wichtig bis sehr wichtig. Ein Loyalty-Anbieter ist daher gut beraten, Payment in sein Portfolio aufzunehmen und ganzheitliche Ansätze zu entwickeln.

Michael Bregulla , Leiter des Bereiches Client Development , Ingenico Marketing Solutions (IMS) GmbH, Hamburg

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