Regulierung und deren Kosten aus Sicht eines Netzbetreibers

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Die Regulierung im Zahlungsverkehr ist erst jüngeren Datums, erinnert Nicolas Adolph. Seit der Euro-Einführung sind jedoch erhebliche Kosten auf die Marktteilnehmer zugekommen, während im Ausland angesiedelte Unternehmen mit erleichterter Regulierungspraxis in Deutschland vordringen konnten. Vor diesem Hintergrund fordert der Autor eine Regulierung mit Augenmaß, die das Gleichgewicht zwischen europäischen Vorgaben und globalen Standards, zwischen Bequemlichkeit und Sicherheit und Regulierung und Innovation im Auge behält. Andernfalls sieht er auf den "Kartenstandort" Deutschland deutliche Wettbewerbsnachteile zukommen. Red.

Gute staatliche Regulierung kann Stabilität fördern, exzessive Preise verhindern und den Verbraucherschutz sichern - Regulierung ist aber meist auch hinderlich für Innovationen und grundlegende unternehmerische Neuerungen: Der Laptop, der E-Commerce-Handel und das Smartphone wurden nicht durch die Regulierer, sondern die jeweiligen innovativen "Unternehmer" erfunden und weltweit im Markt verbreitet. Daher sollte Regulierung in einer wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft kein Selbstzweck sein, sondern immer angemessen in Umfang und Wirkung bleiben und sich auf das Notwendige beschränken. Vor 100 Jahren - im Jahr 1914 - wurde in den USA von Western Union die erste "Payment Card" ausgegeben, Mitte der sechziger Jahren verbreiteten sich die ersten amerikanischen "Credit Cards" nach Europa und als "europäische" Antwort wurde 1968 das eurocheque-System aus der Taufe gehoben - mit der "ec-Karte" zunächst als reiner Scheckgarantiekarte.

Ab den siebziger Jahren konnte die ec-Karte mit der neuen Magnetstreifencodierung dann zuerst an den Geldautomaten und ab den Achtzigern mit ELV am PoS genutzt werden. Nach 1991 wurde dann auf Basis der ec-Karte das heute marktführende electronic-cash-System für bankgarantierte Zahlungen mit PIN geschaffen.

In all diesen Jahren gab es im Bereich der Kartenakzeptanz nur wenige spezifische staatliche Regulierungen oder Gesetze. Falls es Regulierungen gab, so waren es meist allgemeine bankrechtliche Vorgaben, die von Banken und deren Dienstleistern entsprechend auch im Kartenbereich umgesetzt wurden.

Dies änderte sich erst mit der Einführung des physischen Euro ab 2002 und der nachfolgenden verstärkten Diskussion um einen einheitlichen europäischen Markt nun auch im bargeldlosen Zahlungsverkehr. In der in Brüssel entstehenden "Payment Service Directive" (PSD) aus dem Jahr 2007 wurden erstmals auch Zahlungsdienste von Nicht-Banken explizit und detailliert geregelt. Die Umsetzung erfolgte in Deutschland im zivilrechtlichen Bereich durch die neuen Abschnitte im BGB und im aufsichtsrechtlichen Bereich durch das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG).

Regulierungskosten pro Transaktion sind schwer erfassbar

Diese beiden Gesetze verursachten bei den meisten Marktteilnehmern im deutschen Markt der Kartenakzeptanz erhebliche Zusatzkosten, die aber meist im Topf "Allgemeine Verwaltungskosten" pauschalisiert wurden und somit nicht separat in den veröffentlichten Jahresberichten ausgewiesen wurden. Wie so oft in diesem Bereich konnten viele Betroffene nur feststellen: Die Kosten existieren in erheblichem Umfang - sie lassen sich jedoch nicht sinnvoll und en détail erfassen und damit einer einzelnen Kartenzahlungstransaktion zuordnen.

Auch bei aktuellen Regulierungsthemen erscheint es schwierig bis unmöglich, die damit verbunden Kosten genau zu erfassen und einer Transaktion zuzuordnen. Am ehesten kann man erkennen, wie der Prozentsatz des "allgemeinen Verwaltungs-Overheads" jedes Jahr größer wird, ohne dass ein spezifischer Kundennutzen in den Zahlen erkennbar wird.

Was allerdings erkennbar wird, ist die Tatsache, dass im Ausland angesiedelte Unternehmen mit erleichterter Regulierungspraxis über das grenzüberschreitende Geschäft wesentliche Marktanteile auch im deutschen Markt gewinnen konnten. So wäre zum Beispiel das enorme Wachstum des E-Geldmarktes im Bereich der Luxemburger Bankenaufsicht (unter anderem mit Paypal und Amazon Payments) mit den deutschen Regulierungskosten - insbesondere im GwG-Identifizierungsbereich - nur schwer vorstellbar gewesen (siehe Abbildung).

Girocard-Entgeltverhandlungen: Lohnt sich der Aufwand?

Bei den ab 1. November 2014 frei verhandelbaren electronic cash-Entgelten erfolgte die Umsetzung aufgrund einer einseitigen Selbstverpflichtung der Deutschen Kreditwirtschaft gegenüber dem Bundeskartellamt. Aus Sicht der betroffenen ec-Netzbetreiber ist dies de facto auch eine "Regulierungsmaßnahme", welche sie technisch und kaufmännisch umsetzen müssen. Auch hier gibt es häufig noch keine detaillierte Kostenrechnung über den Aufwand der Verhandlungen, die rechtlich notwendigen Änderungen bei Verträgen und AGB und die technischen Kosten bei den neuen Abrechnungs- und Inkasso-Systemen - unter anderem, da sich die entsprechenden Entgeltverträge in vielen Fällen noch immer in der Verhandlung befinden.

Fest steht nur, dass die Kosten meist wesentlich sein werden und vermehrt die Frage gestellt wird, ob sich der Verhandlungs- und Abrechnungsaufwand für die zum Teil nur geringen Entgeltsenkungen beim Händler überhaupt lohnen werden. Es erscheint nicht verwunderlich, dass es - nicht nur auf Netzbetreiberseite - Überlegungen gibt, aufgrund dieser gestiegenen "Regulierungskosten" deutsche Debitkarten bis auf Weiteres nicht mehr per electronic cash sondern nur noch mittels Maestro-, V-Pay- und ELV-Akzeptanz abzuwickeln.

Auch wenn Regulierungskosten - wie aktuell bei electronic cash - einschneidend sein können, werden sich diese insgesamt voraussichtlich eher graduell erhöhen. Daher erscheint auch eine stetige Veränderung von Marktanteilen eher wahrscheinlich als eine "Sprungfunktion" innerhalb von wenigen Monaten oder Jahren.

Umso bemerkenswerter erscheint es, wenn es Marktteilnehmern trotz wesentlicher Regulierungsmaßnahmen gelingt, Produktinnovationen im Markt zu lancieren. Ein gutes Beispiel erscheint dabei die erfolgreiche Einführung von "contactless" bei Cartes Bancaires in Frankreich - trotz einer von der französischen Wettbewerbsbehörde vorgegebenen wesentlichen Interchange-Senkung.

Regulierung mit Augenmaß

Um generell die Innovationskraft nicht zu gefährden, sollte jede zukünftige Regulierung mit Augenmaß erfolgen und das angemessene Gleichgewicht finden beim Ausbalancieren von:

- "Ease of Use" versus regulierte Sicherheit (zum Beispiel E-Commerce-Zahlung nur mit den Daten auf einer Karte versus E-Commerce-Zahlung mit doppelter Authentifizierung);

- regionale Regulierungen versus Globale Standards (zum Beispiel technische EU-Zulassungs-Vorschriften versus EMV, PCI, NFC);

- regulierte "Commodity" versus Innovation (zum Beispiel festgesetzte Debitkarten-Interchange versus "Apple Pay").

Falls dieses Ausbalancieren bei zukünftigen Regulierungsvorhaben unterbleibt, könnte der deutsche Kartenzahlungsmarkt erheblich an Attraktivität verlieren, sich die Anzahl der Wettbewerber deutlich reduzieren und viele neue, innovationsstarke Unternehmen weiterhin zur Ansiedlung im Ausland animieren.

In den neunziger Jahren warb Visa mit "Visa - die Freiheit nehm, ich mir". Trotz aller notwendigen staatlichen Regeln zu Sicherheit, Stabilität und Verbraucherschutz sollte Regulierung kein Selbstzweck werden und neben den entstehenden Regulierungskosten auch das Prinzip der unternehmerischen Freiheit berücksichtigen. Denn nur mit Innovationen und einem innovationsfreundlichen Regulierungsumfeld kann der "Kartenstandort Deutschland" langfristig sowohl in der EU als auch global attraktiv und wettbewerbsfähig bleiben.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors auf dem Bankkarten-Forum 2014.

Zum Autor

Nicolas Adolph, InterCard AG, Taufkirchen bei München.

Nicolas Adolph , Vorsitzender , European Association of Payment Service Providers for Merchants – EPSM e.V., München

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