Bargeldversorgung

Die Rolle des Handels - Verbindung von analoger und digitaler Welt

Thomas Rausch, Vertriebsdirektor Deutschland, Glory Global Solutions GmbH, Neu-Isenburg
Quelle: Glory Global Solutions GmbH

Das Verdrängen des Bargelds durch elektronische Bezahlverfahren vollzieht sich nur langsam. Allerdings wird der Handel immer stärker in die Bargeldversorgung einbezogen und hat hier europaweit mit dem Geldautomaten gleichgezogen. Deshalb ist es sinnvoll, digitale Bezahllösungen mit dem Bargeld zu verbinden, so Thomas Rausch - beispielsweise, indem Cash-Back-Angebote auch an Selbstbedienungskassen verfügbar gemacht werden. Red.

Aktuelle Studien von EZB, Bundesbank und EHI beweisen: Das analoge Bargeld hat Zukunft! Allen Prognosen zum Trotz ist und bleibt Bargeld eines der wichtigsten Zahlungsmittel in Deutschland und Europa. Mit Blick auf die alles umfassende Digitalisierung stehen Finanzinstitute sowie bargeldintensive Branchen damit vor der Herausforderung, bestehende Strukturen dem starken Nebeneinander von analogen und digitalen Bewegungen in Sachen Zahlungsverhalten anzupassen.

Vom Verlagswesen über die Fotografie und Musikindustrie - viele Branchen und Industrien können ein Lied davon singen, was es bedeutet, in die Dynamiken der digitalen Transformation zu geraten und etablierte Geschäftsmodelle von heute auf morgen einstampfen zu müssen. Die disruptive Kraft der Digitalisierung scheitert jedoch vehement am analogen Bargeld.

Dabei gehören die Deutschen zu den größten Cash-Fans in Europa: In keinem anderen Land haben Verbraucher so viel Bargeld in der Brieftasche. Und auch bei Barzahlungen an der Kasse sind die Deutschen Spitzenreiter. In Zahlen ausgedrückt heißt das: 78 Prozent aller Transaktionen werden nach wie vor in Scheinen und Münzen getätigt, zudem liegt der Bargeldanteil am Umsatz immer noch bei 51 Prozent.1) Die Entwicklungen beim Bargeld vollziehen sich also nicht revolutionär, sondern evolutionär in kleinen Schritten.

Filialschwund und Bargeldüberschuss

Dies hat zur Folge, dass digitale Bezahllösungen mit dem etablierten Standard Bargeld konkurrieren. Dabei stellt sich nicht die Frage nach einem "entweder oder", vielmehr stehen analoge und digitale Bezahltrends nebeneinander. Vor diesem Hintergrund müssen Banken und bargeldintensive Branchen wie der Handel umdenken und neue Konzepte und Modelle entwickeln, mit denen sich beide (Bezahl-)Welten sinnvoll zusammenführen lassen.

Für Verbraucher haben sich mit dem Einzug der Digitalisierung die Wahlmöglichkeiten der Zahlungsmechanismen vervielfältigt - ein Komfort, der die Finanzlandschaft maßgeblich mitprägt. Denn im Zeitalter von Banking-Apps und Co. kommen immer weniger Kunden persönlich an den Schalter, die meisten erledigen ihre Bankgeschäfte mittlerweile online.

Als Folge ziehen sich Banken und Sparkassen als die traditionellen Player im Bargeldhandling zunehmend aus der Fläche zurück und reagieren damit auf die ver änderten Kundenanforderungen. Zudem verursacht das Bargeldhandling steigende Kosten, die die Institute nur schwer wieder einspielen können. In Deutschland wurde seit 2000 daher rund ein Viertel aller Zweigstellen geschlossen, das entspricht über 10000 Standorten.2)

Bargeldservices am PoS sind eine Win-Win-Situation

Gleichzeitig ist aufgrund der konstant hohen Nachfrage nach wie vor eine große Bargeldmenge im Umlauf. Allein im Lebensmitteleinzelhandel kamen 2016 knapp 80 Milliarden Euro in bar an.3) Um dieses hohe Bargeldaufkommen zu nutzen und die durch den Filialabbau entstehende Versorgungslücke zu schließen, gehen Banken und Handel verstärkt zu Kooperationsmodellen in Form von Bargeldservices am Point of Sale (PoS) über. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten:

- Händler können überschüssiges Bargeld an den Kunden auszahlen, sparen beim Werttransportunternehmen und differenzieren sich durch neue Services vom Wettbewerb.

- Zudem haben sie die Möglichkeit, mit der Bank über Provisionen pro Transaktionen zu verhandeln. Damit können zusätzliche Einnahmen erzielt werden, die den Business Case interessanter machen.

- Banken müssen nicht weiter in SB-Geräte investieren oder Filialen vorhalten und sind dennoch in der Fläche präsent.

- Für Kunden ist die Bargeldversorgung sichergestellt und sie erfahren ein positives Einkaufserlebnis.

Der Handel übernimmt damit zusehends die Rolle als Bargeldversorger. Verfügbare Bargeldservices zeigen hier bereits das große Potenzial für alle Beteiligten im Bargeldkreislauf. So können Kunden über das Cash-Back-Verfahren ab einem Mindesteinkaufswert von in der Regel 20 Euro bis zu 200 Euro an der Ladenkasse abheben und müssen nicht erst einen Geldautomaten suchen. Das für Cash Back benötigte Bargeld kommt vor Ort direkt aus der Geldkasse der Filiale und wird per Lastschrift vom Kundenkonto abgebucht.

Es gibt aber auch Modelle, die "echte" Banktransaktionen im Handel anbieten - wie an einem Geldautomaten. So kooperiert beispielsweise die Postbank mit einer großen Tankstellenkette in Deutschland. Der Kunde muss nichts kaufen, sondern kann an der Tankstelle ganz einfach Geld von seinem Konto abheben. Der Verbraucher hat somit also Zugriff auf den Bargeldservice seiner Bank, ohne an einen Mindesteinkaufswert gebunden zu sein. Grundlegende Bankservices sind damit ohne Präsenz der Filiale kostengünstig abgedeckt.

Kooperationsmodelle zwischen Banken und Handel dienen dabei primär dazu, die Bargeldversorgung sicherzustellen. Diese Basisleistungen werden schon seit langem außerhalb der Bankfiliale an SB-Automaten abgewickelt und das generationenübergreifend. Von daher ist die Akzeptanz gegenüber solchen Konzepten entsprechend hoch - auch seitens der älteren Generation.

Europaweit mehr Cash-Back- als GAA-Nutzer

Die Zahlen sprechen hier eine deutliche Sprache:

- Europaweit übersteigt die Anzahl an Cash-Back-Nutzern mit sieben Prozent bereits Bargeldabhebungen über den Bankschalter, welche nur noch sechs Prozent verzeichnen.4)

- Daneben stehen rund 50 000 Ladenkassen, an denen Abhebungen je Einkauf möglich sind, etwa 58 000 Geldautomaten gegenüber.

Diese Entwicklungen machen deutlich, dass Bargeld für Banken und Handel nicht mehr nur als notwendiges Übel wahrgenommen, sondern als Chance begriffen wird, über neue Services für beide Seiten Profit aus dem Cash zu ziehen.

Bargeldservices neu gedacht - dank moderner Technik

Um solche Servicemodelle verbraucherfreundlich, kosteneffizient sowie sicher umzusetzen und weiterzuentwickeln, gilt es, Bargeldprozesse mithilfe moderner Technologien weiter zu optimieren. Deutsch land ist in der Bargeld-Automatisierung bereits gut aufgestellt und bringt die notwendige technische Infrastruktur für einen schnellen Ausbau solcher Konzepte mit. Bisher wurden entsprechende Cash-Management-Lösungen hauptsächlich für die Optimierung der Bargeldprozesse im Backoffice eingesetzt. Das Vorbereiten der Wechselgeldbestände sowie das Zählen und Abrechnen am Tagesende funktioniert damit vollautomatisch, das gleiche gilt für die Bargeldverfolgung und Bestandsverwaltung. Neben einer effizienten Verarbeitung von Banknoten und Münzen sorgen die Geräte zudem für eine sichere Aufbewahrung von Bargeldbeständen in der Filiale. Zu diesem Zweck lassen sich verschiedene Tresor-Arten integrieren und Bargeld wird so vor unbefugtem Zugriff geschützt.

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen wandern Cash-Management-Lösungen nun vermehrt vom Hinterzimmer direkt in den Kassenbereich zum Kunden. Hier bieten sie einen dreifachen Nutzen: Sie dienen als Kasse, optimieren das Cash Management des Händlers und funktionieren - zum Kunden ausgerichtet - wie ein Geldautomat. Nutzt ein Kunde Cash Back, kann ihm das Geld direkt über ein solches System ausgezahlt werden, anstatt wie bisher aus der Ladenkasse. Ein Vorteil für Verbraucher und Händler vor allem in Punkto Sicherheit. Denn moderne Cash-Recycling-Systeme prüfen mittels hochleistungsfähiger Scantechnologie ein- und ausgehendes Bargeld auf Echtheit und sichern so zuverlässig gegen Falschgeld ab.

Cash-Back-Services auch an SB-Kassen

Zudem können moderne Automatisierungstechnologien verschiedene Kunden- und Marktanforderungen abbilden. So ist es möglich, Cash-Back-Services auch an SB-Kassen mit Cash-Recycling-Lösung anzubieten. Kunden könnten so beim Self-Checkout auch direkt Bargeld abheben. Über ein solches "Cash-Back-Terminal" ließen sich die beiden aktuellen Trends Bank- und Self-Services in nur einer Anwendung verbinden. Denn die Anzahl stationärer SB-Kassen hat sich in Deutschland allein in den letzten zwei Jahren um 65 Prozent erhöht. Ende 2017 nutzten damit schon 488 Geschäfte Kassensysteme mit Self-Scanning-Funktion für ihre Kunden.

Wie die Beispiele zeigen - Bargeld rechnet sich für alle Beteiligten. Voraussetzung ist, dass das Thema richtig angegangen wird. Ähnlich wie bei einer Lieferkette müssen Bargeldprozesse dazu optimiert und weiterentwickelt werden. Die Potenziale sind vorhanden und vielfältig - sie müssen nur ausgeschöpft werden.

Fußnoten

1) Quelle: EZB-Studie: The use of cash by households in the euro area, November 2017

2) Quelle: KfW Research: Rückbau der Bankfilialen in Deutschland schreitet voran, Oktober 2017

3) Quelle: GLORY, eigene Hochrechnung / Interpretation der Studienergebnisse von EHI (Kartengestützte Zahlungssysteme, 2017) und Nielsen (Consumers 2017 Deutschland)

4) Quelle: EZB-Studie: The use of cash by households in euro area, November 2017

Zum Autor Thomas Rausch, Vertriebsdirektor Deutschland, Glory Global Solutions (Germany) GmbH, Neu-Isenburg

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