Instant Payments

Schnell, schneller, instant - das Ende des Kartengeschäfts?

Thomas Feiler, Leiter Produktmanagement Zahlungsverkehr, equensWorldline SE, Frankfurt am Main

Die Einführung von Instant Payments ist für Banken zunächst einmal eine IT-Aufgabe. Gleichzeitig zwingen sie Kreditinstitute, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken. Denn die Echtzeitzahlungen haben das Zeug dazu, die Girocard zu verdrängen, warnt Thomas Feiler. Schließlich machen sie die Zahlungsgarantie überflüssig. Möglicherweise droht sogar das Ende der Kreditkarte. Trotzdem werden Banken auch künftig eine wichtige Rolle im Zahlungsverkehr einnehmen, so der Autor. Dafür müssen sie aber neue Zusatzdienste entwickeln. Red.

Der Zahlungsverkehrssektor steht vor gravierenden Veränderungen. Neue Richtlinien wie PSD2 zwingen Banken dazu, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken und neue Allianzen mit Fintechs einzugehen. Auch die Entwicklung zu Instant Payments, der Echtzeitüberweisung, setzt Geldinstitute unter Zugzwang.

Dort bestehen die Herausforderungen kurzfristig vor allem aus noch unzureichender IT-Infrastruktur und ungeklärten Fragen rund um die operative Abwicklung. Mittel- bis langfristig allerdings wird dieses Verfahren klassische Bezahlsysteme verdrängen und damit auch in diesem Bereich zur Neuausrichtung zwingen.

Deshalb sollten sich Banken rechtzeitig mit allen Aspekten rund um Instant Payments beschäftigen. Denn dass sich das Verfahren sehr schnell auf breiter Front durchsetzen wird, steht außer Frage. Schließlich folgt es letztlich dem Grundtenor der Digitalisierung, dem Austausch von Informationen ohne jede Verzögerung. Während die neue Art des Bezahlens zunächst im Privaten zum Einsatz kommt, nimmt sie anschließend sehr wahrscheinlich eine feste Rolle im Geschäftsleben ein.

Neue Anwendungen weisen den Weg

Das Beispiel Schweden zeigt, wie schnell diese Entwicklung verlaufen wird. Bereits heute nutzt dort rund die Hälfte der Bevölkerung Instant Payments. Eine wichtige Rolle spielen dabei so genannte Person-to-Person-Anwendungen, also etwa Zahlungen im Freundeskreis, die wesentlich einfacher und unkomplizierter als etwa eine Banküberweisung sind. Aber auch bei Einkäufen auf virtuellen Marktplätzen, beim Bezahlen von Dienstleistern wie Handwerkern sowie beim Begleichen von Gebühren und Beiträgen spielt Instant Payment seine Vorteile aus. Equens Worldline kann hier bereits den Nachweis liefern, dass Instant Payments auch am Point of Sale funktioniert.

Weil kurze Fristen bei kleinen wie größeren Betrieben für das Cash-Flow-Management wichtig sind, wird die neue Methode sich außerdem in der Geschäftswelt schnell durchsetzen. Derzeit entstehen noch immer ungewollte und teure Verzögerungen durch langsame Bezahlsysteme. Etwa, wenn im Logistikbereich Lieferungen nur verspätet auf die Reise gehen, weil der Geldeingang noch nicht bestätigt werden konnte.

Aufwind durch vernetzte Geräte

Die umfassende Vernetzung von immer mehr Geräten wird dem Thema Instant Payments zusätzlichen Aufwind bescheren. So gibt es schon bald Kühlschränke, die selbsttätig eine Bestellung aufgeben sobald die Vorräte zur Neige gehen - und sich um deren Bezahlung kümmern. Aber auch bei neuen Mobilitätskonzepten ist das unkomplizierte und schnelle Bezahlen ein wichtiger Teil des Gesamtkonzepts. Für Unternehmen gibt es damit letztlich in sehr unterschiedlichen Bereichen die Chance, den Bezahlvorgang ohne viel Aufwand abzuhandeln und sich voll und ganz auf neue Produkte und Services konzentrieren zu können.

Bevor sich Instant Payments auf breiter Front durchsetzt, müssen noch einige Weichen gestellt werden. Eine wichtige Rolle spielen die verschiedenen Standards. So plant Equens Worldline, seine europäischen und nationalen Instant Payment Clearing und Settlement Services mit unter anderem TIPS (Target Instant Payment Settlement) zu verknüpfen. Dabei handelt es sich um den Dienst der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Verrechnung von Echtzeitzahlungen, der ab November 2018 starten soll.

Standardisierung und neue Prozesse gefragt

Dadurch sind die Banken und Payment-Service-Provider (PSP) im TIPS-System über ein von Equens Worldline bereitgestelltes technisches Interface europaweit erreichbar.

Mittlerweile gibt es allerdings noch eine Reihe weiterer Initiativen in diesem Bereich. Im Prinzip ist jedoch all diesen Projekten gemein, dass sie auf dem vom European Payments Council (EPC) als Standard für Instant Payments Settlement definierten "Traget2 ASI6 Real Time Modell" basieren. TIPS ist derzeit damit nicht kompatibel. Banken und Payment Service Provider (PSP) müssen sich also für eine Variante entscheiden - oder beide nutzen.

Auch wenn sich TIPS wegen seiner Vorteile, zum Beispiel zählen Einlagen der Banken als Liquiditätsreserve dazu, durchsetzen könnte, ist abzusehen, dass dennoch verschiedene Modelle parallel dazu betrieben werden.

Potenzial für ISO 20022

Weitgehende Einigkeit herrscht dagegen mit Blick auf den Standard ISO 20022, der für Echtzeitzahlungen im Euroraum (Sepa) verwendet wird und sogar das Potenzial hat, zum weltweiten Standard zu werden.

- In Ländern wie Australien, Singapur und Thailand kommt er bereits zum Einsatz oder wurde zumindest als geltender Standard verabschiedet.

- In den USA gilt er zumindest in Teilbereichen.

- Aber auch im internationalen Kontext wurde bereits ein auf ISO 20022 basierendes Framework definiert, das Echtzeit-Zahlungen auch außerhalb des Euro-Zahlungsverkehrsraumes zwischen Instant Payments Clearing und Settlement Services definiert und ermöglicht.

IT-Herausforderungen meistern

Für die Banken stellt die Einführung von Instant Payments zunächst einmal eine IT-Herausforderung dar. Schließlich schlägt das Sepa Instant Credit Transfer Rulebook des European Payment Councils (EPC) eine Verarbeitungszeit von maximal zehn Sekunden für die Verarbeitungskette einer Transaktion vor.

In dieser kurzen Zeit muss eine Menge passieren. So gilt es die Bezahlnachricht eines Kunden zu validieren, den Kontostand zu kontrollieren und schließlich das Konto zu belasten. Außerdem müssen Prozesse rund um die Erreichbarkeit der Empfängerbank, Sicherheitsvorkehrungen gegen Betrug, der Versand einer Nachricht an das Clearing-House und eine Rückmeldung innerhalb von Millisekunden ablaufen.

Damit all das funktioniert, muss die Verarbeitung über Nachrichten statt Dateien beziehungsweise Batches erfolgen. Außerdem ist es erforderlich, dass mehrere Prozesse parallel abgearbeitet werden.

Immerhin gibt es dafür gleich mehrere Gelegenheiten: So kann die Validierung der Nachricht und die Überprüfung der Erreichbarkeit der Bank gleichzeitig mit dem Betrugscheck erfolgen. Neben der Geschwindigkeit ist die Verfügbarkeit eine große technische Herausforderung von Instant Payments. Eine sehr hohe Verfügbarkeit wird durch zwei Rechenzentren im Parallelbetrieb erreicht.

Da die Banken ihre Zahlungsprozesse mit einem Clearing- und Settlement-Mechanismus (CSM) vernetzen müssen, benötigen sie ein schnelles und verfügbares Netzwerk. Dafür hat zum Beispiel Swift angekündigt, ein vollgemanagtes Netzwerk anzubieten, das die nötige Latenz und Verfügbarkeit bietet.

Alternativ kann das selbstverwaltete Netzwerk SIAnet oder der EBICS-Standard genutzt werden. Darüber haben Banken die Möglichkeit, ihr Netzwerk völlig unabhängig von externen Dienstleistern zu betreiben und es direkt mit dem gewünschten Clearing- und Settlement- Mechanismus über eine Standleitung zu verbinden.

Horizontale Skalierbarkeit

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Skalierbarkeit. Instant-Payments-Systeme sind bei den Kunden sehr beliebt, sodass die Nutzerzahlen innerhalb kurzer Zeit stark ansteigen:

- In Großbritannien fanden bereits sechs Monate nach der Einführung von Instant Payments 20 Millionen Transaktionen pro Monat statt. Sechs Jahre später waren es bereits 100 Millionen.

- In Schweden nutzten fünf Millionen Kunden innerhalb von drei Jahren das Verfahren.

Vor diesem Hintergrund ist horizontale Skalierbarkeit der Systeme sehr wichtig. Dadurch ist es möglich, die Gesamtbetriebskosten unter Kontrolle zu halten. Schließlich steigen diese bei einer vertikalen Skalierung - also einer reinen Kapazitätserweiterung - exponentiell an, während sie bei einer horizontalen Skalierung linear in die Höhe gehen.

Das Ende der Girocard?

Auch für Händler bieten Instant Payments gegenüber der klassischen Debitkartenzahlung viele Vorteile. Der Hauptvorteil ist, dass der Zahlungsempfänger sein Geld sofort erhält. Eine Zahlungsgarantie wie bei Debitkartenzahlungen wird somit obsolet.

Die typische Girocard, wie sie derzeit wohl in fast jedem Portemonnaie zu finden ist, wird angesichts dessen wohl langfristig verschwinden. Ihr Nachfolger sind Apps von Banken oder anderen Dienstleistern, die Instant Payments auf sehr bequeme Art ermöglichen. Damit brechen für die klassische Girokarte unsichere Zeiten an.

Die großen Kreditkartenunternehmen haben die Zeichen der Zeit jedoch bereits erkannt und sind dabei, neue, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln. So hat Mastercard für sein Debitprogramm Maestro das britische Clearinghaus Vocalink für 700 Millionen Pfund übernommen und spielt somit schon heute bei Echtzeit-Payments eine große Rolle.

Gebühren für reine Abwicklungen von Instant-Payment-Zahlungen sind kaum durchsetzbar. Auch deshalb sind Banken gut beraten, neue Services jenseits des klassischen Zahlungsverkehrs zu entwickeln.

Der Einfluss von Instant Payments auf Kreditkarten

Die Kreditkarte bietet im Vergleich zur Girocard zusätzliche Services, die dazu beitragen könnten, dass sie ihren Platz im Portemonnaie über einen längeren Zeitraum behauptet. Sie ist weltweit über unterschiedliche Instant-Payments-Schemata hinweg einsetzbar, bietet einen Zahlungsaufschub, Absicherung gegen Betrug und nicht zuletzt in vielen Fällen umfangreiche Versicherungsleistungen.

Könnten Instant Payments vielleicht sogar das Ende der Kartenzahlungen insgesamt bedeuten?

- Kreditkarten basieren nicht wie Girokarten auf dem elektronischen Lastschriftverfahren, sondern halten vielmehr die Funktionalität eines Kredits inne.

- Der Hauptvorteil des Instant Payments ist jedoch, dass Zahlungen direkt vom Bankkonto des Zahlenden initiiert werden.

- Schafft man es, beide Komponenten zusammen zu bringen, könnte dies das Ende der Kartenzahlungen bedeuten. Dann müsste man das Instant Payments mit einem Konto verbinden, welches einen Kreditrahmen hat. Wichtig sind hierbei natürlich auch Sicherheitsaspekte und Schnelligkeit sowie die Akzeptanz.

Banken können sich neu erfinden

Der Weg zu Instant Payments ist keineswegs einfach. Ohne eine grundlegende Modernisierung der Infrastruktur könnten Banken bei der Umstellung auf das neue Verfahren in Schwierigkeiten geraten.

Dabei sollten sich alle Beteiligten für eine umfassende Zusammenarbeit entscheiden, statt im Alleingang zu versuchen, eigene Systeme zu etablieren. Fintechs, die frischen Wind in das traditionelle Selbstbild der Banken bringen, können dabei eine große Rolle spielen. Dabei haben Geldinstitute bei Aspekten wie Vertrauen und Kundenbindung einiges in die Waagschale zu werfen und werden deshalb wohl auch in Zukunft eine wichtige Funktion im Zahlungsverkehr einnehmen. Geldinstitute können nun die Chance ergreifen, neue Produkte und Services zu entwickeln, bei denen der Zahlungsvorgang in eine solche Wertschöpfungskette integriert ist.

Zum Autor Thomas Feiler, Leiter Produktmanagement Zahlungsverkehr, equensWorldline SE, Frankfurt am Main
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