Kartendienstleister

Selbstbewusst auf einem eigenen Weg

Carlos Gómez-Sáez,CEO von VR Payment
Quelle: VR Payment

Schneller, höher, weiter! Das bekannte olympische Motto kann derzeit mühelos auch auf die Bestrebungen der zahlreichen Akteure auf dem Paymentmarkt übertragen werden, vielleicht ergänzt noch um den Zusatz europäisch. Während die meisten Anbieter aber Kräfte bündeln und sich zu immer größeren Einheiten zusammenschließen, geht der genossenschaftliche Finanzverbund bewusst einen anderen Weg. Durch die Integration der Cardprocess in die DZ Bank Gruppe soll eine die gesamte Wertschöpfungskette abdeckende Lösung gefunden werden. Dabei müssen aber auch wettbewerbsfähige Preise gestellt werden können. Das ist eine große Herausforderung für einen kleineren Anbieter im Markt. Red.

Die genossenschaftliche Finanzgruppe hat vor zwei Jahren begonnen, aktiv ihre Zukunft im Paymentmarkt zu gestalten. Cardprocess optimierte im Rahmen eines umfangreichen Transformationsprojektes die eigene Leistungsfähigkeit mit dem Ziel, eingebunden in den starken genossenschaftlichen Verbund der Volksbanken und Raiffeisenbanken, der verlässliche Kompetenzträger und Spezialanbieter im Payment zu sein. Die Entwicklung zum schlagkräftigen und innovativen Payment-Spezialisten der genossenschaftlichen Finanzgruppe mit starker Kunden- und Marktorientierung ist die Antwort auf den technologischen Wandel, die Marktkonsolidierung und den Markteintritt neuer Anbieter. In Folge hatte die DZ Bank zum Jahreswechsel die Mehrheitsanteile an der Cardprocess erworben. Im Rahmen eines umfangreichen Investitionsprogramms wird die Neuausrichtung zum Zahlungsverkehrs- und Payment-Service-Pro vider für den kartengestützten Zahlungsverkehr unterstützt.

"Aus einer Hand" statt Spezialisierung

Als Spezialinstitut der DZ Bank Gruppe nimmt die Cardprocess die gesamte Marktbearbeitung sowohl auf der Bankenseite als auch mit den Händlerorganisationen wahr. Die Referenzmarktanteile der Volksbanken und Raiffeisenbanken in diesem für die genossenschaftliche Gruppe zentralen Geschäftsfeld zeigen deutliche Potenziale, die gemeinsam realisiert werden sollen. Eine wichtige Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg sind dabei unternehmerische Strukturen. Das Issuing übernehmen heute Banken und Sparkassen und im Händlergeschäft Netzbetreiber und Acquirer - zunehmend unter Kontrolle nichtkreditgewerblicher Eigentümer. Seit der Reduzierung der MIF verzeichnen die kartenemittierenden Kreditinstitute massiv abnehmende Provisionserlöse aus Transaktionen bei Zahlungskarten. Das mag ein Grund für die Abkehr vieler Marktteilnehmer sein.

Die Betreuung des kompletten Zahlungsvorgangs ist aber nach wie vor eine hervorragende Möglichkeit, Erlöse zu erwirtschaften, wie das zunehmende Engagement externer Anbieter zeigt. Erst mit der Zusammenführung von Issuingund Acquiring-Geschäft innerhalb der Finanzgruppe und der Abdeckung der kompletten Wertschöpfungskette im Bereich Payment entsteht ein erheblicher Mehrwert für die VR-Banken und ihre Kunden. Neue Modelle, wie Bonus- oder Loyalty-Programme, können damit "aus einer Hand" koordiniert werden.

In der Paymentbranche geht es aber nicht mehr nur um Skaleneffekte beim Processing von Zahlungstransaktionen mit dem Ziel, Effizienzgewinne zu erzielen oder die Verarbeitung von Standardprodukten zu gewährleisten. Vielmehr geht es um innovative Services und Leistungsangebote im direkten Händler- und Privatkundengeschäft. DZ Bank und Cardprocess haben sich bewusst dem aktuellen Trend der alleinigen Abhängigkeit von Größenvorteilen entzogen und sich entschieden, ein alternatives Konzept mit eigenem Profil zu entwickeln: genossenschaftlich, partnerschaftlich, innovativ und authentisch. Folgende Pluspunkte für die Volksbanken und Raiffeisenbanken entstehen durch die Positionierung der Cardprocess als Spezialinstitut der DZ Bank Gruppe:

1. Volks- und Raiffeisenbanken stehen im Mittelpunkt: DZ Bank und Cardprocess unterstützen die Volks- und Raiffeisenbanken individuell im kartengestützten Zahlungsverkehr, damit diese Freiräume für ihre primären Aufgaben und für ihr Kerngeschäft haben. Dazu zählen auch die Bündelung von Know-how und personellem Einsatz sowie die Intensivierung der Marktbearbeitung, die beispielsweise durch die Weiterentwicklung der Kooperationsmodelle noch attraktiver wird. Die VR-Banken profitieren von der Verfügbarkeit zentraler Ansprechpartner zur Koordination von Kommunikations- und Vertriebsmaßnahmen sowie bei Rückfragen zu Serviceleistungen oder Produktentwicklungen.

2. Effektive Kooperationen innerhalb des Verbundes: Innerhalb des Verbundes sind mit den Leistungsangeboten und Schnittstellen gemeinsame Entwicklungen und Projekte für innovative Kooperationen mit kurzer Time-to-Market realisierbar. Cardprocess und die Teambank haben mit "ratenkauf by easyCredit" am Point of Sale bereits gezeigt, wie diese Zusammenarbeit zu einem Erfolgsmodell wird. Das Experten-Know-how für weitere Produkte oder Leistungen steht innerhalb des Verbundes zur Verfügung. Mit den Kooperationspartnern des Verbundes identifiziert Cardprocess kontinuierlich Effizienzpotenziale und Kostensynergien, um diese in die Projekte einzubringen.

3. Das klassische Payment stärken: Das vertraute Geschäft rund um die Karte ist immer noch das wirtschaftliche Rückgrat im Zahlungsverkehr - sowohl im Issuing als auch im Händlergeschäft. Dies darf nicht übersehen werden, denn es ist essenziell für den wirtschaftlichen Erfolg des genossenschaftlichen Engagements. Das überarbeitete Geschäftsmodell umfasst insbesondere das Händlergeschäft (PoS Netzbetrieb und Acquiring) sowie das Kartenemissionsgeschäft. Diese Zusammenführung unter einem Dach ist neu und birgt signifikantes Potenzial, um die Position der VR-Banken im Transaktionsgeschäft zu stärken und die Beziehung zu Unternehmens- und Privatkunden mit abgestimmten Angeboten aus beiden Bereichen zu intensivieren. Damit können neue Ansätze für beide Zielgruppen aktuelle Ertragsmodelle ergänzen und die Kundennachfrage und das Händlerangebot intelligent auf digitalen Plattformen zusammenführen. Gleichzeitig wird die Basis im Markt für ein erfolgreiches Handeln bei den innovativen Services der Digitalisierung gelegt.

4. Digitale Kundenerlebnisse schaffen und neue Ökosysteme aufbauen: Ökosysteme der digitalen Welt werden durch den Aufbau integrierter Wertschöpfungsketten charakterisiert. Payment kann daher kein isolierter Baustein sein, sondern muss als integraler Bestandteil des Leistungsangebots verstanden werden. Payment liefert die Basis und die Voraussetzung für die Schaffung datenbasierter Geschäftsmodelle und öffnet Möglichkeiten über den reinen Zahlungsverkehr hinaus. Dabei sind es die Kunden, die den Bedarf definieren. Ob im klassischen Einzelhandel, zum Beispiel beim Blumenversand als Omnichannel-Anwendung, bei Share-Economy mit Mietfahrrädern oder dem Tanken an E-Ladesäulen - Bezahlen muss stets einfach, schnell und sicher sein. Das große Angebot an Kundenbindungs- und Bonusleistungen fordert Services, die einen klaren Nutzen bieten und für den Kunden auch finanzielle Vorteile beinhalten. Um die Anforderungen der Firmenkunden der Primärbanken an Payment-Leistungen zu erfüllen, werden beispielsweise Omnichannel- und Plattformangebote kontinuierlich aus- und aufgebaut. Dazu zählt auch die Weiterentwicklung von Marketing- und Loyalty-Programmen.

5. Mehr als nur Payment: Durch die fortschreitende Digitalisierung eröffnen sich immer mehr Nutzungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten von Daten als Basis neuer Geschäftsmodelle, während gleichzeitig bisherige Medien- und Technologiebrüche und damit verbundene Tätigkeiten der Datenerfassung und -transformation entfallen. Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielen digitale Identifikationssysteme zum Beispiel bei der Inanspruchnahme kostenpflichtiger Services. Derzeit laufen bereits die ersten Praxistests für einen neuen Loginservice, der unter anderem die Zugänge zu den Online-Angeboten der Unternehmen der genossenschaftlichen Finanzgruppe schrittweise bündeln wird. Später soll dieser zentrale Authentifizierungsdienst auch für den Drittmarkt geöffnet werden. Im Wettbewerb mit den Internetriesen sind die genossenschaftlichen Banken so einen entscheidenden Schritt voraus - sie können hochwertige, digitale Kundenidentitäten zu rechtsverbindlichen Online-Transaktionen legitimieren.

Die Zukunft hält noch sehr viel mehr bereit - etwa die kommerzielle Nutzung von IoT (Internet of Things), dem sogenannten IoP (Internet of Payments). Zudem werden bereits etablierte Systeme in die nächste Lebensphase überführt - Beispiel Girocard. In der Weiterentwicklung zählen die genossenschaftlichen Banken zu den Pionieren. Volksbanken und Raiffeisenbanken testen bereits seit dem vergangenen Jahr mit der VR-Banking-App "Digitale Karten" für das Smartphone. Die Finanzgruppe ist bisher der einzige Anbieter, der sowohl Mastercard und Visa als auch Girocard in einer App kombiniert.

Die DZ Bank Gruppe verfügt mit Cardprocess als Instrument über Alleinstellungsmerkmale, die aktuell kein anderes Institut und keine andere Verbundorganisation aufweisen kann. Durch das starke Netzwerk, etablierte Kooperationen, frische Ideen, das technische Know-how und die tiefe Verankerung der Primärbanken im Markt, ergibt sich ein Zusammenspiel, das als Geschäftsmodell einzigartig und - als letztes im deutschen Markt - unabhängig ist.

Zum Autor Carlos Gómez-Sáez, Vorsitzender der Geschäftsführung, CardProcess GmbH, Frankfurt am Main
Carlos Gómez-Sáez , Vorsitzender der Geschäftsführung , VR Payment GmbH
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